Elara
Mir war das alles fast zu viel. Maman hatte also mehr gewusst, als sie je preisgegeben hatte? Auch unser geliebter Bruder? Warum? Warum hatten sie das alles für sich behalten? Nur um uns zu beschützen? Ich sah unserem Vater nach, der verschwand und schaute dann auf das Buch hinab. Ich konnte vage den Geruch nach unserer Mutter wahrnehmen. Den Duft, den ich über alles geliebt hatte. Schweren Herzens öffnete ich das Buch, erkannte die Schrift in Sekundenschnelle und blätterte weiter. Zuerst beschrieb sie ihre Erfahrungen mit Geistern, die sie zuvor auch mit uns beiden gemacht hatte. Harmlose Begegnungen.
Doch mit jeder Seite wurde das Wissen über das Leben nach dem Tod immer verwirrender, komplexer. Es gab sogenannte Seelensplitter, die sich nach dem Tod auf der Welt verteilten, nur um zu einem späteren Zeitpunkt zusammenzufinden und ein neues Ganzes zu bilden. Geister, die nicht ins Jenseits hinüberwanderten, blieb dieses Zerfallen erspart und genau das war es, was sie verrückt machte. Je länger sie auf der Erde wandelten, desto mehr Schwärze zogen sie an. Sie waren anfälliger für das Böse. Wie sie erlöst werden konnten, stand nicht explizit drin, aber Maman vermutete, dass es wichtig war, dem Geist vor Augen zu führen, was seine tatsächliche Herkunft war. Ihn zurück zu den Wurzeln seines Daseins zu führen, um dann den dunklen Teil 'abzuschneiden' und ihn damit zu erlösen. Das war jedoch nur eine Vermutung.
Außerdem schrieb unsere Mutter, es gäbe die Möglichkeit, einen wandelnden Geist einen Körper zu schenken, aber das war mit einem großen Opfer verbunden. Ab hier wurde die Sache interessanter, denn angeblich sollte es in unserer Familie solch einen Fall gegeben haben. Jeanne, unsere Urururgroßmutter habe den Verlust ihres Mannes nicht ertragen, weswegen sie dieses Ritual bedenkenlos durchgeführt hatte. Die Folge? Seitdem verschwanden und starben unsere Familienmitglieder auf mysteriöse und plötzliche Weise. Mir lief es kalt den Rücken runter, als ich diese Passage mehrmals durchlas. > Mon Dieu...<
Jean
Als alle anwesend waren, trat ich vor und berichtete unserem Meister über das, was sich in den letzten Stunden zugetragen hatte. Ein Murmeln ging durch die Reihen der Geister, bis die Dunkelheit sich zu regen begann. Anscheinend waren diese beiden Frauen tatsächlich eine Bedrohung für unser Dasein, so auch die Meinung unseres Meisters. Dennoch verlangte er ihren Tod, nachdem die anderen getötet wurden, weil sie eine Besonderheit besaßen, die ihm wichtig war. Was es war, verriet er uns nicht. Ich nickte ergeben, als er uns allen befahl, noch vorsichtiger vorzugehen und dabei die Reihenfolge der Morde einzuhalten. Seiner Meinung nach war das von höchster Bedeutung. > D'accord!<