Devante
Wenn sie etwas gebraucht hätte, wäre ich bereit gewesen, mit meinem Geld zu zahlen, aber das hätte sie höchstwahrscheinlich sowieso nicht angenommen. Trotzdem behielt ich im Hinterkopf, dass es hier Leute gab, die junge Frauen wie sie ausnutzten und dass ich ihr vielleicht mal was bringen sollte. Eine Kleinigkeit.
Die angenehme Stille zwischen uns hielt nicht lange an, denn sie erzählte mir sogleich von ihrem neuen Ruf als Rosenmädchen und erinnerte mich an das Maskenfest, an das ich seit der Rückkehr meines Bruders gar nicht gedacht hatte. Ein Fest. DAS Fest. Ich hoffte nur, dass man mir keine Schicht aufdrücken würde, denn bei solch einer großen Feier, wo sogar die Königsfamilie ihr Gesicht zeigte, rekrutierte man fast die gesamte Schattengarde, um bei Unruhen jederzeit einzuschreiten.
Dieses Mal wollte ich aber lieber feiern. Mich gehen lassen, einfach Ich sein. > Dass du eine Handelspartnerin gefunden hast, ist sehr gut. Man kann mit fast allem handeln, was man besitzt und wenn du mit den Rosen sowieso nichts anfangen kannst, finde ich es nur fair, wenn sie dir im Gegenzug solche Kostbarkeiten gibt.< meinte ich lächelnd. > Und das Fest, ach ja, das ist jedes Jahr das reinste Chaos aus Farben, Musik und tanzenden Menschen. Dann wollen alle die Königsfamilie sehen.<
Idoya
Naja, es war wohl doch etwas wackelig auf dem Dach, da nicht alle Bretter in gutem Zustand waren, aber ich gab mir Mühe, mein Gleichgewicht beizubehalten und nicht zu stürzen. Niemand sah, was ich gerade tat - bis auf Shiva. Sie rief immer mal wieder nach mir, um sicherzugehen, dass ich noch wohlauf war.
Mit einem angestrengten Lächeln legte ich los. Undichte oder lose Stellen stärkte ich mit stabilen Brettern, die wir manchmal im Sumpf fanden und auf eine bestimmte Größe zuschnitten. Wir nahmen eben das, was uns die Natur freiwillig schenkte. Schlag für Schlag hämmerte ich mich quer übers Dach und weckte damit unseren Vater auf. Er war natürlich nicht sehr begeistert darüber, dass ich mich ungesichert auf dem Dach befand. Aber in seinem Zustand konnte er mich hiervon nicht abhalten. Jemand musste das alles erledigen, sonst kamen wir nicht weiter.
Ich war nicht einmal die Einzige, die plötzlich dieses seltsame Fieber gepackt hatte. Auch andere aus unserem Dorf begannen die schmalen Straßen zu säubern, Unkraut zu jäten, die Einrichtungen zu putzen und Stege auf ihre Sicherheit zu prüfen. Scheinbar hatte Asterias nicht nur in mir das helle Licht der Hoffnung erweckt, sondern auch in den anderen Herzen. Das, was ich hatte erreichen wollen, trat endlich ein.
Leider ließen sich solche Arbeiten nicht an einem einzigen Tag erledigen, aber wir hatten einiges erreicht. Die Sonne versteckte sich allmählich hinterm Horizont, daher blieb ich noch eine Weile auf dem Dach sitzen und betrachtete den sich verfärbenden Abendhimmel.