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2 321

05.11.2019, 18:14

Ardan

Nur wenige Schritte von der Höhle entfernt, bemerkte ich das vertraute Pochen in der Brust und wusste sofort, dass Jadis immer näher kam. Durch das Band, das uns zusammenhielt, reagierten wir sensibler auf die Präsenz des anderen. Das war gleichzeitig schön und praktisch. Sobald ich sie erblickte, wurde das schwere Gewicht auf mir deutlich leichter. Ich fühlte mich nicht mehr so, als müsste ich im nächsten Moment ersticken. Oder den Verstand verlieren.
>Was ist denn mit dir passiert?< fragte ich sie mit einem leisen Lächeln im Mundwinkel. Ihr Gesicht und ihre Kleidung waren völlig verschmutzt. Manch einer würde annehmen, sie sähe ganz und gar nicht wie eine Königin aus, aber in meinen Augen stellte sie genau das dar. Sie blieb meine Königin. Egal, wie sie auftrat. Ich schloss sie sofort in meine Arme, als sie mich erreichte und drückte ihr einen Kuss auf den Scheitel. Sie duftete nach harter Arbeit. Und nach Zuhause. Mein Lieblingsduft. >Ich habe Azuria mitgenommen. Sie ist in der Höhle. Für heute Nacht bleibt sie hier. Morgen schauen wir weiter. Ich möchte momentan nichts planen.<

Jenaya

Kenai gab mir Halt, als mich die verschiedensten Gefühle erschlugen. Ich dachte an Yun. Wie wir ihn verloren und was wir danach empfunden hatten. All diese Empfindungen kehrten mit einem Schlag zurück. Ich sah das leichenblasse Gesicht von Thales an und konnte nicht fassen, dass nun auch er fort war. Für immer. Dieser Krieg stahl ein Licht nach dem anderen. Wie viele würden am Ende noch bleiben? Wie viel davon würde die Dunkelheit verschlingen? Ich bangte um das Leben meiner Familie und das meiner Freunde. Mehr Verlust ertrug ich nicht, obwohl ich mit allem rechnen musste.
Alita ging in die Hocke und fuhr mit den Fingern über den aschebedeckten Boden. Daraufhin erschienen kleine grüne Stängel, die sich in verschiedene Sorten von Blumen verwandelten und um Thales herum erblühten. So wirkte er weniger verloren als zuvor. Friedlicher.

Alita

Ich musterte den gesäuberten Leichnam und spürte erneut den Anflug von Kummer. Keinen, der so schwer wog, wie der meiner Schwester, aber mehr als erwartet. Thales war ein guter Mann gewesen. Jemand, bei dem ich nicht sofort Reißaus nehmen wollte. Er hat in Silia seinen Frieden gefunden. Er wollte nicht fort, also hat er sich ihr angeschlossen. Sein Herzenslicht ist in ihr, bis er es nicht mehr ist. Es hängt ganz von seinem Willen ab, erklärte ich den beiden. Wie es Sury damit ging, wusste ich nicht. Einerseits musste es sie froh stimmen, ihn nicht gänzlich verloren zu haben, aber andererseits würde sie ihn nicht mehr leibhaftig vor sich stehen sehen. Das war traurig. Sehr traurig.
Die Trägerin des Dritten Auges trat näher heran, ging langsam in die Knie und berührte das Gesicht des Toten. Sie erschauderte leicht. Viele Emotionen huschten über ihr Gesicht. >Ja, seine Seele ist weitergezogen. An einen besseren Ort. Er hat keine negativen Gefühle zurückgelassen. Er war ein guter Mann durch und durch.< sprach sie leise. Einige Tränen lösten sich aus ihren Augenwinkeln. Sie schniefte. >Geben wir seinen Leuten die Möglichkeit, sich von ihm zu verabschieden. Danach sollten wir ihn ins andere Lager bringen. Was denkt ihr?<
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2 322

05.11.2019, 18:30

Jadis


Meine Schritte wurden schneller, je näher ich kam und dann fand ich mich auch schon in seine Arme wieder. Seine starke Arme, die mir immer einen Gefühl von Sicherheit und Geborgenheit gaben. Selbst in der schwierigste Zeit. Und als ich das kleine Lächeln in seinem Gesicht sah, brannte mir die Augen. Es war für mich ein Zeichen der Hoffnung. Wir würden es schaffen, auch wenn der Weg schmerzhaft war. "Es ist gut, dass du sie mitgenommen hast. Sie braucht einen guten Freund, der ihr beistehen kann und mit dem sie um Thales trauern kann", antwortete ich und strich sanft über seinem Rücken. Es würde für die Beiden keine einfache Zeit werden. Dann erinnerte ich mich an seine Frage: "Ich habe im Lager ausgeholfen. Es gibt zum Abendbrot Eintopf, das Fleisch ist frisch. Ein warmer Eintopf oder warme Suppe kann wohltuend für die Seele sein. Das behauptet mein Vater."

Kenai


Blumen erschienen um den Toten und ließen ihn weniger kalt wirken. Es sah sogar ein wenig friedlich aus, als wäre er mit sich in Reinen gewesen, bevor er die Welt verlassen hatte. Sein Herzenslicht hatte sich also Silia angeschlossen und es überraschte mich nicht. Dieser Mann besaß ein Kämpferherz und er wollte Derjenige beschützen, die ihm wichtig waren. Das machte ihm zu einem guten Mann, wenn man mich fragen würde. Jenaya löste sich aus meine Arme und wirkte jetzt gefasster. Sie kniete sich zu Thales und berührte sogar das bleiche Gesicht. Er war an einem besseren Ort und dieser Gedanke war ein wenig tröstlich, sowie dass Yun immer ein Teil von mir bleiben würde. Ich spürte die warme Barriere in meinem Inneren. Jenaya weinte und ich wollte ihr die Tränen wegwischen. Sanft legte ich meine Hände auf ihre Schultern: "So machen wir es. Er verdient einen großen Abschied."


2 323

05.11.2019, 18:58

Ardan

Ich sah sie mit einem warmen Blick an und war so unendlich dankbar dafür sie in meinem Leben zu haben. Sie wusste instinktiv, wie es mir ging und was ich zu hören brauchte. Mit einem besseren Gefühl in Brust umarmte ich sie etwas fester. >Danke amiya. Danke, dass du hiergeblieben bist und mir den Rücken gestärkt hast.< murmelte ich in ihr Haar, ehe ich sie sanft küsste. Damit wollte ich ihr meine tiefe Zuneigung zeigen. >Dann lass uns etwas essen, auch wenn ich keinen großen Hunger verspüre. Azuria müssen wir auch irgendwie dazu kriegen etwas zu sich zu nehmen.< Jetzt zu hungern, war eine schlechte Idee. Sie musste bei Kräften bleiben, auch wenn sie am liebsten alle folgenden Tage verschlafen wollte.

Jenaya

Ein letztes Mal schniefte ich, ehe ich mich langsam erhob und nickte. >Ja, das tut er.< Alita war ebenfalls damit einverstanden und beschloss hier beim Leichnam zu bleiben. Somit konnten Kenai und ich alle Leute zusammentrommeln, die von ihrem König Abschied nehmen wollten. Man sah in ihren Gesichtern, wie sehr sie seinen Tod betrauerten. Er hatte sie mit eiserner und zugleich sanfter Hand geführt. Ein hervorragender König, zu dem viele aufgesehen hatten. Sie alle begaben sich zu dem Ort, wo Alita den Leichnam eine Weile lang versteckt gehalten hatte und zündeten hier und dort kleine Lichter aus Flammen an. Gebete erfüllten die Luft. Einige verloren den Kampf gegen die Tränen. Ihr Schluchzen machte es mir schwer ruhig und gefasst zu bleiben, darum kuschelte ich mich enger an Kenai, um so Halt zu finden. In Gedanken sprach ich mein eigenes, kleines Gebet, das ich direkt an Thales schickte. Er war dort, wo Silia war. Ob sie die Gebete ebenfalls erhörte?
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2 324

05.11.2019, 19:10

Jadis


"Wir stehen uns in jede Lebenslage bei, das haben wir uns versprochen", erinnerte ich ihn sanft und mein Blick wurde weich. Wir waren füreinander da, weil wir uns liebten und an der Seite des Anderen sein wollten. Sein Kuss war warm und in meinem Herz wurde es leichter. Ein Kuss konnte so tröstend sein. "Ihr müsst Beide ein wenig essen", nickte ich zustimmend. Besonders im Trauer brauchte man Nahrung, um die nötige Kraft zu haben, auch wenn es Einem schwerfiel etwas zu essen. Wir gingen zum Essenstand und nahmen drei dampfende Schalen mit in die Höhle. Als Beilage gab es noch einen knusprigen Brot und ich hatte noch an frischen Wasser gedacht. Bestimmt brauchte Azuria als Sirene viel Wasser im Körper, besonders wo sie nicht mehr dem Meer nahe war. Als wir in der Höhle waren, entdeckte ich sie in einem apathischen Zustand. Mein Herz krampfte sich zusammen, als ihr Leid mich traf.

Kenai


Nach und nach kamen die Soldaten des Königs, die wir aufgesucht hatten. Sie zündeten Lichter an, als wollten sie die Seele ihres Königs den Weg in das andere Reich beleuchten. Bei Yun hatten die Feen zum Abschied auch hell erleuchtet. Die Luft war schwer von Trauer und ich hörte die Schluchzern. Er musste ihnen ein guter König gewesen sein und ich hoffte er konnte sehen, wie viele Menschen ihn vermissen würden. Dass er ihnen als König und Freund wichtig gewesen war. Ich schaute zum dunklen Himmel hinauf, irgendwo dort da draußen war der geheimnisvolle Ort wo Silia mit seinem Herzenlicht war. Stumm nickte ich dem Himmel zu und drückte Jenaya fester an mich. Sie war ein mitfühlender Mensch, die Gefühle der Anderen hatte sie immer schon berührt.


2 325

05.11.2019, 19:26

Ardan

Azuria in diesem Zustand zu sehen, machte mich echt fertig. Fast genauso sehr wie die Tatsache, dass Thales fort war. Ich kannte diese Seite von ihr nicht. Sie war stets lebendig, lebendig wie das Wasser. Immerzu in Bewegung. Aber davon war nichts mehr geblieben. Sie wollte die dampfende Schüssel nicht mal halten, doch mit etwas Überzeugungskraft und meiner bekannten Sturheit gab sie schließlich nach. Essen tat sie trotzdem nicht. Ich hingegen schon. Ihr würde ich noch etwas Zeit lassen. Sie blieb derweil in den Flammen gefangen, Augen ganz glasig. Sie weinte nicht, aber ihr Wesen strahlte tiefe Trauer aus. Schwer seufzend sah ich Jadis an. >Vielleicht erinnere ich sie zu sehr an Thales. Könntest du mit ihr reden? Zu ihr durchdringen? Einen Versuch ist es wert.< bat ich meine Frau.

Jenaya

Immer wieder wischte ich mir die Tränen fort, bis ich mich einigermaßen beruhigt hatte. In meinem Bauch rumorte es. Das Baby spürte, dass es hier draußen nicht fröhlich zuging und das war bedrückend. Ich streichelte die große Wölbung, um unser Kind wissen zu lassen, dass wir füreinander da waren und beobachtete dabei die Soldaten. Einer nach dem anderen trat vor, richtete ein paar letzte Worte an den König und gab den Weg frei für den nächsten trauernden Mann oder Frau.
Wie würden wohl Ardan, Jadis und die anderen aus unserem Lager Abschied von ihm nehmen? Besonders Ardan hatte sehr gebrochen gewirkt, als er vom Tod seines besten Freundes erfahren hatte. Mir tat alles so furchtbar leid. Ich wünschte, wir hätten die Macht alle zu beschützen, ohne dass sie mit uns in den Krieg ziehen musste. Ich wünschte, wir wären so viel stärker. Das waren wir aber leider nicht.
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2 326

05.11.2019, 19:46

Jadis


Azuria schien nichts essen zu wollen und wirkte nicht anwesend, auch wenn ihr Körper da war. Aber der Blick blieb leer. Ich erinnerte mich zu gut an das Gefühl, als ich glaubte Ardan verloren zu haben bis Jenaya ihn mir zurückgeholt hatte. Mit einem Preis. Ich würde ihr ewig auf dankbar sein und sollte sie jemals meine Hilfe brauchen würde ich es ohne zu Zögern tun, egal was es sein mochte. Ardan machte sich um seine beste Freundin Sorgen, das sah ich ihm an und ich nickte. Ich konnte nichts versprechen, ob es klappen würde, aber ich würde alles versuchen. Ich setzte mich neben Azuria hin, nahm ihre Schüssel ab und legte eine Hand auf ihre kalte Hand: "Iss, damit du Kraft hast zu weinen. Die Tränen werden deine Seele reinigen bis dein Herz bereit ist sich dem Leben zu stellen."

Kenai


Mein Herz wurde eng, als ich die nasse Spuren auf ihre Wangen sah und ich fühlte mich hilflos. Ich mochte nicht sie weinen zu sehen, dann wollte ich sie vor der ganze Welt beschützen und sie so lange in meine Arme festhalten bis sie aufhörte zu weinen. Aber ich wusste, dass man weinen musste, wenn man traurig war. Ansonsten platzte man. Ich bemerkte, dass sie den Bauch streichelte und sofort machte ich mir Sorgen um unser Kind. Es kann bestimmt die Trauer spüren und das war sicherlich gut für ein Ungeborenes. Ich legte beschützend meine Hand auf dem Bauch: "Keine Angst, es ist alles gut. Ich passe auf euch auf." Nach und nach verabschiedeten sich die Menschen von ihrem König und als der letzte Mensch vor ihm stand, waren wir bereit Thales ins anderen Lager zu bringen.


2 327

05.11.2019, 20:00

Jenaya

Kenai bemerkte, wie ich mir den Bauch streichelte und reagierte darauf mit seiner liebevollen Art. Er war sehr aufmerksam, was uns beide betraf. Ich schenkte ihm ein leichtes Lächeln, ehe ich mich wieder zu Thales blickte, der seelenruhig schlief. Den Schlaf des Todes. Alita nickte uns zu, wohl wissend, was als Nächstes kam und nach dem Zucken ihrer Ohren befanden wir uns plötzlich im anderen Lager. Eine Sekunde. Länger hatte die Reise nicht gedauert. Und sie war deutlich angenehmer als das Reisen durch das Schattenportal.
Wir standen nicht direkt in der Höhle, sondern etwas abseits des Lagers, wo hauptsächlich die Dunkelheit herrschte. Mond und Sterne gab es nämlich hier nicht. Die drückende Stille kehrte zurück.
>Kannst du Ardan und die anderen holen? Ich bleibe solange hier bei den beiden.< bat ich Kenai.

Ardan

Ich beobachtete Jadis dabei, wie sie zu Zuri sprach und diese sich nach wie vor nicht regte. Keine Ahnung, was jetzt gut für sie war. Ja, sie war eine gute Freundin von mir, aber ich hatte sie nie nach einem tragischen Verlust trösten müssen. Ich hatte null Erfahrung damit. Ich kannte nur meine eigenen Verluste. Es frustrierte mich, dass ich keine große Hilfe war. Einfach für sie da zu sein, war alles, was ich tun konnte. Hoffentlich reichte das.
Seufzend stand ich auf und ließ die beiden Frauen kurz alleine. Vielleicht half etwas Distanz. Vielleicht auch nicht. Ich wusste es nicht mit Gewissheit. Ich war einfach nur verwirrt.
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2 328

05.11.2019, 20:07

Jadis


Ich bemerkte, dass Ardan aufgestanden war und leiseste Höhle verließ. Azurias Zustand nahm ihn mit und ich wusste er fühlte sich gerade hilflos, weil er nicht wusste wie er ihr helfen konnte. Dabei tat er das, indem er für sie da war. Jeder trauerte auf seine eigene Art, doch sollte Derjenige nicht damit alleine sein. Denn Trauer in der Einsamkeit war die schlimmste Art und so würde sich niemals die tiefe Wunde im Herzen langsam heilen können. Azuria blieb weiterhin regungslos, ich drückte sanft ihre Hand und begann leise ein Lied zu summen. Es ging darum, dass wir alle mit der Welt verbunden war, so im Leben wie auch im Tod.

Kenai


Der Zauber von Alita führte uns schnell zum anderen Lager, man bekam kaum mit und ich musste ein paar Mal blinzeln, um zu wissen, dass wir gerade an einem anderen Ort waren. Weiter hinten war das andere Lager, man sah die Lichter der Feuerstellen. Die einzige Lichtquellen in dieser dunkle Gegend. "Natürlich", ich küsste auf ihrem Kopf und machte mich auf dem Weg ins Lager. Die Wachen sahen auf und senkten ihre Waffen schnell, als sie mich erkannten. "Ich möchte zu König Ardan, wo finde ich ihn?", fragte ich ihnen und erhielt meine Antwort. Zielstrebig ging ich in die Richtung der Höhle, wo er sein Nachtlager aufgeschlagen hatte. Aber weit kam ich nicht, denn Dieser schien gerade aus der Höhle gegangen zu sein und kam in meine Richtung. "Hallo Ardan. Thales ist hier, damit ihr euch Abschied von ihm nehmen könnt", sagte ich ihm.


2 329

05.11.2019, 20:21

Ardan

Eigentlich hatte ich damit gerechnet tief durchzuatmen, doch da machte mir Kenai einen Strich durch die Rechnung. Er tauchte wie aus dem Nichts auf. Mit Thales. Thales' Leichnam. Ich spürte, wie mir das Blut aus dem Gesicht wich. Zu wissen, dass die Leiche meines besten Freundes ganz in der Nähe war, machte mich fertig. Meine Schultern sanken nach unten. Abschied nehmen? Wie? Wie sollte ich das tun? War ich stark genug dafür?
>Ich... ich gebe den anderen bescheid...< murmelte ich betroffen. >Wie geht es euch beiden? Und danke, dass ihr ins andere Lager aufgebrochen seid, um nach dem Rechten zu sehen.< Damit hatten sie mir eine große Last genommen und das wusste ich sehr zu schätzen.

Jenaya

Ich schaute zwischen Alita und Thales abwechselnd hin und her. Alita wirkte traurig, aber zugleich wachsam. Ich hingegen fühlte nur die Trauer. Ich wollte mir nicht ausmalen, wie meine Freunde auf diesen Anblick reagieren würden. Es hatte mir schon gereicht, all die Menschen zu beobachten, die von ihm Abschied nahmen. Die Tränen meiner Freunde allerdings würden mich emotional fertigmachen.
>Was passiert mit euch Animagi, wenn ihr fort seid?< fragte ich den Waldhasen. Auch wenn ich ungern über den Tod sprach, weil er zurzeit allgegenwärtig war, wollte ich das wissen. Ich wollte wissen, ob es Unterschiede gab. Die kupferfarbenen Augen von Alita wanderten zu mir. Unendliches Wissen lag in ihnen. Wir kehren zurück in den Schoß unserer Mutter. Wir werden zu reiner Energie und erwecken neues Leben. In unserer Welt ist alles am Leben. Selbst der kleinste Grashalm.
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2 330

05.11.2019, 20:27

Kenai


Ich glaubte ich hätte die Botschaft vorsichtiger bringen sollen, denn er wirkte als hätte ich ihn mit einem Pfeil getroffen. Seine gebeugte Haltung wurde noch tiefer und die Blässe in seinem Gesichter bleicher. Ich sah die dunkle Schatten unter seine Augen und den tiefen Kummer in ihnen. Ich konnte auch die trauernde Schatten in seinem Herzen sehen. "Dafür muss du nicht danken. Freunde sind füreinander da", etwas unbeholfen legte ich eine Hand auf seiner Schulter und klopfte darauf. So machten das die Männer ja, wenn sie Unterstützung und Anteilnahme zeigen wollten: "Jenaya ist traurig und ich fühle mit euch. Thales war ein guter Mann gewesen, er wollte die Welt ein Stück besser machen. Jetzt müssen wir uns noch mehr bemühen, damit seine Seele sich nicht zu viele Sorgen macht. Sein Herzenlicht ist noch in Silia, er bleibt solange bis er nicht mehr gebraucht wird. So habe ich es jedenfalls verstanden." Ich senkte meine Hand und deutete die Richtung an: "Wir sind dort hinten und warten auf euch."



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05.11.2019, 20:38

Ardan

Kenai legte mir seine Hand auf die Schulter und ich sah, dass er auf seine Art Anteilnahme zeigen wollte. Ich lächelte schwach. Er war ein ebenfalls ein sehr guter Freund. Auf ihn konnte man sich verlassen. Außerdem beruhigten mich seine Worte. Zu wissen, dass Thales irgendwie noch bei uns war, gab mir Frieden. Dieser Mann blieb selbst im Tode stur. Etwas, wofür wir beide bekannt waren. Ich hoffte, dass es ihm bei Silia sehr gut ging. Und dass meine Tochter nicht zu sehr darunter litt. Es war bestimmt nicht einfach, sein Herzenslicht zu tragen und zu wissen, dass er tot war.
>Danke. Wir kommen gleich.< antwortete ich und ging zurück in die Höhle. Etwas unschlüssig massierte ich mir den verspannten Nacken. >Jenaya und Kenai sind zurück. Sie haben Thales mitgebracht.< Wie vom Blitz getroffen, reagierte Zuri auf die Nachricht mit großen, geweiteten Augen. Ihr Atem stockte. >Tha-...les.<
Hatte ich zuvor geglaubt, sie hätte keine Tränen mehr zum Weinen, so lag ich falsch. Das Blau füllte sich mit Wasser und ihre Lippen verließ ein herzzerreißender Schluchzer.
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05.11.2019, 20:47

Jadis


Ardan blieb nicht lange weg und kehrte zurück. Sofort sah ich in seinem Gesicht, dass er etwas Wichtiges zu sagen hatte und das tat er auch. Mein Herz stockte einen Moment bis ich die Bedeutung seiner Worte begriff. Sie hatten seinen Leichnam hergebracht, damit wir alle uns Abschied von ihm nehmen konnten. Die Trauer nahm mir beinahe das Atem, denn dieser Teil würde für uns alle das Schwerste sein. Wir mussten ihn loslassen, fortan würde er in unsere Erinnerungen weiterleben. Azuria zeigte erste Reaktion seit sie hier war und ihr Körper begann zu beben. Ich umarmte sie fest, um ihr Halt zu geben, damit sie nicht endgültig auseinander fiel. "Komm Liebes, es ist Zeit dich von ihm zu verabschieden, damit sein Körper mit der Erde eins werden kann", flüsterte ich traurig und meine Augen begannen zu brennen.

Kenai


Ich kehrte zum Platz zurück, nachdem Ardan gegangen war. Ich war froh wieder bei Jenaya zu sein, denn ich hatte sie ungern hier in der Dunkelheit zurückgelassen. "Sie kommen gleich", sagte ich zu Alita und Jenaya. Dann schaute ich auf Thales, er war wieder umringt von Blumen, wodurch er aussah, als würde er nur schlafen. "Ich habe die Macht der andere Königin gespürt. Die von dem Meer", sagte ich und sah den toten Körper an: "Ich habe bei den Beiden die Liebe zueinander gefühlt, als ich sie mal zusammen gesehen habe. Aber sie waren dennoch nicht zusammen, nicht so wie Jenaya und ich." Ich versuchte mir vorzustellen, wie schwer es für diese Frau sein musste den Mann gehen zu lassen, den sie liebte. Jenayas Tod würde mich in eine unendliche Dunkelheit ziehen.


2 333

05.11.2019, 21:08

Ardan

Zuri zitterte am ganzen Leib. Sie schluchzte haltlos und klammerte sich an Jadis fest, als hinge ihr Leben davon ab. Ich eilte herbei, schlang einen Arm um ihre Taille und half ihr auf die Beine. >Wir sind bei dir. Wir halten dich.< versicherte ich ihr, während sie etwas wackelig auf den Beinen voranschritt. Jadis und ich stützten sie. Mir brach das Herz. Nicht nur wegen Zuri, sondern weil ich nicht bereit war Thales zu sehen. Ich würde nie bereit dafür sein. So wie ich damals nicht bereit gewesen war zu erfahren, dass meine Schwester ums Leben gekommen war.
Ich holte tief Luft und führte die beiden Frauen zum Ort, den Kenai mir beschrieben hatte. Abseits des Lagers entdeckte ich eine blumige Fläche. Ein Werk von Alita vermutete ich. Und auf dieser Fläche entdeckte ich einen sehr vertrauten Körper. Das rote Haar lag breit gefächert im Gras und die Augen blieben geschlossen. Sie öffneten sich nicht. Auch nicht, als mir sein Name über die Lippen stolperte.

Jenaya

Meine Augen weiteten sich. Azuria, die Königin der Sirenen, war ebenfalls hier. Oje... Das hatte ich nicht erwartet. Sie und Thales hatte eine besondere Beziehung zueinander gehabt. Romantischer Natur. Dennoch waren sie kein Paar gewesen. Wir kannten zwar die Gründe dafür nicht, aber ich ahnte, dass dieser Verlust sie schwer treffen würde.
Sie sind hier, verkündete Alita in unseren Gedanken. Ich drehte mich um und entdeckte Jadis sowie Ardan, die Azuria stützten. In ihren Augen standen Schmerz und Trauer. Besonders in denen von Azuria. Sie litt unmenschliche Qualen. Als ihr Blick dann auf Thales fiel, riss sie sich sofort von den beiden los, stürzte voran und kam auf Knien vor ihm zu Boden. Im ersten Moment traute sie sich nicht ihn anzufassen, aber dann überkam sie ein heftiger Schluckauf und ihre Finger gruben sich in sein Oberteil. >Nein... nein, nein, nein,... nein.< schluchzte sie immer wieder. Dabei schüttelte sie wie wild den Kopf.

Bin dann mal off, wünsche dir noch einen angenehmen Abend :*
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2 334

05.11.2019, 21:21

Wünsche ich dir auch :)

Jadis


Ardan unterstützte mich sie aufzuhelfen und langsam verließen wir die Höhle. Mein Herz zog sich bei jeden Schritt zusammen und ich wusste, was auch in Ardan vorgehen musste. Es würde unglaublich schwer werden. Die Luft wurde von der greifbare Trauer dicker und die Menschen blickten auf. Sie begriffen langsam, dass etwas Schlimmes geschehen sein musste und dann erreichte sie die Nachricht, dass König Thales tot war. Der Wind brachte ihnen die Nachricht. Die Luft wurde noch dicker und ich spürte ihre tiefe Betroffenheit. Wir gingen aber weiter und erreichten die Stelle, wo Thales lag. Leise keuchte ich auf, als ich ihn in den Blumen entdeckte. Jetzt wurde sein Tod noch greifbarer. Azuria riss sich von uns los und stürzte auf ihn. Mein Herz brach mit ihr, als sie die Endgültigkeit begriff. Ich kämpfte gegen die Tränen und schlang meine Arme um Ardan, weil ich wusste, das er das brauchte um überhaupt noch stehen zu können.

Kenai


Sie kamen und die Königin sah gebrochen aus, als hätte man ihr Herz aus dem Brustkorb gerissen. Was dieser Tod auch getan hatte. Ich sah in ihrem Brustkorb ein dunkles, tiefes Loch. Ich kannte dieses Loch, das war als ich noch glaubte, Jenaya hätte mich für immer verlassen. Sie fiel vor den Toten auf die Knien und packte ihn. Die Verzweiflung stand in ihrem Gesicht geschrieben. Ich legte einen Arm um Jenaya, denn dieser Anblick würde sie erdrücken. Der Tod nahm nicht nur Leben, sondern ließ auch viel Leid der Lebende zurück, die mit den Toten verbunden waren. Ich musste an meine Familie denken. An Yun. Und jetzt war Thales tot. Ich konnte immer noch nicht verstehen, warum gute Menschen gehen mussten.


2 335

07.11.2019, 18:45

Ardan

Es war eine Qual, Zuri in diesem Zustand zu sehen. Wie sie sich an ihm festhielt, wie hemmunglos sie weinte und dabei ihr Gesicht seitlich an seines drückte. Ihr gebrochenes Herz schrie. Man konnte tatsächlich hören, wie einem das Herz brach. Zuri war der Beweis. Würde Jadis mich nicht halten, wäre ich höchstwahrscheinlich neben meiner Freundin zusammengebrochen. Vielleicht hätte ich Thales sogar in die Brust geboxt. Aus Wut, weil er von uns gegangen war. Ohne ein letztes Lächeln. Ohne einen witzigen Kommentar. Bilder und Szenen spielten sich vor meinem inneren Auge ab, während ich das blasse Gesicht meines besten Freundes anstarrte. Er hatte mich aus einem tiefen, dunklen Loch gerettet, als ich nicht einmal darum gebeten hatte und nun hatte ihn mir der Krieg genommen. Warum starben Menschen, die mir wichtig waren? Warum nicht ich? Wieso hatte ich ständig das Glück am Leben zu sein? Was für einen Sinn hatte das?

Jenaya

Tränen sammelten sich erneut in meinen Augen. Dieser Anblick war schwer zu verdauen. Ich musste wegsehen, sonst lief ich Gefahr auseinanderzufallen und ich hatte keine Kraft dafür. Azurias kummervolle Laute waren schlimm genug. Es gab nichts, was ihr helfen könnte den Schmerz zu überwinden. Jemanden zu verlieren, den man liebte, das war... unbeschreiblich. Eine Heilung gab es nicht.
Ich schniefte an Kenais Brust und schloss die Augen. Von Thales Abschied zu nehmen, war furchtbar. Mir kam es vor, als wäre Yun erst vor ein paar Tagen gestorben. Ich fühlte mich miserabel und wusste nicht, wie wir es schaffen sollten schon bald unserem letzten Feind gegenüberzustehen. Der emotionale Schaden war groß, sehr groß. Wir alle waren tief verwundet. Wir hatten nicht einmal Zeit unsere Wunden zu lecken und zu heilen. Alles ging so unfassbar schnell. Viel zu schnell.
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2 336

09.11.2019, 10:40

Jadis


Ich verlor den Kampf gegen meine Tränen und heiß rannen sie über meine Wangen, während die schwere Trauer mir beinahe das Atem nahm. So viel Leid. Es musste damit endlich aufhören. Keine Verluste mehr. Ich spürte, wie meine Beine schwach wurden, doch für Ardan blieb ich stark. In diesem Moment brauchte er mich viel mehr, immerhin war Thales sein jahrelanger treuer Freund gewesen und hatte ihn durch verschiedene Zeiten begleitet. Dann krampfte sich mein Herz wieder, als Azuria voller Verzweiflung weinte. So viel Schmerz. Ich wünschte mir so sehr, die Beiden hätten eine Chance gehabt sich zu sagen, was sie füreinander empfanden. Jetzt würde es immer unausgesprochen sein und ich konnte es mir vorstellen, wie es sie innerlich zerriss. Denn es hatte mich selbst innerlich zerrissen, als ich glaubte Ardan zu verlieren bis Jenaya sein Leben rettete.

Kenai


Ich drückte Jenaya fester an mich, damit sie an meiner Brust weinen konnte ohne den Halt zu verlieren. Sanft strich ich über den Hinterkopf und schwieg. Weiter hinten erblickte ich ein paar flackernde Fackeln. Die Menschen vom Lager kamen langsam und schienen die Nachricht bekommen zu haben, dass Thales gefallen war. Wie beim anderen Lager hörte ich ihr Klagelaut, ihr Verlust um einen guten König. Selbst auch von denen, die nicht seine Untertanen gewesen waren. Harpyien erschienen, singend und ihre Stimmen wurden von dem Wind getragen. Sie sangen von einem ehrenhaften König mit Herz und Mut. Sie sangen über seine heldenhafte Taten, die niemals in Vergessenheit geraten werden. Sie sangen, dass er zu den Sterne emporsteigen und dort über uns wachen würde. Thales wurde zu einer Legende.


2 337

10.11.2019, 18:38

Ardan

Mein Körper bebte vor Kummer. Ich musste mich echt zusammenreißen, um nicht von der Wucht der Gefühle in die Knie gezwungen zu werden. Alle um mich herum trauerten. Die Luft war kalt und wog schwer. Doch sie wurde gleichzeitig leichter, weil mehr und mehr Leute auftauchten, um von Thales Abschied zu nehmen. Sie feierten ihn für seine Taten. Sie ehrten ihn. Sie wünschten ihm eine gute Weiterreise. Und inmitten all dieser Gesänge und Gebete weinte Azuria um ihre verlorene Liebe. Egal, was sie tat, egal, was sie versuchte, er blieb tot. Diese Erkenntnis traf sie härter als alles andere. Ich sah es an der Art, wie ihr Schluchzen allmählich abebbte und ihre Schultern nach unten sanken. Sie gab auf. Sie glaubte nicht mehr an das Wunder der Wiederauferstehung. Thales würde seine Augen nicht mehr öffnen. Nicht in diesem Leben.
Schniefend wandte sie sich an mich und Jadis. >Er muss... er muss... beerdigt werden.< Ihre Lippen zitterten. >Er muss zurück in... in sein Reich.<
Ich nickte langsam. Das war die beste Entscheidung, die wir für ihn treffen konnten. Als König der Insel der Heißen Quellen stand ihm eine traditionelle Beerdigung zu. Eine, die es ihm erlaubte ins Reich seiner Vorfahren zu gelangen und dort über den Nachfolger oder die Nachfolgerin zu wachen. Zwar fragte ich mich, wer das sein würde, aber darüber konnte ich mir jetzt keine Gedanken machen. Ein Schritt nach dem anderen.

Jenaya

Meine Augen weiteten sich vor Überraschung, als plötzlich mehr Leute kamen und wunderschöner Gesang die tragische Stille vertrieb. Sie sangen für Thales. Sie machten ihn zu einer Legende. Eine verdiente Ehre. Wo auch immer er gerade war, ich hoffte, dass ihn die Botschaften und Gebete erreichten. Und ich hoffte, dass Azuria nicht an ihrem gebrochenen Herzen starb. Sie musste am Leben bleiben. Sie durfte nicht aufgeben. Nicht jetzt, wo jede Kraft benötigt wurde, um den Frieden wiederherzustellen.
Ich werde mich um den Transport kümmern, wandte sich Alita an uns, als Azuria davon sprach, Thales zurück in sein Reich zu bringen. Ich nehme dann zwei seiner Generäle mit, die mit dem Volk sprechen werden. Ihr solltet hierbleiben und eure Herzen heilen.
>Nein, nein ich lasse ihn nicht gehen.< zischte die Königin und klammerte sich mit beiden Händen an Thales' Schultern fest. In ihren Augen las ich pure Verzweiflung. Sie schüttelte vehement den Kopf. >Zuri, vielleicht solltest du hier bei uns bleiben und-<
>Nein!< Diesmal klang ihre Stimme deutlich fester. Sie sah Ardan direkt an und presste die Lippen fest zusammen. Ich fragte mich, ob sie sich gerade in Gedanken stritten, doch unser Freund machte einen schnellen Rückzieher. Er seufzte schwer. >Soll ich dich begleiten?<
>Nein. Ich... ich werde in seinem Namen vor sein Volk treten. Ich werde seinen Leuten Schutz bieten.< Wieder sammelten sich Tränen in ihren Augen. >Sein Tod soll nicht umsonst gewesen sein.< Schniefend schaute sie wieder ihren geliebten Freund an und strich ihm sanft über die Wange. >Ich brauche mehr Zeit mit ihm. Ich will ihn noch nicht loslassen.<
Dann nehme ich dich auch mit, wenn das dein sehnlichster Wunsch ist. Ich passe auf dich auf, versprach Alita mit einem kleinen Lächeln, ehe sie ihren Blick auf uns alle richtete. Trauert, aber bleibt wachsam. In Zeiten der Schwäche lauert die Gefahr näher als euch bewusst ist.
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2 338

10.11.2019, 20:17

Jadis


Trotz der tiefe Trauer in meinem Herzen spürte ich, wie es mich zutiefst berührte, dass die vielen Menschen gekommen waren, um sich von Thales zu verabschieden und ihn in eine Legende verewigen wollten. Er war ein würdiger König gewesen, sein Volk und auch die anderen Menschen hatten zu ihm aufgeschaut. Jetzt ehrten sie ihn, wie es Thales verdient hatte. Selbst die Harpyien neigten ihren Haupt vor ihm, obwohl sie ihm nicht kannte, doch der Wind hatte ihnen seine heldenhafte Geschichten erzählt. Thales würde immer ein Teil von uns sein und ein Teil von dieser Welt. Er würde niemals vergessen werden, man würde noch in 100 Jahren über ihn sprechen. Diese Gewissheit verankerte sich tief in meinem Inneren und das linderte nur ein ganz wenig den Schmerz. Alita wollte nun sein Körper in seinem Land bringen, wo er in seine Heimat gebettet werden konnte. Natürlich wollte Azuria mit und wieder brach mir ihr Anblick beinahe das Herz. Und sie wollte alleine den letzten Schritt des Abschieds gehen. Sanft drückte ich Ardans Hand und spürte, dass sie diesen Schritt wirklich alleine tun musste, um ihn loslassen zu können. Stumm nickte ich Alita zu und dann waren sie auch schon mit Thales verschwunden.

Kenai


Die Trauerfeier fühlte sich wie eine Ewigkeit an und gleichzeitig schien sie sehr kurz gewesen zu sein. Die Luft war immer noch schwer und schmeckte nach salzige Tränen. Doch gleichzeitig hatte sich etwas verändert, ein Hoffnungsschimmer. Ein neuer Willen. Thales Tod hatte die Menschen berührt und trotz des Kummers schienen sie eine neue Kraft gewonnen zu haben. Ihre Gesichter wirkten entschlossener und ich spürte ihren Schwur, als hätten sie ihn laut ausgesprochen. Sein Tod sollte nicht umsonst gewesen sein. Ich schaute hoch zum dunklen Himmel: "Alita hat Recht, wir sollten zurück zum Lager." Einen Moment schienen die dunkle Wolken aufzubrechen und ich sah, dass der Mond sich langsam zu seine volle Größe entwickelte. Demnächst gab es wieder Vollmond. Doch dann stutzte ich und meine Augen weiteten sich. Die Ränder des Mondes hatten sich rötlich verfärbt, als würde der Mond bluten. Die dunkle Wolken bedeckten wieder den Himmel. So etwas hatte ich noch nicht gesehen. Und bestimmt hieß das nichts Gutes.


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10.11.2019, 21:01

Anderthalb Tage später...

Silia

Blinzelnd öffnete ich vorsichtig die Augen. Meine Lider fühlten sich unnatürlich schwer an. So als hätte ich sehr, sehr lange geschlafen und sie wären zusammen festgewachsen. Auch das Licht wirkte greller als sonst. Es blendete mich für einen kurzen Moment, ehe ich mich daran gewöhnte und die Augen weiter öffnen konnte. Der Geruch von Wald, Wiese und Blumen drang in meine Nase. Dazu eine starke Note Magie. Mir kam das alles sehr bekannt vor. Der gemütliche Platz, auf dem ich lag, das viele Blattwerk, die um mich gewundenen Zweige und das sanfte Pulsieren von Energie... Ich war Zuhause. Hier hatte ich zum ersten Mal das Licht der Welt erblickt. Meiner Welt. Wie lange war es her? Wann war ich das letzte Mal hier gewesen? Ich besaß keine Erinnerung daran. Demnach musste mein letzter Besuch einige Jahrhunderte hinter mir liegen.
Ich richtete mich langsam auf, spürte, wie das Gefühl für meinen Körper zurückkam. Meine Finger, meine Handgelenke, meine Füße, mein Nacken, ich bewegte jedes Glied und zuckte dabei neugierig mit den Ohren. So viele Geräusche. So viel Leben um mich herum. Ich liebte es hier. Ein friedlicher Ort ohne Dunkelheit. Ohne Ängste. Ohne... Tod.
Natürlich hatte ich nicht vergessen, was passiert war und warum mich meine Geschwister hierher gebracht hatten. Der harte Kampf, der gewaltige Verlust an Herzenslichtern, das alles hatte mich ausgelaugt. Doch nun ging es mir wieder besser. Physisch, versteht sich. Der pochende Schmerz von Verlust war nach wie vor sehr präsent. Es schmerzte hinter meinem Brustbein, aber ich hatte mich damit abgefunden, dass Thales nun ein Teil von mir war. Er blieb an meiner Seite. Er wollte weiterkämpfen. Diesen Wunsch hatte ich ihm nicht verwehren können.
>Du bist wach, Schwesterherz. Das beruhigt mich.< erklang die sanfte, schnurrende Stimme meines Bruders. Envar blickte mich aus seinen warmen, türkisfarbenen Augen an. Er hatte sich Sorgen gemacht. Die tiefe Falte auf seiner Stirn verriet es mir. Mit einem leichtfüßigen Satz sprang er von einem Ast herunter und landete direkt vor mir. Der Geruch von Winter und Schnee überlagerte all die anderen Düfte. >Du warst eine Weile fort. Zwei Wochen.<
Ich riss erschrocken meine Augen auf. >Zwei Wochen!? A-aber was... wie... das, das kann doch nicht sein.< Hastig befreite ich mich von den Zweigen, um aufzustehen. Ich musste zu meiner Familie. Zu meinen Freunden. Zu Akela. O nein, Akela.
Envar klatschte mir mit der flachen Hand gegen die Stirn. >Mach mal langsam, halb so dramatisch. Du hast bloß anderthalb Tage geschlafen.<
Ich hielt inne. >Scherze? Wirklich?< funkelte ich ihn böse an.
>Über sowas scherzt man nicht.<
>Jaja, die Welt ist am Abgrund und plötzlich darf man seine Schwester nicht mehr aufziehen.< rollte er mit den Augen und reichte mir seine Hand, die ich schnaubend annahm. So gern ich seine lockere Art auch hatte, im Moment war mir nicht nach Scherzen zumute. Ich wollte einfach nur zu meiner Familie. Ich wollte sehen, wie es ihnen ging. Und was Akela betraf, hoffte ich, dass er nicht den Verstand verloren hatte. Dass er sich nicht zu stark um mich sorgte.
>Brechen wir gleich auf.< sagte ich fest entschlossen. Envar öffnete den Mund, um etwas zu sagen, doch da hatte ich bereits ein Portal erschaffen und ihn mit mir hineingezogen. Eine Sekunde später und mit wild klopfendem Herzen landeten wir vor der Höhle meiner Eltern. Die Leute waren noch hier, also hatte zum Glück kein Kampf mehr stattgefunden. Mir entwich ein erleichterter Seufzer.
Zeitmenschdoku: https://www.youtube.com/@zeitmenschdoku2678
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11.11.2019, 17:03

Jadis

Es waren anderthalb Tage vergangen seit Thales Tod und seiner Beerdigung in seinem Reich. Manchmal kam es mir wie ein schrecklicher Albtraum vor, doch ich kannte die Wahrheit und hatte sie langsam akzeptiert. Wir trauerten immer noch um ihn und es wird lange dauern bis der Schmerz erträglicher wurde. Besonders bei Ardan und Azuria. Wie versprochen war sie in Thales Reich geblieben, um den Menschen Schutz zu geben. Sie tat es für ihn. Ich schaute in das dämmerige Morgenlicht und meine Augen wanderten schließlich zum wolkenverhangener Himmel. Mittlerweile konnte der bereits volle Mond durch ihnen rötlich schimmern und jedes Mal bereitete mir dieser Anblick ein Unbehagen. Aus Sagen wusste ich, dass es ein bevorstehendes Unheil bedeutete. Ansonsten rankten viele düstere Geheimnisse um den roten Mond. Ich erschauderte und atmete tief ein. Wir mussten wachsam bleiben und dürften nicht in unsere Trauer schwach werden. Dann riss ich mein Kopf in die Höhe, als ich plötzlich Veränderung in der Luft wahrnahm. Einen Moment starrte ich meine Tochter an, dann schrie ich ihren Namen und riss sie in meine Arme. Meine Tochter war zurückgekehrt!

Kenai

Jenaya und ich waren nach dem Abschied von Thales zurück in das andere Lager gekehrt, nachdem wir mit unsere Freunde abgesprochen hatten was zu tun war. Die Menschen dort brauchten eine führende Hand, den sie vertrauten und aus diesem Grund hatten wir diese Aufgabe nun übernommen. Wir mussten ihnen die Sicherheit geben, sie waren Opfern von einem schweren Verrat gewesen und daher hegte sie nun großes Misstrauen gegenüber dem Orden des Lichts. Doch wir hatten sie zum Glück beruhigen können. Außerdem wollte ich da sein, wenn Akela zurückkam und es machte mich unruhig dass er nach anderthalb Tage immer noch weg war. Normalerweise war er nie lange bei Calypso, aber Jenaya wusste nicht, wie sie zu ihr kontaktieren konnte. Also musste ich warten. "Kenai!", rief der Mondelfe vor der Tür, als ich vom Feldbett aufstand. Alarmiert ging ich halbbekleidet zur Tür: "Was ist los?" "Es geht um Cerberus", Boyd sah mich ernst an: "Wie du weiß verwandelt er sich in den Vollmondnächte. Doch dieses Mal ist es anders. Wir haben Blutmond, die Nacht der Wölfe. Sie werden von seiner Magie befallen und auch Cerberus ist jetzt von ihr befallen. Wenn er sich verwandelt, wird er zu einer dämonische Wolfsbestie und kann niemals wieder zurückkehren. Wir müssen seine bevorstehende Verwandlung stoppen, bevor es zu spät ist."