Zen
Stimmt. Diese Zen-Blume, das war ihre Kreation gewesen. Erstaunlich, wie vielseitig ihre Gabe war. Dass sie in einer Vollmondnacht geboren und mit dieser Fähigkeit gesegnet worden war, erfuhr ich zum ersten Mal. Ihre Besonderheiten machten sie erst recht zu einer wunderschönen Frau. Von ihren verschiedenfarbigen Augen über ihre silbrigen Linien im Gesicht bis zu ihrem Baumarm, an dem manchmal diese hübschen Blüten wuchsen, war sie eine faszinierende Erscheinung. Man musste blind sein, um das nicht zu sehen.
Da hatte ich großes Glück gehabt sie zu finden und nun mein Zuhause mit ihr zu teilen. Und mein Frühstück. Es dauerte keine zehn Minuten, da stand alles verzehrbereit auf dem Tresen. >Dann ist deine Erscheinung etwas Besonderes. Genau wie ich mich von allen anderen unterscheide.< stellte ich lächelnd fest. Nur, dass ich mir manchmal wünschte etwas normaler auszusehen und weniger Aufmerksamkeit zu erregen. Ich hegte zwar nicht oft diese Gedanken, aber sie begleiteten mich mein Leben lang.
Kersia
Am Ufer blieben zwei Wächter zurück, um auf Prinz Jahwes Ankunft zu warten. Sie würden ihn dann durch das unterirdische Tunnelsystem zum Ziel führen. Denselben Weg, den wir nun auch gingen. Noch war es zu früh, um die ersten Bürgerinnen und Bürger in die Arena zu lassen, aber Geia hatte mir vorhin erzählt, dass es das Hauptthema des Tages war und es sich niemand entgehen lassen wollte. Ich rechnete mit einer überfüllten Zuschauerbühne. Wie aufregend!
Am Ende des Ganges erwartete uns bereits die erste Gruppe Menschen, die uns auch bei den Vorbereitungen geholfen hatte. Instinktiv suchte ich nach der jungen Frau, die Geia vor ein paar Tagen ausgefragt hatte, aber sie war selbstverständlich nicht anwesend. Allein aus Sicherheitsgründen wäre sie am Eingang abgewiesen worden. Man konnte nie vorsichtig genug sein. Vor allem bei solch einer wichtigen Veranstaltung. Als Erstes führte man uns ins Ankleidezimmer, wo meine Mutter und ich königlich eingekleidet wurden, weil es sich immerhin um ein bedeutendes Ereignis in der Geschichte des Königreichs handelte. Da musste man vorzeigbar sein. Eine echte Prinzessin. Eine wahre Königin.
Ich wartete, bis alles an der richtigen Stelle saß, drehte mich einmal im Kreis und betrachtete mich im wandhohen Spiegel. Besser als das andere Kleid, auf das ich verzichtet hatte. Es bedeckte zwar viel mehr Haut, als ich es gewohnt war, aber farblich und vom Stil her hätte es nicht besser passen können. Ich liebte Anlässe, für die ich mich so schick kleiden musste.