Irene
Ich sehe Charlie an und in ihren Augen spiegelt sich wieder, was ich auch denke. Junior tut das alles nicht weil er es will. Er hasst unseren Vater. Er hasst den Club. Er hasst alles wofür sie stehen. Er wollte niemals sein Vermächtnis antreten. Das war immer mir vorbehalten, weil er nicht wollte. Aber jetzt...
Ich werfe einen Blick auf die Box mit den alten Fotos. Wie konnte es nur so weit kommen?
"Ich weiß ehrlich nicht was wir machen könnten. Er hat seinen Weg gewählt. Er kommt da nicht mehr raus. Vielleicht solltest du wirklich mit Oscar gehen. Er tut dir gut. Er hat nicht so eine komplizierte Familie und Vergangenheit... Also glaub ich zumindest." ich zucke mit den Schultern.
Irgendwie wissen wir nicht wirklich viel über Oscar.
Ich runzle dir Stirn, dann schüttle ich den Kopf. Juniors Paranoia schlägt schon auf mich über. Oscar war bisher nichts als ein guter Freund zu mir und sogar mehr als das zu Charlie.
"Du wolltest doch sowieso immer schon raus aus der Stadt. Weg von dem ganzen Gang-Scheiß! Nutz die Chance Charlie! Ich bin dann immer noch hier. Ich geb Junior nicht auf. Ich werde auf ihn aufpassen und versuchen ihn da rauszuholen. Aber du... du hast wirklich eine Chance auf ein normales Leben, weit weg von hier!"
Junior
Ich besaufe mich - wie so oft in letzter Zeit - mal wieder besinnunglos. Scheint so, als wäre ich vollkommen in die Fußstapfen meines Vaters getreten. Die Gewalt, der Club, der Alkohol, die Weiber. So viele Weiber, deren Namen ich nicht mehr weiß. Und trotzdem ist in meinem Kopf nur eines. Charlie. Und der Schmerz darüber sie verloren zu haben. Mein Leben verloren zu haben. Alles verloren zu haben. Und obwohl ich immer noch überzeugt davon bin, dass Oscar etwas im Schilde führt, frage ich mich inzwischen ob ich richig gehandelt habe.
Nachdem Bobby mich ruhig aber bestimmt aus seiner Bar verweißt, torkle ich aus der Bar in Richtung meiner Maschine. Von weitem sehe ich schon, dass jemand dagegen gelehnt steht und ich spüre einen Stich von Wut. Niemand fasst mein Baby an!
Doch ich schaffe es erst ein paar Meter entfernt richtig zu fokusieren. Ich bleibe abrupt stehen, wie als wäre ich gegen eine Wand gelaufen. Es ist Oscar.
Er lehnt seelenruhig und komplett entspannt an meiner Maschine, die Hände vor der Brust verschränkt und grinst mich höhnisch an. "Was willst du hier?" ich versuche autoritär, brutal, so wie Jay zu klingen, aber ich kann nichts dagegen tun, dass ich leicht lalle. Das macht mich noch wütender. "Verpiss dich! Das hier ist Hunter-Territorium! Und Fass mein Baby nicht an!" knurre ich. Er grinst nur und stößt sich von der Maschine ab, geht einen Schritt auf mich zu und mustert mich beinahe mitleidig. "Welches deiner Babies soll ich nicht anfassen? Deine Maschine oder dein Mädchen...Oh warte, das ist sie ja nicht mehr." er grinst jetzt wieder breit. "Charlie gehört nämlich jetzt mir. Und wenn ich jetzt dann gleich heim komme, wird sie mich mit offenen Armen erwarten...mit offenen Armen und mit offenen Beinen...!" Mit einem wütenden Schrei stürze ich mich nach vorne, allerdings bin ich einfach zu betrunken. Und Oscar ist überraschend schnell und zielsicher. Meine Faust verfehlt ihr Ziel, dafür trifft er umso besser. Ich taumle zurück, merke den dumpfen Schmerz in meiner Nase und schmecke das Blut, welches mir warm über das Gesicht fließt. Ich fahre herum und stürze mich erneut auf ihn, treffe ihn, aber nicht richtig und kassiere eine Faust in die Magengegend. Mein Körper krümmt sich zusammen, als auch schon der nächste Schlag kommt. Und dann regnen sie auf mich ein, alles was ich tun kann, ist meinen Kopf zu schützen. Wäre ich nicht betrunken, hätte ich ihn mit Leichtigkeit fertig gemacht. Vielleicht sogar erschossen. Aber so....
"Ich nehme mir dein Mädchen, dein Leben und weißt du was? Deine Schwester nehm ich mir auch noch!" zischt Oscar an meinem Ohr, ehe ich höre wie er sich entfernt. Ein lautes Krachen verrät mir, dass er meine Maschine auch noch zu Schrott verarbeitet hat, dann ist er weg und ich liege zusammengekrümmt und blutend auf dem Asphalt.
Einige Zeit später liege ich im Krankenhaus. Bobby hat mich nach ein paar Minuten in seinem Hinterhof liegend gefunden, als er den Müll rausgebracht hat. Er hat sofort den Notarzt und meinen Dad angerufen. Das zweitere hätte er sich schenken können. Wenn es eine Person gibt die ich jetzt nicht gerbauchen kann, ist es mein verdammter Vater!
Schlimm genug, dass dieser verdammte Pisser Oscar mich so zurichten konnte! Ich brauche jetzt nicht auch noch eine Standpauke von Jay höchstpersönlich.
Doch als ich meine Augen aufschlage, ist von ihm keine Spur zu sehen.
Ich richte mich ächzend auf, inspiziere meine diversen Verletzungen und spüre wie die Wut wieder in mir aufsteigt. Was soll das heißen er nimmt sich meine Schwester? Was zum Teufel hat er vor? Und Charlie? Was wird er mit ihr machen?
Ich muss hier sofort raus! Ich muss sie warnen, irgendwas tun!
Oscar
Nachdem ich Junior zurückgezahlt habe für seine Prügelattacke, fahre ich mit meinem Ford Mustang zu meinem Geheimversteck. Es wird Zeit den Rest meines Planes durchzuführen. Ich habe keine Geduld mehr darauf zu warten ob Charlie sich dazu entschließt mit mir die Stadt zu verlassen. Es kommt darauf auch gar nicht mehr wirklich an! Ich hab mir genommen was ich wollte. Jetzt bin ich mit ihr fertig! Zeit mein Augenmerk auf die Person zu legen, die ich eigentlich brauche, die essentiell für meinen Plan ist ... Irene... Tochter von Jay und Hannah. Gezeugt nachdem ihre Eltern ihre Tante Michelle umgebracht haben... In Seattle vor mehr als 16 Jahren...Michelle Scott alias meine verdammte Mutter!
Kaltblütig erschossen.. in ihrem Diner. Und meinen Dad gleich mit dazu.
Hannah und dieser verfluchte Psychopath sind daran Schuld, dass ich so aufgewachsen bin wie ich bin. Und jetzt werde ich ihnen nehmen, was sie am meisten lieben.
Zuerst Irene, dann werde ich Charlie entführen, Junior rauslocken, ihn fertig machen und am Schluss die Mörder höchstpersönlich...
Ich richte alles her, dusche mich und wasche Juniors Blut von meinen Händen, ziehe mich um und mache mich dann mit meinem Wagen auf zum Hauptquartier.
Offene Arme der gewaltigste Protest den wir haben, will sagen: Bevor noch jemand hinfällt, passt bitte aufeinander auf in dieser scheiß Welt!