Devante
Nachdem ich Oonagh in die Schule gebracht hatte, machte ich mich auf den Weg ins Schloss. Hoffentlich war Fedor da, um mir mehr Informationen zu geben, mit denen ich vielleicht etwas anfangen könnte. Dabei fiel mir ein, dass heute Yelvas erster Ausbildungstag war. Wenn ich Zeit fand, könnte ich sie von einem Geheimposten aus beobachten und mir selbst ein Bild von ihren Fähigkeiten machen. Neugierig war ich ja schon ein bisschen.
Ich schlug die Kapuze über meinen Kopf, hielt mein Haupt gesenkt und bewegte mich in den imposanten Fluren des Hauptgebäudes. Momentan waren nicht viele unterwegs. Man bereitete sicherlich das große Frühstück für die Arcana-Familie vor, denn hier wurden sie wie Könige und Königinnen bedient. Nicht umsonst standen sie über uns.
Idoya
Dieser Idiot besaß also die Frechheit, mich als unausstehliche Zicke zu betiteln. Naja, besser als Abschaum oder Sumpfgeborene. Ich mochte es nicht auf meine Herkunft reduziert zu werden, also nahm ich meinen neuen Spitznamen an. Zu sagen, ich würde ihn wie Dreck behandeln, obwohl ich ihn nicht kannte, war genau das, was ich tagtäglich in Althea erlebte. Es an ihm auszulassen, war vermutlich nicht der weise Weg, aber nur so schaffte ich es stark zu bleiben. Er hatte keine Ahnung, wie viele und was für Kämpfe ich in meinem Inneren ausfocht, also konnte er mich ruhig für eine unausstehliche Zicke halten - die unausstehliche Zicke, die ihn wieder nach Hause bringen würde. Welch Ironie des Schicksals.
Ich weiß, dass du Angst hast, Idoya. Ich sehe deine Wunden, ich sehe deinen Kummer. Bedenke aber, dass er auf einen Schlag seine Kameraden verloren hat. Das schmerzt ebenfalls. Dein Leben ist nicht wertvoller als seins, seins ist nicht wertvoller als deins. Ihr werdet gleich geboren.
Da war die Stimme der Vernunft namens Asterias. Er hatte recht mit dem, was er sagte, doch ich hatte mir geschworen, nie wieder der Arcana zu vertrauen. Ich verachtete sie. Ein schlimmes Gefühl, für das ich mich in einsamen Nächten schämte, weil mich meine Mutter stets gelehrt hatte nur Reinheit im Herzen zu tragen. Diese Reinheit war nicht mehr da.
> Wieso bist du überhaupt noch hier, Asterias?< flüsterte ich. > Wo siehst du das Licht, das ich auf dem Weg verloren habe?<
Du hast es nicht verloren, Idoya. Es ist da, war es schon immer. Du traust dich nur nicht, die Augen zu öffnen, weil du dann alles siehst. Alles, was dich heute ausmacht.
Hm. Alles, was mich heute ausmacht... Hatte ich wirklich Angst, mich selbst zu sehen? Mit allen Ecken und Kanten? Sehr wahrscheinlich.