Devante
Um zu Mariella zu gelangen, mussten wir die Marktstraße nehmen, denn das Haus lag sehr zentral im Geschehen. Für mich wäre das zu viel Trubel an einem einzigen Tag. Man kam nicht zur Ruhe, wenn hier ständig etwas los war. Aber ihre Familie hatte sich an diesen Lebensstil gewöhnt, daher schien das kein Problem für sie zu sein.
Neben den lauten Rufen, vermischten Gesprächen und Gelächter, nahm ich zusätzlich Musik wahr. Zunächst leise, dann etwas lauter. Ich erkannte die Stimme wieder, da ich oftmals hier unterwegs war, um irgendwelche Aufträge zu erledigen. Allerdings hatte ich nie nach der Quelle Ausschau gehalten. Dafür blieb mir meist keine Zeit, auch nicht heute.
Daragh und ich bahnten uns einen Weg durch die Menge, als ich auch schon das Haus mit der blau bemalten Tür entdeckte. Ich klopfte dreimal an, wartete. > Da seid ihr ja. Pünktlich wie eh und je.< grinste sie uns beide an, trat zur Seite und gewährte uns Einlass.
> Dir auch einen guten Morgen.< lächelte ich sie an.
Idoya
Als das erste Lied endete, folgte das zweite. Bisher hatte ich noch kein Geld dazuverdient, aber ich sang und spielte weiter. Manchmal gewann ich nichts und dann gab es Tage, wo ich eine einzige Person traf, die mir mehr gab, als man erwarten würde. Hoffentlich war heute so ein Tag.
Ich schloss die Augen, konzentrierte mich auf die Klänge der Leier und passte mich ihrer Melodie an. Hier und da wurde mein Gesang von lauten Feilschern übertönt, aber ein Mensch mit gutem Gehör, würde die Geschichte hören, die ich gerade sang. Nicht alle waren schlecht, das wusste ich. Leider traf ich immer die Falschen.
Ein Klimpern lenkte mich von meinen Gedankengängen ab. Ich öffnete die Augen, blickte in das Gesicht eines kleinen Mädchens. In diesem Moment erinnerte sie mich so sehr an Shiva, dass ich den Faden verlor. Die Musik endete abrupt. Mein Blick fiel auf die Goldmünze, die in der kleinen Holzschüssel lag. Sie glänzte, versprach gutes Essen.
Ich sah wieder das Mädchen an, nahm die Goldmünze und legte sie dem Kind in die offene Hand. > Vielen Dank, kleine Prinzessin. Ich weiß dein Geschenk zu schätzen. Kauf dir etwas Schönes damit, dann...<
> Finger weg von meinem Kind, Sumpfgeborene.< Schon spürte ich einen stechenden Schmerz in der Wange. Ich schnappte überrascht nach Luft. Fast hätte ich meine Leier auf den Boden fallen lassen, hielt sie jedoch fest umklammert. > Was hast du dir dabei gedacht, Lilia? Solche Menschen darfst du nicht ansprechen, sie sind Abschaum.<
Aus dem Augenwinkel sah ich, wie sowohl das kleine Mädchen als auch die bösartige Mutter in der Menge untertauchten. Welch ein Wunder... Heute war ein schlechter Tag.