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24.11.2018, 08:32

Jadis


Meine Wangen erhitzten sich, als Ardan meinte ich würde eine großartige Kämpferin werden und ich freute mich, dass er die weibliche Seite auf gleicher Augenhöhe sah. Dass nicht alle Frauen schwach waren und durchaus kämpfen konnten, dazu auch den Willen besaßen. Aufmerksam hörte ich ihm dann zu und hielt weiter seine Hand fest. Es fühlte sich gut an seine Wärme zu spüren und es hatte für mich eine entspannende Wirkung. Ich mochte den dunklen Klang seiner Stimme, er war nicht donnernd, sondern eher sanft und warm. Wie ein knisternder Kamin. Ein Lächeln erschien auf meine Lippen, als ich feststellte, dass Ardan und ich ähnliche Vorstellungen von unseren freien Tag hatten. Und sein verträumter Blick, als er von seine Wünsche erzählte, ließ mich leise entzückt aufseufzen. Bei seinem letzten Satz spürte ich wieder die Wärme in meine Wangen und ich antwortete lächelnd: "Ja, das zählt. Und das wünsche ich mir auch." Plötzlich spürte ich einen Kloß in meiner Kehle, als ich daran dachte, dass seine Zeit demnächst um sein würde. Ich wollte jetzt nicht traurig werden. "Es ist schade, dass du schon bald abreisen muss. Aber hoffentlich können wir dich sehr bald besuchen und dann kann ich sehen, wie du in deinem Land lebst. Du kannst mir dann alles zeigen, was dir wichtig ist. Und wenn unsere Väter einen Bündnisvertragen abschließen, dann könnte ich sogar, wenn ich volljährig bin, dich heiraten falls du bis dahin auf mich warten möchtest und immer noch die gleiche Gefühle empfindest. Ich meine vier Jahre ist schon eine beachtliche Zahl und.....jedenfalls würde mein Herz dich wählen wollen, denn ich habe in dir meinen Seelengefährten gefunden. Und....", ich stoppte atemlos und räusperte mich mehrmals. Was sagte ich da für verwirrende Sachen? "Was ich eigentlich dir sagen wollte ist, dass ich dich schrecklich vermissen werde, Ardan", schniefte ich und schlang meine Arme um seinem Hals. Mein Gesicht vergrub sich in seinem Hals. Gut, dass die Äste hier oben dick und breit genug sind, sodass ich ein wenig meine Position ändern konnte. "Ich habe dich ganz, ganz, ganz doll lieb", flüsterte ich und dann lief doch eine Träne über meine Wange.

Kenai


Am Frühstückstisch begann die Prinzessin aufeinmal von ihrem Traum zu erzählen, dass einem Vision ähnlich war. Die Reaktionen des Königspaar bestätigte mir dies und ich entnahm daraus, dass ein solches Vision kein gutes Zeichen war. Bedeutete es vielleicht eine herannahende Gefahr? Dann musste ich umso stärker auf die Prinzessin Acht geben, so wurde es von mir verlangt. Die Königin wollte das erst später in dem Arbeitszimmer besprechen, taktisch gesehen wäre ein früheres Gespräch klüger, aber da sie die Königin war, würde ich niemals in Erwägung ziehen ihr zu widersprechen. Stattdessen folgte ich stumm die Prinzessin und die Königin nach draußen zu den Ställen. Dort überprüfte ich eingehend die Reittiere, um sicherzugehen, dass alle Gurte auch wirklich gesichert waren und sich nicht beim Ritt plötzlich lösten. Die Menschen neigten manchmal dazu ihre Aufgaben zu vernachlässigen, etwas, was mir als menschliche Waffe nicht passieren würde.


102

24.11.2018, 11:59

Ardan

Es fiel mir überhaupt nicht schwer, offen über meine Träume und Wünsche zu reden. Ich wusste, dass sie mich nicht verurteilen würde. Sie hörte mir einfach nur zu und das bedeutete mir wahnsinnig viel. Bislang war meine Schwester die einzige Ansprechpartnerin gewesen, aber Jadis gehörte nun dazu. Ich vertraute ihr, so verrückt das auch klang.
Als sie mich schließlich ansah und ich einen trüben Glanz in ihren Augen entdeckte, glaubte ich, irgendetwas Falsches gesagt zu haben, aber ihre Worte erwischten mich tief. Sie drangen direkt in mein Herz ein. Widerstandslos. Schnitten hinein wie ein scharfes Messer, aber eines, das nicht schmerzte, sondern jede Faser in ein warmes Feuer tauchte. Ich konnte wirklich spüren, wie mein Herz in Flammen stand. Es pochte bittersüß schmerzhaft in der Brust. Als könnte es sich nicht entscheiden, ob es sich befreien oder auf der Stelle verglühen wollte. Zudem schien sich etwas anderes in meinem Inneren zu verändern. Ich konnte nicht beschreiben, was genau das war, doch Jadis' plötzliche Nähe, ihre Verwundbarkeit, ihr Geständnis, ihre Zukunftsvorstellung... All das löste große Wellen an Emotionen aus, die meinen gesamten Körper in Brand setzten. Mir blieb die Erwiderung buchstäblich im Hals stecken. Mir fehlten die Worte. Ich war zutiefst gerührt.
> Jadis...< raunte ich in die Stille hinein. Etwas glänzte auf ihrer Wange und ich erkannte sie als Träne wieder. Warum weinte sie? Warum verspürte ich jetzt einen Schmerz im Herz? Ich räusperte mich, schluckte den Kloß hinunter. > Ich bin... Ich, ich weiß nicht, was ich sagen soll. Es... ehrt mich. Es bedeutet mir wahnsinnig viel, dass du so empfindest, das macht mich wirklich glücklich. Ich bin es nicht gewohnt, dass mir so viel Gutes auf einmal widerfährt, deshalb möchte ich es nicht mit meiner Hoffnung zerstören. Ich will, dass das, was wir haben, bleibt. Dass du ein fester Bestandteil meines Lebens bleibst.< sagte ich ehrlich. Im Moment trug ich meine Gefühle offen auf der Zunge. Ohne Zurückhaltung, ohne Scheu.

Jenaya

Kenai stellte natürlich sicher, dass wir bestens gerüstet für den Ausritt waren. Nicht nur er würde uns begleiten, sondern vier weitere Wachen. Immerhin war die Königin selbst unterwegs, da brauchte man gewiss mehr Sicherheitspersonal. Mich störte das ein wenig, weil ich die Zeit gern genießen wollte. Allein mit meiner Mutter im Wald, fremde Kräuter erkundend, ohne lauernde Gefahr. Doch dieses Denken war utopisch. Für die Königsfamilie galten eben solche wichtigen Regeln. Personenschutz musste überall anwesend sein.
Aber nach all den Jahren gewöhnte man sich dran. Man blendete die anderen Leute einfach aus. Schon war man zu zweit.
> Bist du bereit?< fragte mich Mutter und ich nickte lächelnd. In ihrer schlichten Reitkleidung und den hochgesteckten Haaren sah sie wahrlich königlich aus. Seriös. Intelligent. Ich schaute zu ihr auf und hoffte, dass ich später eine genauso starke Präsenz ausstrahlen würde. Dass die Leute mir von Anfang an ihren Respekt zollten, wenn sie mich sahen. Momentan war ich einfach nur die Prinzessin. Das reichte mir nicht. Ich wollte mehr erreichen, mehr sein, mehr erleben, mehr bewegen. Und wenn ich mein Wissen durch das meiner Mutter erweitern konnte, dann tat ich das. Kräuterheilkunde war nämlich sehr wichtig, sie rettete Leben und das war mir besonders wichtig. Schwächeren zu helfen lag mir sehr am Herzen. Ich war wahnsinnig sensibel bei diesem Thema.
Da ich mehr als bereit war, nickte ich kurz und schon ging es los. Zwei Wachen führten, dann folgten meine Mutter und ich, direkt hinter mir Kenai und hinter ihm die letzten beiden Wachen. Eine große Eskorte für einen kurzen Ausritt. Nichts Besonderes.
Mir brannte es auf der Zunge, Mutter nach meiner Vision zu fragen, aber wie aus dem Nichts kam sie mir zuvor. Damit überraschte sie mich, denn ich hatte geglaubt, wir würden erst mit Vater darüber reden. Unter privaten Augen.
> Und du bist dir absolut sicher, dass sie "Wir kommen" gesagt haben?<
Ich nickte erschaudernd. > Glaub mir, diese Vision war mehr als real. Es hat sich angefühlt, als wäre ich dort gewesen. Mitten im Geschehen. Es war schrecklich. All das Leid, das Klagen...< Ich wollte nicht mehr daran denken.
> Die Toten. All diese Toten, die vor ihrer Zeit gegangen sind, haben dich das sehen lassen. Da bin ich mir sicher. Du hast ihre letzten Atemzüge erlebt. Sie wollten, dass es jemand sieht, damit andere gewarnt sind. Es war ein Hilferuf. Und die letzten Worte... Sie kommen von dem Bösen. Anders kann ich es mir nicht erklären.<
Ein Hilferuf? Jetzt kam mir das Ganze noch schrecklicher vor.
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24.11.2018, 14:09

Jadis


Zum Glück konnte ich die anderen Tränen zurückhalten, ich wollte nicht weinen. Ich wollte nicht das Gefühl haben, dass das hier schon der Abschied war. Noch hatten wir ein wenig Zeit. Vielleicht nicht mehr Tage, sondern nur noch Stunden. Aber diese Zeit musste ich ausnutzen, sie war kostbar. Tief atmete ich seinen besonderen Duft ein und spürte wie er mich beruhigte. Bei seine Worte richtete ich mich blinzelnd auf und sah in sein schönes Gesicht. Ich machte ihn glücklich. Er wollte, das was wir hatten auch so blieb. Dass ich ein fester Bestanteil seines Lebens bleiben sollte. Seine Worte brannten wie ein unauslöschliches Mal in meinem Herz. Ich konnte es nicht anders. Ich musste Ardan küssen, ansonsten würden mich die stürmische Gefühle noch wahnsinnig machen. Und ich sehnte mich so sehr nach einem warmen Kuss von ihm, der nach Vanille und Zimt schmeckte. Meine Arme legten sich erneut um seinem Hals und ich schloss meine Augen. Wie weich seine Lippen sich anfühlten, wie Federn eines Kückens. "Ardan", hauchte ich an seine Lippen gefühlvoll.

Kenai


Es kamen weitere Wachen dazu, da auch die Königin unterwegs war und daher mussten solche Sicherheitsvorkehrungen getroffen werden. Ich schwang mich auf das Pferd und es gehorchte auf meine stumme Signale. Normalerweise wichen mir die Tiere mehr oder weniger aus. Aber dieses Pferd hatte sich mittlerweile an meine Präsenz gewöhnt, dafür wurde gesorgt. Jedenfalls schienen die Tiere zu wissen, dass ich kein wirklicher Mensch war. Anders waren ihre Reaktionen nicht zu erklären, denn die Tiere handelten mit ihre Instinkten. Während des Rittes wurde offenbar doch über die Vision gesprochen und ich nahm jedes einzelnes Wort auf. Das Einzige was ich wissen musste war, wer das Böse war. Ihn würde ich erledigen, um die Prinzessin zu beschützen. Dem Bösen durfte keine Möglichkeit gegeben werden sich der Prinzessin nähern zu können. Wir erreichten die Waldlichtung, in der ich meine Trainings nachging und ich entdeckte den zerstörten Baum. Am heiligten Licht wirkte die Zerstörungskraft der Schattenblitze größer. Wir ritten an der Lichtung vorbei zu einem kleinen Pfad. Ein kleines Stück weiter gab es eine Kräuterwiese mit Wildblumen. Dort verbrachten sie ihre Zeit, wenn solche Ausflüge stattfand. Die Königin erklärte der Prinzessin meist welche Pflanzen dort wuchsen und wie einsetzbar sie waren.


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25.11.2018, 01:47

Ardan

Zum perfekten Zeitpunkt beugte sie sich zu mir vor und küsste mich. Besser könnte dieser Abend nicht laufen. Genau das hatte ich auch im Sinn gehabt. Küssen. Viel küssen. Viel berühren. Ihren betörenden Duft tief einatmen. Sie fühlte sich unglaublich gut an, besonders ihre Lippen auf meinen. Ihr Geschmack breitete sich wie eine süße Köstlichkeit in meinem Mund aus. Ich gab ein Geräusch von mir, das nach tiefer Zufriedenheit klang.
Als sie meinen Namen sagte, löste sie eine Feuerwelle aus. Eine, die mich komplett einnahm. Wie von selbst legten sich meine Hände auf ihre Hüften und ich war froh, dass der Ast breit genug für uns beide war. Wir passten perfekt zusammen. Davon war ich mehr als überzeugt. Und das hier zeigte mir, wie richtig ich damit lag. Alles fühlte sich richtig an.
Gierig vertiefte ich den Kuss, wollte mehr schmecken, mehr fühlen, während meine Hände auf Wanderschaft gingen. Ihren schönen, weiblichen Körper näher erkundeten, ohne jedoch Grenzen zu überschreiten. Sie war eine Prinzessin und ich kannte Manieren, auch wenn es mir schwerfiel, mich zurückzuhalten. In dieser Hinsicht war ich wohl eher ungeduldig. Gut zu wissen. >Deine Lippen... Sie machen süchtig.< murmelte ich zwischen zwei Küssen. Meine Lippen brannten bereits.

Jenaya

Das Thema Vision schien abgehakt zu sein, für diesen Ausritt jedenfalls. Ich war mir sicher, dass später Teil zwei folgen würde. Mit oder ohne meine Anwesenheit, das würde sich zeigen. Meine Eltern waren gut darin, private Treffen zu arrangieren, wenn es um meinen Schutz ging. Und ich erfuhr alles ziemlich spät. Was mich meistens extrem nervte.
Doch hier und jetzt spielte das keine Rolle. Ich sog jedes Wort meiner Mutter wie ein Schwamm auf. Die Pflanzenvielfalt überwältigte mich jedes Mal aufs Neue. Immer, wenn ich dachte, ich wüsste genug, kam mehr und mehr dazu. Wenigstens hatte ich keine Probleme, das neu gewonnene Wissen abzuspeichern. Willig nahm ich es auf, während ich mir die Pflanzen näher ansah, sie befühlte, an ihnen roch, einfach hinhörte. So dumm es am Anfang klingen mochte, manchmal, im Wind, erzeugten Pflanzen eine Melodie, die man nur schwer hören konnte. Für mich war das mittlerweile ziemlich leicht. Und ich stellte fest, dass seit sich das dritte Auge bemerkbar gemacht hatte, ich die Melodie noch deutlicher wahrnahm. Immerhin ein Vorteil. Wohl der einzige, der mir spontan einfiel.
Ich vergaß völlig, dass Mutter und ich nicht allein waren. Die Wachen hielten sich zurück, sprachen nicht miteinander, sondern hielten nach potenziellen Gefahren Ausschau. Hier an diesem schönen Ort lauerte aber keine Gefahr. Ich hatte ein gutes Gefühl. Eines, das mich nicht trog.
> Und das hier ist eine Mondsichel.< erklärte Mutter und deutete auf eine weiße Blüte, die tatsächlich wie eine Mondsichel geformt war. > In heißem Wasser aufgegossen, hilft der Tee beim Einschlafen. Neben der beruhigenden Wirkung hilft er auch gegen Bauchschmerzen.<
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25.11.2018, 10:03

Jadis


Bei den Götter, der Kuss raubte mir meinen Verstand und ich war kaum in der Lage überhaupt denken zu können. Ich wollte auch nicht mehr denken können. Die Wärme seiner Lippe breitete sich in meinem Inneren aus, hüllte mein schnellpochendes Herz ein und erweckte ließ in meinem Bauch abertausende Federn in die Lüfte tanzen. Meine Wangen glühten und glichen der Farbe eines roten Apfels. Leise seufzte ich wohlig, als seine Hände sich auf meine Hüfte legten. Mein Körper schmiegte sich noch enger an Seinem bis ich sein Herz spüren konnte. Er schlug im selben Takt wie Meines. Sie spielten die gleiche Melodien. Das war die Musik der Liebe. Sein Duft ließ mich die Welt da draußen vergessen und erschuf eine kleine Welt, in der nur wir Beide gaben. Tief atmete ich ihn ein, wollte wissen woran mich der einzigartiger Duft erinnerte. Doch das schien ein Rätsel zu bleiben. Meine Atmung wurde schneller und warme Schaudern rannen über meinem Rücken, als seine Hände über meinem Körper wanderte. Es fühlte sich so gut an. So schön. Und mir wurde allmählich bewusst, dass ich wirklich langsam zu einer junge Frau heranreifte. Vor einem Monat hatte ich die Veränderungen entdeckt und ich hatte auch gemerkt, dass diese Veränderungen auch die Anderen beeinflussten. Dass Einiges nicht mehr so sein würde wie früher. Meine Mutter hatte mich in dieser Sache aufgeklärt, aber ich hatte diese Dinge abgewehrt. Ich wollte noch nicht erwachsen werden. Ich wollte nicht, dass sich die Dinge veränderten. Dass es alles komplizierter wurde. Aber jetzt in diesem Moment war ich unendlich froh. Ansonsten hätte Ardan in mir nur ein Kind gesehen, nicht eine Heranwachsende. Und dann hätte solche brennende Küsse niemals gegeben. Meine Hände wanderten auf seinem Brustkorb, ich konnte die Muskeln unter seinem Oberteil fühlen. Er trainierte wohl viel. Meine vernebelte Augen schlugen auf, als ich seine Stimme hörte und blickte direkt in die goldene Flammen. "D-d-deine....a-auch", stammelte ich benommen, das ich überhaupt noch sprechen konnte glich beinahe einem Wunder. Dann verlor ich mich wieder in seine Küsse und meine Hände strichen über seinem Brustkorb. Erkundigte zaghaft seinen Körper. Seine Arme waren auch stark, die Schultern breit wie die eines Mannes, der Rücken kräftig, der Bauch straff, das Gesicht glatt, der Nacken weich und das Haar seidig. Und er strahlte eine Hitze aus, die von Innen herkam. Seine Wärme lockte mich. Ich nahm nicht wahr, wie die Abendglocke ertönte und die späte Zeit ankündigte.

Kenai


Wir hatten die Waldwiese erreicht und stiegen von Pferde ab. Sorgfältig band ich sie an einem Baum fest, damit sie nicht die Möglichkeiten erhielten verschwinden zu können. Am Rand der Wiese positionierte ich mich schließlich, die anderen Wachen verteilten sich in bestimmten Abständen ebenfalls. So waren die Königin und die Prinzessin von uns bestens beschützt und wir konnten jederzeit reagieren. Ich hörte jedes Wort von ihnen und speicherte die Informationen ab. Ich musste in der Lage sein die Prinzessin notfalls so verarzten zu können, dass es lebensrettend sein konnte, sollte sie sich jemals in meiner Gegenwart zu Verletzungen kommen. Plötzlich bemerkte ich einen Duft. Er war mir vertraut. Mein Kopf neigte sich ein wenig nach unten. Neben meine Füße waren Pflanzen, deren Köpfe lila aussahen. Sie strömten diesen Duft aus. "Lavendel", stellte ich fest. So sahen sie also aus. Unscheinbar und dennoch schienen sie eine wichtige Rolle zu spielen, wenn es um das seelische Wohl ging. Ich bückte mich, rupfte die Pflanzen aus der Erde und stand wieder kerzengerade. In der Faust die Lavendeln.


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25.11.2018, 10:59

Ardan

In meinen Ohren rauschte es, pures Verlangen wütete in meinem Blut. Verlangen nach mehr. Das Verlangen mit Jadis Grenzen zu überschreiten. Grenzen, die ich mit keinem anderen Mädchen zuvor erkundet hatte. Bisher hatte sich nie eine Gelegenheit offenbart, kein Mädchen hatte je dieses tiefe Bedürfnis in mir geweckt. Sie waren nicht interessant genug gewesen. Aber Jadis, oh ja, Jadis, mit ihr würde ich alles tun. Einfach alles. Bilder zogen an meinem inneren Auge vorbei, die Mädchen vor Scham verglühen lassen würden. Ich selbst war ein wenig überrascht, welch gierige Triebe in mir schlummerten. Und diese Prinzessin hatte sie geweckt. Mit jeder Berührung, mit jedem Zentimeter mehr, den sie erkundete, entzündete sie ein Feuer, das schwer zu löschen sein würde. Ich gierte nach mehr. Ich zeigte ihr, dass ich sie begehrte, dass sie mich betörte, dass ich sie wie eine Frau betrachtete. Wenn sie wüsste, wie sehr ich mich gerade zurückhielt. Nicht zuletzt, weil wir auf einem Ast saßen, hoch oben auf einem Baum, mit der Gefahr vor blinder Leidenschaft in die Tiefe zu stürzen.
Nur vage nahm ich ein Glockenläuten in der Ferne meines Bewusstseins wahr. Alles steckte in Nebel fest. Meine Gedanken waren träge, sie kamen nicht mehr in Gang. Dennoch erreichte das Läuten einen Teil in mir, der immer wachsam war. Eine Art Überlebensinstinkt.
Schweratmend löste ich mich von Jadis Lippen, warmer Atem streifte mein Gesicht. Wir waren Millimeter voneinander entfernt. Über ihren grünen Augen lag ein Schleier. Sie war verzaubert so wie ich. > Wir müssen zurück.< brachte ich heiser hervor, rührte mich allerdings nicht von der Stelle. Mein Körper gehorchte mir nicht. Er war in einem Schwebezustand.

Jenaya

Aufmerksam hörte ich meiner Mutter weiterhin zu. Diesmal erzählte sie mir mehr über die heilende Wirkung von Blauwurzel und Rotkehlchen. Beides wichtige Zutaten für Heilsalben oder Tee. Man konnte einige der Pflanzen sogar kombinieren, um die Wirkung zu vervielfachen, doch das erforderte Geschick. Man musste mit den Mengen richtig umgehen können. Das gehörte zu den schwierigen Aufgaben. Auch das versuchte sie mir so gut wie möglich zu erklären, jedoch lernte ich in der Praxis schneller.
> Morgen können wir ins Krankenzimmer gehen und dort den Frauen beim Arbeiten zusehen. Vielleicht darfst du die ein oder andere Aufgabe übernehmen. Was sagst du?<
Meine Augen leuchteten auf. > Ja, bitte!<
Ich ließ den Blick wieder über die Pflanzen schweifen, als ich eine leicht verzerrte Melodie wahrnahm. Sie klang nach Schmerz. Ein falsche Tastenfolge in einem Klavierstück. Etwas stimmte nicht. Ich folgte dem eigenartigen Geräusch und entdeckte daraufhin Kenai, der Lavendel pflückte. Das passte so gar nicht zu ihm. Warum pflückte er Lavendel? Und warum behielt er den Strauß in der Hand?
Unwillkürlich erinnerte ich mich daran, wie er sich zu mir vorgebeugt und an meinem Hals geschnuppert hatte. Röte kroch in meine Wangen, darum lenkte ich davon ab, indem ich aufstand und zu ihm ging. Auf das eigentliche Thema fokussierend. > Kenai... Es, es gehört sich nicht, einfach so Pflanzen dem Boden zu entreißen. Du musst erst um Erlaubnis fragen und dich danach bedanken. Was die Natur hergibt, ist ein Geschenk, deshalb müssen wir ihre Gaben ehren.<
Ich legte meine Hand auf seine, die den Strauß voller Lavendel hielt. > Möchtest du daraus Parfüm oder Seife machen?<
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25.11.2018, 12:23

Jadis


Seine Lippen lösten sich von mir, der warme Atem streifte über meine prickelnde Lippen und benommen blinzelte ich abermals. Dabei ertrank ich in seine goldene Flammen, sie verschlangen mich und widerstandslos ließ ich dies geschehen. "Hm", antwortete ich bloß, die Bedeutung seiner Worte erreichten mich nicht. Der angenehme Nebel in meinem Kopf war dicht, kein klares Denken war möglich. Meine Lippen fanden wieder seine Lippen, meine Arme schlangen um seinem Hals und mein Körper schmiegte sich weich an Seinem. Ich wollte ihm nahe sein, kein Abstand sollte zwischen uns geben. Meine Fingern spielten mit seinem Nackenhaar. Küssen war einfach wundervoll. Überhaupt nicht ekelerregend, wie ich es immer dachte. Man fühlte sich so leicht wie eine Feder und diese berauschende Gefühle waren himmlisch. Und wenn ich ihn küsste, fühlte ich mich vollkommen. Ich war ihm verfallen, völlig verzaubert.

Kenai


Aufeinmal schritt die Prinzessin auf mich zu und sprach auf die Lavendel an, die ich gepflückt hatte. Flüchtig schaute ich zu dem Bündel in meiner Hand. Die Prinzessin hatte eine merkwürdige Vorstellung. Für mich waren Pflanzen einfach nur Pflanzen, emotionslose Materialien der Natur. Ihre Hand auf Meiner veranlasste mich dazu zu diesem Thema nichts zu sagen. Dieser Glauben schadete nicht und die Menschen schienen sowas zu brauchen. "Wenn Parfüm oder Seife für Euch sinnvoll erscheint. Meine Pflicht gehört unter Anderem dafür zu sorgen, dass Ihr ebenfalls seelisch wohlbehalten seid und eurer seelischer Wohl keiner Gefahr ausgesetzt ist. Jedoch seid Ihr bei Eure magische Anfälle einer Gefahr ausgesetzt, wo ich nicht befähigt bin diese abwenden zu können. Das Einzige was ich scheinbar nur tun kann, ist eure überschüssige Energie in mich aufzunehmen. Aber solange ihr in diesem Zustand seid und nicht eure Sinnen kontrollieren könnt, könnt Ihr in Gefahr geraten. Es kann eine Situation auftauchen, wo ich Euch vor körperliche Unversehrtheit beschützen muss und wenn Ihr in diesem Moment Euren magischen Anfall bekommt, seid Ihr nicht in der Lage eure Sinnen zu kontrollieren und somit angreifbar. Daher muss eine weitere Methode überlegt werden, Ihr müsst eure Sinnen kontrollieren können, wenn Ihr in diesem Zustand verfällt und da ihr von den Besonderheiten des Duftes der Lavendel beschrieben habt, könnte dies vielleicht eine Methode sein, eure Sinnen zu klären, egal wie groß eurer seelischer Leid in diesem Zustand ist", erklärte ich mit der gleichbleibende Stimme.


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26.11.2018, 07:21

Ardan

Sie hörte nicht auf. Sie machte weiter. Verführte mich. Spielte mit meiner Beherrschung, die langsam zerbröckelte und mehr Platz für das lodernde Feuer schaffte. Ihr weicher Körper, der sich an meinen schmiegte, entlockte mir einen tiefen Laut, der nach purem Verlangen klang. Sie lockte Seiten in mir hervor, die ich selbst noch nicht kannte. Ich wollte sie für mich allein haben. Sie erobern.
Doch in dem Moment, als ich mich ein wenig nach hinten lehnen wollte, verlor ich den Halt und musste mich rechtzeitig am Stamm abfangen. Der Kuss brach ab. Meine Atmung war schwer, das Herz pochte wie verrückt. > Ich...< Ich räusperte mich. Meine Stimme klang viel zu rau. > Ich denke, wir sollten jetzt wirklich gehen, bevor man nach uns suchen lässt.<
So schwer mir ein Abschied auch fiel, wir durften unser Glück nicht herausfordern. Ganz besonders meines nicht, denn mein Glück bekam ich nur in kleinen Dosen. Dafür sorgte mein Vater. Er würde irgendwie herausfinden, was ich hier um diese Uhrzeit tat. Er hatte ein feines Gespür für meine Makel. Dieses Risiko wollte ich nicht eingehen. Ich wollte Jadis so weit wie möglich von meinem Vater fernhalten.
Mit einem schiefen Lächeln auf den Lippen hielt ich ihr die Hand hin. > Komm, Prinzessin, morgen können wir vielleicht das fortsetzen, was wir angefangen haben. Vorfreude ist bekanntlich die schönste Freude.<

Jenaya

Ich hätte nicht gedacht, dass Kenai sich dermaßen viele Gedanken um mein Wohlergehen machte. Wie er mich zu verteidigen hatte, ja, aber dass selbst solche Kleinigkeiten zählten, war mir nicht bewusst gewesen. Ihm allerdings schon. Ich wusste nicht, was ich davon halten sollte. Einerseits war das bemerkenswert, andererseits störte mich etwas daran. Aber was?
> Das ist eine gute Idee, Kenai.< schaltete sich meine Mutter dazu und lächelte ihn zufrieden an. Sie tauchte hinter mir auf und legte mir eine Hand auf die Schulter. Eine Geste, die bedeutete, dass ich nichts weiter sagen sollte. So viele Worte mir auch auf der Zunge liegen mochten. Ich hätte wirklich gern mehr gesagt, aber ich widersprach Mutter selten. Es war deutlich besser, ihr zu gehorchen. > Wie wäre es, wenn du den Strauß an Lavendel ins Wissenschaftslabor bringst, wenn wir zurück sind? Dann kann sich die Forschungsgruppe etwas überlegen, um Jenaya in Zukunft zu helfen.<
Helfen. Langsam hatte ich es satt, dass alle mir ständig helfen wollten. Niemand scherte sich darum, wie es mir bei alldem ging. Sie sahen nur die Gefahr, sie sahen nicht die Hilflosigkeit in mir. Die Machtlosigkeit. Ich konnte mich kaum selbst verteidigen. Überall gab es Leute, die das für mich übernahmen und nun stellte sich heraus, dass Kenai nur aus einem Grund Lavendel gepflückt hatte. Um mich zu beschützen. Um mir zu helfen.
Ja, da lag das Problem. Der Grund dieser Geste. Was hatte ich auch erwartet? Dass er sie gepflückt hatte, um mir damit eine Freude zu machen? Wie dumm war ich denn? Er war eine Waffe, in ihm gab es keinerlei Emotionen, außer dem Auftrag, mich am Leben zu erhalten. Und dasselbe galt für alle anderen Wachen auch. Sie alle waren hier, weil es ihr Beruf war. Aber wer war allein meinetwegen hier? Wegen meiner Person?
Diese Gedanken stimmten mich plötzlich so traurig, dass ich die Lust an diesem Ausritt verlor. Ein unangenehmes Gefühl breitete sich in meiner Brust aus, eines, das mir missfiel. > Ich möchte wieder nach Hause.<
> Bist du sicher?< Meine Mutter klang überrascht.
Ich nickte und ohne ein weiteres Wort schwang ich mich aufs Pferd.
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26.11.2018, 07:40

Jadis


Überrascht schnappte ich nach Luft, als Ardan plötzlich nach hinten kippte und ich selbst von ihm abrutschte. Reflexartig klammerte ich mich fester an seinem Körper, um den Halt nicht zu verlieren. Mein Herz klopfte wild. Beinahe wären wir wohl abgestürzt. Vor lauter Küssen. Ich musste kichern und beruhigte mich schließlich von den kleinen Schreck. Meine Wangen glühten immer noch und ich seufzte schwer, als Ardan meinte wir sollten zurückkehren. Leider hatte er Recht. Sora würde sicherlich verrückt werden, wenn ich nicht bald im Zimmer war und dann würde sie meine Eltern oder den Wachen Bescheid geben. Wieder wurden meine Wangen warm und schüchtern lächelte ich an: "Ja." Der Gedanke ihn morgen wieder küssen zu können, beflügelte mein Herz. Ich nahm seine Hand an. Wir kletterten hinunter und ich bemerkte, dass es mittlerweile dunkel geworden war. Wir waren ganz schön lange auf dem Baum gewesen. Wärme breitete sich in meinem Inneren aus bei den Gedanke warum. Ich hielt Ardans Hand immer noch fest, erst als wir den Eingang des Schlosses erreichten, zog ich meine Hand zurück und drehte mich zu ihm um. "Es war ein wundervoller Abend gewesen", flüsterte ich und schaute mich aufmerksam umher, ehe ich ihn einen flüchtigen Kuss gab: "Schlaf gut, Ardan und träume was Schönes."

Kenai


"Zu Befehl", antwortete ich der Königin und hielt das Bündel fester in meiner Hand, damit mir diese Pflanzen nicht verloren ging. Das Gesicht der Prinzessin veränderte sich, es deutete daraufhin das etwas sie störte. Jedoch konnte ich mir nicht erklären, was sie nun störte. Hier gab es keine Gründe, der diesen Gesichtsausdruck in ihr hervorrufen könnte. Nach meines Wissens verbrachte sie gerne hier die Zeit. Vermutlich war das eine Frauensache, wovon ich überhaupt nichts verstand. Sie kündigte den Rückkehr an, somit stieg ich geschickt auf das Pferd und folgte der Prinzessin. Die anderen Wachen verteilten sich ebenfalls vorne und hinten, um die Königin angemessen zu beschützen. Wir ritten durch den schmalen Pfad, dann an der Waldlichtung vorbei und schließlich näherten wir uns dem Waldrand. Das Schloss war zwischen den Bäume zu erkennen und wir erreichten das geöffnete Tor. Die Torwache ließ uns passieren. Auf dem Hof hielten wir an, stiegen ab und ein paar Stallburschen nahmen uns die Pferde ab.


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27.11.2018, 07:58

Ardan

> Dann muss ich wohl bereits am Träumen sein.< grinste ich sie an und ließ ihre zierliche Hand los. Es fiel mir schwer, nach diesem wundervollen Abend Abschied zu nehmen, doch wir mussten zurück in unsere Gemächer. Zumindest sie musste vor Ort sein, ich hingegen würde direkt zu meiner Schwester gehen. Ich hatte unser anstehendes Gespräch nicht vergessen. Was sie mir wohl zu sagen hatte? Das würde ich gleich herausfinden.
Ein letztes Mal blickte ich über die Schulter zu Jadis, ehe ich nach dem langen Flur nach links abbog und mich schnurstracks Richtung Gästezimmer begab. Ich traf nur einige Wachen, die mich völlig ignorierten. Ansonsten umgab uns Stille. Nachtruhe war eingekehrt. Hoffentlich galt das auch für meinen Vater. Ich wollte ihn heute nicht sehen. Er würde nur meine gute Laune zerstören. Wie immer.
Vor der Zimmertür meiner Schwester blieb ich schließlich stehen. Atmete tief durch. Flehte unseren Heiligen Baum an, mich nicht mit schlechten Nachrichten zu konfrontieren, denn davon hatte ich bereits genug gehabt. Dann hob ich die Faust und klopfte an. Wartete drei Sekunden. Klopfte erneut. Zweimal. Die Tür öffnete sich.
Im Zimmer war es ungewöhnlich dunkel. Es roch nach Feuerlilien, der Lieblingsgeruch Leoras. Sie trug ein Gewand über ihr Nachtkleid und in ihrem Gesicht konnte ich absolut gar nichts lesen. Das bedeutete schlechte Nachrichten. Unruhe ballte sich wie ein Knoten in meinem Bauch zusammen. Ich hatte ein verdammt ungutes Gefühl und das wiederum verstärkte die Unruhe in mir umso mehr. Leoras Gesicht und die Schatten in ihren Augen... Selten gar nie hatte ich dermaßen viele Schatten in ihrem Blick gesehen. Sie bedeutete mir mit einem leichten Nicken, Platz auf einem Stuhl an einem Schreibtisch zu nehmen. Darauf lagen etliche Papiere, die ich zuvor nicht bemerkt hatte. Was stand dort geschrieben?
> Ardan. Was ich dir gleich sagen werde, ist von großer Wichtigkeit. Du musst mich erst ausreden lassen und du darfst auf keinen Fall voreilige Schlüsse ziehen. Verstanden?< Purer Ernst schwang in ihrer Stimme mit.
Ich schluckte. Bejahte.
> Vater wird keinen Bund mit den Herondales eingehen. Er sieht in ihnen keinen starken Verbündeten, zumal sie nicht auf seine Forderungen eingehen. Was in meinen Augen das Richtige ist. Du weißt, dass Vater zurzeit dunkle Wege beschreitet. Und darum geht es...< Sie machte eine kurze Pause, in der mir das Herz beinahe aus der Brust sprang. Mein gesamter Körper spannte sich an. Was für Forderungen?
> Morgen früh brechen wir auf. Vater wird dir bestimmt erklären, warum wir die Herondales hinter uns lassen, aber das ist nur die politische Seite. Die andere allerdings ist düsterer Natur. Und sie betrifft dich, kleiner Bruder.< Wenn sie mich so nannte, hatte das nichts Gutes zu bedeuten. Ganz und gar nicht. Jetzt traute ich mich nicht einmal zu atmen.
> Du musst etwas tun. Es wird dir sehr schwer fallen, ja, dich gar zerbrechen lassen, aber du musst es tun.< Sie trat auf mich zu, umfasste mein Gesicht. Nun schimmerten Tränen in ihren Augenwinkeln. > Es tut mir so wahnsinnig leid. Ich wünschte, ich könnte dir diese Bürde nehmen, aber ich habe es gerade noch geschafft, Vater von einer schrecklichen Tat umzustimmen. Er will nämlich Prinzessin Jadis tot sehen. Wegen dir.<
In diesem Moment kam alles zum Stillstand, selbst mein Herz. Schock breitete sich wie ein stürmischer Eiswind in mir aus. Ich öffnete den Mund, doch es kam kein Ton heraus.
Leora sprach schnell weiter. > Du weißt, welcher Fluch auf dir lastet. Und du weißt, was deine größte Schwäche ist. Vater hat es bemerkt. Er hat gesehen, wie du dich in Jadis' Nähe verhältst, wie du sie ansiehst. Für ihn ist sie nichts als eine Bedrohung für dich. Deshalb musst du ihr gleich morgen das Herz brechen. Und du deines. Für euch beide.<
Ihre Stimme klang erstickt. Ich hingegen fühlte nichts als Kälte in mir. > Manchmal... Da müssen wir unsere Liebsten ganz weit von uns stoßen, um sie zu beschützen. Und so sehr ich mir wünschte, dir könnte dieses Schicksal erspart bleiben, konnte ich nicht mehr für dich tun.< Tränen liefen ihr über die Wangen, Tränen, die ich fortwischen sollte. Aber ich rührte mich nicht von der Stelle. Ich saß wie erstarrt da. Versuchte zu verdauen, was sie mir gerade gesagt hatte. Was ich tun musste. Was es mich kosten würde. Was es Jadis kosten würde. Alles in mir zebrach in viele kleine Einzelteile. Wie grünes Land, das von heißer Lava verschluckt und in ein glutrotes, schwarzes Nichts getaucht wurde.
> Wenn...< Mir brach die Stimme. > Wenn, wenn ich das nicht tue, wird er sie wirklich verletzen?<
Leora schluchzte leise auf. > Ja.<
Das glutrote, schwarze Nichts breitete sich weiter aus. >Das lasse ich nicht zu. Jadis soll ein glückliches Leben haben. < Schmerz grub sich tief in mein Herz. So sehr ich meinen Vater in diesem Moment tot sehen wollte, mich gegen diese Bedingung auflehnen wollte, konnte ich es nicht. Und das machte die ganze Situation nur noch schlimmer. Ich fühlte alles und doch nichts. Nach dem höchsten Hoch folgte das tiefste Tief. Was hatte ich denn erwartet? Glück? Für mich? Nicht in meiner Welt...
>Ich tue es. Ich tue es für Jadis. Ich werde ihr das Herz brechen, damit es weiterschlagen kann.< sagte ich ohne jegliches Gefühl in der Stimme.

Jenaya

Mir war nicht klar, warum ich ausgerechnet jetzt alles in Frage stellte. In etlichen Jahren hatte es mich nie wirklich gestört, ob die Menschen gerne für mich arbeiteten und das aus freiem Willen noch dazu. Sie waren da gewesen. Die ganze Zeit über. Ich war mit ihnen aufgewachsen. Aber ich war auch ihre Prinzessin. Die einzige Prinzessin in diesem Königreich. Sie mussten mich mögen, oder nicht? Sie hegten keine negativen Gedanken mir gegenüber, oder? Hatte ich jemals jemanden unfair behandelt? Sie respektlos umhergescheucht, wie so manch andere Adlige es taten? Nein. Daran konnte ich mich nicht erinnern.
Durfte ich also davon ausgehen, dass die Menschen, die mir halfen, es mir zuliebe taten oder wegen des Geldes? Wegen irgendwelcher Privilegien, die damit einhergingen? Wer waren eigentlich meine wahren Freunde? Leyla und Tiana kannte ich von Kindesbeinen an. Sie waren meine besten Freundinnen, daran zweifelte ich nicht. Dennoch... Mich interessierte es, was andere von mir dachten, auch wenn das irgendwie falsch war. Ich war für mein eigenes Wohl zuständig. Diesen Eindruck hatte ich jedenfalls bei meinen Eltern und Brüdern. Sie konnten sich gut um sich selbst kümmern, nahmen jedoch hin und wieder die Hilfe von anderen an. Wenn sie es wollten. Ich allerdings erhielt Hilfe rund um die Uhr. Glaubte man, ich sei unfähig etwas alleine auf die Beine zu stellen? Wurde ich verhätschelt, weil ich das schwächste Glied der Familie war? Warum dachte ich das?
Durch die ganze Grübelei merkte ich gar nicht, dass wir bereits im Innenhof angekommen waren. Erst, als mir der Stallbursche eine behandschuhte Hand reichte und mich erwartungsvoll ansah, registrierte ich meine Umgebung. Mein erster Impuls war, mir von ihm helfen zu lassen, aber das andere Gefühl war stärker.
Ich dankte ihm, nahm seine Hand aber nicht an, sondern sprang eigenständig vom Pferd runter. Die Höhe war nicht zu unterschätzen, dennoch schaffte ich es problemlos auf beiden Füßen zu landen. Meine Mutter warf mir daraufhin einen merkwürdigen Blick zu. Denselben wie der Stallbursche, der sich gleich an die Arbeit machte und das Pferd zurück zum Stall brachte.
> Ich möchte dabei sein, wenn ihr euch über meine Vision unterhaltet.< sagte ich an Mutter gerichtet, die gerade zwei Wachen fortschickte. Wieder sah sie mich mit diesem merkwürdigen Blick an. In ihren blauen Augen, die ich von ihr geerbt hatte, lag eine unergründliche Tiefe.
Ihre Mundwinkel zuckten. > Wenn das dein Wunsch ist. Zuerst sollten aber Kenai und du ins Wissenschaftslabor gehen und dort den Lavendel abgeben. Das Gespräch findet in einer halben Stunde im Arbeitszimmer deines Vaters statt. Einverstanden?<
Ich straffte die Schultern, reckte das Kinn hoch. > In Ordnung.<
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111

27.11.2018, 18:15

Jadis


Ich schwebte, als ich durch die Gänge der privaten Gemächer entlangging. Die Wachen bemerkten mich, doch blieben an ihrer Position stehen. Sie wussten, dass ich hin und wieder mal zu Unpünktlichkeiten neigte und scheinbar hatte Sora auch noch keinen Alarm geschlagen. Plötzlich tauchte hinter eine Säule eine Hand auf und packte nach meinem Arm. "Hab dich", grinste mein Zwillingsbruder und mein Herz schlug wild in dem Brustkorb. Beinahe hätte ich vor Schreck aufgeschrien. "Spinnst du?", fauchte ich ihn ungehalten an und atmete tief durch. Jades Grinsen wurde bloß breiter: "Na, Schwesterlein. Hattest du eine schöne Zeit mit Ardan gehabt?" "Ich weiß nicht was du meinst", wich ich ihm aus. Jade verdrehte die Augen: "Komm schon. Ich bin dein Zwillingsbruder und ein 14-Jähriger Junge, also nicht blöd. Ich weiß doch, was zwischen euch abgeht. Du bist total in ihn verknallt und er steht total auf dich. Ihr werdet wohl kaum über Blumen geredet haben, sondern habt garantiert rumgeknutscht. Das sieht man doch in deinem Gesicht." Hitze brannte auf meinem Gesicht: "D-das geht dich nichts an." "Erwischt!", lachte Jade vergnügt: "Beinahe wäre ich in eure Romanze reingeplatzt, wenn du jetzt nicht gekommen wärest. Das wäre bestimmt peinlich gewesen, was? Knutschen ist aber soweit in Ordnung und bisschen Grabschen auch, aber mehr ist da nicht drin und daher muss ich als Bruder auf dich aufpassen. Ansonsten habt ihr mein Segen, Ardan scheint ganz in Ordnung zu sein und hatte sich beim Fußball gut gehalten." Am Liebsten wollte ich von dem Boden verschlungen werden. Es war mir unangenehm mit meinem Bruder über solche intime Dingen zu reden. "Sag bloß, du zierst dich darüber zu reden?", seine Augen funkelten belustigt. "Halt die Klappe!", ich boxte genervt in seinem Bauch: "Ich werde garantiert nicht mit dir darüber reden. Höchstens mit meine beste Freundinnen Inej und Finis. Gute Nacht!" Mehr wollte ich dazu nicht sagen und hörte immer noch sein Lachen, als ich endlich mein Gemach erreichte. Oman. Jade hatte mich voll erwischt. Und er würde tagelang mich aufziehen, das wusste ich jetzt schon. Doch dann dachte ich an die himmlische Küsse und schon schwebte ich wieder. Ich beachtete das Gemecker meiner Zofe Sora nicht und sank in einem Bett aus Wolken. Kaum schlossen sich meine Augen, besuchte Ardan mich in meine Träume.
Am nächsten Morgen wachte ich früh auf, so früh, dass Sora noch nicht da war. Mein Herz schlug vor Aufregung wild in meinem Brustkorb, denn ich würde naher Ardan wieder sehen. Die Träume konnten den echten Ardan nicht ersetzen. Meine Wangen glühten. Ich hatte tatsächlich von einer Hochzeit mit ihm geträumt. Weit zog ich die schwere Vorhänge auf und öffnete sogleich das Fenster. Tief atmete ich die frische Luft des Morgens ein und spürte die unbändige Sehnsucht nach Fliegen. In meinem Rücken pochte es und Dank eines Zaubertrankes konnte sich meine wahre Kraft nicht entfalten. Ich überlegte nicht lange, sondern zog rasch mein Hosen und Leinenhemd an. Schnell kämmte ich mein Haar und erfrischte mich, dann stand ich auch schon auf dem Fensterbrett. Das war der schnellste Weg. Und das Risiko war gering Sora auf den Gang zu treffen. Mein Körper ließ sich in die Tiefe fallen und ich spürte das wilde Kribbeln in meinem Blut. Ich vertraute den Wind. Er war ein Teil von mir und ich war ein Teil von ihm. Leichtfüßig landete ich auf dem Boden und wäre beinahe in Gilbert hineingelaufen. "Guten Morgen, Jadis", lächelte er und reichte mir ein süßes Brötchen. "Guten Morgen, woher wusstet du es?", antwortete ich überrascht und biss herzhaft in das Brötchen hinein. Sie war noch warm. Köstlich. "Seit dem Besuch bist du wenig mit Feena geflogen und ich wusste, dass irgendwann dich die Ruhelosigkeit packen wird", erklärte Gilbert. "Du kennst mich eben gut", lächelte ich und gemeinsam gingen wir auf den Hof, wo die Stallungen waren. Sein Pegasus war schon fertig aufgesattelt. Ein schriller Pfiff von mir und Feena antwortete in der Höhe mit einem Krächzen. Da das Schloss auf dem höchsten Berg von Aradon war und die Bergspitze weiter nach oben ging, hatte dort Feena für sich einen Nest gefunden. Hippogreife liebten die Höhen, sie waren die Könige der Lüfte. Ich vernahm das vertraute Schlagen von Flügeln und majestätisch landete das wunderschöne Weibchen direkt vor mir. Sanft begrüßte ich sie und kaum war ich auf den Rücken gestiegen, flogen wir bereits los. Hinter uns Gilbert mit seinem Pegasus. Laut jauchzte ich und meine Arme schossen in die Höhe, während der Wind mein Haar zerwühlte: "Guuuten Morgen, Nordun!"

Kenai


Wieder tauchte der Gesichtsausdruck der Prinzessin auf, der besagte, dass etwas sie störte. Ich resistierte die kleine Abweichungen von ihrem Verhalten, wie das Verwehren von der Hilfe des Stallburschen oder das direkte Verlangen ebenfalls bei der Besprechung anwesend sein zu wollen. "Zu Befehl", antwortete ich der Königin und ich folgte die Prinzessin in Richtung Wissenschaftslabor. Mein Faust hielt weiterhin das Bündel Lavendel fest und immer wieder stieg ihr Duft in meine Nase. Der Duft der Prinzessin. Sollte ich jemals Vergleiche aufstellen, würde ich analysieren, dass dieser Duft angenehmer war, als das Rosenwasser oder andere zu blumige Düfte. Zudem schien der Duft sich besser mit der Prinzessin zu harmonieren und passte zu ihrem Erscheinungsbild. Soweit ich das beurteilen konnte, denn das lag nicht auf meinem Wissensfeld und eigentlich sollte mir das gleichgültig sein. Immerhin hatte ich jetzt eine wichtige Aufgabe zu erfüllen.


112

28.11.2018, 07:27

Ardan

Als mich grelles Licht direkt ins Gesicht traf, grell genug, dass meine Lider den Kampf dagegen verloren, wusste ich, dass der nächste Morgen angebrochen war. Wie ich überhaupt in mein Bett gekommen war, blieb mir ein Rätsel. Ich erinnerte mich nicht mehr daran, was ich nach dem Gespräch mit Leora getan hatte. Nach und nach kehrten all die Worte, all die Gefühle, einfach alles zurück und trafen mich heftiger als das Sonnenlicht. Ich wünschte, ich könnte hier und jetzt in einen ewigen Schlaf fallen und dann in meinen Träumen weiterleben. Denn dort ging es mir besser. Dort durfte ich über mein Leben bestimmen. Dort durfte ich sein, wer ich sein wollte und meine eigenen Entscheidungen treffen.
Im realen Leben war das nämlich nicht möglich. Meine Realität war so viel grausamer, dass die düsteren Geschichten aus dem Toten Land mir wie ein Kindermärchen erschienen. Mein eigener Vater hatte tatsächlich vorgehabt, das Mädchen töten zu lassen, für das ich zum ersten Mal in meinem Leben Gefühle entwickelt hatte. Liebe. Verflucht nochmal, ich durfte zum ersten Mal echte Liebe empfinden und musste im nächsten Moment alles zerstören, was Liebe besonders machte. Ich musste Jadis' reines Herz zerstören. Dieser Gedanke bereitete mir genug Qualen, dass in mir erneut mörderische Vorstellungen in den Sinn kamen. Mit meinem Vater als Hauptperson. Wie konnte er es wagen, mein Leben dermaßen zu zerstören?
Das Feuer in mir tobte wie ein Vulkan kurz vorm Ausbruch. Es brodelte heiß unter der Oberfläche. Ein falsches Wort, eine falsche Handlung und ich würde alles in ein Flammenmeer tauchen. Alles zu Asche niederbrennen. Aber ich befand mich auf falschem Boden. Ich konnte Jadis' Heimat keinen Schaden zufügen. Das würde ich erst recht nicht verkraften.
Wie eine Marionette kleidete ich mich an, packte die restlichen Sachen zusammen und machte mich auf den Weg nach draußen. Wir würden nicht frühstücken. Warum auch? Vater wollte nichts von den Herondales, also gab es keinen Grund für falsche Höflichkeiten. Er war sicher bei unserem Luftschiff, das uns zurück nach Hause bringen würde. Fort von hier. Fort von Aradon, dem Ort, in dem ich Frieden gefunden hatte. Das einzig Positive war, dass Aradon Ignulae nicht zum Opfer fallen würde. Vater hatte kein Interesse an eine gewaltsame Übernahme und ich war verdammt froh darüber. Schlimm genug, dass ich eine schreckliche Bedingung erfüllen musste, damit das auch so blieb. Leora hatte ebenfalls ihr Bestes gegeben. Ich war ihr unendlich dankbar, aber ich brachte es einfach nicht über mich, ihr Danke zu sagen. So oder so würde ich gebrochen dieses grüne Land verlassen.
Draußen angekommen atmete ich die frische Luft ein. Sie erinnerte mich sofort an Jadis. An ihre frische, lockere Art. Wie sie ihre Gefühle offen auf der Zunge trug. Wie sie sich den royalen Regeln einfach nicht beugte, sondern bestmöglich ihr eigenes Ding durchzog. Sie verkörperte Freiheit. Frieden. Ruhe. Ich brauchte sie. Ich brauchte sie so sehr, dass unsere bevorstehende Trennung mir die Luft zum Atmen nahm. So wie die Freiheit, den Frieden und die Ruhe. Eine einzige Woche hatte gereicht, um mich für ein ganzes Leben auf sie zu prägen. Sie für etwas auszuwählen, das ihr nicht einmal bewusst war. Wie auch? Ich selbst hatte nicht damit gerechnet, nicht wirklich darauf geachtet. Es war einfach passiert. Und doch bereute ich keine einzige Sekunde davon. So wahr ich hier stand, mit einem verbrennenden Herzen, ich würde Jadis nie vergessen. Ich tat das für sie. Für ihre Sicherheit. Für ein Leben, in dem mein Vater keine Rolle spielte.
Fest entschlossen ballte ich die Hände zu Fäusten, atmete tief durch und bereitete in Gedanken all das vor, was ich ihr sagen würde. Wenn ich das wirklich durchziehen wollte, dann musste ich in die Haut eines Mannes schlüpfen, der keine Gnade kannte. Mein eigener Vater. Ich widerte mich damit selbst an, doch das war der einzige Weg, diese Tortur mit einem neutralen Gesicht zu überstehen.

Jenaya

Der Besuch im Wissenschaftslabor war nicht von langer Dauer. Die Leute dort wussten genau, was sie mit den Dingen anfangen mussten, die man ihnen überreichte. Scheinbar hatte sie jemand bereits informiert, denn sie stellten keine Fragen, als Kenai ihnen den Strauß Lavendel überreichte. Somit war unsere Arbeit hier erledigt.
> Ist Leyla hier?< wollte ich noch wissen. Die junge Frau im weißen und mit goldenen Ornamenten verzierten Kittel drehte sich zu mir um und schüttelte lächelnd den Kopf. > Tut mir leid, sie ist gerade auf einer kleinen Expedition. Morgen früh sollte sie wieder zurück sein.<
Das überraschte mich nicht wirklich. Leyla liebte ihren Beruf als Wissenschaftlerin. Sie probierte allerlei Dinge aus und versuchte so viel wie möglich von der Außenwelt zu lernen. Ich beneidete sie um ihre Freiheit. Ich wollte ebenso auf Expedition gehen, doch mein Platz war hier. In diesem Schloss. In einem gigantischen Käfig aus unzähligen Fluren, Zimmer und Fenstern. Und nun musste ich in eines dieser zahllosen Zimmer gehen, um dort endlich die harten Fakten zu erfahren, die mir meine Eltern sicherlich vorenthielten. Zu meinem Schutz natürlich, wie immer.
Ohne die stolze Haltung zu verlieren, machte ich mich mit Kenai an meiner Seite auf den Weg ins Arbeitszimmer meines Vaters. Es war ungewohnt, in so kurzer Zeit dermaßen oft dort aufzukreuzen. Normalerweise durften das nur meine Brüder, denn sie waren diejenigen, die unser Königreich zukünftig verteidigen würden, sollte es mal zum Krieg kommen. Auch wenn niemand es offen aussprach, so wusste jeder, dass der Dunkle Lord Pläne schmiedete, die er früher oder später umsetzen würde. Ich war jung, aber nicht dumm. Meine Vision war nur der Anfang gewesen, dessen war ich mir absolut sicher. All diese Opfer. Sie waren in einem schrecklichen Überfall ermordet worden. Von dämonischen Kreaturen. Anders ließ sich diese Dunkelheit, diese Kälte, die ich wahrgenommen hatte, nicht erklären. Dunkle Zeiten standen uns bevor. Und welche Rolle würde ich darin spielen?
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28.11.2018, 08:20

Jadis


Mein Blick schweifte über die Landschaft von Aradon, überall hohe Berge und tiefe Wälder mit glitzernde Flüsse und Seen. Ein wunderschöner Anblick. Besonders wenn sie in den Farben der Morgenröte eingetaucht wurden. Das war der Neufang des Tages. Dann entdeckte ich bei der nördliche Brücke des Schlosses das Reiseschiff. Das konnte nur Eines bedeuten: Sie wollten schon heute abreisen. Mein Herz zog sich zusammen. Ich war noch nicht bereit mich von Ardan zu verabschieden, ich dachte wir hätten noch ein bisschen Zeit. "Alles in Ordnung?", fragte mich Gilbert in den Wind. "Ja", ich wich seinem Blick aus. Ich konnte ihm nicht von meiner Beziehung zu Ardan erzählen. Auch wenn er mein bester Freund war und ich ihm vertraute. Aber er stand auch unter dem Befehl des Königs, meinem Vater. Wenn ich ihm die Sache erzählte, würde er zwischen zwei Stühle stehen. Einmal die freundschaftliche Treue, die er für mich empfand und einem die Loyalität gegenüber seinem König. Denn ich war nicht dumm, es war ganz bestimmt unschicklich von einer Prinzessin einen Jungen zu küssen und dann mit einem Prinzen, mit dessen Vater mein Vater in Verhandlungen war, wo noch alles ungewiss war. Aber gegen diese Gefühle war ich machtlos, wie ein Schiff in einem Sturm. "Da unten ist Prinz Ardan", zeigte Gilbert auf eine Gestalt, die gerade aus dem Schloss kam. "Stimmt", ich erkannte ihn sofort und mein Herz schlug wild. "Lass uns zu ihm", Feena verlor an Höhe und stolpernd landete sie auf dem Boden. Ich hatte mich an ihrem Hals festgehalten, um nicht runterzufallen. Das mit der Landung mussten wir noch üben, das zusätzliche Gewicht schien sie noch aus dem Konzept zu bringen. Ich sprang von dem Hippogreif und lief auf Ardan zu: "Guten Morgen." Meine Augen leuchteten, die Wangen wurden warm und meine Lippen formten sich zu einem Lächeln. Hinter mir hörte ich, wie Gilbert ebenfalls landete. Somit konnte ich leider Ardan keinen Kuss geben. Ich verknotete meine Hände: "Ich habe das Luftschiff gesehen. Reist ihr etwa schon heute ab?"

Kenai


Kaum waren wir in dem Labor, wurde mir die Pflanzen angenommen und nur Eine verirrte sich unauffällig in meinem Stiefel. Ich bemerkte das sofort, aber machte mir nicht die Mühle sie aus dem Stiefel zu holen. Das Bündel schien genügend zu sein. Jetzt wurden sie daraus etwas herstellen, damit die Prinzessin ihre Sinnen besser beherrschen konnte, sollte sie ihren magischen Anfall bekommen. Nachdem sie nach einer Person gefragt hatte und Diese offensichtlich nicht anwesend war, machten wir uns auf dem Weg ins Schloss. Der Weg würde zum Arbeitszimmer des Königs sein. Es stand noch ein Gespräch über die Visionen der Prinzessin vor, an dem sie teilnehmen wollte. Ihre Schritte hatte heute einen energischen Gang und ihr Blick entschlossen. So wirkte sie wie ein Jemand, der bereit war zu kämpfen. Dabei musste sie gar nicht so auftreten, da ich ja mich um ihren Schutz kümmerte. Vermutlich war dies wieder eine Frauensache. Stumm folgte ich der Prinzessin jeden Schritt und Tritt, blieb ihr Schatten.


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28.11.2018, 19:02

Ardan

Gerade als ich Ausschau nach meiner Schwester hielt, tauchte plötzlich ein wunderschöner Hippogreif auf und mit ihm Jadis. Die noch schöner aussah. Beide gaben ein tolles Bild ab. Sie erinnerten mich an Freiheit. An das, was ich mir sehnlichst wünschte, es aber nicht haben konnte. Doch bevor mir meine Gesichtszüge entgleisten und ich zu einem weinerlichen kleinen Jungen mutierte, zog ich alle Mauern hoch und setzte eine neutrale, unbeeindruckte Miene auf. Mir entging nicht, dass auch Gilbert anwesend war. Obwohl es mir lieber wäre, alleine mit Jadis zu sein, kam mir seine Anwesenheit gerade recht. Er würde Jadis auffangen, wenn ich ihr gleich das Herz brach und er hielt mich automatisch davon ab, klein beizugeben.
> Ja, wir reisen ab. Dein Vater wollte nicht auf die Forderungen eingehen, also sehen wir keinen weiteren Grund, hier noch weiter unsere Zeit zu vergeuden.< sagte ich schulterzuckend und blickte ihr dabei direkt ins Gesicht. Dieses Gesicht... Ich würde es garantiert in meinen Alpträumen sehen.
> Was eigentlich schade ist, denn ich wäre schon gerne zum Zug gekommen. Mit dir.< Nun schlich sich ein selbstgefälliges Grinsen auf meine Lippen. Ich hasste mich in diesem Moment so sehr. So, so sehr. > Naja, was soll's. Du bist nicht die erste und auch nicht die letzte Prinzessin, die ich um den Finger wickle. Ihr Mädchen seid sowieso alle gleich, wobei deine Naivität Grenzen sprengt.< Viel lieber hätte ich gesagt: "Du bist die erste und letzte Prinzessin, der mein Herz gehört. Du bist nicht wie die anderen Mädchen. Bleib so wunderbar wie du bist."
Ich wandte den Blick ab und ließ ihn gelangweilt über den Vorhof wandern. Vermittelte den Eindruck, als könnte mir Jadis nicht noch egaler sein. Mein Herz brannte schmerzhaft in der Brust. Ich musste alle Kraft aufwenden, nicht doch nachzugeben. > Ich kann immer noch nicht fassen, wie leicht du zu manipulieren warst. Schönes Gerede hier, flüchtige Berührungen dort und schon hast du dich in mich verliebt.<
Komm schon, Ardan, tu es! Tu es. Jetzt. > Das ist wirklich erbärmlich.< fuhr ich mit einem mitleidigen Lächeln fort. Ich schaute sie wieder an, in diese grünen Augen, die ich bestimmt nie wieder sehen würde.
> Falls du glaubst, ich hätte auch nur ein Wort ernst gemeint, muss ich dich leider enttäuschen. Das war gelogen. Ich habe nur gespielt. Ist eben mein Ding.< Ich zuckte gleichgültig mit den Schultern. In diesem Moment wünschte ich mir nichts sehnlicher als einfach zu gehen. Doch ich musste mich vergewissern, dass sie wirklich auseinanderbrach. Wie ich es gerade innerlich tat.

Jenaya

Vor dem Arbeitszimmer blieb ich stehen und holte tief Luft. Ich hoffte sehr, dass mir meine Eltern alles sagen würden, was sie wussten. Keine Halbwahrheiten mehr. Mochte sein, dass ich noch jung war, doch ich war ziemlich schlau für mein Alter. Ich war nicht mit all den Büchern groß geworden, um die Welt aus naiven, dämlichen Augen zu betrachten. Ich wusste sehr gut, dass die Welt dort draußen sehr grausam sein konnte. Und das dritte Auge war erst der Anfang. Nur manchmal wünschte ich, ich könnte so tun, als wäre ich das glücklichste Prinzesschen der Welt, doch das war den Menschen da draußen gegenüber nicht fair. Wer Macht in sich trug, musste Verantwortung übernehmen.
Ich klopfte an und wartete, bis Mutter die Türen von innen mit einem Zauber öffnete. Wieder einmal war ich von der Vielfalt der Gegenstände in diesem großen Raum überwältigt. Ob Vater mir irgendwann mehr zeigen würde?
> Setz dich, meine Kleine. Deine Brüder kommen auch gleich.< Vater saß wie immer an seinem gewaltigen Tisch, schenkte mir kurz ein sanftes Lächeln, ehe er sich wieder etlichen Formularen widmete, die er einzeln überflog. Ich setzte mich brav auf den freien Stuhl vor dem Tisch, faltete die Hände im Schoß zusammen und wartete geduldig.
> Möchtest du einen Tee?<
Ich schüttelte den Kopf. Mir wäre es lieber, wir würden gleich mit dem Gespräch beginnen. Warum mussten meine Brüder überhaupt dabei sein? Wussten sie etwa bereits mehr über die Situation als ich? Wundern würde es mich nicht, aber es schmerzte ein wenig, dass sie mich zurückließen...
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28.11.2018, 19:29

Jadis


Seine gleichgültige Miene verwirrte mich, aber vielleicht war es seine Art mit Abschied umzugehen. Jungen tickten da Meistens anders, als die Mädchen. Der nächste Satz verwirrte mich noch mehr. Zeit vergeuden? Was meinte Ardan damit? Mein Herz begann unruhig zu klopfen, als ahnte es, dass gleich etwas ganz Ungutes kommen würde. Die nächste Worte verließen seine Lippen und ich wurde immer unsicherer. Was war mit ihm los? Warum sprach er so? Ich erkannte ihn kaum wieder. Du bist nicht die erste und auch nicht die letzte Prinzessin, die ich um den Finger wickle. Benommen machte ich ein paar Schritte nach hinten. Was meinte er? Ihr Mädchen seid sowieso gleich. Meine Augen brannten. Ich kann immer noch nicht fassen, wie leicht du zu manipulieren warst. Ich bekam kaum noch Luft. Das ist wirklich erbärmlich. Eissplitter bohrten sich in meinem Herz und die eisige Kälte breitete sich rasend schnell in meinem Inneren aus. Das war gelogen. Ich habe nur gespielt. Ist eben mein Ding. Meine Beine gaben nach und meine Knien landeten hart auf dem Boden. Ich spürte diesen Schmerz nicht. Ich habe nur gespielt. Es hatte ihm nie was bedeutet. Das war nur gelogen. Ich war auf ihn hereingefallen. Ich habe nur gespielt. Ich hatte ihm mein Herz geschenkt. Das war nur gelogen. Und er zerstörte es. Ich habe nur gespielt. Verzweifelt rang ich nach Luft, während die Eissplitter unbarmherzig sich tiefer in meinem Herz bohrten. Immer mehr Kälte sammelte sich in meinem Inneren bis Atemwolken meine Lippen verließen. Die Temperatur der Luft begann zu sinken und eine dünne Frostschicht breitete sich auf dem Boden aus. Das war nur gelogen. Ich habe nur gespielt. Mein Herz zerbrach in tausende Stücke und mein Körper bebte, als ich zu schluchzen begann. Dunkle Wolken brauten sich über uns zusammen, es wurde um mich herum immer windiger und der Wind brachte die eisige Luft mit. Meine Hand presste sich auf dem Brustkorb. Es tat so weh. Und in diesem Moment wollte ich, dass er genauso litt. Mit dunklem Blick schaute ich auf und dann schrie ich tränenüberströmt: "Ich hasse dich!" Der eisige Nordwind brauste auf und stürzte sich auf ihn, riss ihn vom Boden und schleuderte ihn fort von mir. Laut rauschte der Wind in meine Ohren, wehte um meinem Körper, ließ meine Kleidung und das Haar flattern. Er wurde zu einem sichtbaren Wirbel, ein Sturm von der Kälte geboren und ich saß mittendrin. Blind vor tiefer Schmerz. An diesem Tag endete meine Kindheit. "JADIS!", schrie Gilbert.

Kenai


Wir erreichten das Arbeitszimmer und ich positionierte mich an der Tür, diesmal drinnen. Die Prinzessin nahm Platz ein, während der König sich mit Papiere beschäftigte und auch die Königin war anwesend. Offensichtlich sollten auch die Prinzen erscheinen, auf deren Kommen wir nun warteten. Mit eine gleichmütige Miene inspizierte ich den Raum. Natürlich kannte ich ihn gut genug, dennoch war es meine Pflicht immer wieder die Räume zu kontrollieren. Ganz gleich wie gut ich sie kannte. Es konnte doch sich etwas verändert oder versteckt haben. Ich durfte niemals die Wachsamkeit vernachlässigen. Als menschliche Waffe würde dies mir nicht passieren, immerhin waren meine Sinnen hierfür geschärft wurden. Nicht nur für die Kämpfe, die vielleicht in brenzlige Situationen entstehen konnten.



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28.11.2018, 19:43

Ardan

Ihre Reaktion... Sie war grausam. Sie bohrte sich tief in mein Gedächtnis, so tief, dass ich selbst im Jenseits davon verfolgt werden würde. Ich konnte sehen, wie sie Stück für Stück all die Lügen in sich aufnahm, sie in ihr Herz ließ und daran zu zerbrechen begann. Aus diesem Grund wehrte ich mich nicht, als sie mich angriff. Ich hätte sogar noch viel Schlimmeres verdient, als das bloße Lüftchen, selbst wenn es für andere einem Sturm glich. Einem eisigen Sturm. Ich hatte ihr erfolgreich das Herz gebrochen. Ich hatte sie dazu gebracht, mich zu hassen. Ich hatte alles zerstört, was mir je unfassbar wichtig geworden war.
Bevor der emotionale Schmerz sich in meinem Gesicht zeigen konnte, stand ich selbstbewusst auf, klopfte mir den Dreck von der Hose und blickte in ihre Richtung. Worte der Wahrheit drückten sich gegen meine verschlossenen Lippen. Sie wollten hinaus. Sie wollten ihre Wunde verschließen. Sich um sie legen, ihr Herz zusammenhalten. Aber ich hielt dem immensen Drang stand. Ich durfte nicht länger hier bleiben.
> ARDAN!< brüllte mein Vater vom Luftschiff aus. Natürlich hatte er alles mit angesehen und es interessierte ihn nicht, dass er mit dieser Aktion seinen Sohn für immer verloren hatte. Ab heute würde ich diesen Mann bis zu seinem Lebensende hassen und ich sehnte den Tag herbei, an dem ich über seiner Leiche stehen würde. Tod in seinen Augen, die meinen so ähnelten, jedoch voller Grausamkeit steckten.
Als ich Aradon und damit einer gebrochenen Jadis den Rücken kehrte, zerfiel mein Herz endgültig zu Asche. Meine Arbeit hier war erledigt. Zeit, zurück nach Ignulae zu fahren.

Jenaya

Keine fünf Minuten später tauchten auch schon Juvio und Jaris auf. Beide in ihren Kampfanzügen. Sie kamen grinsend in den Raum, während sie sich spielerisch in die Schultern boxten. Es verging kein Tag, an dem sie sich nicht auf die Nerven gingen. So wie sie mir ständig auf die Nerven gingen, jedoch auf spielerische Weise.
Als sie mich sahen, behielten sie ihr Grinsen bei, aber ich konnte die Sorge in ihren warmen, braunen Augen erkennen. Augen unseres Vaters, der sie ebenfalls zum Sitzen aufforderte. Juvio, mein jüngerer Bruder, nahm links von mir Platz und Jaris auf der rechten. Nun fühlte ich mich erst recht wie in einem Käfig. Beschützer überall. Bald, in ferner Zukunft würde das nicht mehr der Fall sein. Ich würde stark genug sein, auf mich selbst aufpassen zu können. Kenai war mir als Begleiter genug. Wenn er schon jegliches Gefühl verloren hatte, wollte ich ihm weiterhin einen Sinn geben. Und dieser bestand darin, mich mit seinem Leben zu beschützen. Dasselbe würde ich für ihn tun. Das war nur fair.
> Nun gut. Da wir vollzählig sind, fange ich gleich mit den Fakten an.< eröffnete Vater das Gespräch und lehnte sich in seinem ledernen Stuhl zurück. Sein Blick erfasste jeden einzelnen von uns. Mutter gesellte sich derweil zu ihm. Ein mächtiges Paar, das einiges erreicht hatte.
> Jenaya besitzt das dritte Auge. Unsere Wissenschaftler sind dabei, mehr darüber in Erfahrung zu bringen und haben dafür einige unserer besten Leute ausgesandt, um Informationen außerhalb unseres Königreichs einzusammeln. Alles, was wir wissen, beruht auf Informationen eurer Ururgroßmutter. Das dritte Auge wird nämlich nicht von Generation zu Generation weitergereicht. Es tritt nur dann auf, wenn dunkle Zeiten bevorstehen. Es ist wie ein Omen sozusagen.< Er pausierte kurz, ein leises Seufzen verließ seine Lippen. Mutter legte ihm eine Hand auf die Schulter. Sie übernahm.
> Schon bei deiner Geburt wussten wir, welche Bürde dir auferlegt wurde. Das weiße Haar... Das hattest du schon als Baby. Es ist das erste Merkmal.< Das ergab Sinn, denn niemand in diesem Raum trug weißes Haar, nur ich. > Das zweite Merkmal sind Begegnungen dritter Natur. Umherwandelnde Gestalten aus der Zwischenwelt. Sie sind weder tot noch lebendig. Diese Erfahrung hast du in den letzten Tagen gemacht.<
Jetzt sprach Vater weiter. > Und das dritte Merkmal sind Visionen. Einige davon können bevorstehende Ereignisse zeigen. Allerdings gilt das nur für die nächsten vierundzwanzig Stunden. Der Rest der Visionen sind Erinnerungen der dritten Natur. Und genau das ist gestern passiert.< Er beugte sich vor und stützte seine Unterarme auf den Formularen auf. > Du hast etwas gesehen, das außerhalb des Königreichs passiert ist. Ein Überfall. Von Dämonen. Sie sind auf dem Vormarsch. Schon seit einigen Monaten. Noch sind sie nicht tief genug ins Land der Menschen vorgedrungen, doch der Dunkle Lord geht systematisch vor. Er greift die kleinen Dörfer an und sammelt Energie für die größeren Ortschaften. Noch wissen wir nicht, wie es die nächsten Jahre aussehen wird, aber eines ist sicher.<
Vaters todernster Gesichtsausdruck jagte mir Angst ein. > Ein Weltkrieg naht.<
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28.11.2018, 20:20

muss jetzt leider off, wünsche dir noch einen schönen, erholsamen Abend :**
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118

28.11.2018, 20:32

Einige Jahren später....


Jadis


Langsam zog ich mir die erdbraune Strümpfe an, die bis zur Oberschenkel reichten und befestigte sie an den Band, der senkrecht mit dem Gürtel verbunden war. Die kurze Hose war kaum zu sehen, da mein blau-goldener Rockmantel das Meiste bedeckte.Nur vorne war der Schnitt offen. Ich legte weitere Gürteln quer über meine Hüfte und Taille an, an der Seite hing noch eine Ledertasche mit einer blaue bestickte Blume. Meine Füße glitten in die schwarze, spitze Lederstiefeln, die einen leichten Absatz besaßen und goldene Mustern. Um meine Schulter legte ich einen Umhang, innen war er dunkelgrün wie meine Augen und außen blau mit schwarze Schattierungen. An den Spitzen waren blaue Mustern verziert. Das silberne Oberteil mit goldene Mustern bedeckte nur das Nötigste meines Brustkorbes und war sozusagen eine Schutzrüstung. Dann zog ich mir noch die schwarze Handschuhe mit den goldene Mustern über. Das waren die Kleidungen einer Windreiterin. Heute, ein paar Tage vor meinem 18. Geburtstag, würde ich meine Prüfung ablegen und wenn ich ihn bestand würde ich die blaue Windblume erhalten, die man sich in dem Haar steckte. Das Symbol der Windreiterin. Tief atmete ich ein und ein entschlossener Blick trat in meine Augen. Ich würde die Prüfung meistern. Dafür hatte ich hart gearbeitet. Mit stolz erhobener Haupt verließ ich mein Gemach. Seit einiger Zeit überließ Sora mir das Anziehen, weil ich es mir gewünscht hatte. Ich brauchte keine Hilfe für das Anziehen, ich wollte eine unabhängige Frau werden. Eine Prinzessin mit einem Kampfwillen. Besonders in diese schwierige Zeiten musste ich Stärke beweisen und meinem Vater überzeugen, dass ich fähig war ein Volk beschützen zu können. Meine Schritte halten auf dem Boden. Immer mehr wurden kleinere Königreiche und Ortschaften von den Dämonen erobert. Sie verschlangen alles, was sich in ihnen in den Weg stellten und tauchte alles in die düstere Dunkelheit. Die Kämpfe gegen diese böse Macht waren blutig und immer mehr unschuldige Menschen mussten leiden. Mein Vater sprach von einem Weltkrieg, der herannahte. "Guten Morgen, Jadis", begrüßte mich Gilbert, als er mich am Schlosseingang empfing. "Hallo", antwortete ich ihm. In den letzten Jahren hatte er sich weiter entwickelt, er wuchs zu einem stattlichen Mann heran und nahm seine Aufgabe als Leibwächter sehr ernst. Und es missfiel mir, dass plötzlich viele Frauen ihn umschwärmten wie Insekten um das Licht. Es war ein egoistischer Gedanke, aber Gilbert war immer mein Gilbert gewesen und mir war nie klar gewesen, dass ich mehr für ihn empfinden konnte als nur Freundschaft. Ich wollte ihn nicht verlieren. "Bist du bereit für den großen Tag?", erkundigte er sich. "Natürlich", und wie ich bereit war. Genau vor drei Jahren konnte ich meine Eltern überreden mich bei den Windreitern ausbilden zu lassen. Es hatte viel Nerven gekostet und vor allem Geduld. Aber ich hatte es geschafft. Ich konnte sie überzeugen. Und mein Zwillingsbruder Jade hatte mich dabei tatkräftig unterstützt. Draußen auf dem Hof pfiff ich nach Feena und sie erschien sofort. Stolz erfüllte mein Herz bei ihrem Anblick. Sie war erwachsen geworden. "Na meine Süße, heute hauen wir sie um. Ja?", kraulte ich ihr grau gefiedertes Hals und blickte in ihre honigdunkle Augen. Sie klapperte mit dem gelb-grauen Schnabel und die spitze Federohren zuckten kurz. "Genau", nickte ich und schwang mich elegant auf dem Rücken. In Sonnenlicht schimmerte die Federn beinahe silbern. Feena machte einen Satz nach vorne und schon gewannen wir an Höhe. Die Vorderbeine mit den geblichen Adlerkrallen besetzt, waren im Gleichtakt mit den Hinterbeine, die von graue Hufen besetzt waren. Halb Adler. Halb Pferd.

Kenai


Himbeerplätzchen. Die Süße breitete sich langsam auf meiner Zunge aus, während langsam der fruchtige Geschmack sich entfaltete und dann kam der knusprige Teil. Die Hülle des Kekse. In meinem Brustkorb bemerkte ich das vertraute Drücken, ein Schmerz, den ich mittlerweile als Sehnsucht definieren konnte. Jedoch wusste ich nicht, was das zu bedeuten hatte. Nur, dass dieser Schmerz mich immer wieder dazu brachte nach den Kekse zu greifen, um diese Erscheinung in meinem Kopf lebendig werden zu lassen. Willst du etwas abhaben, Kenai? Es war eine Frau. Eines Tages war ich mir dessen sicher geworden. Woher die Gewissheit herkam, war ebenfalls eine unbeantwortete Frage. Wieder schob ich einen Keks in den Mund. Es war Morgens. In letzter Zeit brachten mir einige junge Mägde einen Beutel Himbeerplätzchen vorbei, wodurch ich anfing Frühstück zu genehmen. "Wie schaffst du es nur bloß?", schüttelte der Morgenwache neben mir. Ausdruckslos sah ich ihn an und schob einen weiteren Keks in den Mund. "Ich meine, du bist....naja, du eben und trotzdem kommen die hübschen Dinger zu dir, schenken dir Plätzchen und wirken wie die glücklichsten Frauen der Welt, als hättest du sie geküsst", fuhr der Wache fort. Ich sah in meinem Beutel. Da lag nur noch ein Keks. "Ich verstehe es einfach nicht", seufzte der Wache. Und ich verstand sein Problem nicht. Es interessierte mich nicht, warum die Junge Mägde mir Himbeerplätzchen brachten. Sie waren mir gleichgültig. Mich interessierte nur die Himbeerplätzchen. Aus irgendeinem Grund wollten sie mir das bringen, auch wenn ich nichts gesagt hatte und dann liefen sie meistens kichernd fort. Wie dem auch sei, Frauen waren Wesen, die ich niemals verstehen würde. Gleich würde die Prinzessin das Gemach verlassen. Lavendel. Tief atmete ich ein. Vielleicht verzichtete sie heute wieder auf die Parfums. Lavendel. Wenn dieser Duft sie umgab, dann konnte ich Wärme spüren.


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28.11.2018, 20:33

Danke, wünsche dir einen schönen Tag :)


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28.11.2018, 23:13

Ardan

Schwer atmend rammte ich das Ende der Sense in den feuchten Boden. Leblose Körper lagen überall um mich herum. In allen möglichen Positionen, mit manchmal weniger Gliedmaßen als zuvor. Tote Augen blickten starr in die Richtung, in der ihr Geist den zerschundenen, verbrannten Körper verlassen hatte. Sie alle waren gefallen. Sie alle würden diesen Boden mit ihrem dunklen Blut tränken, bis nichts mehr in ihnen übrig war. Sie alle waren durch meine Hand gestorben. Durch mein Feuer. Durch meine Sense, an der so viel Blut klebte, dass das Silber der Klinge nicht mehr zu sehen war.
Graue Asche fiel in sanften Flocken vom Himmel herab. Bedeckten meinen Kopf, meine Schultern, Teile meines Oberkörpers. Sie blieben am halb getrockneten Blut haften. Blut, das nicht mir gehörte. Ich blutete nicht. Niemand hatte es geschafft, mich zum Bluten zu bringen. Sie waren nicht stark genug gewesen. Und doch fühlte ich mich, als hätten mich zentnerschwere Felsen wiederholt plattgemacht. Eine Schwere lag in meiner Brust, die mit nichts zu vergleichen war. Eine Leere, die sich Stück für Stück in mir ausbreitete, sich durch alles lebendige Fleisch fraß, das noch übrig war.
Langsam hob ich den Kopf. Streckte den Rücken durch. Die Rüstung klirrte, ich sank etwas tiefer in die vom Blut feuchte Erde und trat über einen zerteilten Körper hinweg. Ein Schritt, ein weiterer, dann der nächste. Weiter hinten befanden sich die Truppen, die ich angeführt hatte. Sie brüllten feierlich. Sie bejubelten unseren Sieg. Sie klopften sich auf die Schultern, wirkten erleichtert darüber, dass nicht sie diejenigen am Boden waren. Warum auch? Sie kämpften mit mir an ihrer Seite. Ich machte die ganze Arbeit. Ich hielt die stärksten Kämpfer des Feindes davon ab, sich an ihnen zu vergreifen. Ich war ihr Schwert und ihr Schild.
Das hast du gut gemacht, junger Phönix. Ich bin stolz auf dich. Diese dunkle Stimme... Sie begleitete mich seit dem Tod meines Vaters. Sie war nun ein Teil von mir. Ein Teil des Fluches, der auf mir lag. Ein sehr alter, schwerer Fluch, den ich nie loswerden würde. Ich hatte alles versucht, mich selbst auf jedwede Art und Weise umgebracht, jedoch ohne Erfolg. Sonst stünde ich nicht hier. Sonst würde ich nicht Truppen anführen, um die Liste meines Vaters abzuarbeiten. Die Liste, die er mir nach seinem Tod mit so vielen anderen schrecklichen Dingen hinterlassen hatte. Wenn ich das hinter mich brachte, wäre ich wenigstens frei von seinen letzten Wünschen. Deswegen war ich hier. Deswegen tat ich das alles. Ich bekämpfte meine Dämonen.
Und die Welt nannte mich den Ascheprinzen. Aber das würde sich ab heute Abend ändern. Ich würde König sein. König von Ignulae. Dann würden mich die Leute nur noch mehr fürchten. Was ich alles schon als Prinz erreicht hatte, würde nichts im Vergleich zu dem sein, was ich als König tun würde.
Ich würde der Welt da draußen lehren, dass sich mir niemand in den Weg stellen sollte. Dass es niemand wagen sollte, mein Volk zu bedrohen oder gar Hilfe anzufordern. Wir waren ein eigenständiges Reich. Ohne Ketten. Ohne Verpflichtungen anderen gegenüber, bis auf das Bündnis mit Titania und der Insel der Heißen Quellen. Dieser Bund würde weiterhin bestehen bleiben. Meine Mühe sollte nicht umsonst gewesen sein.
Die Trimagische Allianz war für die Ewigkeit.

Jenaya

Heute ist ein besonderer Tag. Endlich bin ich alt genug, einen Gefährten zu rufen. Ich bin sehr, sehr aufgeregt, denn ich habe absolut keine Ahnung, wer oder was mein Gefährte sein wird. Darüber hat man keine Macht. Der Gefährte wählt dich. Einen Favoriten habe ich auch nicht, obwohl Leylas Himmelseule wunderschön ist. Und wirklich schlau. Sie passt zu ihr, beides schlaue Köpfchen. Tiana hat ebenfalls schon ihren Gefährten rufen dürfen, immerhin sind beide älter als ich. Sie ist nun stolze Besitzerin eines Wildfangs. Ein atemberaubend schöner Hund in dunklen Waldfarben. Auf den ersten Blick hat er mir Angst gemacht, aber ich habe ihn liebgewonnen. Deshalb bin ich ja so gespannt, was für einen Gefährten ich haben werde. Mir ist es nicht wichtig, jemanden zu beeindrucken, solange ich mit einem treuen, liebevollen und vertrauenswürdigen Wesen zusammen bin. So wie Kenai, auch wenn "liebevoll" nicht unbedingt ein Adjektiv ist, das einem sofort in den Sinn kommt, wenn man ihn beschreiben müsste. Für mich allerdings ist er perfekt. Ich habe mich an all seine Eigenarten gewöhnt. Es gibt nichts und niemanden, dem ich mehr vertraue als ihm. Ich kann alles mit ihm teilen, deshalb fühle ich mich manchmal schlecht, hier in dieses Buch zu schreiben, von dem immer noch keiner Bescheid weiß. Das ist das einzige, wirklich das einzige Geheimnis, das ich sogar ihm verschweige. Ich weiß nicht warum...
Aber das ist nicht wichtig. Wichtig ist nur, dass er beim Ritual dabei ist. Seine Anwesenheit ist stets eine große Hilfe. Selbst bei all den Festen und Bällen, die hier und da stattfinden, halte ich nach ihm Ausschau und wenn ich ihn sehe, beruhige ich mich. Dann kommt alles zum Stillstand und ich kann kurz aufatmen. Leyla und Tiana wissen, dass Kenai mehr für mich ist als bloß ein Leibwächter. Er ist mehr als nur ein Anker. Ich wünschte, ich könnte ihm näherbringen, wie ich mich fühle, was es zu bedeuten hat, wie Menschen normalerweise reagieren, wenn jemand anderes ihnen ihre Liebe gesteht. Doch das ist zu früh. Ich bin zufrieden mit unserer jetzigen Situation. Wir erleben sehr viel. Er bringt mir sogar das Kämpfen bei. Nahkampf. Mehr hat mir mein Vater nicht erlaubt, aber das ist ein Anfang. Und irgendwann werde ich auch ein Schwert, eine Waffe in die Hand nehmen. Ich werde nicht brav auf meinem Platz im Thronsaal sitzen und bangen, ob meine Brüder zurückkehren werden oder nicht. Ich werde an der Front sein. Gemeinsam mit ihnen.
Durch das dritte Auge habe ich in den letzten Jahren viele schreckliche Dinge gesehen. Dinge, die man nicht vergessen kann. Die einen prägen. Die einen nachts nicht schlafen lassen. Trotzdem lerne ich besser damit umzugehen. Tag für Tag lerne ich stärker zu sein. Ich bin nicht mehr das schwache Mädchen von vor einigen Jahren. Ich bin stärker geworden.
Und heute werde ich mir einen Gefährten zulegen, durch den ich noch stärker werde. Ein Name wird mir auch noch einfallen...


Ich versah den Beitrag mit dem heutigen Datum und ließ das Erinnerungsbuch zurück in die Wand verschwinden. Da ich bereits fertig angezogen war, brauchte ich nur kurz die vordere Strähne meines Haares zu flechten und sie mit der blauen Schleife zu versehen. Sie war mir nach wie vor wichtig. Mutter würde sich freuen, sie an meinem Haar hängen zu sehen. Ein letztes Mal strich ich das seidenglatte, von kleinen Edelsteinen besetzte Kleid glatt, drehte mich einmal im Kreis und richtete den herzförmigen Ausschnitt. Perfekt. Kein Schmuck war erlaubt. Nur das Kleid an meinem Leib. Ich war bereit. Nervös. Aufgeregt. Mein Herz klopfte etwas wilder als sonst.
Fest entschlossen straffte ich die Schultern und trat hinaus auf den Flur. Die Zeit war gekommen.
Zeitmenschdoku: https://www.youtube.com/@zeitmenschdoku2678
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