Devante
Aus heiterem Himmel klappte Idoya zusammen und wir alle kamen sofort zum Stehen. Ich sprang sofort von Castor runter, eilte zur liegenden Frau und legte meine Finger an ihren Puls am Hals. Reine Ohnmacht, nichts Lebensbedrohliches. Aber es war einfach so passiert, daher ließ ich Umbriel sie beschnuppern, indem ich ihr Handgelenk umfasste und kurz wartete. Ich lauschte der Stimme meines Dschinns, atmete erleichtert auf. > Sie hat eine Vision. Manchmal ist es nämlich so, dass sich die alten Leben lieber in Träumen zeigen als leibhaftig vor uns zu stehen. So können sie uns besser Bilder der Vergangenheit zeigen.< beruhigte ich die beiden.
Idoya
Blut klebt an meinen Händen, ich zittere am ganzen Körper und schaffe es nicht, die Tränen aus meinen Augen zu verbannen. Da liegt er. Mein Gemahl. Blutend und am Sterben. Ich will es nicht realisieren, will nicht die Realität anerkennen, die laut an meiner Tür klopft.
Er richtet den halb leeren Blick auf mich, ein schwaches Lächeln ziert seine Lippen. Aus seinem Mund dringt ein röchelndes Geräusch, doch unter Anstrengung verstehe ich, was er mir zu sagen hat. Wir verstehen uns auch ohne Worte. Schniefend drücke ich ihn fester an mich und beuge mich vor, sodass mein Ohr über seinem Mund schwebt. > Meliodas... versteck Charta... liebe... dich.<
Seine letzten Worte. Ich kann förmlich spüren, wie das Leben aus ihm weicht und mir damit das Herz aus der Brust reißt. Ein Ruck, ein gewaltiger höllischer Schmerz. Ich schreie meine Gefühle hinaus in die Welt. Hinaus aufs Schlachtfeld, in das sich meine Heimat verwandelt hat. Weinend wiege ich den Leichnam meines Mannes in den Armen, betrauere seinen schrecklichen Verlust und spüre, wie die Kraft des Meliodas in mich fließt. Er erfüllt mich mit Wärme, aber auch mit unendlicher Trauer.
Wie ich es schaffe aufzustehen, Yunan die Augen zu schließen und einfach zu gehen, weiß ich selbst nicht. Ich komme mir wie eine wandelnde Tote vor. Ein großes Loch prangt in meiner Brust. In meinem ganzen Sein. Man hat mir alles genommen. Absolut alles. Überall nur Leichen, Kummer, Schmerz, Angst. Das ist zu viel, um es zu ertragen.
Trotzdem schleppe ich mich weiter, lasse mich von meinen Dschinns tragen und begebe mich zur Höhle, in der ich das Charta verstecken werde. Bei meinem Leben, ich würde dafür sorgen, dass Yunans Erbe seinen Tod rächt, weil ich es nicht mehr kann. Ich habe nicht mehr die Kraft für ein Leben ohne ihn. So etwas ist schlichtweg unmöglich. Darum erfülle ich ihm seinen letzten Wunsch und entferne mich von Liones. Hier ist es nicht mehr sicher. Irgendjemand wird mich finden, wenn ich nicht sofort das Weite suche, also verschwinde ich so schnell mich meine Beine tragen. Das Wasser um mich herum ist nicht mehr himmelblau, sondern tiefrot. Es windet sich, erträgt nicht den Tod, der nun in ihm fließt.
Meine Umgebung nehme ich kaum noch wahr. Da ist nur das stetige Pochen in meinen Schläfen und das Reißen in meiner Brust. Ich atme schwer, Tränen verschleiern meine Sicht. Es kommt mir wie eine Ewigkeit vor, als ich die Höhle erreiche, eintrete und den Eingang zum Einsturz bringe, weil ich nicht vorhabe, diesen Ort zu verlassen. Nicht einmal neben meinem Mann kann ich sterben. Welch grausames Schicksal...
Dunkelheit umgibt mich, sie versteht mich besser als das Licht. Weiß um meinen schmerzlichen Verlust. Ich dringe tiefer in das Nichts ein, werde von funkelnden Gesteinen begleitet, deren Schönheit mich nicht mehr beeindruckt. Es gibt nur eine Sache, für die es sich die nächsten Minuten lohnt zu leben. Meliodas in dieser Höhle zu verstecken und mit meiner letzten Kraft zu versiegeln.