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29.11.2018, 17:41

Jadis

Das Königreich Aradon lag in den nördlichen Gebirgen des Landes, in der wir lebten. Wir waren umgeben von sattgrünen Wälder und unterschiedlich große Berge. Die milde Luft auf Höhe von der Stadt war oft feucht durch den großen Wasserfall, der direkt durch sie floss. Deswegen gab es überall in die Tiefen herumwandernder Nebel, der Nordun ein wenig versteckte. Doch je höher man war, desto weniger feucht und frischer wurde die Luft. So wie auf dem Schloss. Zudem konnte die Luftklima heilsam wirken, wir bekamen manchmal Besucher aus andere Orte die wegen Lungenkrankheiten sich hier auskurierten. Etwas war hier, was die Lungen befreien konnte. Feena verlor an Höhe, in der südliche Richtung von Nordun war die Aufsichtsplatte in Form einer Hand. Dort wurden die Windreitern ausgebildet. Es gab auch einen kleinen unscheinbaren Wachturm, der sich in Verborgene hielt. Geschickt landete sie auf dem Unterarm, wo andere junge Windreitern sich mit ihren Hippogreif versammelt hatten. Es störte mich nicht, dass Feena unter ihnen die Kleinste war, denn dadurch war sie auch am Wendigsten. „Grüß dich, Jadis!“, meine engste Freundin Inej kam auf mich zu. Sie war eine große, schlanke Frau. „Guten Morgen“, erwiderte ich lächelnd: „Schon aufgeregt?“ „Nein“, antwortete sie selbstsicher und strich durch das mitternachtsschwarzes Haar, das vermutlich für Frauen zu kurz geschnitten war. Leicht verdrehte ich die Augen. Natürlich war sie nicht aufgeregt. Sie war eine geborene Windreiterin und mit den Hippogreife aufgewachsen. Ihre Mutter Mayu Tanemura war unser Mentorin. „Haben sich alle versammelt?“, bellte da schon ihre Stimme und wie immer faszinierte mich ihr Auftreten. Sie strahlte selbstbewusste Autorität aus, dennoch ausreichende Wärme und unglaubliche Schönheit. Sie war einer meiner Vorbilder, sie war, was ich mir als eine starke Frau vorstellte. „Ja“, antworten wir Schüler in Synchron. „Gut. Diesmal sind wenigsten alle pünktlich“, mit hochgezogener Augenbraue sah mich an. Ich reckte den Kinn in die Höhe. Unter dem scharfen Blick ihrer grasgrünen Augen würde ich nicht einknicken. Sie schenkte mir nichts, hier war ich nicht die Prinzessin von Aradon. Hier war ich Jadis Herondale, eine Schülerin. Ihr Mundwinkel zuckte leicht, sie war zufrieden. „Wir fangen mit der Reihenfolge der Namen an, viel Glück und macht mich stolz!“, sie war kein Freund von langer Rede. Sie verpackte ihre Sätze meist kurz mit den wichtigsten Punkte. Ihre Meinung war, dass die Schüler sich dadurch besser die Dinge merken konnten und die Gefahr nicht bestand bei längere Sätze unaufmerksam zu werden. Mentorin Tanemura ging zu drei weiteren Personen, es waren die Prüfer der der Windreitern. Aus dem Augenwinkel sah ich, wie Gilbert mir die Daumen drückte. Er glaubte an mich. Und ich wurde innerlich ruhig. Feena und ich würden es schaffen. Ich würde zu den Ersten der Geprüften gehören, da mein Nachname mit einem H anfing. Prüfer Kintrup gab den ersten Prüfling einen Bumerang. Die Windwaffe eines Windreiters und die würden wir ebenfalls erhalten, wenn wir die Prüfung bestanden. Wichtig war, dass wir während der Prüfung niemals den Bumerang verlieren durften und wir mussten in der geprüfte Zeit so viele wie möglich die stabilen Windspiele treffen, während man den schwierigen Parcours entlang flog. Extra Punkte gab es, wenn man zusätzlich schaffte Kunststücke einzubauen. Ein weiterer wichtiger Punkt war niemals von seinem Gefährten zu fallen oder die Hindernisse zu berühren. Das hieß der Windreiter musste eng mit seinem Hippogreif arbeiten. Aufmerksam verfolgte ich die vor mir Prüfende.
„Cedric Basara, bestanden.“
„ Kyle Drossel, bestanden.“
„Tara Elwood, bestanden.“
„ Li Fengh, durchgefallen.“
„Pavel Gordon, bestanden.“
„Jadis Herondale mit Feena?“, rief mich Prüferin Tanemura auf und ich trat mit Feena auf der Handfläche vor: „Anwesend.“ „Seid Ihr für die Prüfung bereit?“, erkundigte sich Mentor Kintrup. „Ja“, antwortete ich voller Entschlossenheit. Er reichte mir einen silbernen Bumerang. Er war typisch gebogen, damit er zu seinem Besitzer durch einen speziellen Wurftechnik zurückkehren. Wunderschöne schwarzblaue Mustern, die wie Windblumen aussahen, waren in den Silber zu erkennen und in der Mitte ein Hippogreif. Eine Seite war zum Teils mit Leder bedeckt, das war die scharfe Seite. Und in der Prüfung sollte sie auch bedeckt bleiben, damit die Windspiele nicht versehentlich zerstört wurden. Ich steckte ihn in meinem Gürtel und schwang mich auf den Rücken meines Hippogreifes. „Die Prüfung beginnt jetzt“, rief Mentorin Paolini. Ich gab Feena ein stummes Zeichen und sie begann rhythmisch zu laufen bis sie die Fingerspitzen erreichte, da breitete sie schnell ihre Flügeln aus und in einem eleganten Sprung befanden wir uns in der Luft. Wir flogen durch die etliche aufgebaute Ringe, deren Rand wir nicht berühren durften, machten halsbrecherischen Sturzflüge, sausten in beeindruckende Höhen und bewegten uns geschwind durch die Slaloms. Mein Körper war in ständiger Bewegung, sobald ich ein Windspiel entdeckte, warf ich kraftvoll den Bumerang in der jeweilige Richtung und musste gleichzeitig ein aufgebauten Hindernis bewältigen, indem ich Feena lenkte und dann wieder flink den Bumerang. Aber wir war eine gute Mannschaft. Ich brauchte nur die kleinste Zeichen zu geben und schon fügte sich Feena. Wir schafften sogar zwischen den Aufgaben ein paar Kunststücke zu zeigen. Im Wind erklang die leise Musik, die nach und nach immer mehr anschwoll, je mehr ich die Windspiele traf. Durchgeschwitzt landeten wir nach eine Weile wieder auf der Hand. Mein Herz pochte wild in dem Brustkorb, das Blut rauschte wie ein Wasserfall in meinem Körper und ich atmete leise schnell. Angespannt stand ich vor den Prüfern.
„Jadis Herondale, bestanden“, sagte der Prüfer Grauwin auf die Punktliste blickend. Ich realisierte das erst, als meine Mentorin die Windblume in meinem Haar steckte und mir die Urkunde reichend sagte: „Glückwunsch, du bist jetzt offiziell eine Windreiterin! Dir gehört auch der Bumerrang.“ Ich hatte es geschafft. Mein Herz schwoll an. „Feena, wir haben es geschafft!“, überglücklich umarmte ich mein Hippogreif und schmiegte mein Gesicht in ihre weiche Federn. Freudig schnaubte Feena wie ein Pferd und wuschelte vorsichtig mit ihrem Schnabel in meinem Haar. Mit leuchtende Augen gingen wir zu Gilbert. „Ich habe es gewusst, dass du es schaffen wirst“, lächelte er und ich sah den Stolz in seine Augen. In diesem Moment spürte ich zum ersten Mal das Verlangen ihn küssen zu wollen. Das ist wirklich erbärmlich. Innerlich zuckte ich zusammen bei den Klang dieser Stimme in meinem Kopf und ich spürte die kalten Eissplitter in meinem Herz. Tief atmete ich ein, um den Schmerz zu verdrängen. Heute würde ich Gilbert nicht küssen.


Kenai


die Tür des Gemachs der Prinzessin öffnete sich und zuerst sah ich nur das viele Funkeln der Steine. Ich hatte nie begriffen, warum bei Kleidungen so viel Aufstand gemacht wurde. Je adeliger ein Mensch war, desto aufwendiger schien die Bekleidungen sein zu müssen. Als wollten sie damit ihren Status unterstreichen, als wäre es eine Pflicht dies tun zu müssen. Die gesellschaftliche Regeln waren mir genauso fern wie die Gefühle. Dann nahm ich den Duft an ihr wahr. Kein Parfum. Einfach nur Lavendel. Lavendel. In meinem Brustkorb wurde es warm, genau dort, wo das spiralförmige Runen-Herz sich befand. "Herzlich Glückwunsch, Prinzessin Jenaya. Sie sehen fabelhaft aus", sprach der Morgenwache sie kurz an. Stimmt. Heute wurde sie älter. Nach meiner Rechnung wurde sie heute 18 Jahren alt und galt somit als eine junge erwachsene Frau. Sie war kein Kind mehr und auch keine Jugendliche. Diese Zeit war jetzt abgelaufen. Mir war durchaus aufgefallen, dass man bei Geburtstage viel Wirbel machten, besonders bei der königliche Familie. Und heute schien der Wirbel darum sich zu verstärken. Für mich hatte Geburtstag keine Bedeutung, es war mir gleichgültig. Nur eine Zahl, die das Alter über der Person bestimmte. Gäbe es keine körperliche Veränderungen an mir, der mir besagte, dass ich ebenfalls alterte, hätte ich nicht mal gewusst, dass bei mir auch der Tag meiner Geburt existierte. Jedenfalls müsste ich jetzt 21 Jahre alt sein.


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29.11.2018, 18:12

Ardan

Ich hasste es, wenn so viele Menschen um mich herum waren. Wenn ihre Hände mich berührten. Wenn sie wild vor sich hinmurmelten, scheu zu mir aufsahen und in schnellerem Tempo arbeiteten. Sie waren nervös. Aufgeregt. In weniger als einer Stunde würde die Krönungszeremonie stattfinden und sie wickelten mich in Sachen ein, die ich sowieso wieder ausziehen würde, um mich der letzten Prüfung zu stellen. Dem letzten Test, der bewies, ob ich eines Königs würdig war. Meiner Meinung nach hatte ich mich oft genug bewiesen, aber Tradition blieb Tradition. Ich musste mich dieser stellen. Sie akzeptieren und damit leben.
Es klopfte an der Tür und mein treuer Berater trat ein. Seine dunkelbraunen Augen stellten eine Tiefe dar, die mich an die Leere in meinem Inneren erinnerte. Tief, unergründlich. Er räusperte sich und die Leute ließen endlich von mir ab. Ihre Arbeit war hiermit getan. Das war mir sehr recht.
> Bist du bereit?< fragte er mich ernst dreinblickend. Er trug ebenfalls ein schickes Gewand. Von feinstem Stoff.
> Du siehst bescheuert aus.< murrte ich, zupfte an ein paar Ecken meines Gewandes und trat ans Fenster. Blickte hinaus aufs Lichtermeer des Reiches. Meines Reiches. Mein Volk würde mich feiern. Drei Tage, drei Nächte lang. Ein Fest zu Ehren des neu gekrönten Königs. Vorausgesetzt ich blieb ruhig sitzen, während mir der Hohepriester den Saft unseres Heiligen Baumes über den Rücken goss. Ein Saft so heiß und zerstörerisch wie Lava aus dem Vulkan. Wenn sich daraus eine Tätowierung bildete, akzeptierte mich Sakrazhue. Ihre Akzeptanz war Gesetz. Sie war der Mittelpunkt unseres Glaubens, unserer Magie.
Wenn sie mich nicht akzeptierte, würde man mich in den Vulkan stoßen. Viel Spaß damit... Unsterblichkeit ließ sich leider nicht schmelzen.
> Und du scheinst in blendender Laune zu sein, freut mich. Ein großer Tag für unseren König. Ich bin mir sicher, dass alles glatt verlaufen wird.<
> Was macht dich da so sicher?< Ich stand immer noch mit dem Rücken zu ihm und öffnete eine hölzerne Schatulle, die meiner Schwester Leora gehört hatte. In ihr verwahrte ich kostbare Dinge. Wie sie es getan hatte. Und darin befand sich ihr Kamm aus weißem Mondstein, ein Bild meiner Mutter und ein zwischen zwei Glasscherben geklemmtes, grünes Blatt. Ich berührte jedes einzelne davon.
> Wir wissen beide, dass du dazu bestimmt bist, König von Ignulae zu werden. Dir ist es immerhin zu verdanken, dass die Trimagische Allianz überhaupt besteht. Du hast all die Verhandlungen geführt, sogar ernste Freundschaften geschlossen. Du wirst unsere Zukunft verändern.< Rajas Stimme wurde lauter, euphorischer. Dieser Idiot. Er glaubte zu sehr an mich. > Zum Guten. Du wirst ein guter König sein.<
Ich nahm die zusammengepressten Glasscherben in die Hand und fuhr langsam über die geglätteten Kanten. Wenn dich was bedrücken soll, dann sieh dir das Blatt an und erinnere dich an die Umarmung. Du wirst sie spüren können und das wird dich vielleicht trösten können. Trost. Umarmung. Ich hatte ganz vergessen, wie sich das anfühlte. Wie sie sich angefühlt hatte. Wie sie roch, wie die Farbe ihrer Augen wechselte, je nachdem, welche Gefühle sie übermannten. An diesem einen Tag hatte ich zwei sehr wertvolle Menschen verloren. Die einzigen, die mich geerdet hatten. Die mich normal fühlen ließen. Leora und Jadis.
> Ich weiß nicht, ob ich ein guter König sein werde. Eines ist allerdings sicher. Ich werde nie... Nie wie mein Vater werden. Sollte das jemals passieren...< Ich drehte mich zu Raja um. > Sag es mir ins Gesicht. Sag mir, dass ich schlimmer als mein Vater bin. Dann komme ich vielleicht wieder zur Vernunft.<
Ein trauriges Lächeln legte sich auf seine Lippen. > Du hast mein Wort, Mahajal.<
> Noch wurde ich nicht gekrönt.< erinnerte ich ihn augenrollend.
> Für mich warst du schon immer der Mahajal dieses Volkes.<

Jenaya

Mein Blick fiel auf den Wachmann, dem ich ein dankbares Lächeln schenkte. Jeder in diesem Schloss wusste, welch besonderer Tag heute war. An diesem Tag drehte sich alles um mich und auch wenn ich früher diese Art von Aufmerksamkeit zutiefst genossen hatte, gab es Momente, in denen ich mich am liebsten in der Bibliothek zurückziehen wollte. Vielleicht machte ich das später, nachdem all der Trubel vorüber war. Ich wollte Kenai vorlesen. Wie so oft in den letzten Jahren. Das war unser Ding. Irgendwie.
Sofort blieben meine Augen an ihm hängen und mein Herz machte einen freudigen Satz. Ich lächelte ihn breit an. Strahlte regelrecht. Er sah unfassbar gut aus. Männlich. Erwachsen. Stattlich. > Ich bin so aufgeregt!< gestand ich und widerstand dem Drang, mich bei ihm unterzuhaken. Hier war nicht der richtige Ort. Zu viele Zeugen.
Gemeinsam machten wir uns auf den Weg in das unterste Geschoss des Schlosses, denn dort führte ein unterirdischer Gang zu einer Plattform, in der die Magie am stärksten pulsierte. Dieser Ort war nur der königlichen Familie vorbehalten. Dort fanden extrem aufwendige magische Rituale statt, so wie der Ruf nach einem Gefährten. Ich war mir sicher, dass alle bereits dort auf mich warteten und mit jedem Schritt spürte ich das Flattern der Nervosität in meinem ganzen Körper. Nicht zuletzt schlug mein Herz schneller, weil Kenai in meiner Nähe war. Mit ihm an meiner Seite fühlte ich mich am wohlsten. Er war mein Ruhepol.
Unzählige Männer in schicken Uniformen standen Wache entlang der Flure und sie gaben mir nette Worte mit auf den Weg. Ich bedankte mich bei jedem einzelnen. So gehörte es sich eben.
Schließlich erreichten wir ein von mehreren Zauberformeln geschütztes Tor, das für uns geöffnet wurde und hinter dem sich der Durchgang zum magischen Felsvorsprung befand. Wenn man genau hinhörte, vernahm man sogar das starke Rauschen der Wasserfälle. Sie umgaben diesen wunderbaren Ort wie ein Schleier aus glitzerndem Nass. Heute mitgezählt, war dies hier mein dritter Aufenthalt. Meine Geburt, meine erste magische Prüfung und nun mein achtzehnter Geburtstag sowie der Ruf nach meinem Gefährten.
Spannung lag in der Luft. Vorfreudige Spannung. Meine Brüder empfingen mich als erstes. Man hatte sie ebenfalls in schlichte, jedoch adlige Kleidung gesteckt. Sie grinsten mich breit an und verzichteten ausnahmsweise darauf, mir die Frisur zu zerstören. Dafür gaben sie sich mit einer zu festen Umarmung zufrieden. Ich liebte die beiden.
> Du siehst toll aus, Jenaya. Die schönste Prinzessin, die die Welt je gesehen hat.< zwinkerte mir Juvio zu.
Ich schlug ihm lächelnd auf den Arm. > Du bist mein Bruder und heute ist mein großer Tag, das musst du sagen.<
> Wir haben nicht gesagt, dass du an allen anderen Tagen die Schönste bist. Das gilt nur für heute.< warf Jaris frech ein und erntete einen stärkeren Schlag von mir. Dennoch schaffte ich es nicht, das Schmunzeln auf meinen Lippen zu unterdrücken.
Bevor die beiden mich noch weiter aufziehen konnten, trat Mutter auf mich zu. Auch sie sah wunderschön aus in ihrem Kleid, das an einen wolkenlosen Himmel erinnerte. In ihren Augen las ich Stolz. Derselbe Ausdruck wie der meines Vaters, der sich gerade aus einer Gruppe Wissenschaftlern löste und ebenfalls auf mich zukam.
> Du wirst großartig sein. Ich bin mir absolut sicher, dass du einen fabelhaften, talentierten Gefährten bekommen wirst.< meinte Mutter und legte kurz ihre warme Hand auf meine Wange. Vater gab mir einen Kuss auf die Stirn. > Wenn du bereit bist, können wir auf der Stelle beginnen.<
Ich schaute zu meinen Brüdern, meinen Eltern und letztendlich zu Kenai. >Ich bin mehr als bereit.<
Zeitmenschdoku: https://www.youtube.com/@zeitmenschdoku2678
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Dieser Beitrag wurde bereits 2 mal editiert, zuletzt von »talia« (29.11.2018, 18:49)


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29.11.2018, 18:30

Jadis

Nach zwei Stunden war die Prüfung vorüber und ich freute mich, dass Inej ebenfalls bestanden hatte. Aber etwas Anderes hatte ich von ihr auch nicht erwartet. Wie ich war sie hierfür geboren. „Schade, dass du schon gehen muss. Wir müssen unbedingt unseren Bestehen feiern“, meinte Inej und ihre Augen funkelten bei der Idee. Sie mochte feiern, wo ein Fest war dort war sie auch. „In ein paar Tage habe ich schon mein Geburtstag, lass uns daraus eine große Feier machen“, schlug ich vor. „Das klingt gut. Dann muss ich mir noch was Schickes kaufen“, lächelte Inej zufrieden. Kopfschüttelnd stieg ich wieder auf Feena und gemeinsam mit Gilbert flogen wir zum Schloss zurück. Meine Eltern wollten bestimmt wissen, wie die Prüfung gewesen war. Und auch mein Zwillingsbruder Jade. Ich spürte immer noch den glückseligen Rausch, aber auch die kleinen Eissplitter in meinem Brustkorb. Manchmal hörte ich seine Stimme immer noch in meinem Kopf. Hörte diese Wörter, die mich damals zerstört hatten. Leise knirschte ich mit den Zähne. Er würde mich nicht beherrschen. Ich würde diese Wörter Stück für Stück aus meinem Herz verbannen. Sie vernichten. Ihn endlich für immer zu vergessen. Meine Augen wanderten zu Gilbert hinüber. Er würde mich niemals verletzen. Ihm konnte ich vertrauen. Er bedeutete Hoffnung, Hoffnung für mein Herz. Eines Tages würde ich bereit sein ihm mein Herz zu öffnen. Und dann konnte ich vielleicht wieder an die Liebe glauben, wenn Gilbert das Gleiche empfand. Wir erreichten das Schloss und sanft sprach ich zu Feena: „Du hast dir eine extra Portion Hasen verdient.“ Zufrieden schnaubte Feena und ich gab dem Stallburschen Bescheid, damit sie auch ihre Belohnung bekam. In schnelle Schritte ging ich schließlich weiter, es war Mittags geworden. Meine Familie würde ich also im Speisesaal beim Mittagsmahl finden können. Die Türwachen des Speisesaals öffneten mir nicht schnell genug die Tür, sodass ich kurzerhand mit meiner Luftmagie aufspringen ließ. „Ich habe bestanden!“, rief ich begeistert, meine Stimme hallte bis in den letzten Ecken. Meine Eltern klatschten und Jade pfiff. Schief grinste ich. Meine Mutter stand auf, um mich zu umarmen: „Ich bin stolz auf dich.“ Auch mein Vater war aufgestanden und klopfte mir auf die Schulter: „Das hast du gut gemacht.“ Sein Blick war warm und voller väterlichen Stolz. Die Kälte in meinem Herz verschwand, stattdessen wurde es dort angenehm warm. Mein Vater hatte keine Zweifeln mehr. Er glaubte an mich. An meine Stärke. Ich kam meinem Ziel immer näher. „Ich habe einen Wunsch zu meinem Geburtstag“, sagte ich, als ich mich hinsetzte. „Was denn?“, fragte mich Mutter neugierig. „Ich möchte, dass Gilberts Vater mir die Schwertkunst beibringt. Ich möchte mich in eine ernste Situation selbst verteidigen können und ich möchte so dem Volk zeigen, dass ich eine starke Prinzessin bin. Dass ich sie beschützen kann“, antwortete ich mit eine ruhige Stimme und ernstem Blick: „Ich weiß, dass Gilbert für meinen Schutz zuständig ist. Aber ich werde nicht einfach brav sitzen und zuschauen wie er sein Leben auf dem Spiel setzt, nur damit ich beschützt werden kann. Was wenn eine Situation kommt, in der er nicht in der Lage ist mich zu beschützen oder ein Anderer? Dann wäre ich vollkommen hilfslos.“ Aufmerksam studierte ich die Gesichter meiner Eltern. Sie tauschten sich Blicke aus, schwiegen eine Weile und dann nickte meine Mutter dezent. Daraufhin seufzte mein Vater, runzelte mit der Stirn und schließlich fällte er eine Entscheidung: „Du wirst in der Schwertkunst unterrichtet. Du hast mehrmals bewiesen, was in dir steckt und deine Mutter ist schon eine Weile in der Meinung, das es Zeit ist für Veränderungen. Diese Veränderungen sind vielleicht wichtig, um erfolgreich gegen die Dämonen bekämpfen zu können, die immer mehr zu eine große Bedrohung werden.“ Ich hatte es wieder geschafft. War dem Ziel einen weiteren Schritt näher gekommen.


Kenai


Ja, es wurde heute einen großen Wirbel um ihrem 18. Geburtstag gemacht. Überall wurde die Prinzessin beglückwünscht, bekam unerschöpfliche Aufmerksamkeiten ihrer Untertanen und selbst die Prinzessin schien von einer Aufregung erfasst zu sein, die ich nicht spüren konnte. Es schien wohl was Besonderes zu sein sich heute einen Gefährten auszusuchen. Gefährten. Ich war mir dieser Bedeutung noch nicht im Klaren. Ich kannte die verschiedene Definitionen von Gefährten. In diesem Fall schien Gefährten noch bedeutsamer zu sein als die üblichen Definitionen. Durch etliche Gespräche der Anderen hatten ich aufgegriffen, dass dieser Tag sich entschied welches außergewöhnliches Tierwesen die Prinzessin erhielt und sie wäre dann für immer mit diesem Gefährten verbunden. Er sollte sie unter Anderem beschützen. Und da war es, was ich nicht verstand: Warum brauchte die Prinzessin noch jemanden Verbundendes, der sie beschützte? Ich war ihre lebendige Waffe, ihr Leibwächter. Meine Lebensaufgabe war sie zu beschützen, in jeder Lage. Sie brauchte keinen weiteren Beschützer, das wäre überflüssig. Es sei denn sie wollten mich austauschen. Mein Gesicht verschwand tiefer in den Schatten meiner Kapuze. Wir liefen durch viele Gänge und erreichten ein Ort, den ich tatsächlich noch nicht kannte. Es war wohl ein heiliger Ort, den nicht Jeder betreten durfte oder konnte. Ich musste also draußen bleiben. Ich bemerkte die vielen Menschen, zum Teils waren es Wachen und zum Teils königliche Familienmitgliedern. Die Prinzessin sah mich an. Mein Gesicht blieb ausdruckslos.


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29.11.2018, 18:47

Ardan

Das Amphitheater, ein riesiger Halbkreis aus über fünfzig Reihen, die in die Felsen eingemeißelt worden waren, pochte laut durch den Ansturm an Menschen, der meiner Krönung beiwohnen wollte. Es waren alle Altersgruppen vertreten, selbst Kleinkinder, die um diese Uhrzeit schon längst im Bett sein sollten. Die Sonne näherte sich dem Horizont, färbte den Himmel blutrot. Wolken erschienen wie Wellen aus Flammen. Der perfekte Anblick für einen besonderen Tag. Dies war mein großer Tag. Ein Moment, der alles verändern würde. Es lag in der Luft. Die Veränderung. Die Magie. Die Macht, die mir bald überreicht werden würde.
Gemeinsam mit den wichtigsten Menschen aus dem Schloss stand ich auf der großen Bühne, in der Mitte, noch meine Gewänder tragend und auf den Knien. Vor mir stand der Hohepriester. Ein alter Mann mit leicht gebeugtem Rücken. Alles an ihm, besonders seine Hände, waren vom Alter gezeichnet. Ich konnte dunkle Flecken auf seiner Haut erkennen. Er würde nicht mehr lange leben. Seufzend lauschte ich dem Gebet, das die Templer hinter mir in einem Halbkreis sangen. In ihren Händen hielten sie erleuchtete Fackeln. Schatten tanzten um mich herum. Sie erinnerten mich an das tote Gebiet hinterm Vulkan, doch das war der falsche Augenblick, um daran zurückzudenken. Die Bilder durften nicht wieder an die Oberfläche treten. Sie gehörten einer sehr dunklen Vergangenheit an.
> Volk von Ignulae! Der Moment, auf den wir alle gewartet haben, ist nun gekommen. Lassen wir Sakrazhue, unseren Heiligen Baum, das Zentrum unserer Magie, unseres Lebens, darüber entscheiden, ob Ardan Thyell ein würdiger König ist.< Jubel, laute Zurufe, Kindergeschrei...
Zwei Paar Hände griffen links und rechts an den Saum meiner Gewänder und nahmen mir einen Teil der Schwere. Sie entkleideten mich bis auf die Hose und noch immer blickte ich respektvoll zu Boden. Wenn mich eines Leora gelehrt hatte, dann, dass unser Heiliger Baum ernstzunehmen war. Dass wir nie vergessen sollten, welch Stärke in ihm lag. Vater hatte das nach vielen Jahren vernachlässigt und nun war er tot. Blut.
Da war so viel Blut gewesen...
Schnell verdrängte ich den Gedanken. Falscher Zeitpunkt. Ich musste mich auf das Hier und Jetzt konzentrieren. Durfte nicht zeigen, wie sehr die heiße Flüssigkeit schmerzte, die in feinen Rinnsalen meinen Rücken benetzte. Ich konnte förmlich spüren, wie meine Haut an den betroffenen Stellen zu schmelzen begann. Wie sich der Saft in mich hineinfraß. Mit nüchternem Gesichtsausdruck ließ ich das Prozedere über mich ergehen. Gab keinen Laut von mir. Das gehörte zum Ritual dazu. Ich musste meinem Volk zeigen, dass ich zu allem fähig war. Selbst Schmerz zu empfinden, ohne es jedoch durchblicken zu lassen. Wahre Stärke kam bekanntlich von innen.
Leicht gesagt für all diese Zuschauerlustigen. Sie mussten nicht brav hocken und dabei in Flammen stehen. Wie tief reichten die Wunden wohl? Was würde Sakrazhue finden? Würde sie jedes Geheimnis, jede düstere Erinnerung, jede noch so kleine Sünde aufdecken und daran messen, ob ich würdig war? Wenn ich über mich selbst richten könnte, würde ich mich gleich in den Vulkan stoßen, doch in diesem Leben war mir kaum etwas vergönnt. Ruhe war ein Luxus.
Plötzlich wurde es im gesamten Amphitheater still. Als würden sie etwas zum ersten Mal sehen. Oder als hätten sie Angst. Ich hielt den Blick weiterhin auf den marmornen Boden gerichtet. Atmete tief durch die Nase ein und durch den Mund wieder aus. Der glühende Saft schien gänzlich in meinem Körper zu zirkulieren, denn ich konnte das Brennen überall spüren. Selbst in meinem Herzen. Ein Organ, welches schlug, jedoch schon vor langer Zeit zu Asche zerfallen war.
Das Brennen wurde sekündlich stärker, bis ich wirklich damit zu kämpfen hatte, bloß kein Geräusch von mir zu geben. Schweißperlen bildeten sich auf meiner Stirn. Ich schwitzte. Ich brannte. Atmen fiel mir schwerer. Und dann vernahm ich ein eigenartiges Schlängeln an meinem Rücken, an meiner Schulter. Etwas veränderte sich. Das Feuer zog sich langsam zurück, eine angenehme Wärme machte sich breit. Kühle hätte ich mehr bevorzugt, aber dies hier war besser als innerlich zu verglühen.
> Sakrazhue hat sich entschieden.< ließ der Alte verlauten. In diesem Moment schaute ich auf. In unzählige Lichter, die mein Volk in den Händen hielt. Trotz all der Dunkelheit, die mich stets umgeben hatte, leuchtete dieser Abend heller als erwartet. Eine seltsame Ruhe erfasste mich. Eine Art Akzeptanz. Ich fühlte mich bereit. Bereit, der König dieses Volks zu sein und sie zu beschützen. Ihnen ein angenehmes Leben zu bieten. Keines, das sie einengte. Nicht, wie man mich ein Leben lang eingeengt hatte.
> Ardan Thyell hat den Segen des roten Drachen erhalten. Er steht für Reichtum, Gesundheit und immenser Stärke. Jahre des Glücks stehen uns mit ihm als König bevor.< Die Stimme des Hohepriesters wurde feierlich. Lauter. > Lang lebe Mahajal Ardan!<
> Lang lebe Mahajal Ardan!< echote das Volk. Immer und immer wieder. So oft, dass ich es sogar in Zukunft hören würde. Pure Macht durchfloss mich, nahm mich völlig ein. Der rote Drache. Ich war tatsächlich vom roten Drachen auserwählt worden. Gemeinsam mit dem Auge des Phönix galt ich regelrecht als unbesiegbar.
Ohne ein einziges Mal zu schwanken, erhob ich mich zu voller Größe und breitete hoheitsvoll die Arme aus. Genoss die Welle der Euphorie, die gegen mich schwappte. > Lang lebe das Volk von Ignulae!<

Jenaya

Normalerweise mussten zwei oder mehrere Magier einen magischen Zirkel erschaffen, doch dieses Ritual forderte allein meine Magie. Der Einfluss fremder Energien war strengstens untersagt, sonst konnte der Ruf fehlschlagen. Mich störte das nicht. Mir war es sowieso lieber, den ganzen Ablauf allein zu meistern. Ich hatte nicht umsonst die letzten Monate hart daran gearbeitet, mein magisches Level zu steigern. Genug, dass ich einen Gefährten rufen konnte.
Ohne den Blick von den Wasserfällen abzuwenden, schritt ich näher ans Ende der Plattform aus graublauem Gestein und blieb an einem durch Gold markierten Punkt stehen. Ich sah niemanden mehr. Es gab nur mich und das Element Wasser. Wasser, das uns seit vielen Jahrhunderten umgab und dessen Rauschen wie eine Melodie in meinem Kopf widerhallte. Es war eine uralte Sprache, die ich selten verstand. Heute konnte ich sie verstehen, als ich die Magie in mir aktivierte. Sie begann in meiner Brust, wirbelte im Oberkörper herum, breitete sich weiter bis in die Finger- und Zehenspitzen aus und brachte mein langes Haar zum Flattern. Strähnen schwebten um mich herum. Bläuliches Licht floss aus mir heraus, kroch über das Gestein zu meinen Füßen und bildete feine Linien, die sich miteinander verbanden. Ich legte den Kopf leicht in den Nacken, blickte an die dunkle Decke, an der ich feine Wassertropfen ausmachen konnte. Sie reflektierten meine Magie. Sie erstrahlten im bläulichen Schimmer, der mich nun gänzlich umgab. Wie kleine Sterne am Nachthimmel wurden sie zu meinen Zeugen.
Das Rauschen der Wasserfälle wurde stärker, der magische Zirkel um mich herum pulsierte im Gleichtakt, während ich leise die Worte murmelte, die zu diesem Ritual gehörten. Uralte Worte, die man nicht falsch aussprechen durfte. Der kleinste Fehler könnte alles zunichte machen. Doch ich hatte keinerlei Schwierigkeiten damit. Sie flossen aus meinem Wund wie überschüssiges Wasser. Ich fühlte mich, als würde jemand anderes mich lenken. Etwas anderes. Die Magie war dermaßen stark, dass das Licht in meinen Augen viel zu hell war, als dass ich noch etwas erkennen könnte. Ein Gefühl, das mir zugleich Angst und kribbelnde Aufregung bescherte.
Mir war nicht bewusst, dass ich ganz leicht über dem Boden schwebte, dass das Licht ein Stück heller wurde, bis es sich langsam wieder zurückzog und sich vor mir zu einem Bündel formte. Ein Bündel, das mehr und mehr Gestalt annahm: Krallenbesetzte Flossen, silbrig blauweißes Fell mit schwarzen Linien, ein katzenförmiger Kopf mit langen, spitzen Ohren, eine wunderschöne, türkise Rückenflosse und Augen so blau wie eine Mischung aus Himmel und Ozean.
Ich starrte das Wesen an. Es starrte zurück. Das blaue Licht sammelte sich zum Schluss in dessen Stirn und hinterließ einen funkelnden blauen Diamanten. Unbewusst legte ich eine Hand auf meine Brust, hinter der es stark pochte. Meine Magie war nun ein Teil meines Gefährten und umgekehrt. Wir waren miteinander verbunden.
> Eine Flusskatze...< flüsterte ich überrascht.
Zeitmenschdoku: https://www.youtube.com/@zeitmenschdoku2678
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29.11.2018, 19:05

Jadis

Nach der Mahlzeit wollte ich ins Gemach gehen, um mich zu erfrischen. Ich roch nach salzigem Schweiß und es war nicht unbedingt ein verlockender Geruch. „Jadis, warte“, Jade keuchte leicht und tiefe Schuldgefühle überrollten mich wie eine Lawine. Ich war Schuld an diesem Zustand. Meinetwegen war seine Lunge für immer geschwächt und nicht heilbar, aber zum Glück nicht tödlich. Ansonsten wäre ich daran endgültig gebrochen. „Was ist?“, ich versuchte den Schmerz nicht zu zeigen, der in meiner Seele brannte. „Ich habe ein Geschenk für dich“, grinste er und seine Atmung beruhigte sich. Mein Kopf neigte sich zur Seite und ich wurde neugierig: „Und wo ist das Geschenk? Willst du es nicht mir an einem Geburtstag geben?“ Er schüttelte den Kopf: „Nein, ich denke du sollst ihn jetzt bekommen. Es liegt in meinem Zimmer.“ Gemeinsam gingen wir los und kamen in seinem Gemach an. „Hier, bitte“, er gab mir eine kleine Schatulle. Ich öffnete es und entdeckte eine Kette. Es sah wie rubinroter Glas aus in Form einer Träne und die obere Spitze war blätterförmig von Gold eingefasst. „Das sieht hübsch aus“, lächelte ich und legte die Kette an. Sie passte perfekt. „Es sieht wie Kristall aus, oder?“, Jade ließ sich gemütlich auf seinem Bett fallen. „Ist er etwa kein Kristall?“, erkundigte ich mich. Breit grinste er: „Nein, es soll nur eine Täuschung sein. In Wirklichkeit ist das eine Phiole mit einer rote Flüssigkeit.“ „Hoffentlich nicht Blut“, zog ich ein Augenbraue hoch. Ihm zuzutrauen wäre das. „Hach, warum ist mir das nicht eingefallen?“, bedauerte er und erklärte: „In deiner Phiole befindet sich das Gegenmittel deines Zaubertrankes, der deine Kräfte fesselt. Ein Schluck davon und schon bist du sofort in der Lage deine wahre Kräfte zu benutzen. Es muss also nicht zu einem emotionalen Zusammenbruch kommen und ich denke, dass du eines Tages die Phiole brauchst. Unsere Eltern machen sich da einfach zu viele Sorgen, aber wir können uns nicht ewig verstecken. Und du wirst Derjenige sein, die ihre wahre Gestalt zeigen wird. Jadis, du stehst für Veränderungen. Für gute Veränderungen und ich werde dich unterstützen, denn ich will auch, dass du die Königin wirst. Denn seien wir mal ehrlich: Ich würde ein mieser König abgeben, für diese Aufgabe bin ich einfach zu faul und unverantwortlich.“ Sprachlos sah ich ihn an und umfasste die Phiole. Mit diesem Trank war ich in der Lage mich zu befreien. Doch würde ich jemals dazu den Mut finden? Ich spürte die tiefe Angst. Angst wieder Jemanden zu verletzen, wie ich es bei Jade getan hatte. Niemals würde ich diesen Tag vergessen. Der Tag, an dem mein Herz gebrochen wurde und eine Gefahr für Andere wurde. Ich war damals in meinem Schmerz so gefangen, dass ich nicht gemerkt hatte, wie der Nordwind in meiner Umgebung Schaden anrichtete. Niemand konnte mich erreichen. Doch Jade war der Einzige der durch den eisigen Sturm gehen konnte. Vielleicht lag es an der besondere Bindung eines Zwillings. Wäre er nicht gewesen, hätte ich vermutlich einen zerstörerischen Sturm erschaffen. Hätte mich selbst verloren. Doch Jade hatte mich zurückgeholt. Mich aufgehalten meine wahre Gestalt zu offenbaren. Aber die eisige Luft hatte einen kleinen Teil seiner Lunge zerstört.„Danke, es bedeutet mir viel“, ich umarmte Jade. Vielleicht war ich eines Tages dafür bereit. Vielleicht konnte ich mir irgendwann verzeihen, wie Jade es bei mir getan hatte.


Kenai


Die Prinzessin näherte sich dem Ende der Plattform und es war mir jetzt untersagt ihr zu folgen. Wachsam verfolgte ich jeden ihren Schritt und meine Augen durchsuchten abermals den fremden Ort. Ich würde sie beschützen, sobald ich glaubte sie wäre in Gefahr. Ich würde dann die Regel brechen und tiefer in diesem Ort gehen, um ihr Leben zu erhalten. Das war meine oberste Aufgabe. Ihre Gestalt verschwamm. Das Wasser gab zu viel Dunst ab. Selbst meine gute Augen konnten da nicht viel ausrichten. Ich bemerkte in der Luft eine Veränderung. In diesem Ort schien sich jetzt viel Magie anzusammeln. Bestimmt auch die Magie der Prinzessin. Plötzlich leuchtet ihre Gestalt bläulich, dieses Licht verteilte sich überall. Es musste ihre Magie sein. Ich hatte ihre murmelnde Stimme gehört, sie hatte die uralte Sprache gesprochen. Irgendwelche Zauberformeln. Sie begann ein Stück zu schweben. Anscheinend brauchte man für diese Gefährten viel Magie. Dann war etwas bei ihr erschienen. Wenn ich genau hinschaute verformte sich diese Etwas zu Etwas. Aber ich konnte nicht ausmachen um was sich bei dieser Gestalt handelte. Dass es der Gefährten sein musste, das war mir klar.


126

29.11.2018, 19:22

Heute

Ardan

> Soll ich Ihnen etwas zu trinken bringen, Mahajal?< erklang die süße Stimme eine meiner Dienerinnen, die gerade Drachenblüten im kristallblauen Wasser verteilte. Ich entspannte mich mit jeder vergehenden Sekunde. Die Anspannung in meinem Körper ließ allmählich nach. Dieses Bad hatte ich dringend benötigt. Nach all den langweiligen, jedoch wichtigen Besprechungen zur Außenpolitik und Finanzlage meines Reiches gab es nichts Besseres, als sich zurückzuziehen und sich gehen zu lassen. Ohne Störung. Ohne Stress. Ohne nerviges Gezeter.
Ich seufzte tief. > Nein, danke. Ich habe alles, was ich brauche. Du kannst gehen. Und teile allen mit, dass ich in der folgenden Stunde nicht gestört werden möchte.< Strenge untermalte meine Stimme. > Auf keinen Fall!<
> J-ja, mein Mahajal.< beeilte sie sich zu sagen, ehe sie davoneilte und mich endlich in Ruhe ließ. Ich war für mich allein. Nur das leise Rauschen des Wassers, das aus den schmalen Öffnungen an der mir gegenüberliegenden Wand in das große Becken floss, füllte die Stille im Raum. Und meine Gedanken. Meine Gedanken standen fast nie still. Sie waren laut, dann etwas leiser und wieder laut. So wie heute. Meistens verhieß das nichts Gutes. Es war wie ein schlechtes Omen für den Tag.
Heute würde etwas Unvorhergesehenes passieren. Wie ein unerwarteter Sturm auf hoher See. Nun ja, häufig steckten die Sirenen hinter diesen Stürmen, damit sie sich an den Schiffsleuten vergreifen konnten, wenn sie mal wieder auf Jagd waren. Niemand, aber auch niemand schaffte es unser Gebiet lebendig zu betreten, wenn wir es nicht erlaubten. Wir waren gern für uns allein. Betrieben nur Handel mit Völkern, die in unserem Interesse waren und deren Güter wir wirklich benötigten. Doch hin und wieder wurden sogar wir überrascht. Wir waren nicht allmächtig, auch wenn ich genau das vermittelte. Alle außerhalb des Reiches hörten blutige, gefährliche Erzählungen über mich. Wie ich Schlachten in kurzer Zeit gewann, wie ich alles in Schutt und Asche legte. Wie ich einfach nicht totzukriegen war. Ascheprinz. Ich liebte und hasste diese Bezeichnung.
Nun aber war ich König dieses Reiches, nachdem mein tyrannischer Vater endlich vom Vulkan verschluckt worden war. Er würde mir nicht mehr in den Hallen und Fluren des Schlosses begegnen. Nie wieder. Und das zu wissen, nahm mir noch mehr von meiner Anspannung. Sein Gesicht... Ich würde es mit der Zeit für immer vergessen. Das hoffte ich jedenfalls.
Eine einzige Person war mir geblieben. Meine jüngere Schwester. Das Auge der Schlange. Dieses Biest, das ich bis aufs Blut nicht ausstehen konnte. Manchmal war der Drang, sie zu töten, so groß, dass mein Hirn aussetzte und ich wirklich kurz davor war, sie in die Tiefen des Vulkans zu stoßen. Bislang ohne Erfolg. Sie lebte. Noch. Und sie tat gut daran, mich hier und jetzt nicht zu stören, weil sie es sonst liebte, mir meine Momente der Ruhe kaputt zu machen. Gleichzeitig war das schon fast Grund zur Sorge, denn wenn sie mich nicht gerade nervte, schmiedete sie Pläne. Pläne, die mir letzten Endes schadeten. Ob ich jemanden nach ihr suchen lassen sollte?
Ich dachte einige Sekunden darüber nach und schüttelte seufzend den Kopf. Nein. Nein, ich wollte meine Ruhe. Nichts weiter.

Jenaya

Ich wühlte mich durch all die Kleider in meinem begehbaren Kleiderschrank und fand einfach gar nichts Passendes zum Anziehen. Die Qual der Wahl, ich kam schlichtweg nicht damit klar. Also tat ich das, was ich am besten konnte. Augen schließen und das Herz entscheiden lassen. Und mein Herz entschied sich für ein nachtblaues Kleid, das eng an der Taille saß und in vielen Schichten Seide wie ein Wasserfall zu Boden glitt. Oh ja, dieses Kleid war in der Tat perfekt. Wieso war es mir nicht vorher schon aufgefallen?
Leise summend hängte ich es an die Schranktür und wählte das dazu passende Paar Schuhe aus. Kleiner Absatz, immer bereit zum Kampf, auch wenn uns noch keine Gefahr drohte. Mitten in der Bewegung hielt ich inne. Gefahr.
Blut. Tod. Feuer. Geschrei.
Es hatte Jahre gebraucht, um meine Eltern davon zu überzeugen, dass ich kein normales Prinzesschen werden wollte. Ich wollte kämpfen. Ich wollte für unser Volk bluten und für die Schwachen eine Stärke sein. Wie meine Brüder. Nur durch einen Überfall in einem nahegelegenen Dorf, in dem ich mit meinen Freundinnen genächtigt hatte, war es mir möglich gewesen, meine Eltern zu überzeugen. Ich hatte gemeinsam mit Kenai den dämonischen Feind vertrieben, anstatt mich hinter seinem Rücken zu verstecken. Und mein Einsatz hatte Wirkung gezeigt. Ich war kein schwaches Weib. Keine verwöhnte Prinzessin. Ich war eine Kriegerprinzessin. Eine Frau, die ein Schwert schwingen konnte und höhere Magie ausübte. Und nachdem ich meine Gefährtin Maris an meinem achtzehnten Geburtstag erfolgreich "gerufen" hatte, nannte man mich nun den blauen Diamanten. Flusskatzen wie sie waren sehr selten, sie galten beinahe als ausgestorben wegen ihrer besonderen, noch gänzlich unerforschten Gaben. Ich war unendlich froh, sie an meiner Seite zu haben.
Dennoch blieb Kenai unverzichtbar für mich. Meine Nummer Eins. Nach all den Jahren hatte ich mich nicht nur an ihn gewöhnt, sondern noch tiefere Gefühle für ihn entwickelt. Gefühle, die nicht verschwinden wollten, egal wie stark mein Verstand schrie, dass das sowieso keinen Sinn hatte. Kenai würde nie Gefühle für mich entwickeln, er war nicht dazu fähig. Und wessen Schuld war das?
Meine. Meine Existenz hatte ihn zu dem gemacht, was er heute war. Eine lebendige Waffe.
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127

29.11.2018, 19:50

Jadis


"Der übliche Weg nach Ignulae liegt westlich", skeptisch musterte mich Kapitän Wilson. "Wir fahren südwestlich", blieb ich standhaft und in meiner Stimme schwang Autorität. "Zu Befehl, Prinzessin Jadis", antwortete der Kapitän schließlich, da er unter meinem Befehl stand. Knapp nickte ich und ging die Treppe des Schiffsdeckes hinunter. "Du bekommst immer deinen Willen", vernahm ich eine vertraute Stimme hinter mir, als ich mich über das Reling lehnte. Ich drehte mein Kopf nach hinten, einen Moment blendete mich die Sonne und dann begegnete ich die himmelblaue Augen. "Wenn ich es für richtig halte, kämpfe ich darum und setzte mich durch", antwortete ich Gilbert. Er lächelte: "Das gefällt mir an dir." "Und du gefällst mir", erwiderte ich unverblümt und mein Mundwinkel zuckte, als seine Ohren rötlich wurde. Rasch schaute er links und rechts, um sicherzugehen, dass niemand es gehört hatte. Als ich 20 Jahre alt wurde, hatte ich endlich gewagt ihm mein Herz zu öffnen. Ansonsten hätte ich ihn vielleicht an eine andere Frau verloren, die ihm viele Monate hinterher gelaufen war. Und dieser Gedanke war unerträglicher, als die Angst davor wieder verletzt zu werden. Ich war überrascht gewesen, als Gilbert mir gestand, dass er schon immer für mich Gefühle gehegt hatte. Für ihn hatte nie eine andere Frau gegeben. Das hatte mich gerührt. Mein Herz gewärmt. Jetzt waren mittlerweile vier Jahren gegangen und ich war froh an seiner Seite zu sein. Jedoch war unsere Beziehung geheim. Noch war mein Vater für solche Art von Veränderungen nicht bereit. Aber wenn wir diese Mission erfolgreich schafften, würde er vielleicht anders denken. Besonders wenn Gilbert vorher zum General ernannt wurde. Das war sein Traum. Seit er seinen Vater in einem Kampf gegen die Dämonen verloren hatte, als wir eine Truppe losgeschickt hatten, um ein notgeratenes Land zu unterstützten. Dieser Verlust hatte ihn in ein dunkles Loch gezogen, doch ich hatte ihn aufgegangen. Ihn stark gemacht. Und jetzt kämpfte ich auch für seine Träume. Gilbert wollte nämlich auf diese Weise seinem Vater nahe sein. "Jadis?", riss der stattliche Mann aus meine Gedanken. "Hm?", ich wollte ihn jetzt küssen. Aber das ging nicht. Zu viele Leute. "Wie geht es dir?", seine Stimme war sehr sanft. Ich zog ein Augenbraue hoch: "Gut. Warum sollte mir jetzt schlecht gehen?" "Ich dachte, dass dich dieser Mission nervös machen würde. Du wirst ihn nach all den Jahren wieder begegnen", Gilbert klang vorsichtig. Als wäre ich aus Glas und ich hasste das. "Na und? Das von damals ist vergessen, nur kindisches Schwärmerei eines dummen Mädchens. Er bedeutet mir nichts. Seine Unterstützung hat nur eine politische Bedeutung", antwortete ich neutral. Er war Vergangenheit. Gilbert meine Zukunft. Daran hielt ich mich fest.

Kenai


Wie jeden Morgen stand ich vor der Tür des Gemaches der Prinzessin und wartete darauf bis sie das Gemach verließ. In den letzten Jahren hatte die Prinzessin sich weiterentwickelt, sie war jetzt in der Lage sich selbst zu verteidigen und ich war Derjenige gewesen, der sie das Kämpfen lehrte. Für mich war es logisch gewesen, sie in den Kunst des Kämpfens zu lehren, denn das verstärkte bloß den Schutz um ihrer Person und das war mein Ziel. Sie zu beschützen und wenn ich ihr zeigte, wie man sich verteidigte, konnte sie sich in knifflige Situationen besser zur Wehr setzen. Solche Situationen waren tatsächlich aufgetaucht und sie hatte sich im Kampf gut bewährt. So konnte die Feinde schnell eliminiert werden. "Guten Morgen, Kenai", es war die rothaarige Magd, die seit geraumer Zeit mir die Himbeerplätzchen brachte. Die Anderen erschienen ab und zu mal. Vermutlich hatten sie begriffen, dass mich nur die Himbeerplätzchen interessierte, sie aber selbst mir gleichgültig waren. Nur die Rothaarige schien das nicht zu begreifen. Oder sie wollte mir einfach nur die Plätzchen geben. "Bitte schön", ihre Stimme wurde höher. Ich nahm den Beutel. Sie stand immer noch. Normalerweise ging sie dann summend. Warum sie summte, wusste ich nicht. Ich öffnete den Beutel und schob einen Keks in den Mund. Er schmeckte ein wenig anders. Ein wenig süßer. "Und?", sie schien etwas von mir zu erwarten. Mein Gesicht blieb ausdruckslos und ich schob den nächsten Keks in den Mund. Dieser war wohl ein wenig angebrannt. "Ich habe sie selbst gebacken", redete die Rothaarige weiter. Aha. Deswegen die Abweichungen im Geschmack. Dennoch waren sie wohl schmackhaft genug, um diesen kleinen sehnsuchtsvollen Schmerz hervorzulocken. Wieder ein Keks. "Es schmeckt dir!", freute sie sich.



128

29.11.2018, 20:08

Ardan

Eine Weile später, als meine Haut sich leicht zusammenzuziehen begann, stieg ich aus dem Wasser und wunderte mich nicht darüber, dass sofort zwei Dienerinnen zur Stelle waren, um mich in ein einfaches Gewand zu kleiden. Es reichte bis zum Boden, bedeckte meinen gesamten Körper. Der Stoff lag wie ein sanfter Hauch auf der Haut, feinste Spinnenseide aus dem fernen Osten. Dort lag ein kleines Dorf, in dem diese spezielle Seide hergestellt und weiterverarbeitet wurde. Durch meine Späher hatte ich von diesem Dorf gehört und mit dem dort zuständigen Ältesten einen Handelsvertrag beschlossen. Nur das Beste für mich und mein Volk.
> Möchten Sie zurück in Ihre Gemächer, Mahajal?< fragte die jüngere der beiden Dienerinnen. Ihre Augen waren leicht geweitet. Ehrfurcht, Bewunderung sowie Angst stand in ihnen geschrieben. Ich erweckte viele Emotionen in andere. Meistens keine guten.
Seufzend winkte ich ab. > Nein, ich werde mich in mein Arbeitszimmer verziehen. Auch dort möchte ich nicht gestört werden. Heute will ich ausschließlich meine Ruhe.< Ich wünschte, ich könnte das jeden Tag fordern. Als König war das jedoch nicht möglich. Ich hatte viele Pflichten zu erfüllen. Gerade als ich den langen, breiten Flur durchschritt und meine nackten Füße die sanfte Hitze im Gestein aufnahmen, eilten zwei Wächter um die Ecke. Beide mit hochroten Gesichtern, Schweiß auf ihrer Stirn. Das verhieß dringende Nachrichten. Nachrichten, die nicht warten konnten. Wann durfte ich jemals einen Tag ruhen?
Nie.
Ich reckte das Kinn vor und zog die Brauen verstimmt zusammen. Die Wachen blieben stockend stehen. Sie wirkten nervös, ebenfalls ein wenig ängstlich. Gut so. Ich war nicht ihr bester Freund. Ich war ihr König. > Was ist los? Ich hoffe für euch, dass die Angelegenheit von größter Wichtigkeit ist, sonst habt ihr beide ein gewaltiges Problem.< knurrte ich.
Einer der beiden sah aus, als würde er sich gleich in die Hose machen. Wie erbärmlich... Und diese Kerle gehörten zur Palastwache. Ich sollte wohl ein ernstes Wörtchen mit dem Sicherheitsgeneral wechseln. Durch seine Reihen gehen und den Mut jedes Einzelnen auf die Probe stellen. Aber das würde mich meine freie Zeit kosten und das war es mir letzten Endes doch nicht wert.
> M-Mahaj-jal, wir haben e-eine Eilmeldung bekommen, dass e-eine Gruppe von Schiffen direkt a-auf unsere H-heimat zusteuert. Es handelt sich u-um eine königliche Flotte.<
Königliche Flotte? Hm. Ich erinnerte mich nicht daran, Gäste zu erwarten. Nicht heute. Mein erster Impuls war, meinen Freund aus Titania zu kontaktieren und diese Flotte an ihn zu verfüttern, doch mein Instinkt verbat mir dieses Handeln. Ich musste erst sichergehen, wer lebensmüde genug war, sich auf den Weg nach Ignulae zu machen. Die Geschichten über mein Reich sollten Grund genug sein, diese gefährliche Reise nicht anzutreten. Wieso überraschte mich die Dummheit der Menschen nicht? Ihre Sturheit?
> Gab es einen Brief? Irgendwas, das die Flotte uns hat zukommen lassen?< wollte ich wissen.
Diesmal antwortete der andere Wächter, er schien mutiger zu sein. > Nur eine Flammennachricht, Mahajal. In der steht nur ein Name. Herondale.<
Bei Sakrazhue, unserem heiligen Baum, warum? Warum Herondale? Ausgerechnet diese Königsfamilie, der wir den Rücken gekehrt und nie zurückgeblickt hatten. Das Reich, in dem mein Herz lichterbloh brannte, verglühte und zu Asche zerfiel. Eine Erinnerung, so viele Momente, die mich nach all den Jahren immer noch heimsuchten, wenn ich Schwäche erlitt. Schwäche, die mir nicht erlaubt war.
Ich spürte, wie sich der tätowierte Drache auf meiner erhitzten Haut zu regen begann. Wie er meine Gefühle witterte, wie er danach lechzte, wie er Hunger darauf bekam. Hastig verschloss ich all die verborgenen Erinnerungen in die hinterste Ecke meiner Seele und setzte eine gleichgültige Maske auf. Eine unüberwindbare Mauer.
> Lasst sie durch. Heißt sie willkommen und führt sie in den Thronsaal. Das gilt nur für den engsten Kreis der Anreisenden, keine einfachen Soldaten. Sie bleiben auf den Schiffen. Kommen sie meiner Forderung nicht nach, werft sie dem Unagi zum Fraß vor.<
> Jawohl, Mahajal. Alles, was Ihr wünscht.<
Alles, was ich mir wünsche? Wie wäre es mit einem Messer in der Brust, das mich auch wirklich tötet?

Jenaya

Schweren Herzens zog ich mich um. Normalerweise halfen mir meine Bediensteten dabei, doch heute hatte ich darauf bestanden, alles selbst zu erledigen. Manchmal brauchte ich das. Abstand. Abstand zu alles und jedem. In den letzten Jahren war ich nicht brav im Schloss geblieben und hatte mich weiterhin den Gepflogenheiten des Hofes hingegeben. Nein. Ich hatte meine Brüder in die Schlachten begleitet, wohl wissend, dass das lebensgefährlich war. Aber wenn die beiden schon ihr Leben riskierten, warum nicht auch ich? Das ewige Warten hatte mich fertig gemacht, mich innerlich zerrissen. Nun war ich Teil davon und ich bereute keine einzige Sekunde. Auch nicht die Sekunden, in denen mich tote Augen so lange musterten, dass ich verrückt werden könnte. Tote Augen, in denen so viel Leid lag, dass mir schlecht davon wurde. Tote Augen, die mich überallhin verfolgten, weil ich in der Lage war, sie zu sehen. Sie zu hören. Ihre Schreie, ihre Rufe, ihr Wimmern...
Meine linke Hand begann unwillkürlich zu zittern. Ich hielt in der Bewegung inne, sog tief Luft ein, zählte bis fünf. Wiederholte den Vorgang noch einmal, als das Zittern nicht aufhören wollte. Ich umfasste meine zittrige Hand mit der rechten, zwang sie zur Ruhe. Nur ein Moment. Das war nur ein kurzer Moment der Schwäche. Ich erlaubte ihn mir, aber nicht für lange. Ich durfte dem Unheil nicht die Macht über mich geben. Niemals.
> Fünf...< atmete ich leise aus. Das Zittern hörte auf. Ruhe kehrte wieder ein. Die leichten Kopfschmerzen verschwanden. All das Übel, das ich erlebt hatte, nein, das bereute ich nicht. Ich musste es sehen, ich musste es wahrhaben. Ich musste hinschauen. Jeden Tag aufs Neue.
Heute allerdings gab es einen Grund zum Feiern. Wir hatten einen Sieg erungen. Wir hatten ein Reich von den Klauen der Dämonen befreit und viele Leben gerettet. Ein Sieg. Ein Sieg, der mir die Welt bedeutete. Ich klammerte mich daran fest und schöpfte Hoffnung. Hoffnung, dass das alles früher oder später ein Ende fand. Dass wieder Frieden herrschen würde. In den letzten Jahren hatte sich nämlich vieles verändert. Der Himmel war dunkler als sonst, selbst wenn die Sonne schien. Das bereitete mir Angst.
> Stark, bereit, unbesiegbar und mutig.< murmelte ich zu mir selbst, ehe ich fertig angezogen den Ankleideraum verließ und Richtung Tür steuerte. Die düsteren Gedanken verflogen sofort, als ich daran dachte, wer hinter diesen Türen auf mich wartete. Auf mich aufpasste. Mich beschützte.
Kenai. Meine dunkle Hälfte.
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129

29.11.2018, 20:35

Jadis


"He, warum fahren wir jetzt südlicher? Sollten wir nicht nach Westen?", Inej gesellte sich zu uns und warf einen Blick zum Kapitän Wilson. "Er handelt nach meinem Befehl", antwortete ich der Windreiterin, die einer der ersten Kriegerin in meinem Volk geworden war. Die ersten Veränderungen. Ein Schritt in die Zukunft. In der Ferne konnte ich mein Ziel schon sehen, aber noch nicht danach greifen. "Hast du nicht in den letzten Jahren die ganzen Karten und Sternbilder gebüffelt, um navigieren zu können?", hakte sie forschend nach. "Ja", ich blickte auf das Meer. Sie wirkte unendlich weit. Aber das Glitzern auf der Wasseroberfläche war trüb geworden, der Himmel wurde immer dunkler und die Sonne schwächer. Das war kein gutes Zeichen. "Dann weiß du doch, dass das Reich im Süden liegt", sie deutete grob die Richtung an. "Nach der Karte schon, aber eine sichere Quelle zeigt mir eine andere Richtung. Es ist nur eine kleine Abweichung, aber bedeutsam wenn wir lebendig durch das Gewässer kommen wollen. Wenn die Sagen über das Meer der Trimagische Allianz stimmt, dann sollten wir verdammt vorsichtig sein. Ich habe gehört, die Sirenen sind nicht unbedingt gastfreundschaftlich", antwortete ich ihr. "Wie du es meinst", zuckte sie mit der Schulter: "Ich schaue nach unseren Hippogreif. Ich glaube Totoro wird seekrank." Totoro war ihr männlichen Hippogreif. Ein seekranker Hippogreif scheinbar. Kurz musste ich schmunzeln bis mein Gesicht wieder ernst wurde. "Was für eine sichere Quelle ist das?", erkundigte sich Gilbert, berührte unauffällig meine Fingern, die auf dem Reling lagen. "Eine Drachenblüte", antwortete ich leise. Gleich am nächsten Tag hatte ich damals die Drachenblüte in eine Truhe verstaucht und sie unter der Erde verbannt. Genau dort, wo er mir den ersten Kuss gestohlen hatte. Es war dort ein sicheres Versteckt. Und ein Versteck was ich vergessen wollte, damit ich ihn vergessen konnte. Doch jetzt hatte ich vor ein paar Tage diese Truhe ausgegraben für diese wichtige Mission. Sie entschied über meine Zukunft, welchen Weg ich einschlagen würde. Sie entschied darüber, ob ich mein Vater endgültig von mir überzeugen konnte, um später als unabhängige Königin kandidieren zu können. "Wir nähern uns der Vulkaninsel", rief der Seher von seinem Mastkorb. "Du hast richtig gelegen", stellte Gilbert fest. "Natürlich", antwortete ich ihm. Denn die Drachenblüte sollte mir den Weg zu ihm zeigen. Und das hatte sie getan. Nach ein paar Stunden erreichten wir den Hafen von den Königreich, in der er lebte. So sah also Ignuale aus. Die Stadt lag direkt an den Klippen der Insel und ich neigte den Kopf nach hinten. Dort oben, auf einer erhöhte Plattform, musste das Schloss liegen. Dem Vulkan nahe. "Da kommen viele Soldaten", rief Jemand und ich ging zum Steg. Tatsächlich. Ein Zeichen des Misstrauen, unsere Nachricht war auch ganz spontan gewesen. Kein Wunder also, dass hier Sicherheitsmaßnahmen getroffen wurde. "Auf Verlangen von König Ardan Thyell, darf nur die königliche Mitglieder und die engste Begleitern das Schloss betreten. Die Soldaten bleiben auf dem Schiff", bellte ein Kerl, der wohl bei seiner Truppe das Sagen hatte. Auf dem Schiff wurde es unruhig und ich hob die Hand an, sofort wurde es in meiner Mannschaft still. "Gut, ich gehe auf diese Bedingungen ein und nehme zwei Leute mit. Ich bin Prinzessin Jadis Herondale, aus Aradon", selbstbewusst ging ich den Steg hinunter: "Gilbert. Inej. Ihr begleitet mich." Ich durfte kein einziges Mal Unsicherheit zeigen. Um diese Insel existierten viele Geschichten. Düstere Geschichten. Besonders die düstere Geschichten um den Ascheprinz, der zum Drachenkönig wurde. Ardan. Die Truppe dieser Stadt führte uns zum Schloss.

Kenai


Die Tür öffnete sich und die Prinzessin erschien. Sofort machte die Rothaarige einen Knicks, senkte den Kopf und flüsterte mir beim Vorbeigehen zu: "Bis Morgen." Ich sah ihr nicht nach, sondern drehte mich zu der Prinzessin um. Heute trug sie was Blaues. Es hatte Ähnlichkeit mit Abendhimmel und Wasserfall. Eigentlich machte ich keine Vergleiche mit den Kleidungen. Aber bei der Prinzessin erschienen hin und wieder Gedanken, die eigentlich nichts in meinem Kopf zu suchen hatte. Wieder schob ich einen Keks in meinem Mund. Dann reichte ich ihr den Beutel. Sie hatte unermüdlich mir über das Teilen erklärt. Immer wieder. Sie hatte es versucht verständlich zu machen. Auf ihre Weise. Und auf die Weise der Bücher, die sie mir dauernd vorlas. Ich hatte dieses Zwischenmenschliches nicht verstanden. Tat es immer noch nicht. Aber es war jetzt das erstes Mal, dass ich ihr etwas gab, ohne auf ihr Verlangen. "Himbeerplätzchen", fügte ich hinzu. Für den Fall, dass sie die Kekse nicht erkennen konnte.


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29.11.2018, 20:47

Ardan

Da wir schon bald Besuch haben würden, musste ich natürlich sofort in mein Schlafgemach gehen, mir meine königliche Kleidung anlegen lassen (was schon allein eine Viertelstunde dauerte) und etlichen Leuten Befehle erteilen. Ich hätte gern im Voraus einen Brief oder eine Notiz der Herondales erhalten, um ihre Ankunft vorzubereiten, aber da wir keine Freunde waren, waren wir zu nichts verpflichtet. Von mir aus konnten ihre Truppen auf ihren Schiffen schlafen, das war mir sowas von egal. Allein den königlichen Mitgliedern würde ich den Luxus erlauben, im Schloss zu nächtigen. Einzig und allein, weil es zu guten Manieren gehörte.
Würde ich Jadis wiedersehen?
Eilig schüttelte ich ihr lachendes Gesicht mit den grünen, funkelnden Augen fort und wurde zum König, der selten Gnade walten ließ. Die Leute um mich herum beeilten sich, alles herzurichten, führten mich in den Thronsaal, plapperten wild durcheinander, stellten mir Fragen, kümmerten sich um mein Wohlergehen, bis mir der Faden riss und ich einen Namen brüllte: > RAJA, wo bist du!?<
Keine drei Sekunden später tauchte mein Berater auf und zog eine dunkle Braue in die Höhe. > Du weißt schon, dass du nicht der einzige mit vielen Verpflichtungen bist. Wenn du Besprechungen sausen lässt, muss ich ja immer einspringen, also brüll nicht nach mir. Ich habe dich noch nie im Stich gelassen.< Das war er. Raja. Einer der wenigen Männer in diesem Königreich, die ich nie umbringen würde, egal wie direkt und unhöflich er zu mir sprechen mochte. Nicht zuletzt deswegen hatte ich ihn zu meiner rechten Hand auserkoren. Zum Missfallen meiner verachteten Schwester, die sich nach wie vor nicht hatte blicken lassen. Langsam machte mich das unruhig. Dieses Biest... Was heckte sie dieses Mal aus?
> Halt den Mund und sag mir, warum die Herondales hierher kommen? Weißt du mehr als ich?<
> In allen Bereichen des Lebens, ja, durchaus.< grinste er schief und wurde wieder ernst. > Ich habe Wort vom Hafen-Kommandanten erhalten und darin bestätigt er, dass sie mit uns verhandeln wollen. Wegen des Krieges.<
Ach ja, der Krieg, der Millionen von Leben gekostet hatte und noch mehr Leben kosten würde, wenn nicht jemand den Dunklen Lord ausschaltete. Nichts, was mich anging, weil es mich nicht wirklich betraf. Hier, fernab des Festlandes, war mein Volk in Sicherheit. Mich interessierten meine Handelspartner nicht, sollten sie den dunklen Mächten zum Opfer fallen. So oder so würde Ignulae überleben. Mein Volk stand über allem. Ich war ihr Beschützer, ihr König. Ich war in der Lage, sie vor jeglicher dunklen Macht zu bewahren. Egal, was es mich kostete.
> Das wird interessant. Sie sind nicht die ersten, die versuchen, mich in diesen Krieg zu zwingen, aber ich bin nett genug, mir ihre Argumentation anzuhören. Man lernt nie aus...< meinte ich schulterzuckend und nahm auf meinem prächtigen Thron Platz, der aus Gold und Aschegestein geschmiedet worden war. In ihm waren Ornamente eingraviert, die für Ignulae typisch waren und die unsere Geschichte erzählten. Eine lange, sehr lange Geschichte.
Raja stellte sich neben mich und alle anderen machten die Fliege, um andere Dinge zu erledigen. Selbst die Wachen, denn wenn ich anwesend war, brauchte dieser Saal keinen Schutz. Ich erst recht nicht. Somit war das elendige Summen des Trubels um mich herum vorbei. Endlich.
> Kommst du klar?<
Ich schnaubte. > Es gibts nichts und niemanden, mit dem ich nicht klarkomme. Letzten Endes zerfällt alles zu Asche.<

Jenaya

Ich zog eine Braue, als ich die rothaarige Magd erblickte, die unmissverständlich auf Kenai stand. Sonst würde sie ihm nicht Himbeerplätzchen bringen. Schlimm genug, dass sich herumgesprochen hatte, wie sehr er diese Sorte mochte, nun glaubten fast alle weiblichen Wesen, dass er damit zu ködern war. Pah! Sollten sie es doch versuchen, Kenai würde für immer an meiner Seite bleiben, egal wie egoistisch das sein mochte. Er war mein Ein und Alles.
Grimmig sah ich der Magd hinterher, bis Kenai mir plötzlich den kleinen Beutel hinhielt. Überraschung zeichnete sich auf meinem Gesicht ab. Bot er mir gerade tatsächlich etwas an? Ohne dass ich ihn darauf ansprechen musste? Wunder gab es. Dies hier war eines. Dennoch...
> Sie sind für dich, also brauchst du sie nicht mit mir teilen. Ich danke dir aber für das nette Angebot, jetzt hast du das Prinzip des Teilens verstanden.< lächelte ich ihn an und hakte mich sogleich bei ihm unter. Mittlerweile konnte ich einfach nicht widerstehen. Ich musste ihn berühren. Seinen vertrauten Duft nach Wald, Himbeeren und Nachtblüten tief einatmen. Meine liebste Mischung. Ein Geruch, der mich stets beruhigte und erdete.
> Lass uns bitte zuerst einen kleinen Spaziergang machen, bevor ich mich in den Trubel der höheren Gesellschaften begeben muss.<
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29.11.2018, 21:06

Jadis


Der Weg zum Schloss schien unendlich lang zu sein und die Soldaten hatten uns einkesselt. So konnten wir nicht ausbrechen oder einen Kampf anfechten. Was auch nicht hier unser Ziel war. Meine Aufgabe war dieses Königreich zu einem Bündnis zu bewegen, um gemeinsam gegen die größer werdende Bedrohung zu bekämpfen. Wenn die Königreiche auf der Welt sich nicht zusammentaten, würde für uns alle das Ende unserer Königreiche bedeuten. Die Dämonen würde alles verschlingen und Dunkelheit eintauchen. Wir würden ihre Sklaven werden. Ursprünglich wollte mein Vater diese Mission Jemand anderen vertrauen, doch durch Jade hatte ich von dieser Mission erfahren und wusste, dass das meine Chance war. Wenn diese schwierige Mission ein voller Erfolg wurde, würde ich endlich mein Vater vollständig überzeugt haben. Dann war ich in der Position größere Ziele und Wünsche aussprechen zu dürfen. Die Bewohnern, die neugierig zu uns schauten, wirkten normal. Wenn man düsterte Geschichten hörte, malten man sich die schlimmsten Bilder. Und die Bewohnern bekamen in den Vorstellungen groteske Gesichtern. Doch sie sahen wie die Bewohnern von Nordun oder aus eine andere Ortschaft aus. Sie waren Menschen. Aber ich war sowieso nicht ein Jemand, der jede Geschichte, die erzählt Wort glaubte. Ich erforschte die Gesichte selbst und zog schließlich daraus meine eigene Schlüsse. Immerhin wusste ich am Besten, wie es war eine dunkle Sage zu sein, wenn man in Wirklichkeit gar nicht die Gestalt aus einer Schauermärchen war. Deswegen versteckte sich meine wahre Rasse und gaben sich als Menschen mit besondere Luftmagie aus. Die Luft schien ihr viel wärmer zu sein, was wohl vom Vulkan kam. Außerdem war ihre Nachbarschaft die Insel der heiße Quelle. Da kam vermutlich auch warme Strömungen herüber. Der Vulkan, der hinter dem eindrucksvollen Schloss hervorragte, wirkte beeindruckend und bedrohlich sogleich. Ich glaubte ihn zischen zu hören wie bei einer Schlange. Wir hatten das Schloss erreicht und wurden von weitere Soldaten empfangen, die uns jetzt übernahmen. "Ihr werdet im Thronsaal erwartet", sagte ein Mann und schritt voran. Wir folgten ihm und dann würde die schwere Türen des Thronsaals geöffnet. Mein Herz begann schlagartig schneller zu schlagen, doch außen war meine Miene neutral.

Kenai


Sie wollte es nicht, weil es für mich war. Und dennoch hatte ich jetzt das Teilen verstanden? Aber hieß es nicht, dass der Andere denn das Angebotene annahm? Aber anscheinend hatte ich da was Richtiges gemacht, ansonsten würde die Prinzessin keinen Lob aussprechen. Sie hakte sich bei mir unter, dass hatte sie plötzlich vor ein paar Jahren gemacht und seitdem tat sie das immer wieder. Ich stieß sie nicht von mir ab. Es gab für mich keinen Grund dies zu tun. Immerhin war ich ihre lebendige Waffe, ihr Leibwächter. Also besaß sie Rechte über mich. "Wie Ihr wünscht", antwortete ich mit der gleichgültige Stimme. Dann bemerkte ich den Duft. Lavendel. Wärme glühte in den Brustkorb aus und ich spürte einen seltsamen Bedürfnis meine Nase in ihrem Hals vergraben zu wollen, um mehr diesen Duft einatmen zu können. Lavendel. Wir gingen los, im gleichen Takt. Ihr Körper war an Meinem leicht angelehnt.


132

29.11.2018, 21:30

Ardan

Ich trommelte ungeduldig auf den goldenen Drachenköpfen, die meine Armlehnen zierten. Bald würde sich zeigen, wen der Herondales ich gleich sehen würde. Mit großer Wahrscheinlichkeit war es Jade, Jadi's Bruder, aber mein Gefühl war da anderer Meinung. Selbst mein Herz, ein Organ, das ich kaum noch wahrnahm, sondern einzig und allein zum Pumpen von Blut gebraucht wurde, begann schneller als sonst zu schlagen. Eine wirklich unpassende Reaktion. Ich war ein erwachsener Mann. Das, was mich damals zerstört hatte, lag zehn Jahre in der Vergangenheit. Ich sollte mich weniger erbärmlich aufführen. Die Fassung bewahren. König sein. Harte Verhandlungen führen und die Herondales zurückschicken, weil mich nichts und niemand davon überzeugen konnte, mein Volk in den Krieg zu schicken, wenn ich sowieso schon über die Meere herrschte. Sie waren mein Gebiet. Ein undurchdringliches obendrauf.
Doch als sich die Türen öffneten, hörte ich schlagartig mit dem Trommeln auf und regte mich keinen Millimeter. Jeder Muskel war bis aufs Äußerste angespannt.
Nicht Jade war hier, sondern Jadis höchstpersönlich. Mit Gilbert und einer weiteren jungen Frau an ihrer Seite. Beide interessierten mich kein bisschen. Alles, was meine Augen erfassten, war die Frau in der Mitte. Natürlich war sie kein tollpatschiges, süßes Mädchen mehr. Sie wirkte weitaus weiblicher, stärker, entschlossener. Ihre Miene gab nichts preis. Sie versteckte sich hinter der perfekten politischen Maske einer wohlerzogenen Prinzessin. Was ging ihr wohl durch den Kopf? Hasste sie mich noch mehr als damals? Wollte sie mich am liebsten tot sehen, anstatt hier zu stehen und um meine Hilfe zu bitten?
Da ich kein Wort über die Lippen brachte, übernahm Raja das Sprechen. Das war nicht unüblich. Immerhin war er meine rechte Hand. Er trat in aufrechter Haltung vor, ging die wenigen Stufen hinunter und verschränkte die Hände hinterm Rücken. Seine Stimme hallte an den schlicht geschmückten Wänden wider.
>Prinzessin Jadis, es ist uns eine Ehre, Sie hier in Ignulae zu empfangen. Wie ich sehe, sind Sie unseren Forderungen widerstandlos gefolgt. Das wissen wir sehr zu schätzen. Und Sie haben die Insel sehr leicht gefunden, das ist überraschend.<
In der Tat. Daran hatte ich gar nicht gedacht. Ich runzelte nachdenklich die Stirn und neigte leicht den Kopf zur Seite. Musterte Jadis eindringlich, die in Kleidungen steckte, die viel zu viel offenbarten. Allerdings war ich nicht in der Position für Besitzansprüche.
Bevor Raja mit noch mehr Höflichkeitsfloskeln um sich warf, räusperte ich mich und er verstummte. Mein Blick war fest auf Jadis gerichtet. > Was verschafft mir die Ehre?<

Jenaya

Neben der Bibliothek war der Garten im Hinterhof mein zweitliebster Platz im Schloss geworden. Dort stand auch ein wunderschöner Brunnen, in dem Maris gerne spielte, selbst wenn sie nun voll ausgewachsen war. Ich erinnerte mich zu gut an ihre kleine, süße, fluffige Gestalt, nachdem ich sie gerufen hatte. Tagelang hatte ich mich ausschließlich um sie gekümmert, mit ihr gespielt, sie verhätschelt... Sie war meine beste Freundin. Meine allerbeste Freundin. Fast Grund genug für Leyla und Tiana eifersüchtig zu werden. Von Kenai hätte ich das sowieso nicht erwarten können. Er wusste ja nicht einmal, was Eifersucht bedeutete. Leider...
Hier und da hatte ich natürlich nette Angebote von hübschen Herren erhalten, aber der Mann, den ich liebte, blieb Kenai. Meine Eltern hatten mir oft genug gesagt, dass ich das lassen sollte, aber Gefühle ließen sich nicht einfach abstellen. Nicht, wenn Kenai ständig in meiner Gesellschaft war. Ich brauchte ihn. Wortwörtlich. In vielen Situationen wäre ich ohne seine Hilfe verrückt geworden. Mit dem dritten Auge war nämlich nicht zu spaßen, auch wenn ich inzwischen sehr gut darin war, diese besondere Gabe zu kontrollieren und zu lenken. Erst letztens hatten Kenai und ich eine Technik erfunden, mit der es mir möglich war, mittels einer gezielten Faust in die Brust, den Geist eines anderen aus dem Körper zu schlagen. Für einige Sekunden. Genug Zeit, damit sich Kenai um den Rest kümmern konnte. Wir nannten diesen Schlag die Astralfaust. Ein äußerst passender Name.
> Tanzt du nachher mit mir auf dem Fest?< fragte ich ihn lächelnd und sah ihn bittend an.
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133

29.11.2018, 22:03

Jadis


Bevor ich durch die geöffnete Tür ging, atmete ich unauffällig tief ein und das schnelle Herzschlagen beruhigte sich langsam. Er war Vergangenheit. Ich hatte damit abgeschlossen. Die einzige Verbindung war jetzt die Politik und zufällig war er der König dieses Reiches, weil sein Vater vor ein paar Jahren gestorben war. Die genauere Todumstände wusste Niemand. Es interessierte mich auch nicht, da es hier keine entscheidende Rolle spielte. Selbstbewusst ging ich weiter durch den Thronsaal und erblickte eine jüngere Version des ehemaligen Königs. Damit konnte ich arbeiten, das würde einfacher machen im selben Raum zu sein. Aber dann entdeckte ich die kleine Merkmale, die nicht von seinem Vater geerbt wurden, sondern wahrscheinlich von seiner Mutter. In einem angemessner Abstand blieb ich stehen. Ich nickte nur leicht mit den Kopf, ein Zeichen des Respektes. Würde ich einen Knicks machen, wäre es nicht nur ein Zeichen des Respektes, sondern auch eine Unterordnung. Und bei Verhandlungen unterordnete ich mich nie. Meine Methode war möglichst auf Augenhöhe zu sein. Demonstrierte mein Gegenüber Macht, dann zeigte ich ihm meine Macht. War mein Gegenüber eher sanftmütig, dann wurde ich weicher. Damit hatte ich die besten Erfolge erzielen können. Und meine direkte Ehrlichkeit. Ich sprach nie um den heißen Brei, sagte was ich wollte und beschönigte nichts. Denn ein Krieg zu führen war nicht schön. Zuerst sprach der Berater, ich nahm an, dass er der königlicher Berater war und erst dann war Ardan wohl gewillt ebenfalls ein paar Sätze zu sprechen. "Ich denke, das liegt klar auf der Hand: Wir sind gekommen, um mit Ihnen einen Bündnis zu schließen. Wir mobilisieren einen großen Kriegsheer aus verbündeten Reiche und streben das gleiche Ziel an: Die Eliminierung der dämonische Bedrohung. Immer mehr Reiche sind gefallen und die Dämonen vernichten alles rückhaltlos. Ihre Dunkelheit beginnt auch die Sonne zu überschatten und wenn es so weiter geht, dann sind wir alle verloren. Auch Ihr Königreich. Egal wie stark ihr Reich sein mag, früher oder später werden sie auch zu euch kommen. Deswegen müssen wir alle uns zusammentun, um gegen diese Bedrohung zu bekämpfen, um unser Völker und Reiche zu beschützen. Ich weiß, dass die Trimagische Allianz sich gerne aus solche Angelegenheiten heraushält, aber irgendwann werdet Ihr auch die Folgen dieses dunklen Krieges spüren. Ich habe nichts anzubieten, außer die mögliche Rettung ihres Volkes vor der allverschlingende Dunkelheit." Mein Vater würde vermutlich von dieser Art von Verhandlungen nicht begeistert sein, aber er war nicht hier und ich machte es auf meine Art. Ich spürte eine kurze, unaufällige Berührung an meinem Rücken. Es war Gilbert. Es war seine Art mir so seine Unterstützung zu zeigen, egal was jetzt geschehen mochte. Fest sah ich in die flammengoldene Augen.

Kenai


Der Garten im Hinterhof war zu einem bevorzugten Ort der Prinzessin geworden, vor allem wurde er oft besucht seitdem ihr Tiergefährten erschienen war. Und ich hatte schnell festgestellt, dass ich nicht ausgetauscht wurde. Dennoch fand ich diese Flusskatze überflüssig. Die erste Zeit war die Prinzessin die ganze Zeit nur mit ihm beschäftigt gewesen. Alles Anderes schien ihr gleichgültig gewesen, selbst das Vorlesen. Damals und auch heute konnte ich mir nicht erklären, warum dieser kleiner Punkt mich gestört hatte. Für mich hatte es doch keinerlei Bedeutung. Jedenfalls würde ich sofort dieses Tierwesen töten, sollte es jemals wagen die Prinzessin zu verletzen. Bis jetzt war es noch nichts passiert, aber ich behielt ihn weiterhin in Auge. Sie stellte mir eine Frage und meine Augen richteten sich auf sie. Sie lächelte. "Ich wurde nicht mit Fähigkeiten des Tanzes ausgestattet", antwortete ich monoton: "Doch wenn Ihr euch das Wünscht, werde ich mich dem fügen." Lavendel. Ich beugte mich schließlich vor und schnupperte an ihrem Hals. Dieses Bedürfnis begann penetrant zu werden. Und jetzt fühlte es sich.....erleichternd an dem nachgegangen zu sein, wie das Entleeren einer volle Blase. Tief atmete ich den Duft ein. In mir wurde es noch wärmer. Lavendel.




Gehe offline, wünsche dir einen schönen Tag :)


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29.11.2018, 22:47

Ruh dich gut aus, Nachti ;)

Ardan

Sie wandte nicht einmal den Blick von mir ab, während sie sprach. Nicht mal für eine einzige Sekunde. Viele Leute vor ihr hatten das nicht geschafft, zu groß war ihre Furcht vor mir und meinen Launen. Doch hier war sie. Jadis. Furchtlos und diplomatisch, wie ich sie mir nie vorgestellt hätte. Sie war tatsächlich zu einer beeindruckenden Frau herangewachsen. Wunderschön noch dazu. Das musste ich leider gestehen.
Aufmerksam hörte ich ihr zu. Was sie sagte, unterschied sich nicht von all den fehlgeschlagenen Versuchen vor ihr. Sie alle glaubten, sie könnten mich mit der bloßen Behauptung, der Krieg würde irgendwann auch mein Volk befallen, ködern. Ein schwacher Versuch. Ich hatte mir insgeheim mehr erhofft, eine Abwechslung.
Raja blickte über seine Schulter zu mir. Ein fragender Ausdruck in seinem Gesicht. Ich seufzte enttäuscht und er verstand sofort. So gern ich Jadis noch länger anschauen, mir ihr neues Erscheinungsbild für immer einprägen wollte, würde ich ihr garantiert keine Sonderbehandlung zukommen lassen. Gefühle hin oder her. Als König hatte ich eine Pflicht gegenüber meinem Volk. Dieses kam an oberster Stelle.
Bevor Raja jedoch ihnen eine Abfuhr erteilen konnte, wurden die schweren Seitentüren geöffnet und eine unerwünschte Person trat ein. Meine Halbschwester. Dieses Biest.
> Es verletzt mich, dass mich niemand über unseren neuesten Besuch informiert hat. Das ist nicht nett, Bruderherz.< säuselte Zaneri. Nicht einmal ihre Stimme ertrug ich.
> Für dich immer noch Mahajal, Zaneri!< zischte ich genervt. Wie so oft wagte sie es, Grenzen zu überschreiten. Angesichts dessen, dass sie gerade mitten in eine Verhandlung hereinplatzte, schien sie nicht im geringsten zu kümmern.
Sie kam die Stufen hinauf, als hätte ich ihr die Erlaubnis dazu erteilt und wandte sich unseren Gästen zu. > Ich kann kaum glauben, wen ich da sehe. Prinzessin Jadis!<
> Zaneri...< warnte ich dunkel. > Spiel nicht mit meiner Geduld.<
Sie winkte unbekümmert ab. >Sei nicht so dramatisch, Mahajal. Deinem Gesichtsausdruck zu urteilen, hättest du sie sowieso wieder weggeschickt, nicht wahr?<
Ich presste die Lippen zu einer dünnen Linie zusammen. Das Feuer in meinen Adern verwandelte sich in Glut. Diese Schlange! Sie war wirklich lebensmüde. Ich würde sie noch umbringen. Irgendwann. Das schwor ich mir.
>Deswegen musste ich schnell herkommen, denn ich finde, dass du den Herondales eine Chance geben solltest. Es ist doch zu schade, wie die Sache damals ausgegangen ist, findest du nicht? Dann wäre es doch angebracht, ihr ein wenig entgegenzukommen.< Letzteres sagte sie mit einer Art Lächeln, welches das einer hinterlistigen Schlange ähnelte. Was führte sie im Schilde? Warum mischte sie sich jetzt auf einmal ein? Und warum musste sie die Vergangenheit erwähnen, wenn wir beide im selben Raum waren?
Zaneri wollte scheinbar ganz dringend sterben. Am besten gleich.
>Da sie dich nicht mit Worten überzeugen konnte, wie wäre es mit Taten?< fuhr meine Halbschwester weiterhin diebisch lächelnd fort. Sie schaute kurz zu den dreien, dann wieder zurück zu mir. Eine flüchtige Berührung und ich wusste, was sie meinte. Was Zaneri mir gerade gezeigt hatte.
Eigentlich wollte ich mich nicht auf ihr Niveau begeben, doch die Aussicht auf einen echten Kampf trieb mir ein schiefes Lächeln ins Gesicht. Herausforderung glänzte in meinen Augen, als ich wieder Jadis ansah.
>So ungern ich das auch zugebe, aber Zaneri hat recht. Diese Rede hat mich null überzeugt. Ich bin mir sehr wohl im Klaren, welche Folgen der Krieg mit sich bringt, aber ist Euch schon mal in den Sinn gekommen, dass ich es vielleicht in Erwägung gezogen habe, mich dem Dunklen Lord anzuschließen? Ignulae ist von keinem anderen Königreich abhängig, ich könnte mich genauso gut der dunklen Seite anschließen. Das macht für mich keinen Unterschied.<
Ich stand zu meiner vollen Größe auf, das schiefe Lächeln verflog nicht. > Aber... Ich wäre gewillt, Euch eine Chance zu geben. Wenn Euch so viel daran liegt, mich auf die gute Seite zu ziehen, will ich prüfen, ob es das wert ist.<
Mein Blick fiel nun auf Gilbert. Das Blondchen des Trios. >Gewinne in einem Duell gegen mich, dann sitzt die Trimagische Allianz in eurem Boot. Und damit es fair ist, benutzen wir keine Magie, sondern einfache Schwerter.<

Jenaya

Ich könnte eine Ewigkeit damit verbringen, Kenai in die bernsteinfarbenen Augen zu blicken. Sie waren fesselnd gar hypnotisierend. Es fiel mir schwer, mich nicht darin zu verlieren und mich dabei zu fragen, wofür all die Splitter standen. Ob sie fester Bestandteil seines Seins waren. Dennoch machten sie ihn zu etwas Besonderem. Mein besonderer Kenai.
>Hm, dann bringe ich dir einige Schritte bei, um eine mögliche Blamage zu vermeiden.< entschied ich und riss gleichzeitig die Augen auf, als er sich plötzlich vorbeugte und an meinem Hals zu schnuppern begann. Das passierte zwar nicht zum ersten Mal, aber er tat es immer dann, wenn ich am wenigsten damit rechnete. Dieser Mann trieb mich in den Wahnsinn!
Röte kroch augenblicklich in meine Wangen. Ich senkte verlegen den Blick und fragte mich zum wiederholten Male, ob er es tat, weil ich mittlerweile etwas Vertrautes in ihm weckte. Möglich war es, oder nicht? So wie ich seinen Geruch liebte, müsste er meinen auch mögen, oder? Mein Herz machte einen holprigen Satz. Es war hoffnungslos verloren.
Ich strich mir eine Strähne hinters Ohr und räusperte mich. > Nun denn, ich werde dir jetzt ein paar Schritte zeigen, die einfach zu merken sind. Sie gehören zu meinem Lieblingsmusikstück, das jedes Mal gegen Ende gespielt wird.< Ich lächelte ihn wieder an. > Bereit?<
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30.11.2018, 07:12

Jadis


Er war nicht überzeugt von der Rede, aber das war noch kein Grund jetzt aufzugeben. Solche Personen wie er kannte ich mittlerweile zu Genüge. Sie fühlten sich meistens über Allen erhaben und waren oft arrogant. Für sie hatte ich dann eine besondere Verhandlungstechnik ausgeklügelt, solche Personen mussten direkt mit Worten angegriffen werden. Worte konnten zu einer Waffe werden, wenn man sie geschickt schmiedete. Das hatte ich damals lernen müssen. Ausgerechnet von den Mann, der gelangweilt auf dem Thron saß. Dieser Mann widerte mich an, ich war damals ganz schön blind gewesen, um nicht sein wahre Fassade gesehen zu haben. Aber für den den Kampf gegen die Dunkelheit tat ich alles. Nur Einiges nicht. Ich würde erstens niemals einen Bündnis abschließen, der beinhaltete, dass der Andere kostbare Güter bekam oder eine Machterweiterung. Solche Leute konnte ich nicht gebrauchen.Sie besaßen nicht genügend das Kampffeuer in ihrem Herzen, das ich brauchte. Verbündeten, denen das Wohl ihres Volkes und Reiches wichtig waren, waren viel wertvoller. Sie waren zum Allem bereit, würden gar ihr letzten Atemzug opfern. Sie würden niemals sich feige zurückziehen, wenn die Situation ernst wurde. Aber auch die andere Art von Leute versuchte ich zu überzeugen, wir konnten jeden Menschen gebrauchen. Das war ein Fakt. Mein Mund öffnete sich, bereit für eine Erwiderung. Doch dann öffnete sich eine Tür und erschien eine Frau, die ich sofort erkannte: Seine jüngere Schwester. Schon damals besaß sie eine hinterlistigen Blick und ich hatte auf diesen Hinweis reagieren sollen, aber das dumme Mädchen von damals glaubte an die Worte von Ardan. Jedoch schien er auch mit seinem wahren Gesicht sie nicht sonderlich zu mögen. "Prinzessin Zeneri", antwortete ich trocken zur Begrüßung. Dann zog mein Augenbraue sich leicht hoch, als sie ihrem Bruder überzeugen wollte, mir eine Chance zu geben. Sofort roch ich die faulen Eier. Und schon hatte ich sie gefunden. Ich zuckte keine einzige Miene, als sie auf die Vergangenheit ansprach. Ich wusste nicht wie viel sie von der Auseinandersetzung wusste, aber ich würde jetzt nichts preisgeben. Vergangenheit war Vergangenheit. Jetzt war Gegenwart und ich musste meine Ziele verfolgen. Mein Blick wurde eisig, als ich merkte, wohin die Gespräche führte und das arrogantes Grinsen von Ardan stieß mich ab. Seine Bemerkung, er würde einfach sich auf die dunkle Seite schlagen, sollte es soweit kommt, überraschte mich kaum. Er war nicht der Erste mit eine solche Behauptung. Zeit für eine Kampfansage. "Wir sind nicht für einen solchen albernden Unsinn gekommen, das ist erb....", eine Berührung an meiner Schulter ließ mich innehalten. Ich warf einen Blick zu Gilbert, zog fragend ein Augenbraue hoch. "Es ist in Ordnung", sagte er mir leise: "Das ist vielleicht die einzige Chance, wo ich es ihm heimzahlen kann." Sofort wusste ich, was er meinte. Er fühlte sich immer noch schuldig, dass er damals mich nicht vor ihn beschützen konnte und wollte sich für den Verrat rächen. Leise seufzte ich, ich hatte ihn nie überzeugen können, dass es überhaupt nicht seine Schuld war. "Na gut", antwortete ich: "Mache ihn fertig." Ich drehte mein Gesicht wieder zu Ardan um: "Wir gehen auf eure Forderungen ein und wenn Gilbert gewinnt, keine weitere Spielchen mehr. Für sowas habe ich keine Zeit. Ihr werdet sofort den Vertrag unterschreiben." Gilbert trat vor, seine Miene ernst und glühender Blick, sein Kampfgeist war jetzt geweckt. Er war einer der besten Kämpfer in unserem Reich geworden, besonders auf Schwertkunst verstand sich und seine magische Kraft war ebenfalls beachtlich. Doch jetzt würde nur sein Schwert sprechen. Ich mochte diesen kämpferischen Ausdruck in Gilberts Gesicht, er sah dabei sehr männlich aus und das machte mich zugegeben schwach.

Kenai


Ich hatte oft festgestellt, dass die Farben ihrer Wangen sich veränderte, wenn ich dieses Bedürfnis nicht standhalten konnte. Die Wangen wurden dann rot, sobald ich an ihrem Hals schnupperte. Aber sie schien in keinem plötzlichen Fieberanfall zu fallen oder Dergleichen. Meistens sah sie dann auch noch weg. Dieses Verhalten war, was ich an ihr nicht enträtseln konnte. "Wie ihr wollt", antwortete ich und richtete mich wieder auf. Dann sah ich sie ohne eine Miene an: "Ich bin für Euch immer bereit, Prinzessin." Bei meiner Lebensaufgabe musste ich das sein. Immer bereit sein. Selbst wenn das jetzt hieß sich Tanzschritte merken zu müssen, weil die Prinzessin es sich wünschte mit mir zu tanzen. Für mich war Tanzen eine überflüssige Beschäftigung, ich verstand nicht warum die Menschen sich zu der Musik bewegen wollten. Das machte keinen Sinn und schien auch nichts zu bringen. Ich hatte da nur bemerkt, dass die Menschen scheinbar mehr lachten und weniger wachsam wirkten. Das war dann weniger produktiv, die Wachsamkeit sollte man nie nachlassen.


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30.11.2018, 08:26

Ardan

Oh, was sah ich denn da? Kampfgeist? In Jadis' Augen? Sie war also zu einer Kämpferin geworden. Interessant. Anstatt auf mein Angebot einzugehen, schlug sie zurück. Alberner Unsinn? Hatte sie "erbärmlich" sagen wollen? Ja, sie hatte nicht vergessen, was damals passiert war. Ich auch nicht. Noch heute suchten mich diese Erinnerungen heim, raubten mir den Schlaf. Aber ich lernte damit zu leben. Tag für Tag. Bis in alle Ewigkeit.
Jadis kam jedoch nicht dazu, ihren Satz zu beenden. Gilbert schaltete sich dazu. Ich hörte nicht, was er ihr ins Ohr flüsterte, aber anhand des Feuers in seinem Blick erkannte ich, dass er mit mir kämpfen wollte. So ganz unter Männern war mir sehr wohl klar, was er damit bezwecken wollte. Er wollte Rache. Er wollte mich für den Schmerz, den ich Jadis zugefügt hatte, bluten lassen. Wäre ich an seiner Stelle, würde ich dasselbe tun.
Ich schaute zu Raja, meinem Berater, der langsam den Kopf schüttelte und mit den Augen rollte. Ja, mir war bewusst, dass das nicht sehr königlich von mir war, aber zu sehen, wie nahe sich Gilbert und Jadis nun standen, reizte mich bis aufs Blut. So widersprüchlich das auch war, ich hatte mir immer gewünscht, Jadis könnte über den Schmerz hinwegkommen und ihr Glück finden. Das hatte sie und was tat ich? Ihren Geliebten herausfordern... Schien wohl der Einfluss von Zaneri zu sein. Oder das böse Blut, das durch meine Adern floss und ein Teil von mir war.
> Nun gut, dann folgt mir nach draußen. Dieser Saal ist nicht für Kämpfe geeignet. Wir haben dafür ein geeignetes Feld im Hinterhof.< verkündete ich und das schiefe Lächeln verschwand. Kämpfe jeder Art nahm ich ernst. Auch wenn ich bei diesem hier klar im Vorteil war. Das konnten unsere Gäste aber nicht wissen.
Wir verließen den Saal durch die Seitentür, durch die Zaneri ungebeten hereingekommen war und gingen den langen, von Feuersteinen gelegten Flur entlang. Wärme umgab uns. Die Wärme des Vulkans und der Sonne, in die wir eine Weile später traten. Ein Feld aus glattem Stein, in dem Überreste vieler Kämpfe aus der Vergangenheit zu sehen waren. Hier war viel Blut geflossen, mitunter mein Blut.
Ich ging ans andere Ende des Feldes und löste die Tunika von meinem Oberkörper. Schicht für Schicht landete auf dem Boden, bis auf die lange Hose natürlich. Die schweren Stiefel waren auch nicht nötig. Ich fürchtete keine Schnitte, keine tiefen Wunden. Körperlicher Schmerz war schon längst kein Feind mehr, ich ertrug alles. Kurz schloss ich die Augen, badete im grellen Sonnenlicht und drehte mich zu meinem Gegner um. Gilbert... Mal sehen, wie gut er sich weiterentwickelt hatte. Seiner Statur zu urteilen, hatte er definitiv an Stärke gewonnen. Geschick. Strategisches Denken. Ich würde ihn nicht unterschätzen, zumal er immer noch Jadis' Leibwächter war. Nichtsdestotrotz sah ich ihn nicht als ernstzunehmende Gefahr an. Nur ein Spiel. Das hier war nur ein Spiel.
Raja schritt in die Mitte des Feldes und warf uns zwei identische Schwerter zu. Echte Schwerter, keine aus Holz, wir waren immerhin erwachsene Männer. >Derjenige, der einen tödlichen Treffer landet, gewinnt. Es gibt keine Regeln. Einzig und allein Magie ist verboten.<
Ich schwang das Schwert einige Male in der Hand, bekam ein Gefühl für das Gewicht und schaute zu Gilbert rüber. Das schiefe Lächeln auf meinen Lippen kehrte zurück. >Bitte enttäusch mich nicht, ich hatte schon lange keinen guten Kampf mehr gehabt.<

Jenaya

Ja, das war er. Stets bereit. Das wusste ich zu schätzen. Jeden Tag aufs Neue. Auch wenn er schon seit meiner frühen Jugend Teil meines Lebens war, nahm ich ihn nicht für selbstverständlich. Es gab Momente, da fürchtete ich, ich könnte aufwachen und ihn nicht mehr vor meiner Tür vorfinden. Ihn nie wieder sehen. Dieser Gedanke schmerzte, er nahm mir oftmals die Luft.
Darum konzentrierte ich mich aufs Hier und Jetzt, auf die Berührung unserer Hände, auf die Schritte, die ich ihm beibringen musste. Es war ein einfaches, langsames Stück. Nichts Aufwendiges. Bislang hatte ich ihn nie um einen Tanz gebeten, doch in letzter Zeit wuchs das Bedürfnis, ihm noch mehr Menschlichkeit zu lehren. Ihn in die Gesellschaft zu integrieren, weil es noch Leute gab, die ihm nicht über den Weg trauten. Weil er anders war. Weil sie ihn insgeheim fürchteten. Ich wollte das nicht für ihn. Ich wollte, dass man ihn akzeptierte. Dass sie mehr in ihm sahen, als nur eine lebendige Waffe, auch wenn er derselben Meinung war.
>Folge meinen Schritten, hör auf den Takt.< wies ich ihn an, während ich leise die Melodie summte. Ich mochte das Lied, es war sanft wie das Plätschern einer reinen Quelle. Als würde man auf Wasser tanzen.
Für mich existierten gerade nur Kenai und ich.
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30.11.2018, 17:18

Jadis


Wir folgten ihm nach draußen und unauffällig prägte ich mir genau die fremde Umgebung. Ich war nicht mehr naiv, um zu glauben, dass Verhandlungen immer friedlich abliefen. Manchmal konnten sie so ausarten, dass man gezwungen war sich zurückzuziehen und einen Fluchtweg zu finden, um einen großen Schaden zu vermeiden. Und ich war in ein paar Kämpfe gewesen. An sie erinnerte ich mich nicht gerne. Es war blutig gewesen. Es war brutal gewesen. Es hatte mich beinahe innerlich in Stücke zerrissen. Und doch wollte ich kämpfen, um die Menschen zu beschützen. Ich wollte handeln und nicht mit Worte der Aufmunterung um mich werfen. Das hatte mich stark gemacht, mich befähigt die schwere Last tragen und den schlimmsten Bilder entgegen treten zu können. Wir waren durch eine Seitentür gegangen, durch die die hinterlistige Prinzessin erschienen war. Wir kamen auf einem Hinterhof, wovon Ardan gesprochen hatte. Die Sonne schlug uns mit ihrer Hitze entgegen und ließ die Luft trocken werden. Man atmete pure Wärme ein, kein Wind wehte hier. Die Luft stand still. Der Hinterhof entpuppte sich als ein Feld und wirkte abgenutzt. War da auf dem Boden getrocknetes Blut? Ich runzelte die Stirn. Das gefiel mir nicht. Wir blieben stehen, während Ardan auf die andere Seite ging und sich einfach bis auf die Hose auszog. Meine Kehle wurde trocken und mein Herz schlug verräterisch einen Takt zu schnell. Er war definitiv zu einem Mann gereift und die feste Muskeln sprachen von harter Training. Dann entdeckte ich den Drachen auf seinem Rücken und widerwillig musste ich feststellen, dass es faszinierend wirkte. Durfte ein Mistkerl ein charismatisches Aussehen besitzen? Sollten sie nicht abstoßend aussehen, wie ihr Charakter? Aber solche Mistkerle wie Ardan waren wohl die größten Mistkerle. Ich musste mich regelrecht zwingen nicht verlegen wegzuschauen. Er war nicht der erste Mann, den ich entblößt sah. Und ich hatte einen viel entblößteren Mann gesehen. "Muss ich mich etwa auch ausziehen?", raunte Gilbert zweifelnd. "Nein, er ist nur ein Angeber", meldete sich Inej zu Wort und fügte hinzu: "Lege aber den Umhang ab, es ist ziemlich warm und das kann deine Reaktionen sonst verzögern." Der Berater meldete sich zur Wort und mein Kopf schellte in seine Richtung. Was? Tödlicher Treffer? Keine Regeln bis auf die Nichtanwendung der Magie? Mein Körper spannte sich an. "Ein schmutziger Kampfduell also, diese Schlangen", knurrte meine beste Freundin. Normalerweise gab es fairer Kampfduelle bei solche Sachen. Aber hier scheinbar nicht. "Ich werde trotzdem antreten", sagte Gilbert. "Dann solltest du die Chance nutzen und ihn kastrieren", klopfte Inej auf seinem Rücken. Wahrscheinlich hätte sie es am Liebsten selbst getan. Sie kannte die Geschichte. Und sie war eine Frau, die nicht schnell vergab. Sie konnte sehr unheimlich werden, also sollte man sich zweimal überlegen, ob man mit ihr anlegen wollte. Bevor Gilbert auf das Feld ging, hielt ich ihn am Arm auf und blickte tief in seine Augen, sagte leise: "Ich glaube an dich, Gilbert Lowell. Du bist mein Sonnenkrieger." "Und du meine Prinzessin", erwiderte er meinen Blick und dann ging er auf das Feld: "Ich bin bereit." "Das ist schon zu viel romantisches Drama", bemerkte Inej leise, die natürlich unser Geflüster gehört hatte, da sie direkt neben uns gestanden hatte und ich boxte kurz mit den Ellenbogen in ihre Seite. Sie hatte natürlich unsere geheime Beziehung herausgefunden. Es war schwer vor ihr etwas zu verheimlichen. Sie war eine Frau, die nicht an Beziehungen interessiert war, eher pflegte sie lockere Affären. Ihr war die Männer für Beziehungen zu anstrengend und kompliziert.

Kenai


Sie legte meine Hände an ihrem Körper, eine Hand lag mittig auf dem Rücken und die andere Hand umschloss ihre Hand. Mir war nicht aufgefallen wie klein sie war, sie verschwand regelrecht in meiner Hand. Mein fester Griff lockerte sich. Die zweite Hand von ihr lag ruhig auf meiner Schulter. Der Abstand zwischen uns verringerte sich durch die Position. Die Prinzessin erklärte kurz die Grundschritte dieses Tanzes und dann begann sie auch schon zu summen. Ich sollte ihre Schritte folgen. Auf den Takt hören. Da wusste ich nicht, was sie damit meinte. Also tat ich das, was ich tun musste. Ihre Schritte folgen. Es waren Bewegungen. Und ich war befähigt Bewegungen schnell zu erlernen. Auch wenn es in diesem Fall sich nicht um einen neuen Kampfstil handelte. Aber nach wenige Sekunden kannten meine Füße die Bewegungen. Aber sie schienen sich scheinbar nicht richtig zu der summende Musik zu bewegen, da die Prinzessin hin und wieder mich daran erinnerte auf den Takt zu achten. Also begann ich stumm ihre Schritte zu zählen und merkte mir jedes Zahl und das dazugehörige Tempo, es war ein Langsames. Wenn diese summende Musik anfing, fingen wir also bei den ersten Schritt an. Ich begann automatisch die Schritte zu folgen, während in meinem Kopf gezählt wurde.


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30.11.2018, 17:46

Ardan


Zaneri hatte also richtig gelegen. Sie hatte gleich erkannt, dass zwischen Gilbert und Jadis etwas lief und nun zeigten sie das deutlich genug. Zu deutlich für meinen Geschmack. Wie sie sich ansahen, sich kurz berührten... Das war eigentlich mein Platz. Es hätte mein Platz sein sollen. Alles hätte anders sein müssen und doch stand ich jetzt hier, bereit Gilbert zu bekämpfen.
Normalerweise bevorzugte ich Musik zu einem Duell, so als Unterhaltung, aber da meine Entscheidung spontan gewesen war, musste ich auf den Klang von wilden Trommeln verzichten. Vielleicht ein anderes Mal, falls es ein nächstes Mal gab. Man wusste nie...
Mein Blick schweifte zum Rand des Feldes, wo Jadis, ihre Begleiterin, Zaneri und Raja standen. Raja wartete auf mein Zeichen. Ich nickte, erteilte ihm die Erlaubnis, das Duell zu eröffnen und wandte mich daraufhin meinem Gegner zu, wechselte in den Kampfmodus. Wachsam, angespannt und beweglich zugleich. In einem Duell mit Schwertern war es besonders wichtig, den eigenen Körper bis zum kleinsten Muskel zu kennen. Wie viel Gewicht man wo verlagern konnte, woher die Kraft für einen starken Schwung kam. Es ähnelte einem Tanz, daher die Musik, nach der ich oftmals verlangte. Ihr Takt verlieh dem Ganzen etwas "Spaß".
Nach Spaß sah dieser Kampf allerdings nicht aus. Wenn Gilberts Blicke töten könnten und ich nicht verflucht wäre, läge ich schon längst am Boden. Tot. Er hatte es wirklich darauf abgesehen, mir Schaden zuzufügen. Mutig, der Kerl war eindeutig mutig. Niemand mit gesundem Menschenverstand traute sich, mir gegenüberzutreten und so viel Verachtung aufzubringen, ohne den geringsten Hauch von Ehrfurcht zu zeigen. Das bereitete mir erst recht Vergnügen.
Ein Spiel. Ich spielte ein Spiel, das Zaneri begonnen hatte. Das war in der Tat erbärmlich.
Als Raja mit einer einfachen Handbewegung den Kampf eröffnete, wartete ich nicht geduldig darauf, dass der Gast den ersten Schritt machte. Das blieb Kindern vorbehalten, jedoch nicht einem Herrscher wie mir. Angriff war die beste Verteidigung. Ich schnellte nach vorne, Schwert zur Seite, meinen Gegner dabei analysierend. Gilbert reagierte zurselben Zeit. Er schien über gute Reflexe zu verfügen. Unsere Klingen trafen sich in der Mitte, erzeugten ein Summen, das in mir widerhallte. Kraft, er besaß zudem viel Kraft. Das hatte ich erwartet. Schwertkämpfer seines Ranges waren für Duelle wie diese geschmiedet worden. Aber wie sah es mit Schwertkünsten anderer Völker aus? Wie viel Erfahrung besaß er wirklich?
Ich testete ihn. Ich wechselte ständig die Haltung, parierte Hiebe, setzte hier und da meine Faust ein, wechselte sogar die Hand, denn für mich spielte es keine Rolle, ob mein Schwert links oder rechts lag. Beide Seiten funktionierten einwandfrei, genauso Gilberts Verteidigung. Hervorragend! Ich spürte so etwas wie Zufriedenheit in mir, als er mich ein Weilchen später an der Schulter streifte und die Klinge meine Haut spaltete. Blut quoll hervor. Warmes Blut.
Meine Augen leuchteten auf. Ich fand langsam Gefallen daran. Nährte mich an der Verachtung, dem Hass in den Augen meines Gegners. Er hielt sich kein bisschen zurück, sondern zeigte mir sein Können, zeigte mir, wie sehr er mir schaden wollte. Wie sehr ich für das büßen musste, was ich Jadis damals angetan hatte. Doch wie so oft verlor ich das Interesse an Spielchen wie diese, weil mir wieder bewusst wurde, wie sinnlos das im Endeffekt war. Im Gegensatz zu ihm hatte ich auf die ein oder andere Technik verzichtet, einfach um ihn nicht schlimm zu verwunden. Das lag nicht in meinem Sinn. Nicht wirklich.
Erst als sich die ersten Schweißtropfen auf Gilberts Stirn sammelten und die Sonne stark auf meinen nackten Rücken brannte, beschloss ich das Ganze zu beenden. Auf meine Art. Ich trieb ihn einige Schritte zurück, hämmerte auf ihn ein wie ein wilder Dämon. Ließ ihm keine Zeit zum Atmen, zum Nachddenken. Jetzt zählte nur der Instinkt.
Er hielt mir stand. Er gab sein Bestes und ich verspürte ein klein wenig Respekt für ihn. Dennoch ließ ich es mir nicht entgehen, in sein überraschtes Gesicht zu blicken, als sich plötzlich sein Schwert gänzlich unterhalb meiner Leber grub und an meinem Rücken wieder austrat. Zur Überraschung mischte sich Schock. Ich wusste, was ihm gerade durch den Kopf ging.
Habe ich gerade wirklich einen König mit einem einfachen Schwert durchbohrt? Wird er verbluten, wenn ich das Schwert jetzt rausziehe? Was wird aus dem Bündnis? Bin ich zu weit gegangen?
Ich beschloss ihn von diesen sehr unterhaltsamen Gedankengängen zu befreien, indem ich ihm grinsend auf die Schulter klopfte. >Weißt du, was der gewaltige Unterschied zwischen uns beiden ist?< Ich hob meine Schwerthand und legte die Klinge an seine Kehle, nah genug, dass ich fast die zarte Haut durchtrennen konnte. Und alles, was darunter lag. >Du wurdest zum loyalen Soldaten gemacht. Ich hingegen wurde zum König geboren.<
Er ließ sofort das Schwert los, als ich einen Schritt zurücktrat und es mir selbst rauszog. Blut spritzte auf den Boden, rote Farbe, die das aschefarbene Gestein benetzte. Die Wunde schloss sich umgehend, so als wäre nichts passiert. Ich warf beide Schwerter zur Seite. Das Duell war vorüber.
Gleichgültig zuckte ich mit den Schultern. >Von Anfang an hattest du keine Chance gegen mich, aber ich wollte dir die Möglichkeit geben, etwas Dampf abzulassen. Ich hatte meinen Spaß, du deine Rache. Man könnte fast meinen, das wäre nett von mir gewesen.<
Ich hörte, wie Raja sich gegen die Stirn klatschte und schwer seufzte. >Mahajal...<
>Ich habe nicht vor eurer zum Scheitern verurteilten Allianz beizutreten. So wie die Dinge gerade stehen und so wie ihr gerade verzweifelt nach Verbündeten sucht, klingt das nach einem Los, das ich bestimmt nicht ziehen werde. Aber...<
Mein Fokus richtete sich auf Jadis. >Ich möchte gern wissen, was Euch vorschwebt? Wie um alles in der Welt habt ihr vor, die Elite des Dunklen Lords auszuschalten? Und was glaubt Ihr, wie der Dunkle Lord überhaupt besiegt werden kann?<

Jenaya

Anfangs schien Kenai seine Schwierigkeiten mit dem Takt zu haben, aber allmählich wurde er besser darin, sich im richtigen Moment zu bewegen. Er lernte schnell. Er war eben ein schneller Lerner, selbstverständlich in Angelegenheiten, wo keine Emotionen eine Rolle spielten. Dies war ein Feld, das ihm völlig unbekannt war. Neuland. Tanzen gehörte nicht dazu. Tanzen konnte man auch ohne Gefühle erlernen, jedoch machte es den Tanz zu etwas Besonderem, wenn Gefühle mit dabei waren. In diesem Fall fühlte ich für uns beide. Ich fühlte genug für Kenai, dass es für uns beide reichte.
Mit einem zufriedenen Lächeln tanzten wir weiter in großen Kreisen, achteten darauf, nicht über irgendwelche Blumenbeete zu stolpern und hörten schließlich nahe des Brunnens auf. Ich trat einen Schritt zurück und vermisste sogleich die Nähe seines Körpers. Ich war süchtig danach.
> Das war sehr gut, jetzt beherrscht du die Schritte und den Takt. Nachher kann nichts falsch laufen.< Erfreut hakte ich mich wieder bei ihm unter und schmiegte mich an seine Seite. Tja, meine Selbstbeherrschung dauerte nur einige Sekunden lang an, dann klebte ich schon wieder an ihm. Wer auch immer uns sah, sollte ruhig wissen, dass Kenai tabu war. Er gehörte zu mir. Mir, mir, nur mir.
Manchmal war ich über meinen eigenen Egoismus schockiert... Manchmal.
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139

30.11.2018, 18:24

Jadis


Meine Muskeln waren zum Zerreißen angespannt, als der Berater den Start für den Kampf gab. Ardan griff Gilbert sogleich an, aber das brachte Gilbert nicht aus den Konzept. Er war auf viele Kämpfe gewesen. Hatte viele Erfahrungen gewonnen. Und wurde von den besten Schwertkämpfer Aradons gelehrt, nämlich von seinem Vater. Die ersten Blutspritzer tropften auf dem steinender Boden. Mein Körper spannte sich noch mehr an, aber meine Miene blieb regungslos. Ich hatte das Gefühl, dass die Prinzessin Zaneri auf eine Reaktion von mir wartete. Und darauf konnte sie lange warten. In dem Kampf wurde nichts geschenkt und ich musste eingestehen, dass Ardan sich auf das Kämpfen verstand. Die Gerüchte über ihn mussten demnach stimmen. Er kämpfte schonungslos. Die Hitze wurde zu einem weiteren Gegner, obwohl ich nicht kämpfte, spürte ich die Schweißperlen in meinem Nacken. Dann sog ich scharf die Luft ein, als Gilberts Schwert durch den Körper von Ardan drang. Innerlich erstarrte ich, sein Name steckte in meiner Kehle und meine Pupillen weiteten sich ein Stück vor Schreck. Aber Ardan grinste bloß, als würde kein Schwert in seinem Körper stecken und klopfte auf Gilberts Schulter. Er zog das Schwert selbst aus seinem Körper und mehr Blut benetzte den Boden. Es wurde zu eine kleine Pfütze. Dann schloss sich die Wunde. Einfach so. Ich blinzelte. Was war das? Seine wahre Kraft? Der Grund, warum er viele Schlachten gewinnen konnte? Der Schreck verschwand, als er wieder arrogant auftrat und mein Blick war kühl, als seine Augen auf mich richtete. "Auch ein dunkler Lord hat seine Schwachpunkte, sie sind nur knifflig versteckt. Ihr seid die letzte Station der Bündnisverträge, danach mache ich mich mit ein paar Auserwählten auf die Suche nach magische Relikte. Relikte, die in Geschichten geschrieben sind und von eine uralte Macht gesprochen wird. Sie existieren, ich weiß es und sie sind die Waffen, die wir gegen den dunklen Lord brauchen. Es wird schwer sein sie zu finden, aber ich werde sie finden, koste was es wolle." In meine Augen loderte der Kampfgeist: "Also entscheidet Euch jetzt, dann ist die Sache klar und ich kann mit meiner Truppe morgen Abend abreisen. Ich habe keine Lust meine Zeit unnötig hier zu verschwenden. Ich brauche keine Leute, die keinen echten Kampfwillen besitzen und denen die Welt egal ist."

Kenai


Irgendwann beendete die Prinzessin den Tanz, indem sie aufhörte zu summen und sich von mir löste. Sie lobte mich und schien darüber erfreut zu sein, dass ich diese Schritte gelernt hatte, die meiner Meinung nach immer noch nützlich war. Aber das sagte ich nicht. Erneuert hakte die Prinzessin sich bei mir ein, ihr Körper schmiegte sich an mich. Er war weich. Erinnerte mich an das Kissen, auf dem mein Kopf nachts immer lag. Ich blickte zu ihr hinunter. Im Sonnenlicht schimmerte das weiße Haar beinahe silbern. Ich verstand nicht, warum sie unbedingt mit mir tanzen wollte. Mir war nicht entgangen, dass sie ausreichend männliche Angebote erhielt und Diese würden sich wahrscheinlich auch als Tanzpartner zur Verfügung stellen. Ich spürte ein kleines Stechen in dem Brustkorb. Aber er war so schnell vorüber, sodass ich es nicht ernst nahm. Tief atmete ich ein. Lavendel. Jetzt spürte ich wieder die Wärme.


140

30.11.2018, 18:52

Ardan

Relikte, soso. Kein schlechter Gedanke. Wenn sie wüsste, dass ich bereits in Zeiten als Ascheprinz nach besonderen Gegenständen gesucht und hier auf der Insel sicher verwahrt hatte... Aber nein, das würde ich ihr nicht verraten. Sie war mir gerade einfach zu frech und mein Geduldsfaden war nicht für seine Stärke bekannt.
Dunkel blickte ich sie an und verschränkte die Arme vor der Brust. >Wer auch immer Euch das Verhandeln beigebracht hat, hat kläglich versagt. Ich hoffe, ich muss Euch nicht daran erinnern, dass vor Euch ein König steht und Ihr eine Prinzessin seid, also seid vorsichtig, mit welchen Worten Ihr um euch schmeißt.< Die Luft um uns herum wurde merklich wärmer, aber das spürte ich kaum. Ich war an unerträgliche Hitze gewöhnt.
Raja trat einen Schritt vor und hob beschwichtigend die Hände. >Vielleicht sollten wir Thales und Azuria in diese Diskussion mit einbeziehen.<
Mein Blick schoss zu ihm. >Wie bitte?<
>Der Mahajal hat recht.< mischte sich auch noch Zaneri ein. Ihr selbstgefälliges Lächeln gefiel mir nicht. >Jemandem fehlt es an Manieren, aber das ist nicht wirklich überraschend.< Ein direkter Hieb für Jadis. Zaneri sollte verdammt nochmal den Mund halten. Das war nicht ihre Angelegenheit. >Dennoch... Wie wäre es, wenn wir das Volk entscheiden lassen? Ich meine, uns ist es echt egal, ob wir auf der angeblich guten oder schlechten Seite stehen, aber wir sollten dennoch langsam eine klare Position beziehen. Oder nicht?<
>Das hast nicht du zu entscheiden, Zaneri, sondern ich.< knurrte ich verstimmt. >Ich weiß, was gut für mein Volk ist.<
>Wenn du meinst...< Sie ließ den Satz bedeutungsvoll in der Luft schweben. Ich hasste das abgrundtief. Kurz sah ich zu Raja, der mir unmissverständlich klarmachte, dass ich weniger fühlen, sondern denken sollte. Einfacher gesagt als getan, wenn man sich in Gesellschaft der Frau befand, für die man noch viele Jahre später Gefühle hegte.
>Drei Tage. Ich gebe Euch drei Tage in meinem Königreich, mein Volk davon zu überzeugen, dass wir uns Eurer Allianz anschließen sollten. Wenn die Volksvertreter mehrheitlich zustimmen, beuge ich mich ihrem Urteil.<

Jenaya

Da wir genug Zeit vertrödelt hatten und uns reichlich Gäste erwarteten, zog ich Kenai sanft mit mir Richtung Tanzsaal. Die Musik war bis nach draußen zu hören. Sogar Gelächter und heitere Gespräche. Unser Sieg hatte vielen Menschen Hoffnungen gemacht, selbst mir. Die Truppen des Dunklen Lords waren weiterhin auf dem Vormarsch, aber wir hatten vielen Leuten das Leben gerettet und sie mit allem ausgestattet, was sie in Zeiten wie diesen dringend benötigten. Wir gaben nicht auf. Würden es nicht. Bis zum bitteren Ende würden wir für die Schwachen einstehen, sie beschützen. Das war unsere Aufgabe.
Vor den geflügelten Türen löste ich mich von Kenai, damit ich vor ihm eintreten konnte. Als Prinzessin musste ich auch wie eine auftreten, wenn ich einen Saal voller Gäste betraf. Ich machte einen kleinen, höflichen Knicks und wurde sogleich von meinen besten Freundinnen in Empfang genommen.
> Wieso überrascht es mich nicht, dass du allein mit Kenai warst?< stichelte Tiana grinsend. Ihr lockiges, braunes Haar umschmeichelte ihr rundliches Gesicht. Sie sah wunderschön aus.
Genauso Leyla mit ihrem kurzen Haarschnitt. >Die Törtchen warten auf dich.<
Mein Stichwort, dachte ich innerlich lachend. Ich hatte eine Schwäche für Törtchen.
Zeitmenschdoku: https://www.youtube.com/@zeitmenschdoku2678
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