Irene
Alles in mir wehrt sich dagegen meinen Vater alleine mit Oscar zu lassen. Aber ich schaffe es gerade einmal so gerade aus zu laufen ohne umzukippen. Das Zeug was uns vorhin gespritzt wurde, gemischt mit meinem brummenden Schädel haben meinen Kreislauf komplett zerlegt. Mir wird fast ganz schwarz vor Augen, während ich nach draußen wanke, ehe auf einmal Hannah da ist und ich zu ihr stolpere. "Charlie?" ich sehe ihr nach, wie sie wieder rein geht. Was tut sie? Was zur Hölle macht sie da? "Charlie?!" doch sie ist schon wieder verschwunden. Ich will ihr nach, aber Hannah hält mich zurück. "Jay macht das schon!" murmelt sie, ehe sie auf dem Boden zusammensackt.

Jay
Oscars Handlanger habe ich bald außer Gefecht gesetzt. Aber Oscar selbst ist schneller, stärker und jünger als ich. Früher hätte ich ihn einfach fertig gemacht. Aber die ganze Sauferei hat ihren Preis. Und so kommt es wie es kommen musste. Oscar gewinnt die Oberhand und richtet seine Waffe direkt auf mein Gesicht. Ich warte auf den Knall, doch ehe er etwas machen kann, ertönt Charlies Stimme. "HÖR AUF!" Wir beide fahren herum.
Und dann passiert alles so schnell, dass ich im Nachhinein nicht mehr genau sagen kann, was in meinem Kopf vorging. Ich sehe wie Oscar die Waffe auf Charlie richtet, wie er abdrückt, merke wie ich beinahe aus Reflex in den Weg springe, betend, dass ich schnell genug bin. Und dann spüre ich den dumpfen Schlag der Kugel die mich im Bauch erwischt, merke wie mir meine eigene Waffe aus der Hand gleitet und über den Boden schlittert.

Jay
Wieso zum Teufel habe ich das gerade gemacht?
Das ist Chris Tochter die ich gerade mit meinem eigenen Leben beschützt habe.
Und so wie sich die Wunde anfühlt, wars das. Die Schmerzen gehen, dafür ist das Adrenalin zu hoch.
Aber ich merke wie taub und kalt alles ist und wie schnell die Müdigkeit einsetzt.
Ich wurde schon öfter angeschossen als ich zählen kann. Und das hier ist anders.
"Charlotte... Charlie..." presse ich hervor. "Sorg dafür..." ich ziehe scharf die Luft ein.
"... dass Oscar Irene und Hannah... nichts antun wird... versprich es.... versprich es mir!"


Irene
Ich höre den Schuss und bin sofort auf den Beinen. Hannah kann ich eh gerade nicht helfen. Wie in Trance torkle ich zurück durch die Türe und als ich meinen Vater blutend auf dem Boden liegen sehe, stürze ich mit einem Schrei nach vorne. "Dad! DAD!" ich sinke neben ihm auf den Boden und drücke auf seine Wunde um die Blutung zu verlangsamen. "Hilfe!" ich sehe Charlie verzweifelt, panisch an. "Bitte..."

Irene
Ich hasse meinen Dad. Ich hasse ihn so sehr. Und trotzdem zerbricht etwas in mir ihn so zu sehen. "Bitte, du darfst nicht sterben!" Tränen laufen über meine Wange, während ich weiterhin versuche seine Blutung zu stillen. "Bitte...!" Er wird immer schwächer, auch wenn ich merke, dass er versucht dagegen anzukämpfen, versucht wach zu bleiben. Ich flehe ihn weiterhin an, weine, bange und hoffe dass alles gut wird. Er kann nicht sterben.
Und dann ist da endlich der Krankenwagen, der mit schrillenden Sirenen vorfährt. Die nächste Stunde vergeht wie in einem Film. Die Sanitäter laden Jay und Hannah in den Krankenwagen und ich und Charlie fahren hinten mit. Ich weiche zu keiner Sekunde von Jays Seite. Erst als wir im Krankenhaus ankommen und er in OP geschoben wird, bleibe ich zurück. Ich sinke auf dem Boden zusammen und beginne haltlos zu schluchzen. Das heute war einfach alles zu viel. Und jetzt könnte ich meinen Vater verlieren.


Junior
Ich wollte sie warnen, ich wollte etwas tun. Aber als ich mich bewegt habe, muss irgendwas wieder aufgegangen sein, denn ein Monitor begann zu piepsen und Schwestern kamen sofort reingestürtm um mich ruhig zu stellen. Und als ich jetzt das zweite mal wieder zu mir komme, ist es schon Nacht. Sofort greife ich nach meinem Handy und wähle Charlies Nummer. Gott bitte lass sie ran gehen! Bitte lass es ihr gut gehen!

Junior
Und dann ertönt das Klicken und kurz darauf Charlies Stimme und ich bin so verdammt froh sie zu hören! "Charlie! Charlie geht es dir gut? Wo bist du? Wo ist Irene? Oscar... Ich meine...Ich weiß du vertraust ihm, aber er hat irgendwas vor! Er..." ich unterbreche mich. Wird sie mir dieses mal glauben? Was wenn nicht? Ich kann hier nicht raus.
Meine Gesichtszüge verhärten sich. Ich werde es versuchen müssen!

Irene
Irgendwann beruhige ich mich soweit, dass ich mich aufsetze und zu Charlie sehen kann, die wohl gerade mit Junior telefoniert. "Geht es ihm gut?" frage ich sie leise und wische mir derweil die Tränenspuren vom Gesicht.

Junior
Totale Erleichterung durchflutet mich und ich atme erleichtert aus. Doch der totalen Erleichterung folgt gleich darauf ein dumpfer Schlag in den Magen. "Was..... was ist passiert?" frage ich und presse das Handy fester ans Ohr. Ich hab keine Ahnung was ich fühlen oder denken soll. Jay... mein Dad.... in Lebensgefahr?


Irene
Ich sehe Charlie nach und rapple mich dann ebenfalls vom Boden auf.
Ich hab keine Ahnung was ich jetzt tun soll. Ich hab keine Ahnung was ich denken oder fühlen soll. Jay war für mich gestorben. Seit jenem Tag als ich das Mädchen tot bei ihm gefunden habe. Seit ich das wahre Monster in ihm erkannt habe. Und jetzt? Jetzt hat er sein eigenes Leben riskiert um Charlie zu retten. Jemanden zu retten, den er nicht einmal leiden kann. Und jetzt schwebt er in Lebensgefahr. Ich merke wie ich schon wieder anfange panisch und hysterisch zu werden und zucke mein Handy um Mason anzurufen. Ich brauche ihn jetzt gerade!

Junior
Er hat ihr das Leben gerettet? Ich brauche in paar Augenblicke um diese Nachricht zu vearbeiten. Dann realisiere ich was sie gerade gesagt hat. Sie sind also hier im Krankenhaus? "Ich bin gleich bei dir!" sage ich und lege auf. Dann klingle ich nach einer Schwester, die mir ein paar Krücken gibt, damit ich wenigstens halbwegs laufen kann. Sie sieht mich zwar an als würde sie mich lieber ans Bett ketten, aber sie müssten mich schon ausknocken, um mich jetzt aufzuhalten! Und so humple ich zu den Aufzügen, fahre runter zur Notaufnahme und dann sehe ich sie, wie sie da steht. Charlie.
Ich humple auf sie zu, bleibe aber vor ihr stehen, auch wenn ich sie jetzt verdammt gerne einfach direkt in die Arme schließen würde. Sie küssen, sie an mich drücken. "Hey." ich lächle leicht.


Irene
Masons Stimme ertönt und ich würde so gerne einfach ruhig und standhaft bleiben. Aber ich breche sofort wieder in Tränen aus. "Mason...Oscar hat... Jay ist im Krankenhaus... er hat Charlie das Leben gerettet! Er ... es sieht nicht gut aus glaube ich... er hat so viel Blut verloren!" stammle ich und schluchze auf.

Junior
Ich kann gar nicht sagen wie verdammt erleichtert ich gerade bin sie endlich wieder in meinen Armen zu haben! "Ich hab dich vermisst." murmle ich an ihrem Haar, ehe ich sie einfach küsse. Es ist mir egal was war, es ist mir egal was zwischen uns steht. Jetzt gerade bin ich einfach nur glücklich, dass es ihr gut geht, und dass sie hier ist.

Irene
Ich tigere auf und ab, während ich weiter hinten meinen Bruder und Charlie sehe. Ich muss durch meine Tränen hindurch lächeln, weil ich so froh bin, dass immerhin die beiden sich wieder haben. Dann ist da auf einmal Mason und ich falle ihm um den Hals. "Er wird sterben..." weine ich an seiner Brust. "Ich weiß es... er wird sterben!"

Junior
Für einen Moment ist alles andere aus meinem Kopf verbannt. Da ist nur sie und wir. Aber als wir uns dann voneinander lösen, kommt alles andere auch wieder zurück.
Und ich sehe weiter hinten auch meine Schwester, die gerade heulend in Masons Armen liegt. Ich seufze schwer und sehe Charlie an. "Und er hat dir wirklich das Leben gerettet? Was ist genau passiert?"

Irene
Ich atme tief durch und versuche mich wieder einigermaßen zu beruhigen. Dann beginne ich ihm alles zu erzählen. Von Oscar und von Hannah und Jay wie sei damals Michelle getötet haben und wie er deswegen Rache nehmen wollte.

Junior
Ich sehe sie an und ein warmes Lächeln erscheint auf meinem Gesicht. "Du und dein großes Herz! Du hättest Jay sterben lassen können. Ich meine, wer hätte dir das verübeln wollen? Nachdem was er deiner Familie und dir angetan hat..." ich nehme ihr Hand und schüttle den Kopf, das Lächeln verschwindet von meinem Gesicht. "Ich weiß nicht was ich tun soll, Charlie.. Ich weiß nicht was ich fühlen soll... Ist es falsch, dass ich im Moment noch nicht wirklich um ihn trauern kann?"


Irene
Ich sehe Mason an und sehe in seinen Augen, dass er wirklich davon überzeugt ist was er sagt und nicke langsam, wische mir mal wieder die Tränen vom Gesicht und atme tief durch. "Du hast Recht." Und ich bin verdammt nochmal Irene! Die Tochter von Jay! Ich bin ein Badass! Und ich werde jetzt nicht den Kopf in den Sand stecken! "Danke, Mason!"

Chris
Ich erfahre von Alex was abgeht und mache mich natürlich sofort auf den Weg ins Krankenhaus. Ich weiß noch nicht die ganze Story, nur das Jay wohl angeschossen wurde von Oscar, der Charlie und Irene entführt hat. Was mit Jay ist ist mir herzlich egal, ich bete sogar innerlich darum, dass er endlich ins Gras beißt, aber meine Sorge um Charlie bringt mich dazu förmlich über den Asphalt zu heizen.
Am Krankenhaus angekommen, renne ich in die Notaufnahme und sehe mich suchend nach Charlie um. Ich entdecke sie, mit Junior. Meine Augen verengen sich, aber dafür ist jetzt keine Zeit. Ich renne zu den beiden und sehe meine Tochter besorgt an. "Gehts dir gut? Bist du verletzt?"

Nächtchen

Chris
Ich sehe meine Tochter vollkommen entgeistert an. Jay und irgendjemandem das Leben retten? Niemals! Charlie schon dreimal nicht!
Doch ehe ich ihr widersprechen kann, meine Zweifel äußern kann, fällt sie mir schon ins Wort. Ich ziehe eine Augenbraue hoch. "Bist du dir wirklich sicher?" frage ich sie und schüttle den Kopf. "Wieso sollte er das tun? Ich meine.... es ist Jay!"

Junior
Ich sehe zu Chris hoch und sehe die altbekannte Abneigung als er mir einen kurzen Blick zuwirft. Ich meine, nicht dass ich es ihm verübeln kann. Immerhin sind wir jetzt offiziell wieder Feinde. Und das sogar noch mehr als davor. Aber vorbei sind die Zeiten in denen ich versucht habe seine Meinung zu ändern. Es ist mir inzwischen ziemlich egal was er von mir hält. Er wird Charlie und mich nicht voneinander fernhalten können.
Alles andere ist egal.
Ich nehme Charlies Hand und drücke sie leicht. Dann sehe ich Chris an. "An deiner Stelle würde ich aufpassen. Oscar scheint immer noch da draußen zu sein. Und auch wenn er eher hinter meiner Familie her zu sein scheint, glaube ich nicht, dass er euch einfach so davon kommen lassen will."


Irene
Ich schüttle den Kopf. "Ich weiß Mason, aber... Ich will nicht hier rum sitzen und heulen und Angst haben. Ich kann nichts tun außer abwarten. Und ich werde verrückt wenn ich mich weiterhin in diesen Gefühlen suhle." ich hebe hilflos die Arme. Ich hasse es... Dieses Gefühl der Hilflosigkeit. "Ich hätte ihn niemals zurück lasen dürfen. Ich hätte nicht wegrennen dürfen! Vielleicht hätte ich helfen können..." irgendwo tief in mir drin versucht meine Vernunft mir zu sagen, dass das totaler Bullshit ist. Ich konnte ja kaum laufen! Geschweige denn mich auf einen bewaffneten 80kg Mann schmeißen um ihn zu bekämpfen! Ich hätte die Sache nur noch schlimmer gemacht. Trotzdem fühle ich mich verdammt schuldig!