Cael
Beim Ausliefern der Kisten verging die Zeit wie im Flug. Ich bekam mit, wie Gasträume weiter ausgebaut wurden, damit mehr Leute darin Platz fanden. Proviant wurde verteilt. Man half sich gegenseitig bei kleineren Verletzungen und manche hielten sich weinend im Arm, weil der Verlust noch zu frisch, zu groß war. Besonders diese Schicksale lasteten schwer auf mir. Ich wünschte, ich könnte ihnen den Kummer nehmen, aber solche Fähigkeiten hatte ich nicht.
Es gibt keine Welt, in der der Tod nicht existiert. Was geschaffen wird, zerfällt irgendwann. Nur auf diese Weise ist ein Neuanfang möglich, kommentierte Skira die aktuelle Situation. Wenn sie das so formulierte, fragte ich mich, warum sie nach all der Zeit überhaupt existierte. Hätte sie nicht auch zerfallen müssen? Für einen Neuanfang? Sie lachte leise. Guter Punkt, und so falsch liegst du damit nicht. Dein Aufgang ist mein Untergang. Das ist mir recht so. Hauptsache, du erfüllst deine neuen Pflichten und gibst nicht auf halber Strecke auf. Wie du gleich sehen wirst, schleichen sich die Schatten bereits in die Herzen der Geflüchteten. Aus tiefer Reue. Aus Schmerz. Aus Hass und Wut. Wenn du für einen Moment innehältst, wirst du die dunkle, wachsende Energie spüren.
Ich stellte die Kiste mit den Medikamenten vorsichtig auf dem Tisch ab und runzelte die Stirn. Neben dem hektischen Treiben um mich herum vernahm ich erst leise, dann lauter, verzerrte Schattenstimmen. Anders als vor meinem Bund mit Skira konnte ich jedes ihrer Worte verstehen. Ihr Klagen. Ihr Bedauern. Die Rachegelüste.
Imesha
Als ich die Boote erreichte, fiel mir erst dann der Schaden auf. Bei dem Chaos gestern hatte ich nur Augen für meine Freundin gehabt. Und meine Gedanken waren ständig um das Verschwinden von Cael gekreist. Jetzt aber sah ich, dass durch die Explosion einige Schäden entstanden waren, um die sich Amara und einige andere Magi kümmerten. Ich schritt auf meine Tante zu, die gerade einen kompliziert aussehenden Schutzzauber webte und machte mich mit einem Räuspern bemerkbar.
Sie hielt mit den Händen in der Luft inne. >Oh, Imesha, gut dich zu sehen. Magst du mir kurz hierbei helfen? Mir fehlen noch die letzten Fäden.<
>Natürlich.< Da ich meine magische Sicht bereits geöffnet hatte, wusste ich, welche verbliebenen Fäden sie meinte und setzte dort an. Es war nicht das erste Mal, dass wir zusammen an einem Zauber arbeiteten. Auf diese Weise hatte ich viel übers Magieweben gelernt und mit jemand anderem machte es manchmal sogar viel Spaß. Und es lenkte gut ab.