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30.11.2018, 19:51

Jadis


Ich wusste, dass ich gerade nicht gut in Form war. Normalerweise konnte ich es besser. Aber in diesem Fall musste ich mit einem Mann verhandeln, der damals mir das Herz gebrochen hatte. Und es wurmte mich, dass immer noch ein kleines Stück dieser Vergangenheit in meinem Brustkorb herumwühlte. Vergangenheit war Vergangenheit, ich lebte in der Gegenwart und kämpfte für die Zukunft. Das war mein Motto. Tief atmete ich ein, Hitze brannte in meiner Kehle. Mein Blick wurde noch kühler, als Ardan auf unseren "Status" hinwies. Er konnte von mir keinen Respekt erwarten, wenn ich nicht selbst respektiert wurde. Außerdem war es kleinlich auf sowas hinzuweisen, es bedeutete bloß, dass er Macht demonstrieren wollte und solche Menschen mochte ich nicht. Der Berater sagte zwei Namen und scheinbar gefiel es Ardan nicht. Und jetzt mischte sich auch noch die Prinzessin Zaneri ein. Ich wusste, dass der Hieb mir galt. Aber es traf mich nicht. So schnell konnte man mir nicht mehr den Wind nehmen. Mittlerweile stand Gilbert wieder hinter mir wie eine schützende Mauer und Inej war direkt neben mir mit eine finstere Miene. Ich folgte den Gespräche der beiden Geschwister. Klare Position beziehen? Es war ihnen egal auf welche Seite sie standen? Traurig. Das war einfach nur traurig. Ich zog ein Augenbraue hoch, als Ardan eine neue Bedienung aufstellte. Was für ein Spiel spielte er? Ich hatte dafür keine Zeit. Die Zukunft war in Gefahr und ich musste noch Einiges tun. Aber ich dachte an Vater, an den Erfolg, der mir noch mehr Freiheiten ermöglichen könnte. "Na gut. 3 Tage und nicht mehr. Egal welcher Ergebnis sich daraus ergibt", fällte ich die Entscheidung und dann sah ich die Prinzessin Zaneri an: "Ich hoffe Ihr kennt mittlerweile den Respekt vor Privatsphäre, ich möchte nicht bei meinem Toilettengang überrascht werden." Seitenhieb zurück. Es war rausgekommen, dass sie damals rum geschnüffelt hatte und sich in Räume aufgehalten hatte, zu denen sie keinen Zutritt hatte. Ich würde nicht dulden, wenn sie anfing auf meinem Schiff rumzuschnüffeln. Ihr zuzutrauen war das. "Bevor ich es vergesse. Ihr habt damals etwas vergessen und ich dachte, Ihr wollt es sicherlich zurückhaben", wandte ich mich an Ardan und Inej verstand das Stichwort. Aus ihrer Tasche holte sie die kleine Truhe. Ich hatte mir nicht die Mühe gemacht die Erdspuren zu entfernen. Selbstbewusst ging ich auf ihn zu und drückte die Truhe in seine Hand. Die Drachenblüte brauchte ich nicht mehr. Und damit wollte ich endgültig die Vergangenheit zurücklassen. "Wir würden uns zurückziehen, wenn es Euch Recht ist", ich sah direkt in seine flammengoldene Augen.

Kenai


Anscheinend war viel Zeit vergangen, da bereits das Fest begann und die Musik zu hören war. Das Zeitgefühl mangelte mir immer noch, doch ich wurde besser sie einschätzen zu können. Nicht nur durch Lichtverhältnisse und nach Glockenklänge. Es waren viele Menschen da. Sie lachten. Aßen. Tranken. Tanzten. Redeten unerschöpflich. So sah jedes Fest aus. Das Fest wurde nur jedes Mal anders geschmückt und trug auch einen anderen Namen. Ansonsten erkannte ich keine weitere Unterschiede. Vor der Tür löste sich die Prinzessin von mir und ich folgte ihr wie ein Schatten. Mein Gesicht war gänzlich in der Kapuze verschwunden. Zwei Mädchen erschienen. Die Freundinnen von der Prinzessin. Ich hörte die Bemerkung, aber verstand die Bedeutung nicht. Dann erwähnte das andere Mädchen das Wort Törtchen und schon war die Prinzessin verzaubert. Sie hatte eine offensichtliche Schwäche für dieses Gebäck.


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01.12.2018, 01:08

Ardan

Wäre ich mir nicht sicher gewesen, dass sie einwilligen würde, hätte ich dieses Angebot nie gemacht. Sie war die Erste. Die Erste, die hier ungebeten aufgetaucht war und nun für drei Tage geduldet wurde. Mein Volk würde das infrage stellen, aber die Menschen hier kannten mich gut genug, um zu wissen, dass ich nichts ohne Grund tat. Sie würden sich wie immer fügen.
Zaneri reagierte nicht auf den wohlverdienten Seitenhieb von Jadis, sondern lächelte bloß gespielt freundlich. Mir gefiel ihre Art nicht. Sie führte etwas im Schilde, aber da in ihr das Blut unseres Vaters floss, konnte ich sie nicht lesen. Sie nicht einschätzen. Das kotzte mich jedes Mal aufs Neue an.
Plötzlich kam Jadis mit einer kleinen Truhe auf mich zu und selbst wenn sie den Inhalt nicht offenbarte, wusste ich genau, was sich darin befand. Die Magie darin war mir mehr als vertraut. Jetzt ergab es Sinn, wie sie mich hatte finden können. Wie sie den Weg nach Ignulae sicher überstanden hatte. Eins musste man ihr lassen. Sie gab nicht auf. Sie fiel und stand wieder auf. Eine bemerkenswerte Einstellung. Ich hatte nichts anderes erwartet.
Dennoch... Die Truhe nun in den Händen zu halten, fühlte sich an, als würde sie mir nochmals aus voller Kraft "Ich hasse dich" ins Gesicht brüllen. Der Schmerz, ich konnte ihn einfach nicht vergessen. Ihn nicht wie alles andere verbrennen und zu Asche zerfallen lassen. Ich erlaubte mir einen Moment, ihren direkten Blick kommentarlos zu erwidern, bis ich mir meiner Stimme sicher genug war.
Meine Hände umschlossen die kleine Truhe fester. >Das trifft sich gut. Damit gelangt niemand mehr ungebeten in mein Königreich.< Ich nickte kurz in Rajas Richtung, der mich ohne Worte verstand. >Folgt ihm, er wird euch Eure Gemächer zeigen. Eurer Mannschaft ist es erlaubt, in den Gasthäusern am Hafen zu essen, aber sie müssen über Nacht auf den Schiffen bleiben. Reine Sicherheitsmaßnahme.<
Ohne zur Seite zu blicken, nahm ich die Präsenz einer jungen Dienerin wahr und reichte ihr die Truhe, während eine andere mir eine frische Robe so hinhielt, dass ich gleich hineinschlüpfen konnte. >Alles Weitere erfahrt Ihr beim Abendmahl.<
Ich neigte den Kopf zum Abschied und wandte mich schließlich ab. Länger hielt ich die Anwesenheit dieser Personen nicht aus, besonders nicht die von Jadis. Nicht nachdem sie mir die Drachenblüte zurückgegeben hatte. So schwächlich das auch war, es hatte mich tiefer getroffen, als das Schwert von Gilbert.

Jenaya

Tiana und Leyla brachten mich auf den neuesten Stand und zeigten mir all die jungen Typen, die sie in Kategorien unterteilten. Hübsch und dumm, hübsch und stark, hübsch und widerlich und zuletzt "nur über meine Leiche". Gerade Letzteres kam häufig vor. Ihre Ansprüche waren höher als die meinen, da Kenai ihrer Meinung nach unter keiner dieser Kategorien fiel. Er zählte nicht. Mir war das recht. Er war sowieso für alle weiblichen Wesen tabu.
Gierig ließ ich meinen Blick über all die Köstlichkeiten schweifen und entschied mich für vier Törtchen, die ich auf einem kleinen Teller stapelte. Mein Magen sehnte sich danach, zumal ich heute Morgen nicht gefrühstückt hatte. Aufgrund der Anstrengungen der letzten Tage hatte man mir erlaubt, einfach durchzuschlafen und ich fühlte mich energiereicher denn je.
>Siehst du den Lockenkopf dort hinten?< fragte Tiana mit einem kleinen Seitenhieb in meine Rippen. >Das ist der Sohn des Generals von Alfheim. Er heißt Cyrel. Hübscher Elf, findest du nicht?<
Ich folgte ihrem Blick und zog eine Braue in die Höhe. Hübsch ja, aber definitiv nicht mein Typ. Zu hell, zu schlank, zu langweilig. Nettes Lächeln, aber komisches Gesicht. Für mich jedenfalls. Ich fand immer Fehler in anderen Männern. Das war zur Gewohnheit geworden. >Er ist in Ordnung...<
>In Ordnung?< Unglaube spiegelte sich auf Tianas Gesicht. >Alle jungen Weiber hier werfen ihm bittende Blicke zu. Er hat mit keiner getanzt, aber seitdem du aufgetaucht bist, hört er nicht auf, in deine Richtung zu schauen.<
Da mein Mund mit einem Törtchen vollgestopft war, brummte ich desinteressiert. Ich machte mir nicht die Mühe, in die Richtung des Generalsöhnchens zu blicken. Die Törtchen auf meinem Teller waren viel interessanter. Hm... Erdbeere or Mohnblüte? Was sollte ich als Nächstes probieren?
>Er kommt!<
Ich reagierte nicht.
>Aya, er kommt.< zischte mir Tiana zu und rammte mir regelrecht den Ellbogen in die Seite. Beinahe fiel mir der Teller aus den Händen und das halbe Törtchen aus meinem Mund. Bei den Himmelsfarben, was stimmte nicht mit ihr?
Ich funkelte sie grimmig an, doch ihre Augen waren nicht auf mich, sondern auf jemand anderes gerichtet. Ein tiefes Seufzen hallte in meinem Inneren wider. Na toll. Jetzt fing das schon wieder an.
Schnell schluckte ich den Bissen hinunter und wandte mich an den Neuankömmling. Herr Generalsöhnchen, welch eine Ehre.
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01.12.2018, 11:49

Jadis


Meine Fingern hielten die Truhe eine Sekunde zu lang. Es war richtig. Ein Schritt in die Zukunft, eine Zukunft mit Gilbert. Und ich wollte kein zweites Mal hierher kommen. In seine flammengoldene Augen konnte ich nichts lesen, doch wie er konnte ich mittlerweile meine Gedanken und Gefühle gut verbergen. Nicht Jeder durfte einen Blick in meinem Kopf und in meiner Seele blicken. Ich war nicht mehr naiv. "Danke für die Gastfreundschaft", ich war kein unhöflicher Mensch. Ich wusste ab welche Momente die Höflichkeit verlangt wurde. Mir wäre es lieber auf dem Schiff zu übernachten, aber das Angebot jetzt abzuschlagen würde respektlos erscheinen. Für heute hatte ich genug die Worte als Waffe eingesetzt, mehr durfte ich nicht provozieren. Ich drehte mich um und folgte mit Gilbert und Inej den Berater. Die Gänge waren eindrucksvoll geschmückt, aber es war nicht übermäßig prunkvoll. Es war gerade so, sodass man die Wirkung der Gegenstände und Kunstwerke spüren konnte, aber nicht von den Eindrücke überreizt wurde. "Ihr Gemach", richtete sich der Berater an mich. "Danke", nickte ich und ich sah, dass die anderen Beiden in den Nachbarzimmer geleitet wurde. Gut. Ich wollte sie in meiner Nähe wissen. Ich trat ein und achtete kaum auf die Raumausstattung. Mein Körper fiel gleich auf die weiche Matratze des großen Bettes und meine Fingern vergruben sich in die Decke. Ich war erschöpft und mein Kopf schmerzte. Ich hatte nicht geahnt, dass die Begegnung mit ihn eine harte Probe werden konnte. Außerdem war ich frustriert. Ich hatte geglaubt, dass ich es alles hinbekam, doch ich hatte heute vergeigt. So mies war ich schon lange nicht mehr in einer Verhandlung gewesen. Ich musste also in den nächsten drei Tage überzeugender werden. Es klopfte an der Tür und ich richtete mich auf. Als ich über meine Wange wischte, bemerkte ich, dass ich stumm geweint hatte. Warum hatte ich jetzt geweint? Meine Schultern strafften sich und ich öffnete die Tür. Es war eine Dienerin, sie verneigte sich vor mir und hielt mir etwas entgegen: "Ein Gastgeschenk der Prinzessin." "Danke", antwortete ich höflich und nahm den Stoff entgegen. Sie zog sich zurück und ich begutachtete mit einer hochgezogene Augenbraue näher den seidigen Stoff. War das ein Hinweis darauf, dass sie meine Kleidungen unangemessen fand? Jedenfalls war es garantiert nicht aus Freundlichkeit. Ich spürte das Bedürfnis einfach so aufzutauchen, was ich gerade anhatte. Jedoch war ich von der drückende Hitze verschwitzt und nach Schweiß stinken wollte ich auch nicht. Ich entkleidete mich und erfrischte mich, es hatte hier eine Wasserschale bereit gestanden. Dann zog ich das Kleid an. Der obere Teil war flammenrot und die Ärmel endete spitzförmig an den Ellenbogen, die Enden wurden von goldene Nähten verziert. Oben war das Kleid geschlossen, der daumengroße Ausschnitt wurde von zwei schwarze dicke Fäden bedeckt. Der untere Faden war gebogen und direkt darunter wurde ein eiförmiges Kreis aus goldene Nähten verziert. Eine helle dezente Linie lief dem Kragen entlang. An der Hüfte würde auf jeder Seite eine goldene künstliche Blume angenäht mit roten Steine, die aber keine wertvolle Steine waren. Der Rock des roten Kleides war in vier Teile geschnitten, sie wirkten wie große Bänder und reichten bis zu Knöcheln. Hier ging das Rot in einem Orange hinüber und die Enden wurden gelb. Zwei Bänder befanden sich seitlich und die anderen zwei einmal vorne und hinten. Damit der Unterkörper nicht nackt war, gab es dazu einen schwarzen Unterrock. Und natürlich dazu passende Schuhe, es waren elegante Sandalen. Ich stellte mich vor dem Spiegel. Mein Blick glitt zum rechten Unterarm. Er war rötlich und erstreckte sich auf den ganzen Bereich zwischen den Ellenbogen und Handgelenk. Die betroffene Haut war uneben und nicht mehr glatt wie früher. Ich war keine eitle Person, mir war es egal was Andere von meinem Aussehen hielten. Aber der Anblick des Brandmales fühlte ich mich hässlich. Nackt. Und verwundbar. Meine Schultern strafften sich erneuert. Ich würde diese Schwäche nicht zeigen, ich würde es wie ein Kriegsmal tragen, was es auch war. Mein Blick wandte sich vom Spiegel ab und fiel auf das Schwert, das auf dem Bett lag. Es war eine besondere Waffe. Die Klinge sah beinahe wie Glas aus und hatte die hellblaue Farbe meiner Aura übernommen. Sie konnte meine Magie sichtbar werden lassen, wenn ich es wollte. Das Schwert war genauso kraftvoll wie ein Schwert aus Mondeisen oder Sterneisen. Ich wusste nicht, woher mein Vater das Schwert aufgetrieben hatte. Aber das war das beste Geschenk zu meinem 18. Geburtstag gewesen. Ich schaute aus dem Fenster, noch schien es nicht Abends zu sein und ich ging hinüber zu Gilbert. Er öffnete mir sofort die Tür und ich flüchtete in seine starke Arme. Tief atmete ich seinen Duft ein. Mein Kopf hob sich an und ich küsste ihn. Gilbert erwiderte meinen Kuss, verstärkte die Umarmung und ich konnte sein Herz schnell schlagen spüren. Bestimmend schob ich ihn zum Bett, bis ich mich auf seine Beine setzen konnte und meine Fingern fuhren durch sein goldenes Haar. Ich wollte ihn. "Jadis", schweratmend löste sich Gilbert sanft von mir: "Nicht jetzt." "Warum?", ich fühlte mich zurückgewiesen. Sein Blick wurde weich: "Weil ich spüre, dass es für dich anstrengend gewesen war, auch wenn du es wahrscheinlich nicht zugeben willst." Ich presste fest meine Lippen zusammen. Ich wusste, dass er sich um mich sorgte und fürsorglich sein wollte. Aber ich wollte nicht wie ein zerbrechliches Wesen behandelt werden. "Es war nicht anstrengend gewesen, nur nervig", behauptete ich und rollte mich auf das Bett. Gilbert legte sich zu mir und zog mich in seine Arme. Ich ließ ihn das gewähren, in Wirklichkeit brauchte ich seine Umarmung. Er war mein sicherer Hafen. "Es tut mir leid, dass ich verloren habe", murmelte er. "Du hast dein Bestes gegeben, das zählt. Und du wirst für mich immer ein Held bleiben", meine Stimme wurde zärtlich und dann schloss ich meine Augen. Seine ausstrahlende Ruhe ließ mein Gemüt friedlich werden und dann schlief ich ein. "Jadis", rief Jemand. "Hm", brummte ich und wechselte schlafend die Seite. "Na los, wach auf, Schlafmütze", lachte er und ich spürte einen sanften Kuss auf meinem Nacken. Sofort bekam ich Gänsehaut und in meinem Brustkorb wurde es wohlig warm. "Hmmm", seufzte ich ergebend, öffnete die Augen und drehte mich mit einem Lächeln zu Gilbert um: "Ich habe gar keine Lust auf das Abendmahl. Ich möchte viel lieber mit dir hier bleiben." Er lachte, dabei funkelte seine Augen: "Ich weiß. Na los, steh auf." "Warum muss du immer so vernünftig sein?", murmelte ich vor mich hin und ordnete mein Haar. In den Gang begegneten wir Inej und sie sagte zu mir: "Das war echt eine miese Verhandlung gewesen, du warst lange nicht mehr so schlecht gewesen. "Danke für die aufmunternde Worte", erwiderte ich trocken. "Immer wieder gerne", ihr Mundwinkel zuckte leicht und ich verdrehte die Augen. Dann wurden wir von einem Diener empfangen, der uns ins Speisesaal führen wollte.

Kenai


Die Freundinnen der Prinzessinnen besaßen eine Punktliste über die männliche Geschlechter. Scheinbar wollten sie auf diese Weise den idealen Fortpflanzungspartner finden. Sie beurteilten die Männer nach Aussehen, Manieren, Stärke und Intelligenz. Die Prinzessin schien sich für diese Liste nicht viel zu interessieren, viel mehr lag ihr Augenmerk auf die ganze Törtchen. Sie suchte sich vier Törtchen aus. Dann machte eine Freundin eine Bemerkung über einem Mann, beziehungsweise über einem Elf und sie wollte offensichtlich, dass die Prinzessin ihm die Aufmerksamkeit schenkte. Jedoch schien sie keine gewünschte Reaktion zu zeigen, sondern konzentrierte sich weiterhin auf die Törtchen. Das erinnerte mich an die rothaarige Magd und die Himbeerplätzchen. Die Freundin hörte jedoch nicht auf, die Prinzessin auf ihn aufmerksam zu machen. Scheinbar hielt sie ihn für die Prinzessin als einen potenziellen Fortpflanzungspartner. Etwas stach kurz in meinem Brustkorb. Tatsächlich kam der Elf auf die Prinzessin zu. Meine Körper spannte sich kampfbereit an und ich analysierte schnell die Situation. Keine Bedrohung. Aber es lag ein interessierter Blick in seine Augen. Anscheinend sah er in der Prinzessin eine Fortpflanzungspartnerin. Wieder ein Stich. Mein Gesicht tauchte ein wenig aus den Schatten heraus. Viele Personen schienen meine Miene unheimlich zu finden. Ausdruckslos fixierte ich ihn mit meine Augen.



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01.12.2018, 19:20

Ardan

In mir tobten die wildesten Gefühle. Frust, weil ich mich in Jadis' Nähe kaum beherrschen konnte. Wut, weil ich sie endgültig an Gilbert verloren hatte. Verzweiflung, weil sie mir die Drachenblüte zurückgegeben hatte, sie sie aber behalten sollte. Und trotz allem war da auch die Liebe, die ich für sie empfand. Jadis war das erste Mädchen und würde die letzte Frau sein, für die ich solch tiefe Gefühle hegte. Damals hatte sie uns beide als Seelenverwandte bezeichnet und sie konnte nicht wissen, wie richtig sie damit lag.
Aber wie konnte man füreinander bestimmt sein und dennoch nicht zusammen sein? Warum musste ausgerechnet ich solche grausamen Entscheidungen treffen? Warum musste ich mit so vielen Lastern leben?
Da ich inzwischen in meinem Gemach war, wo niemand mich störte, erlaubte ich es mir, die Maske fallen zu lassen. Eine unerträgliche Schwere legte sich auf meine Schultern. Sie drückte mich aufs Bett nieder, in dem ich für eine unbestimmte Zeit einfach nur dalag und an die bemalte Decke starrte. An nichts zu denken versuchte. Meiner Atmung lauschte. Aber es half nicht. Ich fand meine Ruhe nicht. Vielmehr wurde ich noch unruhiger.
Plötzlich klopfte es an meine Tür. Mein erster Impuls war, die Person sofort wegzuschicken, doch dann erklang Zaneris Stimme. Was wollte sie verdammt? Gerade diese Person müsste wissen, wie sehr ich ihre Gesellschaft verachtete. Trotzdem überwand ich meinen Hass ihr gegenüber und öffnete die Tür, nur um in ihr hinterlistiges Antlitz zu blicken. Sie führte etwas im Schilde, ich war nicht dumm.
>Mir ist klar, dass du dich lieber ausruhen willst, also mache ich es kurz. Ich möchte dir nur meine Unterstützung in dieser Sache anbieten. Solange die Prinzessin hier ist, kann ich mich um sie kümmern, wenn du mal keine Zeit hast. Sie in die Stadt führen, sie den wichtigen Leuten vorstellen, sie-<
Sie sprach nicht weiter, denn da lag meine Hand bereits um ihren schlanken Hals und ihr Körper fest gegen die Wand gepresst. Feuer wütete in meinem Inneren, ein dunkles Grollen bahnte sich seinen Weg in meiner Kehle hinauf.
>Zaneri, ich bin nicht von gestern. Irgendetwas geht in deinem sadistischen Hirn vor und ich werde bestimmt nicht zulassen, dass du dich in meine Angelegenheiten einmischt. Bislang habe ich immer herausgefunden, was du so treibst, also verlass dich darauf, dass ich es dieses Mal auch herausfinden werde.< Ich drückte fester zu, genoss ihr Röcheln. Es fehlte mir nicht viel, um ihr endgültig das Genick zu brechen. >Tu, was du nicht lassen kannst, aber Jadis ist für dich tabu. Treib bloß keine Spielchen mit ihr, sonst bringe ich dich wirklich um. Ein für alle Mal.< Ich kam ihrem Gesicht bedrohlich näher. >Und das ist keine leere Drohung, Schwester.<
Sie wehrte sich nicht gegen mich, daher ließ ich sie wieder los. In tiefen Atemzügen sog sie frische Luft in ihre Lungen und umfasste kurz ihren Hals. So etwas wie Mitgefühl existierte nicht in mir, wenn es um sie ging. Es hätte mich auch nicht berührt, wäre sie hier und jetzt gestorben. Das wusste sie. Und trotzdem schaute sie mir direkt in die Augen. Mit purer Gleichgültigkeit.
>Keine Sorge, Mahajal. Ich habe nicht vor, der Prinzessin zu schaden. Ganz im Gegenteil.< Damit kehrte sie mir den Rücken zu und verschwand. Ihre Worte blieben in der Luft hängen, ich griff danach, verstand aber nicht den wahren Sinn dahinter. Was ging bloß in ihrem bösartigen Kopf vor?
Zutiefst genervt schloss ich die Tür wieder und beschloss, mich bis zum Abendmahl auszuruhen. Natürlich wurde mir dieser innige Wunsch verwehrt, denn keine wenigen Sekunden später klopfte es erneut an meine Tür. Es war Raja. Ein besorgter und genervter Raja. Ein Raja, der sich an mir vorbeischob und ins Zimmer eindrang, ohne um Erlaubnis zu fragen. Freunde durften das. Leider.
>Was hast du dir dabei gedacht?<
Ich wusste, wovon er sprach. Seufzte. >Gar nichts... Zaneris Gequatsche, Jadis' Anwesenheit, sie haben mich nicht klar denken lassen. Du brauchst mir keinen Vortrag zu halten, wie ich es hätte besser machen können.<
Mein bester Freund schüttelte verzweifelt dreinblickend den Kopf. >Warum drei Tage? Warum dieser dumme Vorschlag?<
>Ich mache nie dumme Vorschläge.< erwiderte ich ernst.
>Glaubst du wirklich, dass unsere Volksvertreter einfach mitspielen werden? Was, wenn einer davon sich verplappert?<
>Niemand wird das, dafür habe ich schon vor einiger Zeit gesorgt. Wozu sonst soll Magie gut sein?<
Rajas zweifelnder Ausdruck nervte mich. >Und was gedenkst du die nächsten drei Tage zu tun? Hast du etwa vergessen, was übermorgen für ein Tag ist?<
Ein scharfer Schmerz schoss durch meine Brust. Nein. Ich hatte nicht vergessen, was das für ein Tag war und ich hatte nicht daran gedacht, als ich Jadis dieses Angebot machte. Es missfiel mir, dass sie anwesend sein würde, aber ich hielt meine Abmachung. Es war des Königs Wort. >Kümmere dich einfach um unsere Gäste, während ich weiterhin meinen königlichen Pflichten nachgehe, Raja. Du bist meine rechte Hand, also handle auch wie eine.<
>Du kannst ganz schön arrogant sein, weißt du?<
>Das Kompliment nehme ich nur zu gern an.< antwortete ich schief lächelnd.
Wir wechselten das Thema, weil ich nicht länger darüber reden wollte und widmeten uns anderen, sehr wichtigen Plänen für die Zukunft. Erst als einige Zeit später eine Dienerin an meiner Tür klopfte, realisierte ich, dass es Zeit fürs Abendmahl war. Ich schluckte den dicken Kloß im Hals hinunter. Drei Tage. Diese drei Tage würde ich schon überstehen. Irgendwie.

Jenaya

Von Nahem sah der Elf zugegebenermaßen nicht schlecht aus, doch ich konnte einfach nichts finden, das mein Herz höherschlagen ließ. Was daran lag, dass ich es längst verschenkt hatte. Aber das musste dieser Kerl nicht wissen. Er lächelte mich nämlich an, als könnte er dadurch meine Gunst erhalten. Armes, armes Generalssöhnchen.
Ich reichte Leyla kommentarlos meinen leeren Teller und setzte eine höfliche, freundliche Miene auf. >Cyrel, richtig?<
Er neigte respektvoll den Kopf, in seinen Augen lag ein interessiertes Funkeln. >Ich fühle mich geehrt, dass Sie meinen Namen kennen, Prinzessin. Dabei haben wir leider noch kein einziges Wort miteinander gewechselt.<
>Dann scheint sich das gerade geändert zu haben.< erwiderte ich lächelnd, während ich innerlich vor lauter Langeweile fast starb. Männer gehobenen Kreises konnten mir mit ihrer gestochenen Sprache gestohlen bleiben. Damit langweilten sie mich nur. Ich brauchte "echte" Gespräche. Trotzdem ließ ich es mir nicht entgehen, ihn etwas näher zu begutachten, tiefer in sein Inneres zu blicken, das mir keiner vorenthalten konnte. Ein Vorteil des dritten Auges, den ich vor anderthalb Jahren erlernt hatte.
Wie es schien, besaß dieser Herr eine gesunde Portion an elementarer Magie. Ein talentierter Elf, wohl wahr. Er hatte zudem getötet, jedoch nie aus egoistischen Gründen. Nur aus Pflicht. Ein Generalssöhnchen eben.
>Möchten Sie mit mir tanzen? Dann könnten wir unser Gespräch unter vier Augen fortsetzen.<
Er kam gleich zur Sache. Fein. >Aber natürlich.< willigte ich sofort ein und warf meinen besten Freundinnen Mordsblicke über die Schulter zu, als mich Cyrel auf die Tanzfläche geleitete. All das war ihre Schuld. Sie hätten mich vorwarnen und verstecken sollen.
Nun musste ich mich aber der königlichen Etikette fügen.
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01.12.2018, 20:09

Jadis


Bis auf Ardan und der Berater waren alle scheinbar wichtige Anwesende am Tisch. Das hieß, seine Schwester war schon am Tisch. "Setzt Euch", sie zeigte in großer Geste die Plätze. "Danke", antwortete ich kühl und nahm Platz. Er war in der Nähe von dem Platz des Königs, auf meine rechte Seite saß Gilbert und neben ihn Inej. Es war nicht unüblich, dass der König zuletzt erschien. Das verlieh mehr Wirkung seiner Präsenz und zeigte, dass es sein Schloss war, in der man sich befand. Die Türen öffneten sich wieder. Ardan und sein Berater erschienen. Meine Haltung war aufrecht, was eher von den Trainings einher kam. Dennoch war mein Körper entspannt, so vermittelte ich das ich mit der Situation zurecht kam. Meine Unterarme ruhten auf dem Tisch. Hände unter dem Tisch bedeuteten Unsicherheit oder man wollte etwas verbergen. Um eine zukünftige Königin werden zu können, musste ich wissen wie mein Körper auf andere wirkten. Denn der Körper sprach auch seine eigene Sprache und konnten Einem verraten. Daher lernte ich bewusster meine Bewegungen wahrzunehmen, damit sie nicht meine Worte widersprachen. Mein Blick richtete sich auf Ardan. Niemals wegschauen. Egal wie verschlingend die flammengoldene Augen wirkten.

Kenai


Der Elf wollte mit der Prinzessin tanzen und sie willigte ihm ein. Sie bedurfte mich nicht mehr als Tanzpartner, also positionierte ich mich in einer Ecke, die in der Nähe der Tanzfläche war. So hatte ich einen guten Überblick von den Saal, aber gleichzeitig konnte ich mein Blick auf die Prinzessin richten und jederzeit schnell eingreifen, sollte eine Bedrohung kommen. Stumm beobachtete ich wie der Elf ihr näher kam, er legte seine Hand an ihre Hüfte und die andere Hand umfasste ihre kleine Hand. So wie sie es vorhin in den Garten bei mir getan hatte. Wieder das kleine Stechen. Jetzt konnte ich es nicht mehr ignorieren. Es hatte ein paar Mal in meinem Brustkorb gestochen. War die Herz-Rune defekt? Ich erinnerte mich nicht, dass es zu einer Situation gekommen war, in der sie beschädigt werden konnte. Oder verlor die Herz-Rune ihre Kraft? Dann musste sie vermutlich neu aufgefrischt werden, ansonsten war ich keine lebendige Waffe mehr und somit würde ich für die Prinzessin nicht mehr von Nutzen sein. Jetzt tanzten sie. Ich erkannte die Schritte, die Musik schien jetzt auch nicht schnell zu sein. Jedoch war es ein anderes Lied. Der Elf lächelte. Wieder dieses Stechen.


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01.12.2018, 20:29

Ardan

Obwohl ich stets darauf achtete, pünktlich zum Abendmahl zu erscheinen, hatte ich einige Minuten gebraucht, um mich mental auf unsere Gäste vorzubereiten. Wäre Jadis nicht hier, hätte ich diese Minuten nicht benötigt. Ich wünschte, ich könnte mir noch mehr Zeit nehmen, denn sobald mein Blick auf sie fiel und ich das Kleid registrierte, das typisch für Ignulae war, entflammte Verlangen in mir. Ich hatte schon fast vergessen, wie echtes Verlangen, echte Sehnsucht sich anfühlte.
Selbstbewusst schritt ich auf meinen Platz zu und setzte mich. Raja nahm auf meiner anderen Seite Platz. Er saß nun Jadis gegenüber. >Das Kleid steht Ihnen ausgezeichnet, Prinzessin.<
>Ich dachte, es wäre ein nettes Gastgeschenk.< meldete sich Zaneri zu Wort und lächelte höflich. Diese falsche Schlange. Ich würde noch dahinterkommen, was sie hinter meinem Rücken für Fäden sponn.
Nach einem kaum merklichen tiefen Luftholen richtete ich meinen Blick auf meine Gäste, alle drei. >Ich hoffe, eure Zimmer sind zu eurer Zufriedenheit. Da wir nicht mit einem spontanen Besuch gerechnet haben, musste alles schnell hergerichtet werden, aber ich denke, dass mein Personal gute Arbeit geleistet hat. Sollte es euch trotzdem an etwas mangeln, zögert nicht und bittet darum. In Ignulae werden Gäste mit großem Respekt und Freundlichkeit behandelt.<
Just in diesem Moment öffneten sich die Seitentüren und das Essen wurde sowohl von jungen uniformierten Männern als auch Frauen serviert. Auf meinen Wunsch hin hatte die Küche typische Gerichte unseres Volkes zubereitet. Das gehörte sich eben. Ich erinnerte mich noch sehr gut an Vanillehörnchen...
Schnell verdrängte ich den Gedanken und griff nach dem Besteck, um mit dem Essen zu beginnen. Auch so eine Etikette. Erst der König, dann der Rest.

Jenaya

Ein guter Tänzer war er, das musste man ihm lassen. Dafür, dass ich ihn für einen Schönredner hielt, gab er sich größte Mühe, einen fabelhaften Eindruck bei mir zu hinterlassen. Er war nicht der erste junge Mann, leider auch nicht der letzte. Meine Eltern hofften, dass meine Schwärmerei für Kenai irgendwann verflog, ich heiratete und Kinder zeugte, aber darauf konnten sie lange warten. Wenigstens hatten meine besten Freundinnen kapiert, dass meine Gefühle für Kenai bis tief in meine Seele reichten.
Deshalb bereitete es mir kein zu großes Vergnügen, durch den Tanzsaal geführt zu werden, mich im Takt zu wiegen, hier und da nette Kleinigkeiten auszutauschen. Cyrel gab sich höflich, interessiert und riss den ein oder anderen amüsanten Witz, um mir zu imponieren und ich spielte meine Rolle gut, doch sie kam nicht von Herzen. Das fiel den Kerlen sowieso nie auf. Sie glaubten, dass mein Lachen immer authentischer Natur war, dabei müssten sie es besser wissen. In den höheren Rängen lernte man verschiedene Masken zu tragen. Ich trug nun meine. Die der unterhalteten Prinzessin.
Als das nächste Lied einsetzte, setzte mein Gegenüber ein bedauerndes Lächeln auf, fragte aber gleichzeitig nach einer weiteren Runde. Sei höflich, erinnerte ich mich selbst. Ein zweiter Tanz war noch in Ordnung. Ein dritter erweckte bereits Hoffnungen und das wollte ich tunlichst vermeiden. Darum willigte ich ein und das Ganze fing von vorne an. Tanzen, reden, lachen.
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01.12.2018, 20:53

Jadis


Purer Selbstbewusstsein strömte aus seine Poren heraus, als er sich zu seinem Platz begab. Er besaß die Aura eines Königs. Die Frage war hier, was für ein König er war. "Danke", antwortete ich neutral den Berater und vergaß sogleich sein höfliches Kompliment. "Das war sehr aufmerksam von Ihnen", sagte ich zu der Prinzessin wie die Höflichkeit es verlangte und setzte ein Lächeln auf. In Wirklichkeit konnte mir ihr Geschenk gestohlen bleiben. "Die Gemächer sind vollkommen in Ordnung. Ihr Personal hat eine gute Arbeit geleistet. Es hätte uns auch nicht ausgemacht in unserem Schiff zu nächtigen, wir wollen Ihnen keine große Umstände bereiten", antwortete ich Ardan. Es wurde serviert und ich kannte die Gerichte nicht. Es musste die Gerichte aus seinem Land. Erst als Ardan zu essen begann, griff ich nach dem Besteck. "Mögt Ihr die Gerichte vorstellen?", fragte ich. Ich war kein großer Freund von Höflichkeitsgeplauder, jedoch wäre es unhöflich eisern zu schweigen. Besonders wo ich ein Ziel zu erreichen hatte, da musste ich herausfinden ob sich in den belanglosen Unterhaltungen Informationen verbargen, die mir nützlich sein konnte.

Kenai


Sie lachte. Aber ihre Lippen bewegten sich dabei anders, es war nicht ihr Lachen. Ich wusste, dass sie manchmal ihr Lachen vortäuschte, ich glaubte da ging es um die Etikette der Höflichkeit. Ich sah, dass der Elf erfreut wirkte. Das erkannte ich an die hochgezogene Mundwinkeln, das Funkeln in seine Augen und wie sein Körper zu ihr gerichtet war. Das Lied endete und ein neues Lied wurde gespielt. Sie tanzten weiter. Das Stechen wurde stärker. Langhaltender. Die Prinzessin lachte wieder. Redete mit ihm. Und der Elf sah sie ganze Zeit mit diesem Blick an. Mein Gesicht verschwand in den Schatten der Kapuze. Dann bemerkte ich, dass ich meine rechte Faust gegen meinem Brustkorb presste. Ich ließ die Faust sofort sinken. Das Stechen glich einem penetranten Pochen. Es war ein undefinierbarer Schmerz. Nicht wie der sehnsuchtsvolle Schmerz und nicht wie der höllische Schmerz, wenn ich die Schattenblitze einsetzte. Die Prinzessin wusste nichts davon. In den letzten Jahren hatte ich trainiert mich von den unerträglichen Schmerz in die Knien zwingen zu lassen und ihn in meinem Inneren zu verstecken. Meine Miene nicht verzerren zu lassen. Den Schrei geräuschlos zu machen und mich nicht von ihrer Dunkelheit beherrscht zu werden. Es war ein hartes Training gewesen. Noch nie hatte etwas so viel von mir verlangt, wie die Schattenblitze. Ich hatte geschwitzt. Ich hatte Nasenblutungen gehabt. Ich war jedes Mal so erschöpft gewesen, dass es mir Kraft kostete aufrecht zu stehen. Und ich hatte manchmal gedacht, dass ich sterben würde. Ich lernte, was Leid bedeutet.


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01.12.2018, 21:20

Ardan

Jadis warf nur mit den nötigsten Worten um sich herum. Sie redete nicht viel und doch erkundigte sie sich nach den Spezialitäten auf dem Tisch. Ich schluckte den ersten Bissen hinunter, lehnte mich leicht in den Stuhl zurück. Höflichkeiten, hier ging es nur um oberflächliche Höflichkeiten, ermahnte ich mich selbst. Jadis und ich... Das klappte nicht. Es war besser so.
>Die erste Vorspeise nennt sich vulkanischer Aschesalat. Ein ziemlich unpassender Name für den Geschmack, aber er beschreibt seine Herkunft. Den gibt es nur hier.< erklärte ich mit Blick auf unsere Teller. Er sah wie normaler Salat aus, jedoch schmeckte er eine Spur würziger, bestimmt nicht nach Asche, wie viele beim ersten Mal vermuteten.
>Die Zwischenmahlzeit ist oftmals eine cremige Suppe nach Geheimrezept des Meisterkochs. Kein Fleisch, nur Gemüse.< fuhr ich fort und überlegte, was ich als Hauptspeise gewählt hatte. >Fürs Hauptgericht habe ich der Küche aufgetragen, unser bestes Fleisch zu benutzen. Flammenfisch. Diese Fischart lebt auch nur hier in unserer Umgebung. Die Sirenen fangen sie ein und teilen die Beute mit uns sowie der Insel der Heißen Quellen. Das Fleisch ist vorzüglich.<
Ich nahm einen Schluck vom dunkelroten Wein, leckte mir kurz über die Unterlippe. >Und als krönenden Abschluss gibt es die Blütencreme. Wie der Name schon vermuten lässt, ist die Hauptzutat die Essenz von Drachenblüten.< Mehr sagte ich nicht dazu. Irgendwie fühlte es sich nach wie vor schmerzhaft an, über Drachenblüten zu sprechen. Dann musste ich an die Truhe denken. Daran, dass sie nicht mehr in Jadis Besitz war.

Jenaya

Es war nicht schwer, mich von meiner besten Seite zu zeigen. Cyrel schien seinen Spaß mit mir zu haben, doch vor dem Beginn des nächsten Musikstücks schüttelte ich freundlich lächelnd den Kopf. > Wenn es Ihnen nichts ausmacht, möchte ich den nächsten Tanz mit jemand anderes führen.<
Der Elf wirkte enttäuscht, jedoch sammelte er sich schnell und neigte respektvoll den Kopf. >Wie es die Prinzessin wünscht. Ich danke Ihnen für die beiden wunderbaren Tänze.<
>Gern geschehen.< erwiderte ich immer noch freundlich lächelnd, ehe ich einen leichten Knicks machte und die Tanzfläche verließ. Törtchen. Ich brauchte mehr Törtchen. Dann sah ich wenigstens beschäftigt aus und musste mich nicht noch mehr fremden Männern widmen, die keinen Hehl aus ihrem Interesse an mir machten. Als Tochter meiner Eltern war ich nicht nur sehr wohlhabend, sondern besaß über immensen Einfluss. Einige unter ihnen mochten vielleicht ehrliches Interesse an mir haben, andere wiederum wollten schlichtweg Macht. Diese Sorte verabscheute ich zutiefst und ich war froh, dass ich mittels des dritten Auges gleich wusste, welche Sorte Mann mir gegenüberstand.
Bevor ich mich allerdings wieder aufs Buffet schmiss, hielt ich nach Kenai Ausschau, der sich nie zu weit entfernte. Er musste stets in der Nähe sein, was es umso leichter machte, ihn in der Menge ausfindig zu machen. Und da stand er. Unfassbar attraktiv, total desinteressiert, emotionslos und einfach... Ich seufzte verliebt und lächelte ihn aus der Entfernung an. Ein ehrliches, warmes Lächeln, das auch in meinen Augen erstrahlte.
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149

01.12.2018, 21:38

Jadis


Aufmerksam hörte ich ihm zu und stellte fest, dass wohl alles mit Vulkan oder Flammen zu tun hatte. Die Gerichte identifizierten sich mit dem Land. Bis auf die Suppe, aber bestimmt hatte sie auch einen feuerartigen Namen. Dann sprach er über die Nachspeise. Drachenblüte. Ich spürte einen Krampf in meinem Brustkorb, aber ließ mir nichts anmerken. Es war Vergangenheit, erinnerte ich mich selbst. Es war einfacher daran fest zu glauben, wenn die besagte Person nicht vor einem stand. Dann war es leichter. Ich sah wie er über die Unterlippe leckte und spürte ein komisches Kribbeln in meinem Bauch. Vermutlich der Hunger, ich hatte heute kaum was gegessen. "Das klingt alles sehr spannend, nur bei der Nachspeise muss ich ablehnen. Ich esse nicht so gerne Süßes", ich setzte ein entschuldigendes Lächeln auf. "Ich wünsche Euch einen guten Hunger", richtete ich mich an Alle und probierte schließlich das Gericht. Der Salat schmeckte, auch wenn der Name nicht appetitlich klang und man dachte, es müsste dann nach Asche schmecken. Der Geschmack war würziger, als ein gewöhnlicher Salat.

Kenai


Die zweite Runde endete und die Prinzessin schien sich erstmal von dem Elf zu verabschieden. Ihr Weg führte zielstrebig zum Buffett, sie wollte offensichtlich sich wieder den Törtchen widmen. Definitiv eine Schwäche, aber kein Schwachpunkt der ihr schaden konnte. Beim Weg dorthin blickte sie sich suchend umher und dann sah sie mich. Das Lächeln war das echte Lächeln der Prinzessin. Es war nicht das Lächeln der Höflichkeit. Das Stechen ließ nach und ich spürte aufeinmal Wärme in meinem Brustkorb, obwohl ich nicht ihr Duft gerochen hatte. Der Elf war jetzt weg und sie wirkte nicht, als sähe sie in ihm einen potenziellen Fortpflanzungspartner. Aber das konnte ich nicht gut beurteilen, weil das für mich ebenfalls ein unbekanntes Gebiet war.


150

01.12.2018, 22:06

Ardan

Ich zog eine Braue in die Höhe, als sie ihre Abneigung gegen Süßes erwähnte. Damals hatte sie sich regelrecht nach den Vanillehörnchen gesehnt und nun? Wieso mochte sie Süßes nicht mehr? Wieder einmal wurde mir bewusst, dass sich nach all den Jahren sehr viel verändert hatte. Zu viel? Und wieso konnte ich nicht aufhören, ständig neue Fragen zu stellen? Fragen, die mir sowieso niemand außers Jadis beantworten konnte und sie durfte ich nicht fragen. Wir mussten Distanz wahren. Für sie war es das Beste.
Da ich die Gerichte nun vorgestellt hatte, konnten wir alle in Ruhe mit dem Essen beginnen. Raja war gut darin, ein unverfängliches Gespräch zu führen, daher ließ ich ihn gewähren. In angespannter Stille zu essen, war nicht in meinem Sinn, doch mir fiel kein Thema ein. Ich wollte keine Tabus brechen, nichts ansprechen, was nach hinten losgehen könnte. Außerdem wollte ich nicht, dass Jadis zu viel mit mir sprach. Ich war weder dumm noch ignorant. Ihr wäre es lieber, nicht hier, sondern irgendwo weit weg zu sein, daher gab ich ihr die Freiheit, mich zu ignorieren. Das war das Mindeste, was ich für sie tun konnte.
Während Raja also das Leben am Tisch aufrechterhielt, hing ich meinen Gedanken nach, bis mich die Süße in meinem Mund zurück in die Realität beförderte. Ich hatte nicht gemerkt, dass wir bereits unser Dessert bekommen hatten. Dass so viel Zeit vergangen war, ohne dass mir jemand eine Frage gestellt hatte. Es war untypisch für mich, den Fokus so weit zu verlieren, dass Zeit keine Rolle mehr spielte. Dass ich einfach neben mir stehen konnte. Aber irgendwie hatte das gut getan. Abschalten, mit mehr Gesellschaft essen.
Ich griff erneut zum Weinglas, das stets nachgefüllt wurde, wenn es fast leer war. Mein Lieblingswein. Er entspannte, er erinnerte mich ein Leora, denn sie hatte auch eine Schwäche für diesen Wein gehabt. Ein trauriger Ausdruck huschte über mein Gesicht. Übermorgen war es also wieder soweit...
> Mahajal!< Eine alarmierte Dienerin platzte in den Saal hinein, ihre Augen geweitet und ihre Hände zitternd. Unter normalen Umständen hätte ich solch ein Verhalten nicht geduldet, besonders nicht, wenn Gäste anwesend waren, aber meine Leute kannten die Regeln und befolgten sie. Nur nicht in Ausnahmefällen und das schien einer zu sein.
Ich spannte mich an. >Ich höre.<
Unsicher blickte die junge Frau zu meinen Gästen, während sie hastig an meine Seite eilte. Ihre Hände zitterten noch immer, was mich dazu veranlasste, nach ihnen zu greifen und sie einige Sekunden lang zu drücken. Ich mochte es nicht, wenn Frauen in diesem Zustand waren. Das versetzte mich sonst auch in Unruhe. >Sprich, was ist passiert?< fragte ich ruhig.
Sie atmete tief ein. Und wieder aus. >Zen. Er ist ausgebrochen und wütet im Schloss. Er sucht nach Ihnen.<
Zen. Verdammt.

Jenaya

Es kostete mich all meine Beherrschung, nicht gleich zu ihm zu gehen und mich in seinen starken Armen zu verstecken. Ich sehnte mich nach seiner Nähe. Dort fühlte ich mich am wohlsten. Er war besser als jedes Törtchen dieser Welt.
>Und? Wie wars? Hat dich Cyrel um den Finger wickeln können?< stichelte Tiana, die mir einen Teller mit Törtchen reichte. Sie kannte mich eben. So wie Leyla, die gerade selbst am Tanzen war. Mit einem recht attraktiven, jungen Herren. Wieder nicht mein Typ. Nicht überraschend. Ich stopfte mir das erste Törtchen in den Mund und zuckte gleichgültig mit den Schultern. >Lang'eili'ch.< nuschelte ich.
Tiana lachte heiter auf. >Du bist unmöglich. Da buhlen die Kerle um deine Gunst und du hast nur Augen für deinen Leibwächter.<
>Ich tanze nachher mit ihm.< sagte ich fest entschlossen, nachdem ich geschluckt hatte.
>Kann er überhaupt tanzen?< fragte sie skeptisch.
Ich nickte. >Ich habe ihm einen Tanz beigebracht vorhin. Er ist ein schneller Lernen. Er kriegt das hin. Ich wollte schon immer mal mit ihm auf einem Fest tanzen.< Mir entwich ein weiterer verliebter Seufzer. Was war ich doch hoffnungslos verloren...
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151

01.12.2018, 22:25

Jadis


Es war nicht die Wahrheit, dass ich nicht gerne Süßes aß. Ich wollte nichts essen, was mit ihn verband. So hatte ich seit damals nicht mehr einen Wolkentraum, das Vanillehörnchen, angerührt. Weil es mich an die Küsse erinnert hatte. Der Berater übernahm die Unterhaltung und Gilbert stieg ein. Auch Inej warf paar Mal Worte in die Runde, sowie die Prinzessin. Nur Ardan schwieg. So wie ich. Mir war nicht nach reden, es sei denn der Berater stellte ein paar Fragen, die ich dann oberflächig antwortete. Dann kam das die Nachspeise und ich wank Meines ab. Die Blütencreme sah verlockend aus, aber ich wollte es nicht anrühren. Ich glaubte sogar den zarten Duft der Drachenblüte riechen zu können. Plötzlich stürzte eine in Panik geratene Dienerin in den Speisesaal. Ihre Hände zitterten. Sie lief auf ihn zu und Ardan griff nach ihre Hände. Was hatte das zu bedeuten? Hatte er etwa ein Verhältnis mit der Dienerin? Bei dieser Gedanke stockte ich. Das hatte mich wirklich nicht zu interessieren. Die Dienerin sprach von einem Zen. Wer oder was war Zen? Nach dem Gesichtsausdruck von Ardan schien diese Neuigkeit nichts Gutes zu verheißen.

Kenai


Die Prinzessin war beim Buffet angelangt und begann die Törtchen zu verspeisen. Derzeit machte ein Bediensteter die Ankündigung, das nach dem nächsten Lied künstlerische Darstellungen einer Nomadengruppe präsentiert wurde, darunter auch eine Erzählung einer Geschichte. Das sollte wohl der Unterhaltung dienen. Ich konnte nicht beantworten, warum die Menschen solche Unterhaltungen brauchten. Es war wie beim Tanzen oder Lesen. Die Tür ging auf und eine kleine Gruppe erschien. Das mussten die Nomadengruppe sein. Sofort begannen meine Augen sie zu kontrollieren. Insgesamt waren es 7 Personen. 3 von weiblichen Geschlecht und 4 von männlichen Geschlecht. Einer von ihnen war ein alter Mann. Die Anderen waren in gemischten Alter, eine Frau war das jüngste Mitglied. Sie musste ungefähr im Alter der Prinzessin sein. Sie trugen seltsame Kleidungen, etwas zu bunt und die Frauen trugen geräuschmachende Schmuck. Aber ich entdeckte keine Waffen, nur merkwürdige Instrumente, die vermutlich Musik machten. Und ein paar ungefährliche Gegenstände, wahrscheinlich waren sie ein Teil ihrer Vorstellung. Sie wurden auf die andere Seite geführt, dort begannen sie sich zu vorbereiten. Keine Bedrohung, aber dennoch behielt ich sie im Blick, denn sie waren Fremde.


152

01.12.2018, 22:50

Ardan

Zen hätte sich keinen schlechteren Zeitpunkt aussuchen können, um für Unruhe zu sorgen. Er konnte eigentlich nichts dafür, aber die bannende Magie hätte ihn in seinem Zimmer halten müssen. Erst letzte Woche hatte ich die magischen Insignien erneuert. Darüber jetzt zu spekulieren, brachte jedoch nichts, denn wenn Zen auf freiem Fuß war, hieß das Chaos im Schloss. Mein Personal wusste zwar was zu tun war, wenn es zu solch einem Zwischenfall kam, allerdings fürchteten sie sich noch immer vor ihm. Er konnte unberechenbar sein. Er war ein Kind. Ein Kind, das Angst vor sich selbst hatte und es nicht besser wissen konnte.
Wenn es um ihn ging, schaffte ich es nicht, die Maske eines Königs vollkommen aufrecht zu erhalten. Für mich war Zen wie ein kleiner Bruder. Jemand, der mir sehr viel bedeutete und mit dem ich sehr stark identifizierte. Ich allein war für ihn verantwortlich. Er vertraute mir. Nur mir.
>Ich kümmere mich sofort darum.< sagte ich an die Dienerin gewandt und stand auf. Raja tat es mir gleich, doch ich bedeutete ihm, sitzen zu bleiben. >Bleib bei unseren Gästen. Es ist besser so.<
Er fügte sich kommentarlos, aber in seinen tiefbraunen Augen lag ein besorgter Glanz. Niemand außerhalb dieser Insel wusste von Zens Existenz. Niemand durfte davon wissen. Er war mein Geheimnis. Mein Schützling. Für ihn würde ich-
Eine unnatürlich starke Energie ließ die gewaltige Doppeltür aufschwingen, als bestünde sie aus zerbrechlichem Holz. Die Türen erzeugten einen ohrenbetäubenden Knall, als sie gegen die Wand schlugen und Zen in seiner unkontrollierten Erscheinung auftauchte. Schwarze Nebelschwaden fegten wie dunkles Gewitter über dem Boden, grelle Leuchtblitze durchzuckten dabei die schwarze Masse, die im Takt seines Herzens mal größer und mal kleiner wurde. Anhand dessen erkannte ich schnell, dass er Angst hatte. Dass er verzweifelt war. Er nahm bereits den halben Saal ein. So verängstigt war er.
Ich streckte eine Hand nach der Dunkelheit aus. >Zen. Es ist alles in Ordnung. Ich bin hier. Ich bin für dich da.<
Ein Schluchzen hallte an den Wänden wider. Es war überall dort, wo seine Dunkelheit reichte. Ein weiteres Schluchzen, er weinte und mit ihm zuckten mehr Blitze.
Vorsichtig machte ich einen weiteren Schritt in die Dunkelheit, sorgte dafür, dass er nicht noch weiter in den Saal eindrang und meine Gäste befiel. Auch wenn er gerade nicht in seiner menschlichen Gestalt auftrat, wusste ich ganz genau, wo sich das Zentrum seines Seins befand. Ich spürte es mit aller Deutlichkeit.
Ich ging langsam in die Hocke und breitete die Arme aus. Wartete. Lächelte warm. >Komm her. Was auch immer dir Angst bereitet hat, es kann dir nicht schaden. Bei mir bist du sicher, das weißt du doch. Lass dich drücken, dann wird es dir gleich besser gehen. Ich verspreche es.<
Der schwarze, dichte Nebel verformte sich, wuchs, wurde kleiner, wieder größer, als wüsste er nicht so recht, wie er sich bewegen sollte, doch letztendlich schaffte es Zen in seine menschliche Gestalt zurückzukehren. Sein aschblondes Haar war völlig zerzaust, die roten Augen verheult. Schluchzend gab er sich meiner Umarmung hin und sein Zittern ließ mich all den Schmerz fühlen, den er wie so oft durchlebte.
>Sssh, alles gut, mein Großer. Das hast du gut gemacht. Diesmal hast du kaum etwas von der Einrichtung zerstört.< sprach ich leise und versuchte einen kleinen Scherz zu machen. Ein leichtes Vibrieren ging durch seine Brust. Ich lächelte traurig.

Jenaya

Ich horchte auf, als das Lied gespielt wurde, welches zu meinen liebsten Stücken gehörte. Kenai. Ich musste schnell zu Kenai und mit ihm tanzen. Sofort. Tiana erzählte mir gerade von ihrer neuesten Eroberung, doch ich unterbrach sie mittendrin, um ihr entschuldigend meinen erneut leeren Teller in die Hände zu drücken.
Mein Körper bewegte sich bereits auf Kenai zu, der nach wie vor am selben Platz stand und alles genau im Auge behielt. Ich durfte diese Chance bloß nicht verpassen. Die ganze Zeit über hatte ich auf dieses Lied gewartet und nun war der Moment gekommen, wo ich mit Kenai tanzen konnte. Pure Freude spiegelte sich in meinem Gesicht.
>Dann lass uns sehen, ob du dich noch an alles erinnerst.< grinste ich Kenai an und griff nach seiner behandschuhten Hand. Ich wartete nicht auf seine Erwiderung. Er würde mit mir tanzen, immerhin war das mein Wunsch. Eigentlich sollte ich mich gerade deswegen schlecht fühlen, aber ich konnte es nicht. Viel zu groß war die Freude darüber, wieder in seiner Nähe zu sein und die Wärme zu genießen, die er ausstrahlte. Andere mochten ihn als kalt beschreiben, für mich aber war er warm. Warm und schön.
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01.12.2018, 22:54

Zen

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154

01.12.2018, 23:09

Jadis


Dieser Zen brachte die glatte Maske von Ardan zum Zerbröckeln und ich entdeckte sowas wie Sorge in seine Augen. Aber das konnte nicht sein. Sein Herz war kalt wie Stein. Plötzlich ertönte einen lauten Knall, als die Türen wie aus dem Nichts aufgingen. Gilbert, Inej und ich sprangen reflexartig auf. Meine Hand tastete nach dem Schwert bis mir schlagartig einfiel, dass sie auf dem Bett lag. Mein Körper spannte sich an und meine Magie rauschte wie ein leiser Wind in meinem Inneren. Es gefiel mir nicht keine Waffe zu haben, mit den ich mich verteidigen konnte. Schwarzer Nebelschwaden kroch in den Speisesaal hinein, Blitze zuckten in ihm und der Nebel wirkte wie ein pochendes Organ. So etwas hatte ich noch nicht gesehen. Mein Körper spannte sich noch mehr an, kampfbereit stand ich breitbeinig. Ardan lief auf die bedrohliche Dunkelheit zu und sprach ihn mit Zen an. Dieser Nebel war also Zen. Ich gab Gilbert und Inej einen Zeichen nicht anzugreifen. Noch war die Lage unübersichtlich und es war nicht immer klug etwas Voreiliges zu tun. Ich vernahm aus den Nebel ein Schluchzen. War dort ein Lebewesen? Ardan näherte sich der Dunkelheit, vorsichtig und in seiner Stimme lag einen fürsorglichen Klang. Er wirkte nicht mehr unnahbar. Er erinnerte mich zu stark an den Ardan, in den ich mich verliebt hatte bis ich feststellen musste, dass dieser Ardan ein Trugbild gewesen war. Aufeinmal war in seine Arme ein Kind. Der Nebelschwaden war verschwunden und ich begann zu begreifen, dass dieser Nebelschwaden der kleine Junge war. Sein Weinen war herzzerreißend. Kinder waren meine Schwäche. Und ich hasste es, wenn sie leiden mussten. Und dieser Junge litt.

Kenai


Es kam das Lied, zu der die Prinzessin gesummt hatte. Ich erkannte an den Melodien. Eine Bewegung erregte meine Aufmerksamkeit, es war die Prinzessin. Sie kam direkt auf mich zu und wollte mit mir tanzen. Scheinbar hatte ich mich geirrt, dass sie nicht mehr mit mir tanzen wollte. Sie griff nach meiner Hand und zog mich auf die Tanzfläche. Ich folgte ihr widerstandslos. Ich erinnerte mich an die Tanzhaltung. Meine Hand legte sich an ihre Hüfte, ich zog sie näher an meinem Körper und die andere Hand von ihr ergriff nach ihrer Hand, die noch frei war. Dann bekam ich die erste Melodie des Liedes mit und machte diese Tanzschritte. Zählte sie in meinem Kopf mit. Dabei bemerkte ich, dass viele Personen uns beobachteten.


155

01.12.2018, 23:32

Ardan

Zens Schluchzen brach mir das Herz und ich ließ ihn keine einzige Sekunde los. Stattdessen schlang ich meine Arme fester um seinen kindlichen, zerbrechlichen Körper und hob ihn hoch. Wiegte ihn leicht, während eine Hand seinen Rücken streichelte. Das beruhigte ihn meistens... Wiegen und streicheln, wiegen und streicheln. Worte halfen nicht immer, manchmal reichten bloß Taten.
Es war ziemlich unpassend, dass er ausgerechnet hier aufgetaucht war, aber im Moment interessierte mich ausschließlich sein Wohlergehen. Ich drückte ihm einen Kuss aufs zerzauste Haar, lauschte dem stillen Weinen, bis es gänzlich verklang.
Im Hintergrund hörte ich Raja zu den anderen sprechen. >Es tut uns leid, dass ihr euch erschreckt habt. Normalerweise passiert es selten, dass Zen sein Zimmer verlässt... Was ihn betrifft, ist es strengstens untersagt, Informationen weiterzugeben, daher wären wir euch dankbar, wenn ihr seine Existenz für euch behält. Er leidet genug.<
Die Wange an den Kopf des Jungen geschmiegt, starrte ich in den dunklen Flur, in dem die Fackeln nicht mehr den Weg erleuchteten. Zen hatte alles in tiefe Dunkelheit getaucht, doch mit ein wenig Magie würde alles wieder so aussehen wie vorher. Nach drei Jahren hatten wir uns an die besonderen Umstände gewöhnt. >Ist alles wieder gut, mein Großer?<
Er schniefte leise, nickte leicht.
Sanft lächelnd tätschelte ich seinen unteren Rücken und drehte mich zu unseren Gästen um. >Immerhin haben wir es bis zum Dessert geschafft, bevor das passiert ist. Ihr könnt Euch in eure Gemächer zurückziehen, wenn es Euch danach verlangt.< sprach ich ruhig.
Zen klammerte sich weiterhin an mich, aber er weinte wenigstens nicht mehr. Das war die Hauptsache. Nachher würde ich ihn fragen, was passiert war und wie er überhaupt aus dem Zimmer entkommen war.

Jenaya

Mein Herz schlug schneller, erreichte Höhen, die kein anderer in mir erweckte. Endlich durfte ich mit Kenai tanzen und er stellte sich wirklich gut an. Er hatte keinen einzigen Schritt gewesen, achtete sogar penibel auf den Takt. Wahrscheinlich zählte er im Kopf mit oder so. Zuzutrauen wäre es ihm.
Wir bewegten uns im Einklang, achteten nicht auf die Tanzpaare um uns herum, die uns neugierige Blicke zuwarfen. Allgemein interessierte es mich nicht, was andere hiervon dachten. Auch kein Cyrel. Für mich zählte allein Kenai. Seine Hände auf mir, unsere Blicke miteinander verwoben. So fühlte es sich jedenfalls für mich an. Ein Tanz, der einer Prinzessin würdig war. Weil ihr Herz mit dabei war und sie die Musik besser genießen konnte.
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01.12.2018, 23:51

Jadis


Es brachte mich durcheinander, wie sanft Ardan mit den Jungen umging. Wie weich er dabei wirkte und sich um ihn wie ein großer, fürsorglicher Bruder oder Vater kümmerte. Das Bild passte nicht zu einem hinterhältigen Ardan, dessen Herz aus Stein sein musste. Meine Kampfhaltung ließ nach. Ich würde nicht wagen meine Hand gegen ein Kind zu erheben, er war nicht gefährlich. Er konnte nur nicht seine Kräfte kontrollieren und ich wusste nur zu gut, wie das sich anfühlte. Wie hilfslos man dabei war. Der Berater wies uns darauf ihn seine Existenz zu verschweigen. Also musste es sich um ein besonderes Kind handeln. Ich fragte mich aus welchen Grund es hier war. Wollten sie ihn wirklich beschützen oder nur benutzen? "Wir werden uns zurückziehen", antwortete ich Ardan. Der Junge brauchte Ruhe und vermutlich machten wir ihn als Fremde Angst. Ich griff nach den unberührten Nachtisch und als wir an Ardan mit den Jungen vorbeigingen, blieb ich kurz stehen. "Ich hoffe, du magst Süßes. Als ich in deinem Alter war, hatten mich die Süßigkeiten ein wenig getröstet, wenn ich durcheinander gewesen war", sanft lächelte ich ihn und reichte ihm vorsichtig den Nachtisch, da ich ihn nicht mit meine Bewegungen erschrecken wollte. Schließlich ging ich weiter, folgte Gilbert und Inej.

Kenai


Die Prinzessin schien dem Tanz zu gefallen, denn sie hörte nicht auf zu lächeln. Zudem wirkte sie zufrieden, also lieferte ich gute Ergebnisse ab. Ihr Blick war die ganze Zeit auf meinem Gesicht geheftet und ausdruckslos musterte ich ihr Gesicht. Ihre Augen. Sie erinnerten mich an den dunkelblauen Nachthimmel, bevor er schwarz wurde. Dieser Vergleich fiel mir erst jetzt auf. Natürlich wusste ich die ganze Zeit über, dass sie blaue Augen besaß. Aber ich hatte nicht nach Ähnlichkeiten gesucht. Doch jetzt war der Gedanke einfach so in meinem Kopf erschienen. Ich nahm ihren Duft wahr. Lavendel. Meine Augen wanderten zu ihrem Hals. Dort haftete der Duft am Stärksten. Lavendel. Ich zog sie näher an meinem Körper, dann musste ich nur ein wenig mein Kopf neigen und tief atmete ich den Duft ein. Lavendel. Ich fühlte die Wärme in meinem Brustkorb. Ich hörte ein Husten, miss dem jedoch keine Bedeutung. Das Lied endete und meine Füße blieben automatisch stehen. Ich richtete mich auf und ließ die Prinzessin los. "Nun...", räusperte sich der oberste Diener in der Nähe der Musikanten: "Darf ich Euch die Künstler vorstellen? Hier sind sie." Es wurde geklatscht und die Nomaden gingen auf die freie Fläche. Der alte Mann begann eine Geschichte zu erzählen und die Anderen schienen diese Geschichte darstellen zu wollen mit ihre Gegenstände und Magie. Einige von ihnen spielte leise Musik, die jüngste Frau sang zwischendurch, wenn der alte Mann kurz nicht sprach.


157

02.12.2018, 00:09

Ardan

Ich hatte nicht damit gerechnet, dass Jadis Zen direkt ansprechen würde, aber das Angebot mit dem Nachtisch verdeutlichte die Sanftheit ihres Gemüts, wenn sie ihr Gegenüber nicht hasste. Mich zum Beispiel. Zen griff natürlich nach der Blütencreme, denn er hatte ebenso wie ich eine Schwäche dafür. Das hatte er von mir.
Seine blutroten Augen blickten fragend in meine. >Ist das die Prinzessin aus deinen Geschichten?<
Dafür, dass er noch ein Kind war, wuchs seine Intelligenz überraschend schnell. Er hatte ein gutes Gespür, was fremde Leute betraf. Er sah in einem die dunkelsten Tiefen und obwohl meine verflucht tief waren, fürchtete er sich nicht vor mir. Für ihn war ich der große Bruder, der mit ihm im selben Boot saß.
Ich nickte mit einem traurigen Lächeln auf den Lippen. >Ja, das ist sie.<
>Sie hasst dich nicht.< murmelte Zen und steckte seinen Finger in die Creme. >Sie will es, aber sie kann nicht.<
Das zu wissen, tat sogar mehr weh. Sie täte besser daran, nicht einen einzigen Hauch von Liebe für mich zu empfinden. Früher oder später endete jeder in Gefahr, der mir folgte und trotzdem gab es Menschen in meinen Leben, denen das egal war. Wie Raja zum Beispiel. Oder Thales. Oder Azuria.
>Gefühle sind kompliziert, Zen.< seufzte ich schwer und ließ ihn in Ruhe seine Blütencreme futtern. >Nachher erzählst du mir, was vorgefallen ist und was dir solche Angst bereitet hat, in Ordnung?< Ich streichelte ihm liebevoll über den Kopf.
Er schmatzte und nickte einverstanden.

Jenaya

Kenai schien es wirklich darauf anzulegen, mir einen Herzinfarkt zu verpassen. Wieso musste er ausgerechnet jetzt dem Drang, an meinem Hals zu schnuppern, nachgeben? Das gehörte sich nicht in Gesellschaft anderer, besonders nicht auf einem Fest wie diesem hier. Aber er wusste es nicht besser. Und mein Blut auch nicht, denn es schoss wie eine Fontäne in meine Wangen. Ich geriet zudem aus dem Takt, weshalb ich unendlich froh war, dass man die Musik stoppte, bevor ich mich noch blamierte.
Für Kenai mochte das keine große Sache gewesen sein, für mich allerdings schon. Frische Luft täte mir jetzt gut. Frische, kalte Luft. Doch das Schauspiel der unterhaltenden Gruppe war ebenfalls eine gute Option, um davon abzulenken, wie nahe mir Kenai wieder gekommen war. Bereits zum zweiten Mal heute. Wieso hatte ich bloß das starke Bedürfnis zu kichern? Das war wohl zu viel des Guten.
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02.12.2018, 00:51

Jadis


"Ich frage mich, welcher Art der Junge angehört", sagte Inej, als wir den Gang entlanggingen, der uns zu unsere Gemächer führte. "Eine solche Kraft habe ich noch nicht gesehen. Es muss einer der unerforschte Magie sein", meinte Gilbert. "In der Welt gibt es noch viele unentdeckte Geheimnisse, nicht jedes Geheimnis kann man aufdecken und nicht jedes Rätsel kann man lösen", erwiderte ich den Beiden: "Ich möchte, dass der Junge in Ruhe gelassen wird. Konzentrieren wir auf unseren Ziel. Ich denke, wir sollten uns jetzt ausruhen, immerhin hatten wir eine lange Reise gehabt und müssen für morgen erholt sein. Es liegt eine Menge Arbeit vor uns", wir erreichten die Gemächer. "Also schlaft gut", wünschte ich den Beiden. Ich würde später zu Gilbert gehen, wenn das Schloss schlief. Ich schloss die Tür hinter mir zu und die Kopfschmerzen meldeten sich zurück. Diese Hitze. Sie war unerträglich. Ich öffnete weit das Fenster, doch ich schluckte nur Wärme. Es wehte hier kein frischer Wind. Draußen begann der Himmel sich langsam zu verdunkeln, der Abend kündigte sich an. Ich dachte an meine Mannschaft auf dem Schiff, ging es ihnen gut? Und ging es Feena gut? Ruhelosigkeit packte mich. Ich war ein Mensch, der viel im Freien war. Ich konnte mich nicht lange in einem Raum aufhalten. Dieser Drang nach Freiheit wurde Jahr zu Jahr stärker. Voller Sehnsucht blickte ich zum Himmel. In letzter Zeit träumte ich oft von Flügeln. Braune Flügeln, die mich trugen. Aber ich hatte immer noch Angst diese Kraft in mir zu entfesseln. Meine Hand umschloss die Kette. Jade.

Kenai


Ich kehrte zu meinem Platz zurück, da ich dort am Besten den Überblick besaß und somit für einen besseren Schutz für die Prinzessin sorgen konnte. Ausdruckslos beobachtete ich das Schauspiel der Nomaden und verstand nicht, warum sie solche Kunststücke machten. Und die Menschen wirkten von dieser Vorstellung begeistert. Als der alte Mann in meine Richtung schaute, stockte in seiner Erzählung, jedoch nahm er schnell seinen Faden wieder auf und überging seinen kleinen Fehler. Die Vorstellung war vorüber und die Menschen klatschten. Während die Nomaden ihre Sachen aufräumten, schritt der alte Mann mit seinem Stock in meine Richtung. Dann bemerkte ich, dass er zielstrebig auf mich zuging. Mein Körper spannte sich an. Nach meiner Einschätzung war er keine Bedrohung. Der alte Mann blieb vor mir stehen und sah direkt in meinem Gesicht. Dann weiteten sich die Pupillen seiner Augen und seine Haut schien heller zu werden: "Unmöglich!" Seine Stimme klang brüchig und er stützte sich auf seinem Stock. Scheinbar machte ihm das Alter zu schaffen, ich hatte das oft bei ältere Menschen beobachtet. Er sah mich an, als wäre ich eine Erscheinung. So konnte man seinen Ausdruck in dem Gesicht beschreiben. Die Augen wurden feucht. Ich verstand seine Reaktionen nicht. "Du siehst aus wie Hakoda Reavstone aus", der alte Mann schüttelte den Kopf. Vermutlich brauchte er einen Heiler. Er kam einen Schritt näher und musterte mich eingehend. Wieder weiteten sich seine Pupillen. Ausdruckslos beobachtete ich den alten Mann. "Ich erkenne dich! Du lebst, Kenai!"


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02.12.2018, 01:03

Ardan

Es stellte sich heraus, dass Zen wieder schreckliche Albträume heimgesucht hatten. Aus einer Zeit, in der er wochenlang in einer finsteren, dämonisch energiegetränkten Höhle gelebt und sich von allem Möglichen ernährt hatte. Eine schreckliche Erfahrung für einen kleinen Jungen. Ein Fluch, der auf ihm lastete, so wie es meiner tat.
>Wie wäre es, wenn wir etwas im Hinterhof spazieren? Wir können dann auch etwas spielen, du darfst aussuchen was.< Trotz seiner Vergangenheit war er immer noch ein Kind, das dieselben Dinge brauchte und liebte wie jedes andere normale Kind auf dieser Welt. Und ich tat so gut wie alles, um ihm den Schmerz zu nehmen, den er seit seiner Geburt in sich trug. Ich hatte es mir zur Lebensaufgabe gemacht.
Zens Augen blitzten vergnügt auf. Wenn er etwas liebte, dann war es Spielen. >Verstecken. Ich will Verstecken spielen.<
>Na gut, aber nur, wenn du in deiner menschlichen Gestalt bleibst. Alles andere gilt als Schummeln, ist das klar?< Ich sah ihn mahnend an. Er hatte oftmals die Spielregeln gebrochen, aber in letzter Zeit hielt er sich daran und fügte sich gewissen Regeln. Sein Verhalten wurde demnach besser. Ein weiterer Schritt in eine bessere Zukunft für ihn.
Ich hielt ihm meine Hand hin und er ergriff sie ohne zu zögern. In meiner großen Hand erschien seine so unendlich klein, dass ich sie ein wenig fester umschloss. Wir verließen gemeinsam den Saal und begaben uns zum Hinterhof. Dort, wo der Kampf mit Gilbert stattgefunden hatte. Was ging wohl in Jadis Kopf vor? Wie beurteilte sie das, was bisher passiert war? Warum hasste sie mich nicht?
>Können wir irgendwann wieder an den Strand gehen?< fragte Zen mit Blick auf den hübsch gepflegten Garten, der hinter dem Kampfplatz lag. Ich lächelte. >Ja, können wir. Versprochen.<

Jenaya

Die Vorstellung war sehr unterhaltsam. Der alte Mann war wirklich gut darin, Geschichten Leben einzuhauchen und ich merkte mir die ein oder andere Technik fürs Vorlesen. Auch wenn Kenai immer noch nicht viel mit den Geschichten anfangen konnte, gab ich mir dennoch viel Mühe, ihn in andere Welten zu führen. Denn wie ich, war auch er hier gefangen. Mich machte der Gedanke nach all der Zeit immer noch traurig, aber ich hatte gelernt mit dieser Schuld zu leben.
Als das Stück schließlich endete, wandte ich mich an meine besten Freundinnen, die mich zur Seite zogen und mir den neuesten Klatsch verrieten. Manchmal handelte es sich dabei um wirklich sinnloses Zeug, doch hin und wieder ergatterten sie höchst interessante Informationen. Es mochte sein, dass diese Feste aus guten Absichten besucht wurden, aber manche Leute ließen nach ein wenig Alkohol die Masken sinken und offenbarten bedeutungsvolle Dinge. Ein weiterer Grund, warum meine Anwesenheit auf solchen Festen gefragt war. Meine Eltern gaben mir die Möglichkeit, das dritte Auge zur Spionage zu nutzen und mit Hilfe von Tiana und Leyla hatte ich so einige Ungereimtheiten aufgeklärt. Darauf war ich sehr stolz.
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02.12.2018, 11:04

Jadis

Als mich das Gefühl beschlich keine Luft mehr zu bekommen, verließ ich das Gemach. Ich musste nach draußen und meine Kopfschmerzen wurden schlimmer. Das war eine Nebenwirkung des Zaubertrankes, die manchmal in Stresssituation auftauchte und bis jetzt hatte frische Luft mir oft helfen können. Aber hier gab es keine frische Luft, ich atmete nur Hitze ein und wieder aus. In den Gang entdeckte ich einen Diener: "Können sie mich bitte zum Tor führen? Ich möchte gerne bei meinem Schiff vorbeischauen." "Es tut mir leid", verneigte er sich: "Das Tor ist jetzt geschlossen." Da ich nicht Ardan um einem Erlaubnis bitten wollte das Schloss jetzt zu verlassen, fragte ich ihn stattdessen: "Gibt es ansonsten auf dem Gelände ein Garten?" "Ja, ich führe Euch dorthin", er schien erleichtert zu sein und ging voraus. Überall standen Wachen und ich spürte ihre bohrende Blicke in meinem Rücken. Wenn es nicht die eigene Wachen waren, war es ein unangenehmes Gefühl. Als sei man ein Feind. Aber vielleicht war ich für dieses Reich ein Feind. Ich konnte Ardan nicht einschätzen und ich wusste nicht was seine Schwester vorhatte. Wir kamen zu diesem Kampffeld und ich sah, dass das Blut immer noch dort war. Es wurde keine Mühe gemacht die Steine sauber zu machen. Wollte er die Spuren seiner Kämpfe sehen? War das ein Art Trophäe? Das wäre makaber. Hinter dem Feld befand sich der Garten. "Danke", wandte ich mich an den Diener, er verneigte sich erneuert und verschwand eilig. Ich fand eine Steinbank, die sich zwischen den Grün versteckte. Das hier überhaupt bei der Hitze was Grünes wachsen konnte, war bemerkenswert. Die Natur war unglaublich stark und widerstandsfähig. Irgendwo wehte Stimmen zu mir hinüber, es schien auf der andere Seite des Gartens zu kommen. Es reizte mich nicht herauszufinden zu wem die Stimmen gehörten. Ich wollte alleine sein. Leise seufzte ich und rieb über meine Stirn, hinter der der Schmerz pochte. Wie hätte es alles scheitern können? Er hätte mich nicht aus der Ruhe bringen dürfen. Ich war mir so sicher gewesen, dass ich alles unter Kontrolle hatte. Dass ich stark genug war und ihn hinter mir gelassen hatte. Ich musste an den Jungen denken, wie Ardan sich um ihn gekümmert hatte. Diese weiche Seite verwirrte mich, erinnerte mich zu sehr an den Ardan von damals bevor er mein Herz in tausende Stücke gebrochen hatte. Betrug er den armen Jungen auch? Sollte ich herausfinden, dass der Junge ausgenutzt wurde, dann würde ich ihn retten. Es war schrecklich, dass viele Kinder unter den Krieg leiden mussten und in dieser düstere Zeit wurden auch die besondere Kräfte einiger Kinder ausgenutzt für Machtzwecke. Das war eine widerliche Wahrheit. Ich strich eine Haarsträhne hinter dem Ohr und schaute zum Himmel. Die tiefe Sehnsucht nach dem Himmel überrollte mich, heute kam er mir so weit entfernt vor. Ich wollte den Wind spüren. Ich konnte seinen Ruf nach mir hören. Jeden Tag wurde er drängender. Meine Augen schlossen sich und ich stellte mir vor, wie ich Flügeln ausbreitete.
In meinem Körper wohnte die Seele einer Harpyien, meine Mutter hatte mir diesen Erben weitergegeben. Aber nicht Jade, er war menschlich wie unseren Vater. Aber unsere Mutter glaubte, dass dennoch in ihm auch das Blut der Harpyien floß. Denn war seine Luftmagie stärker, als die von den anderen Luftbändiger. So wurden die Menschen genannt, die Luftmagie beherrschen konnten. Magier war ein Oberbegriff, es waren Menschen die in einem Form Magie beherrschen können und eine magische Quelle in ihrem Körper besaßen. Es gab nämlich auch nichtmagische Menschen. Da die Magie die unterschiedlichsten Formen besaßen, existierte viele Bezeichnungen für jeweilige Magiearten. Es gab auch Arten, die noch keinen Namen besaßen, weil sie noch zu unerforscht waren. Ich war kein Magier, ich war ein geflügeltes Mischwesen mit einer magische Quelle. Vor viele Jahren mussten die Harpyien sich nicht verbergen, sie waren frei gewesen und der Himmel war ihre Welt gewesen. Sie waren die Töchter und Söhne der Winde. Doch mit der Zeit begannen die Menschen sich vor ihnen zu fürchten, sie glaubten alle Harpyien seien die Gesandten von den Dämonen, als Einige von ihnen auf dem falschen Weg gerieten. Und so begann die grausame Jagd nach den Harpyien und immer mehr düsterte Geschichten wurden über ihnen erzählt. Meine Mutter war eine Gejagte gewesen und eines Tages fand mein Vater, damals noch ein Prinz, sie schwerverletzt. Er verliebte sich sofort in sie und nahm meine Mutter bei sich auf. Er bot ihr Schutz und ein Versteck an. Aradon wurde ihre neue Heimat und da viele Menschen Luftbändiger waren, kam Niemand hinter ihrem Geheimnis. Jetzt trug auch ich dieses Geheimnis, bis auf meine Familie wusste Niemand davon. Nicht mal Gilbert. Zu groß war die Angst meiner Mutter, dass die Sturmjäger uns finden konnten. Ich berührte die Kette. Wie viele gab es noch von meiner Art? Diese Frage hatte ich mir in letzter Zeit oft gestellt und ich hatte das Gefühl, dass meine Eltern diese Antwort kannten. Aber sie wollten es mir nicht verraten. Ich fragte mich auch, ob die Sturmjäger noch existierten. Komm zu mir. Mein Kopf schoss ruckartig hoch, aber niemand war hier. Ich spürte einen kleinen eisigen Hauch an meiner Wange, bevor es verschwand. Mein Herz klopfte schneller. Der Nordwind hatte zu mir gesprochen.

Kenai


Jetzt war die weiße Farbe in den faltigen Gesicht verschwunden, stattdessen wurde es rot. Ich kannte ihn nicht und ich merkte mir die Gesichter, denen ich begegnete. Er schien meinen Namen zu kennen, aber den konnte er gehört haben. Mein Name war kein Geheimnis. Mein Gesicht blieb regungslos. "Erkennst du mich nicht? Ich bin es, Sebastien. Ich war für dich und deine Geschwister wie ein Onkel gewesen. Du nanntest mich damals Seppel, weil du als Windelpupser nicht meinen Namen aussprechen konntest", er redete schnell. Die andere Menschen bemerkten nicht, dass der alte Mann einen Heiler brauchte. Sein Geist schien in einem verwirrten Zustand zu sein. Ich hatte was über die Geisteskrankheiten gehört. "Du erinnerst dich nicht an mich", stellte dieser Sebastien fest: "Erinnerst du dich an irgendwas von deiner Vergangenheit? An deiner Familie? An den Zirkus?" Emotionslos sah ich ihn an: "Ich habe keine Familie und keine Vergangenheit. Ich bin eine erschaffene, lebendige Waffe und diene nur der Prinzessin." Jetzt wurde sein Gesicht wieder weiß, seine Stimme zitterte: "Was ist bloß mit dir passiert?" "Gibt es ein Problem?", ein Wache eines höheren Ranges war gekommen. Ich hatte seine Bewegungen längst registriert. Dieser Sebastien drehte sich zu ihm um, kniff seine Augen zusammen und bellte laut: "Ja, es gibt ein Problem. Ich möchte wissen, was sie mit den armen Jungen gemacht haben!" "Beruhigen Sie sich, es liegt sicherlich ein Missverständnis vor. Er ist ein lebendiger Waffe, der Leibwächter unserer Prinzessin. Er ist kein Mensch, als machen Sie sich keine Sorgen um ihn. Ich rufe nach einem Diener, damit er Ihnen Wasser bringen kann", sagte der Wache. Der alte Mann stieß die Hand der Wache weg: "Kein Mensch?! KEIN MENSCH?! Diesen Junge habe ich wie ein eigener Sohn großgezogen, wir waren damals alle wie eine Familie gewesen und er war menschlicher als jeder Anderer gewesen! Ich lasse mich nicht abspeisen. Ich will Antworten wissen: Wie kann ein totgeglaubtes Kind zum Leben erwachen und plötzlich zu einer Waffe werden? Der Kenai, den ich kannte, hätte niemals eine Waffe angerührt, er hatte Gewalt verabscheucht! Also, was habt ihr Barbaren mit ihn gemacht?!" "Onkel Seppel? Was ist los?", es war die singende Frau. "Winona, Kenai lebt!", rief der alte Mann. "Sie werden jetzt das Schlossgelände verlassen", entschied der Wache, mittlerweile schauten die andere Menschen zu uns rüber. "K-Kenai", die Frau sah mich an und auch ihre Pupillen weiteten sich, die Augen wurden nass: "D-du bist es t-tatsächlich! Ich habe immer gewusst, das du lebst!" Ich wusste nicht was diese Menschen von mir wollten und warum sie glaubten mich zu kennen. Ich hatte keine Vergangenheit. Ich hatte keine Familie. Ich kannte sie nicht. Ich war kein Mensch. Ich war eine lebendige Waffe, der die Prinzessin beschützte. "Lassen Sie mich los!", schrie der alte Mann, als der Wache ihn packte, um ihn zum Ausgang zu führen. "Kenai! Kenai, ich kann dir beweisen, dass wir dich kennen und dass du ein Mensch gewesen war! Du besitzt die Schattenmagie, du bist ein Schattenmeister und hast mit den Schatten Geschichten erzählt, wir waren damals alle Zirkuskünstler gewesen! Dein Vater Hakoda Reavstone war der Direktor gewesen, von ihm hast du seine Magie geerbt. Du hast seine Augen, in jedes Auge sind 50 Splittern. Sie fangen an zu funkeln, wenn du die Schattenmagie benutzt. Wenn dich das immer noch nicht überzeugt, dann gibt es noch was, was ein Fremder nicht wissen kann: Du besitzt ein ungewöhnliches Muttermal, die du von deiner Mutter geerbt hast. Sie ist auf deinem linken Hinterteil und hat die Form eines Piek (ein auf den kopfgedrehtes Herz mit einem Stiel am unteren Ende)." Jetzt sah ich den alten Mann, mit den Namen Sebastien, an.