Cael
Hier zu kämpfen, war völlig anders als mit Animagi zu trainieren. In Hintergedanken hatte ich stets gewusst, dass mir und niemand anderes etwas Schlimmes widerfahren könnte. Dass Silia in der Nähe war, um mich zu heilen. Oder dass meine eigenen Selbstheilungskräfte reichten. In dieser Situation liefen die Dinge aus dem Ruder. Ich registrierte das personifizierte Übel viel zu spät. Dabei handelte es sich bloß um Sekunden. Gerade noch hatte ich in einer Gruppe aus drei Leuten gekämpft, da schoss etwas Schwarzes an mir vorbei und direkt in die Brust einer jungen Frau. Das reißende Geräusch, als ihr Brustkorb auseinandergenommen wurde, hörte sich nach Albtraummaterial an. Ich bekam am ganzen Körper Gänsehaut. Kälte erfasste mich.
Aus einiger Entfernung hörte ich Rakurai brüllen: >RÜCKZUG!< Ein Krieger wie er würde niemals den Rückzug antreten, wenn er einen anderen Ausweg sah. Wir alle gehorchten, aber die Schwärze war schneller. Ich spürte die Dunkelheit bis in meine Knochen. Das Mal an meiner Hand pulsierte wie verrückt, beinahe hätte ich mein Schwert fallen lassen. Hastig errichtete ich einen Schild um mich und andere Mitkämpfer, während wir über Leichen, Blutlachen und Geröll rannten. In meinem Nacken spürte ich ein gefährliches Kribbeln. Ivoli kreischte warnend, dann erfasste uns plötzlich eine dermaßen heftige Druckwelle, dass ich meterweit nach vorne und direkt gegen eine Hausmauer flog. Sämtliche Luft wich aus meinen Lungen, es knackte an verschiedenen Stellen, ehe ich wie ein nasser Sack zu Boden fiel. In meinen Ohren klingelte es. Meine Sicht verschwamm, als ich versuchte mich zu orientieren. Ich musste schnell auf die Beine kommen. Was auch immer das Kampffeld betreten hatte, war stärker als alles andere.
Über mir flatterte Ivoli in hektischen Bewegungen. Seine Aufregung verstärkte das ungute Gefühl in meinem Magen. Hustend und mit dem Handrücken über mein Gesicht wischend stand ich wacklig auf. Meine linke Hand zitterte. Die Selbstheilung war schon in vollem Gange, aber beim Anblick der Gestalt, die sich aus den Schatten des Waldes löste, schluckte ich schwer. So etwas hatte ich nie zuvor gesehen. Nicht einmal in meinen schlimmsten Träumen. Gleichzeitig erkannte ich die Energie der Gestalt als die unsichtbare Präsenz aus meiner Vision wieder.
>Lauft zu den Booten. Nimmt jeden mit, den ihr auf dem Weg findet und verschwindet!< bellte Rakurai weitere Befehle. Ich konnte ihn wegen des Trümmernebels nicht sehen, auch nicht die anderen. Alles, woran ich denken konnte, war die Vision und die Worte des Schattenmannes. Das Geschenk, wovon er gesprochen hatte, war eingetroffen.
Imesha
Den ersten Angriffen wich ich geschickt aus. Für mich waren die Bäume von Vorteil, da ich mich wendiger zwischen ihnen bewegen konnte, während sein massiger Körper sich anpassen musste. Allerdings machte er das mit seinem Giftnebel wett, den er in alle Richtungen verströmte, dass ich eine Zeit lang die Luft anhalten musste. In diesem Moment wünschte ich mir Ryus Luftmagie herbei. Er hätte den Nebel mit Leichtigkeit vertrieben. Trotzdem suchte ich weiter nach einer Lücke in seiner Defensive. Selbst ohne Waffen könnte ich mittels meiner Magie einen Treffer erzielen. Ein einziger würde reichen. Hauptsache, meine Augen hörten mit dem Brennen auf, während ich in Gedanken den Versteinerungszauber wob. Er erforderte ein hohes Maß an magischer Energie, deshalb ging ich meist sparsam damit um. Zusätzlich benötigte ich direkten Blickkontakt. Im Falle dieser Spinne hatte ich sogar acht Möglichkeiten. Wieder ein Vorteil für mich.
Ich achtete darauf nicht in eine seiner Fallen zu tappen, in die er mich offensichtlich treiben wollte und wagte ein kurzes Luftholen, als das Brennen ein wenig nachließ. Dann sprang ich auf den nächstgelegenen Baum, gewann schnell an Höhe und ließ den Yokai zu mir kommen. Die Gier in seinem Blick war bestialisch.