Schlaf gut :*
Viereinhalb Monate später...
Ardan
Mit der Weltkarte vor uns ausgebreitet, saßen die Generäle, Jadis und ich in einem Kreis zusammen und besprachen die aktuelle Lage. Erste Spuren des Krieges zeigten sich in den markierten Bereichen des Landes. Figuren standen zerstreut an verschiedenen Stellen und beinahe sah das Ganze wie ein wirres Kunstwerk auf einer Leinwand aus. Nur stellte das hier eine reale Situation dar. Einen echten Krieg. Ich zeigte mit dem Finger auf das Dunkle Reich, blickte ernst drei. >Dank Thales und der Vereinigung der Elfen gehört der gesamte nördliche Teil uns. Angriffe aus dem Norden können wir darum beruhigt ausschließen. Im Süden hingegen ist die Hölle los, da das Gebiet am Wasser liegt und Azuria alle Hände voll zu tun hat. Sie hat vor einigen Tagen viele ihrer Kämpferinnen und Kämpfer verloren, mehr Verstärkung aus den Wasserregionen ist bereits auf dem Weg.<
Mein Finger schwebte zur Mitte. Dort, wo wir unser zentrales Lager aufgebaut hatten. >Wie es aussieht, dringen wir nun in den gefährlichsten Teil vor. Hier liegt das Gebiet, unter der diese Kreatur lebt, die wir unter keinen Umständen erwecken dürfen. Unser Blut, besonders freiwillig, darf nicht fließen. Wir müssen jeglichen Kämpfen aus dem Weg gehen und diesen Bereich so schnell wie möglich verlassen. Problem ist, dass die Hohedämonen genau auf diesen Moment warten. Wir müssen verdammt vorsichtig sein.< Ich sah in die Runde, bis mein Blick auf Jadis fiel. Noch hatten wir kein Zeichen von weiteren Harpyien erhalten, doch ich gab die Hoffnung nicht auf, dass sich dort draußen welche herumtrieben. Sie würden ihrem Ruf folgen. Dessen war ich mir sicher. In Zeiten des Krieges war Hoffnung das Einzige, was die Motivation aufrechterhielt. Das durften wir nicht einfach so wegwerfen. Außerdem hatte Silia uns eindringlich darum gebeten, die Finger von dieser Kreatur zu lassen. Es war jemand, der ihr sehr nahestand und den nur sie allein besiegen konnte. Dem durften wir uns nicht in den Weg stellen. Wir mussten Alternativen finden.
>Was die betroffenen Reiche auf der anderen Seite des dunklen Gebietes betrifft, können wir beruhigt sein. Durch den Einsatz der Golems aus Ocamma und ihrer fortgeschrittenen Kampfmethoden haben die Truppen große Siege erzielt. An der Front sieht es ebenfalls besser aus, aber Zeit zum Verschnaufen haben wir dennoch nicht. Ich bin mir sicher, dass der Dunkle Lord darauf wartet, seine nächsten vernichtenden Züge zu machen.< Welche das sein würden, würden wir bald erfahren. Er plante sicherlich etwas Großes und wir wollten auf das Schlimmste gefasst sein. Nicht zuletzt, weil meine Halbschwester an seiner Seite war und diese Schlange den ein oder anderen Racheakt gegen mich plante. Das lag klar auf der Hand. Ich sehnte mich regelrecht danach, ihr den Kopf abzuschlagen. Oder Schlimmeres. >Ich habe Alita gefragt, ob es möglich wäre, uns einfach auf der anderen Seite der verbotenen Zone abzusetzen und sie hat der Idee zugestimmt. Gleich morgen Früh werden wir aufbrechen und von dort aus steuern wir auf das Gebiet der Totenflüsterin zu. Leider gibt es zu wenige Informationen über diese Hohedämonin. Schwächen sind unbekannt. Schätze, wir werden vor Ort eine Lösung finden müssen, um die nächste Schachfigur zu erledigen.< sprach ich weiter und lehnte mich anschließend mit vor der Brust verschränkten Armen zurück. >Noch Fragen?<
Jenaya
Ich bin schwanger.
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Mein gestriger Beitrag ist sehr kurz. Kann man mir das verübeln? Dass ich schwanger bin, ist keine leicht zu verdauende Sache. Ich... Ich bin immer noch überwältigt von dieser Neuigkeit. Da, da wächst tatsächlich ein kleines, unschuldiges Wesen in mir heran. Ein Kind. Von dir. Es ist dein Kind, Kenai. Nach all der harten, beschwerlichen Zeit bin ich dir näher wie nie zuvor. Ich kann es nicht so gut mit Worten beschreiben, aber dieses Kind... es... es ist da. Es ist auf einmal so präsent, dass es mich überrascht, warum ich es nicht früher bemerkt habe. Ich meine... all die Stimmungsschwankungen, das viele Geheule, dieser plötzliche Energieschub während der Kämpfe... Trotzdem hat mein Bauch kein eindeutiges Signal von sich gegeben. Auch jetzt sieht man wohl kaum, dass ich schwanger bin, aber das Kind ist bereits fünfeinhalb Monate alt. Fast ein halbes Jahr. Ich wünschte, ich könnte herausfinden, wann es passiert ist... dieser besondere Moment. Dann wäre das Ganze noch greifbarer, noch wunderbarer.
Kenai, ich... Ich bin schwanger. Wir erwarten ein Kind. Es ist zwar nicht die beste Zeit, um ein Kind auf die Welt zu bringen, aber ich bin so unglaublich froh. Glücklich. Gestern bin ich mit Tränen des Glücks in den Schlaf geglitten. Aber auch des Kummers. Weil ich nicht weiß, ob ich es schaffe, die Welt mit euch allen zu retten und ein Kind großzuziehen. Du warst zwar nicht da, als ich erfuhr, dass ich schwanger bin, aber jetzt weißt du es. Die ganze Zeit über habe ich mir vorgestellt, wie du wohl reagierst. Ich bin mir sicher, dass die Aussicht auf ein Kind dich vollständig verändert. Ich weiß es einfach. Aber ich kann mir keinen besseren Vater als dich vorstellen. Lücken in der Menschlichkeit hin oder her. Du wirst von Tag eins alles daran setzen ein guter Vater zu werden. Jemand, der es wert ist, ein Kind in die Welt zu setzen und sich darum zu kümmern. Weißt du was, Kenai? Du bist mehr als bereit dazu. Zusammen kriegen wir das hin. Wir harmonieren miteinander, das haben wir schon immer. Dieses Kind ist der beste Beweis. Gerade streichle ich mir über den Bauch und versuche mir das süße Gesicht vorzustellen. Wie wird es wohl aussehen? Wenn es ein Junge wird, muss es unbedingt dein Lächeln haben. Mit den Grübchen. Ich will einen Mini-Kenai. Und wenn es ein Mädchen wird, kannst du gern deine Mini-Jenaya haben. Trotz all der grausamen Umstände, in denen wir uns befinden, bin ich irgendwie glücklich. Dieses Kind gibt mir Hoffnung. Hoffnung auf eine bessere Welt. Eine Welt, in der wie in Frieden leben können. Ich möchte in dieser Welt zusammen mit dir unser Kind großziehen. Ich wünsche es mir.
Mich würde nichts glücklicher machen als dieses Kind aufwachsen zu sehen. Wenn du bis hierher gelesen hast, wirst du wohl kaum daran zweifeln, wie sehr ich dich liebe und wie sehr mein Herz mit Liebe gefüllt ist. Trotzdem... ich zwinge dich zu nichts. Du bist ein freier Mann, Kenai. Du triffst deine eigenen Entscheidungen. Du bist ein Mensch wie jeder andere auch.
Und ich bin unfassbar stolz auf dich!
Ab heute wird unser Kind jede Nacht folgendes Lied hören: Wenn ich jede Nacht im Bett liege, erfüllen die hellsten Farben meinen Kopf. Eine Million Träume halten mich wach. Ich denke an das, was die Welt sein könnte. Eine Vision, die ich sehe. Eine Million Träume sind alles, was es braucht. Eine Million Träume für die Welt, die wir erschaffen werden.
Mein Zirkusjunge, ich liebe dich!
Meine Finger zitterten, als ich die Schreibfeder beiseitelegte und den Buchstaben beim Trocknen zusah. Es hatte mich große Mühe gekostet, diese Zeilen zu schreiben. Mein Herz schlug so schnell und so fest, als könnte es augenblicklich aus meiner Brust springen und davonrennen. Ich war unendlich aufgeregt. Ich wusste nicht, wohin mit mir. Yun hatte mir gestern von Angesicht zu Angesicht gesagt, was bei mir los war, denn er hatte gemerkt, dass ich weniger aß als sonst und das nur weil ich dachte, ich würde einfach fett werden. Doch der wahre Grund wuchs in meinem Bauch heran. Ich konnte es selbst kaum glauben. Bis auf ihn und Silia wusste keiner von meiner Schwangerschaft, auch wenn vielleicht einige andere es ahnten, ich jedoch zu blind gewesen war, um es zu erkennen. Keine Ahnung... Wichtig war, dass Kenai davon erfahren musste. In einer Stunde würde er hier sein, sollte bei ihm nichts dazwischenkommen. Obwohl wir weiterhin in getrennten Lagern kämpften, verbrachten wir die meisten Nächte zusammen. So war alles sehr viel erträglicher. Albträume ließen sich besser bekämpfen. Schreckliche Ereignisse einfacher verdauen. Und schon bald würde Kenai wissen, dass wir ein Kind erwarteten... oh, bei den Vier Wasserfällen...