Alessandro
Hoch konzentriert stehe ich in einer der alten Lagerhallen, welche rund um das kleine Dorf stehen.
Mein Blick ist auf eine Zielscheibe, einige Meter von mir entfernt gerichtet. Ich spanne den Bogen, kneife ein Auge zusammen und lasse los. Volltreffer. Zufrieden gehe ich auf die Zielscheibe zu und entferne gerade den Pfeil, als mich mein Telefon aus meinen Gedanken reißt. Sofort werde ich ernst und gehe ran, ohne auch nur auf den Display zu schauen. Es gibt nur eine einzige Person, die mich kontaktieren würde.
"Guten Abend.", gehe ich ran und klemme mir das Telefon zwischen Schulter und Kopf, während ich den Pfeil aus der Zielscheibe ziehe. "Alessandro, es ist dringend. Begib dich sofort nach Los Angeles, es wartet Arbeit auf dich. SIE sind wieder auffällig geworden. Ich schicke dir die Koordinaten zu, du wirst die Papiere an der Rezeption erhalten. Sei vorsichtig und gib mir Meldung, wenn ihr im Quartier seid." - aufgelegt. Keine Zeit für Fragen. Keine Zeit.
Stirnrunzelnd starre ich einen Augenblick auf den Display, bis mich die Koordinaten erreichen. Es ist eine halbe Ewigkeit her, seit sie das letzte mal aktiv waren. Es war nur eine Frage der Zeit. Ich lege meine Waffen zu Boden und streife mir meine Jacke über, ehe ich mich auf den Weg zu den angegebenen Koordinaten mache. Es dauert nur einen Augenblick und ich finde mich vor einem kleinen, schäbigen Motel wieder. Ohne mir weiter Gedanken darüber zu machen, gehe ich die wenigen Stufen hoch und betrete es.
Im Inneren sieht es nicht ganz so schlimm aus. Nicht modern, aber sauber. Eine Notunterkunft.
Ich steuere auf die Rezeption zu und erkläre kurz den Sachverhalt, ehe ich mir die nötigen Papiere schnappe und einen Blick darauf werfe. Ein junges Mädchen also. Die alte Dame an der Rezeption gibt mir ihre Zimmernummer und ich bedanke mich. Schweigend steige ich die wenigen Stufen hoch und klopfe an ihre Türe. Zögernde Schritte nähern sich und die Tür öffnet sich. Ein blondes, zierliches Mädchen steht vor mir und fragt nach meinem Anliegen.
"Ava? Ich bin Alessandro. Man hat mich zu dir geschickt, weil ich dich beschützen soll.", sage ich und reiche ihr die Hand.
Sie bittet mich herein, wirkt zerstreut. Schweigend betrete ich das kleine Zimmer und sehe mich um. In einer der Ecken stehen zwei Koffer, bereit, die Stadt zu verlassen. Da ich kein Freund von Smalltalk bin, versuche ich sofort die Fakten zu erfahren. In mir brennt eine gefährliche Neugier. Ich muss wissen, was genau vorgefallen ist. Wen sie gesehen hat.
"Erzähl mir deine Geschichte."