Ardan
Schwer schlug mein Drachenschwanz auf dem Boden auf, als die Verwandlung vollzogen war. Ich spürte die dunkle Energie stärker als sonst in mir summen. Das musste wohl am Blutmond liegen. Meine Sinne erfassten den Feind, ich erfasste ihn in einem Detail, dass es mir ermöglichte nach Schwachstellen zu suchen. Er trug eine bodenlange Robe aus schwerem Stoff, hellblaue Runen schimmerten auf dem dunkelvioletten Material. Diese Runen kamen mir bekannt vor. Ich hatte diese Sprache studiert. Allerdings bewegten sich diese Gesichter erneut auf mich, sodass ich keine Zeit fand sie zu entschlüsseln. Knurrend stürzte ich voran und fasste direkt ins aufgesperrte Geistermaul. Ich musste herausfinden, woraus sie wirklich bestanden und wie sie es schafften magische Attacken in sich aufzunehmen.
Doch als ich hineingriff, spürte ich nichts als Leere. Keine Materie, keine wirkliche Magie. Wie war das möglich? Just in diesem Moment biss eines dieser Dinger in meinen Arm hinein. DAS spürte ich. Fluchend riss ich mich irgendwie davon los, aber dafür musste meine Kleidung daran glauben. Dank der Drachenschuppen erlitt ich zumindest keine Fleischwunde. Meine Drachenschuppen hielten nämlich so einiges aus.
Jenaya
Ich hatte geahnt, dass er sich für den Kampf entscheiden würde und das machte mich unglaublich stolz auf ihn. Es war richtig. Hier bei mir zu bleiben, bedeutete einen starken Mann weniger an der Front. Kenai konnte viel Schaden anrichten, wenn er es darauf anlegte. Außerdem brauchten unsere Freunde ihn. Ich kam schon klar. Meine Mutter, Maris und die Vier Wasserfälle würden auf mich Acht geben. Das reichte mir. Nicht zu vergessen war ich auch noch da, um unser Kind zu beschützen. Unser Sohn war die Zukunft.
Lächelnd sah ich Kenai an, als sich unsere Lippen voneinander lösten. In meinem Herzen wurde es schlagartig warm. Ich liebte diesen Mann so sehr. Ich betete für seine Sicherheit und für seine gesunde Rückkehr. An ein tragisches Ende wollte ich erst gar nicht denken, sowas kam nicht infrage. >Pass auf dich auf, mein Zirkusjunge.< sagte ich noch zum Abschied.
Alita
Wieder spannte ich mich an, als er auf mich zukam und sich eine meiner Haarsträhnen um den Finger wickelte. Er tat so, als wäre das hier ein Spiel. Irgendein Test, den ich bestehen musste. Er wollte, dass ich ihm bewies, dass ich das Zeug dazu hatte ihn zu befehligen? Für wen hielt er mich? Bevor ich irgendwas sagen konnte, stürzte plötzlich Akela auf ihn los und haute ihm eine runter. Fen ließ sich das natürlich nicht gefallen, er biss zurück, er verletzte den Menschen an der Schulter. Als das passierte, regte sich ein brennendes Gefühl in mir. Es gefiel mir nicht, aber es war da und es war stark.
Was ist bloß los mit dir?, rief ich ungläubig aus und ging auf die beiden Männer zu. Mein Blick haftete an Fen, der Akelas Blut am Mund hatte. Ein kalter Schauer lief mir über den Rücken.
Dieser Mann hat statt dich guten Grundes umzubringen, dir dein Leben gerettet. Und ich habe dabei mitgemacht, weil ich davon ausgegangen bin, dass du dich zusammenreißen wirst. Du hast dich nicht einmal bedankt! Brüskiert warf ich die Hände in die Luft und presste die Lippen fest zusammen. Was hatte ich auch erwartet? Dass mich Fen in den Arm nehmen und sich offenkundig darüber freuen würde, mich zu sehen? Nein, natürlich nicht. Stattdessen setzte er seine verführerische Ader ein, um mich aus dem Konzept zu bringen und Spielchen zu spielen. Dafür hatte ich keine Zeit. Dafür hatten WIR keine Zeit!
Ich schaute zu Akela und straffte die Schultern. Das oberste meiner Gebote hatte ich schon gebrochen, jetzt durfte ich wegen meinen Gefühlen nicht noch weitere Aufgaben außer Acht lassen.
Dir muss ich nichts beweisen, Fen. Ich habe dir genug bewiesen, indem ich mich für dich eingesetzt habe. Wenn dir das nicht reicht, ist das dein Problem. Familie und Freunde brauchen mich jetzt. Entweder du kommst mit und setzt dich endlich für die gute Seite ein oder du bleibst hier und tust absolut nichts. Kein Zittern in der Stimme, kein Zittern im Körper. Ich meinte jedes einzelne Wort ernst. Bevor mich die Konsequenzen meines Handelns trafen, wollte ich mein Bestes geben und für die Leute da sein, die mich bis hierher unterstützt hatten. Ich wollte kein Feigling mehr sein.
Tief durchatmend überkreuzte ich die Arme vor der Brust und aktivierte den Kern in mir. Warme Energie breitete sich in mir aus, sie erfüllte jeden Winkel meines Körpers, dehnte sich weiter aus und ließ nebenbei Gras sowie Blumen in meiner Reichweite wachsen. Und das obwohl wir auf einem Schiff waren. Ich ließ die Verwandlung zu und hieß das schöne Gefühl von Zuhause willkommen. In meiner ursprünglichen Gestalt zu sein, fühlte sich unbeschreiblich gut an. Ich fühlte mich vollkommen und rein. Als ich die Augen öffnete, sah die Welt wieder anders aus. Bunter.
Steig auf, Akela. Man braucht uns an der Front, der Kampf hat begonnen.