Daragh
Ich riss meine Augen weit auf, drehte unbewusst mich auf die Seite und übergab mich. Das salzige Wasser brannte in meiner Kehle, in meinem Magen und in meine Lungen. Ich keuchte und hustete, rang gierig nach Luft. Mein Herz raste. Mit einem Stöhnend rollte ich mich wieder auf den Rücken. Die Schmerzen waren unerträglich. Benommen blickte ich in meerblaue Augen, bevor es alles wieder schwarz wurde....meerblaue Augen....Die Flammen loderten auf dem Meer, als sie mich wütend ansah....meerblaue Augen....Ich sah die Wellen in den Augen, fasziniert konnte ich mein Gesicht nicht von ihr abwenden während wir gemeinsam tanzten....meerblaue Augen....Idoya.
Ruckartig wachte ich aus dem Dämmerschlaf und benommen blinzelte. Der Raum lag immer noch im Dunklen, ich konnte nicht sagen ob es noch Nacht war oder ein neuer Morgen angebrochen war. Ich fuhr mit der Hand über mein Gesicht und spürte eine Trockenheit in meinem Mund, schmeckte immer noch das Bittere von diesem ekelhaften Zeug. Außerdem fing ich an leicht zu müffeln. Irgendwas störte mich. Aber hier war Niemand und ich runzelte mit der Stirn. Dann fiel es mir schlagartig ein. Ich hatte geträumt! Es war ein sehr verwirrender Traum gewesen. Und Idoya hatte die Hauptrolle gespielt. Ich bekam das Gefühl nicht los, dass mein Inneren etwas mir sagen wollte. Nur was? Ich schüttelte den Kopf, um wacher zu werden. Dann lehnte ich mich wieder an der feuchte Wand zurück. "Meerblaue Augen", murmelte ich und dann fügte sich plötzlich die Bilder der verwirrende Träume zusammen. "Heiliger Mist!", raunte ich. Das geheimnisvolle Mädchen aus dem Meer von damals.....es war.....Idoya! Sie hatte mir an jenem verhängnisvollen Tag das Leben gerettet! Solche Augen würde ich niemals vergessen können. Aber warum fiel mir der Groschen erst jetzt in dem Gefängnis ein? Wenn wir uns wieder trafen, musste ich sie nach diesem Tag fragen. Es klapperte an der Tür und ich spannte mich an, während ich wachsam wurde. Mein Verstand war wieder klarer geworden, dieser Exilier schien nicht mehr zu wirken. Licht fiel in den Raum und es traten zwei Wärter ein. "Der Prozess beginnt gleich", brummte Einer und sie wechselte die Handschellen, damit sie mich abführen konnten.
Wir liefen den feuchten, dunklen Gang entlang und erreichte die Treppe. Danach wurde es etwas heller in den Gang und aus den Gittergefängnisse hörte ich das Stöhnen und Gejammer der Gefangene. Direkt vor der Tür stand eine Kutsche, in das ich steigen sollte. Sie würden mich zum Gerichtshof bringen, das nur eine Straße weiter lag. Daher war die Fahrt sehr kurz und als wir auf den Hof von dem Gebäude gelangten, wurde ich unter strenge Bewachung aus der Kutsche gelassen. Wir traten in eine Seitentür hinein und liefen wieder einem Gang entlang bis zu eine weitere Tür. Diesmal war es ein Saal, als wir eintraten und ich wurde direkt in die Mitte geführt, wo ich in einem abgezäunten Viereck stehen musste. Das Gelände reichte mir gerade bis zur Hüfte. Rechts neben mir saßen die Zeugen, vor mir direkt Lord Croft und der Vorstand. Links saßen die sieben gewählten Schöffen. Sie alle waren Mitglieder der Arcana und mussten unparteiisch sein, um einen Urteil bilden zu dürfen. Das hieß ihre Stimmen hatten ebenfalls Gewicht bei dem Prozess. Hinter mir hätten Zuschauer sitzen dürfen, aber da es intern war, wurde vor der Öffentlichkeit bewahrt. "Die Sitzung ist eröffnet", verkündigte Lord Croft und der General trat hervor, um die Anklage vorzulesen.
Yelva
"Yelva, diese Männer sind gefährlich und manche von ihnen haben bestimmt auch Fähigkeiten. Wie willst du dich gegen ihnen behaupten? Du könntest dich nicht verteidigen, sie würden vielleicht schaffen dich zu entführen und dazu zwingen ihnen zu dienen. Das kann ich einfach nicht zulassen! Und deine Mutter würde wahnsinnig werden. Sie hat euch lange nicht mehr gesehen, eurer Brief hatte sie so sehr bekümmert und wenn du jetzt in diese Gefahr gehst, bricht es ihr Herz", sagte Vater mit einem eindringlichen Blick. Ich zog die Schultern hoch, verschränkte meine Fingern ineinander und sagte tapfer, obwohl ich diese Tapferkeit nicht spürte: "Mir ist die Gefahr durchaus bewusst. Aber wenn ich nichts tue, sind wir alle in Gefahr und all die Menschen hier würden nicht ihren Frieden finden können, weil sie immer in Bange sind entdeckt zu werden. Ich kann mich nicht verstecken, Vater. Sie würden niemals aufhören nach uns zu suchen und vielleicht tun sie andere Menschen weh, um mich finden zu können. Das kann ich niemals zulassen. Es herrscht hier so viel Ungerechtigkeit und ich spüre, dass viele Menschen nicht frei sind, sie sind in ihrer Angst gefangen. Ich kann ihnen eine Heimat anbieten, wo sie sich frei entfalten dürfen und wo es gerecht zugeht. Wir sind alle ein Teil der Gemeinschaft, es würde keine Ausgrenzung mehr geben. Keine bittere Armut, die großes Leid bringen kann und kein übermäßige Reichtum, das die Menschen blind macht. In diesem Reich erhalten wir die Möglichkeit gemeinsam einen neuen Anfang machen zu dürfen. Wir würden lernen zusammenzuhalten und miteinander zu leben. Für den Frieden. Besonders Kinder brauchen eine solche Zukunft!" Nach jedem Wort wurde meine Stimme sicherer und ich spürte eine feste Entschlossenheit: "Ich bin alt genug, um Entscheidungen treffen zu können. Ich weiß jetzt, dass das meine Bestimmung ist und du hast selbst mal gesagt, man soll auf die Stimme des Schicksal hören. Vater, ich höre ihre Stimme und sie sagt mir, ich muss Liones finden."