Drago
Ich hab keine Ahnung wie lange ich dort stehe und dem Mann zusehe, der mit fast schon brutaler Ungenauigkeit die Farben auf die Leinwand bringt. Ich hab das starke Bedürfnis den Mann hier und jetzt zu töten, nur damit er aufhört dieses Bild zu malen, aber auf der anderen Seite, bin ich so sehr davon fasziniert wie akkurat mich dieses Gemälde beschreibt, dass ich mich nicht davon lösen kann.
"Faszinierend, huh? Die Art wie die Farbe auf der Leinwand verläuft und sich mit den anderen vereint?" reißt mich auf einmal eine weibliche Stimme neben mir aus meinen Gedanken und mit einem Schlag bin ich wieder in der Realität angekommen. Ich wende ihr meinen Blick zu und mustere sie ein paar Augenblicke lang, ehe ich antworte. Sie ist jung aber wirkt wie jemand, der schon viel erlebt hat. Irgendwas in ihrem Blick sagt mir, dass sie ganz genau weiß was ich vor ein paar Sekunden noch gedacht habe auch wenn das natürlich unmöglich ist.
"Und dennoch wirkt jede Farbe getrennt von den anderen. Beinahe wie eine Menschenmenge, in der jeder doch einsam bleibt, selbst wenn er umgeben von vielen ist." erwidere ich und mustere sie nochmals. "Wie kommt es, dass jemand wie du nicht mit den anderen jungen Leuten bei den anderen Künstlern steht?"
denn es ist wahr, ich und die junge Frau sind die einzigen die diesem Künstler zusehen. Die meisten drängen sich um die, die fröhliche Gemälde malen oder Porträts oder Landschaften. Hier in dieser abgelegenen Ecke stehen nur wir.
Koda
Als es schließlich Abend wird und es Zeit wird sich fertig zu machen, springe ich unter die Dusche und schlüpfe anschließend in frische Klamotten. Dabei ertappe ich mich selbst, wie ich mich extra schick mache. Ich rede mir ein, dass das nichts mit einer gewissen Barkeeperin zu tun hat.
Als es schließlich an der Türe klopft, bin ich gerade dabei mein Shirt anzuziehen. Natürlich ist es Lina. "Koda komm schon, wir müssen los!" ich seufze und ziehe mir das Shirt über den Kopf. Im nächsten Moment streckt meine kleine Schwester auch schon ihren Kopf in die Türe und ich werfe ihr ein halb amüsiert, halb genervtes Grinsen zu. "Bin schon fertig." ich schnappe mein Handy und meine Jacke und gehe zur Türe. Als ich ein Blick auf das Outfit meiner Schwester werfe, runzle ich leicht die Stirn, verkneife mit jedoch etwas zu kommentieren. Ich hab keine Lust auf noch mehr Zoff.
"Lass uns gehen." wuschle ich ihr stattdessen liebevoll durchs Haar und grinse über ihren Gesichtsausdruck. Dann gehe ich die Treppe runter zur Haustüre. Da wir direkt im Quarter wohnen müssen wir quasi nur aus der Haustüre raus und sind schon mitten im Festival angekommen.
Offene Arme der gewaltigste Protest den wir haben, will sagen: Bevor noch jemand hinfällt, passt bitte aufeinander auf in dieser scheiß Welt!