Zen
Kurz vor Mittag war ich endlich fertig mit dem Papierkram. Mit einem leisen Aufstöhnen lehnte ich mich im Stuhl zurück und streckte meine Arme über den Kopf. Irgendwo knackste es. Hoffentlich der Stuhl, nicht meine Knochen. Ich beugte mich wieder vor, räumte alles sorgfältig zusammen und stand auf. Jetzt war es endlich Zeit für einen entspannten Ausflug. Im Schlafzimmer zog ich mir schnell eine knielange Hose und ein langärmliges, lockeres Hemd über. Um Sonnenbrand zu vermeiden, legte ich mir zudem eine dünne, goldene Kette um den Hals, die mit Magie versehen war. Ein Geschenk meiner Eltern. Ich wollte am Ende des Tages nicht wie ein zweibeiniger Krebs aussehen.
Dann ging ich runter in die Küche und schnappte mir den Korb, der auf der Anrichte bereitstand. Die Tür zum Garten stand nach wie vor offen, also trat ich hinaus und rief nach Willow. >Ich wäre bereit, du auch?<
Kersia
Wir näherten uns dem abgetrennten Bereich, in dem ehrenvolle Gäste sowie die Königsfamilie ihre Zeit vertrieb. Die roten Samtvorhänge mit goldenen Stickereien über unseren Köpfen spendeten Schatten, während wir auf kunstvoll bemaltem Marmorboden standen. Unterhalb der Säulenbögen hingen goldene Schalen, in denen Feuer entzündet werden konnte und auf beiden Seiten gab es gemütliche Sitzgelegenheiten mit schönen, bestickten Kissen. Außerdem hatte man von hier aus den besten Blick auf den Schauplatz. Ich umfasste das Geländer und ließ meinen Blick gedankenversunken umherschweifen. In meinem Kopf nahm alles weiter Gestalt an, nur die Reaktion des Volkes blieb aus. Trotzdem malte ich mir aus, wie sie mitfieberten, wie sie jubelten und... Ich schüttelte über mich selbst den Kopf. Eigentlich war es kein gutes Gefühl ersetzt zu werden. Noch hatte ich mir nicht erlaubt zu überlegen, ob sich das Verhalten des Volkes uns gegenüber verändern würde. Da ich kaum einschätzen konnte, welche Art König Jahwe sein würde, musste ich mich in Geduld üben und aufs Beste hoffen. Und das fiel mir jetzt schon verdammt schwer.
Seufzend drehte ich mich zu meiner besten Freundin um, die unbekümmert auf einem der Sofas lag und am Saum eines Kissens herumzupfte. >Langweilst du dich etwa?< fragte ich sie ungläubig.
Sie sah über Kopf zu mir und grinste. >Naja, du scheinst tief in Gedanken versunken zu sein, da will ich dich natürlich nicht stören. Weit und breit ist hier niemand, also ja, ich langweile mich.<
Seufzend nahm ich auf dem Sofa gegenüber von ihrem Platz. >Irgendwie mache ich mir Sorgen um das Bündnis der beiden Königreiche. Was, wenn es sich verschlechtert und sie sich von uns abwenden, weil sie ihren wahren König gefunden haben?<
>Da spricht der Egoismus aus dir. Du willst, dass man sich weiter an dich erinnert und für wichtig hält, aber Fakt ist, dass wenn das Prinzlein auf den Thron kommt, sich einiges verändern wird. Zu einem Bündnis gehören zwei Parteien. Wenn du willst, dass zwischen den beiden Frieden herrscht, musst du dein Bestes geben und wenn ihr euch nicht einig werden könnt, ziehst du dich erhobenen Hauptes zurück und kümmerst dich um all die anderen Problemkinder in der Meereswelt.< Sie zuckte mit der Schulter. >Wir sind auf die Menschen nicht angewiesen. Würden wir es darauf anlegen, könnten wir ihre ganze Insel versenken, wie so viele andere auch in der Geschichte dieser Welt. Hast du etwa die Ruinen von Theion vergessen?<
Ich schüttelte langsam den Kopf. Geia sprach unverblümt das aus, was sich viele andere nicht trauen würden, deshalb war ich froh, dass sie zur direkten, ehrlichen Sorte gehörte. Es half mir klar bei Verstand zu bleiben.
Arena