Ardan
Mir war klar, dass das keine wunderschöne Geschichte war, aber das war mir seit langem nicht mehr wichtig. Ich war stolz auf die Verbindung, die Cain und ich hatten. Wir beide waren frei. Wir mussten nicht ständig beieinander sein. Damals hatten wir uns manchmal monatelang nicht gesehen. Jetzt aber, wegen des Krieges, mussten wir zusammenarbeiten und das funktionierte einwandfrei. Auf Cain war stets Verlass. Ich spürte, dass er in der Nähe war, aber gebührenden Abstand zu Miramis hielt. In der Hierarchie besonderer Wesen stand er unter dem Donnervogel.
Zen legte die Stirn in Falten. >Ich bin schon gespannt, was für einen Gefährten ich haben werde. Ich weiß gar nicht, was zu mir passt.<
>Noch bist du auch zu jung.< erklärte ich ihm. >Zur rechten Zeit wird sich zeigen, wann du für einen Gefährten bereit bist.<
Jenaya
Bei Kenais intensivem Blick wurde mir schlagartig warm. Er wusste, wie er mich ansehen musste, um mein Herz höherschlagen zu lassen. Und dass er mich trotz meines großen Bauchs begehrte, hörte ich nur zu gern. Damals hatte ich gedacht, ich wäre einfach nur fett geworden, aber als ich erkannte, dass ich schwanger war, verflogen die Unsicherheiten. Meine Liebe für unser Kind war viel größer. Da hatten Oberflächlichkeiten nichts zu suchen. >Ich begehre dich auch.< flüsterte ich mit erhitzten Wangen zurück und lächelte verlegen. Ich griff nach seiner Hand, legte sie mir auf den Bauch und wartete mit ihm auf den Tritt, der gleich darauf folgte. >Er ist gerade sehr aktiv.< lachte ich leise. Besonders am Abend.
Silia
Thales schien den Durchblick zu haben, was Iseria betraf. Dadurch kam Akela auf einen Plan, mit dem wir sie besiegen könnten. Keine Ahnung, mit was er die Blutverbindung auflösen wollte, aber ich vertraute auf seine Fähigkeiten. Trotzdem wurde ich die Unruhe nicht los, als Thales sich abwandte, um sich der Elfendämonin zu stellen. Ich erinnerte mich an den Namen, den er mir einst genannt hatte. Lucille.
>Thales, warte! Ich werde mich mit ihr duellieren, nicht du. Das ist bestimmt eine Falle. Ihr Plan.< sagte ich warnend und hielt ihn am Oberarm fest. Seine Hand lag bereits am Schwertknauf. Er war drauf und dran sich mit dieser Hohedämonin anzulegen. Einer mit einem höchst gefährlichen Schwert. Erschaffen aus den Untiefen der Hölle selbst. Mochte Thales die Nummer Eins unter den Schwertkämpfern sein, das hier war viel zu gefährlich. Er ging ein gewaltiges Risiko ein und das würde ich nicht zulassen. Er war mein Freund und-
Seine roten Augen bohrten sich in meine, als er meine Hand von seinem Arm nahm. So viel Härte hatte ich nie zuvor in seinem Gesicht erblickt. >Nein. Diesmal läuft es anders. Diesmal ist es meine Aufgabe, mich mit einem Hohedämon zu messen und diese Frau da... Diese Frau gehört mir. Niemand darf mir in die Quere kommen. Auch nicht du.<
>Aber-<
>Nichts aber, Silia!< schnitt er mir das Wort ab und zog sein Schwert aus der Scheide. Der Stahl pulsierte im Licht seiner Magie. Er war kampfbereit. >Sie ist es. Sie ist die Frau, die mein Leben auf den Kopf gestellt und mich zu falschen Entscheidungen gebracht hat. Es liegt an mir, meine damaligen Fehler zu berichtigen. Ob ich falle oder nicht, das entscheidet das Schicksal allein.< Seine Worte klangen endgültig und ich spürte so etwas wie Panik in mir aufsteigen. Ob ich falle... Wie konnte er das bloß sagen? Das kam nicht infrage. Er würde nicht fallen, sonst würde ich... sonst... Ich schüttelte vehement den Kopf und stellte mich ihm in den Weg. >Versprich mir, dass dein Leben nicht hier endet.< Selbst ich hörte den Trotz heraus.
Thales schmunzelte. >Ach Sonnenschein, du weißt sehr gut, dass ich das nicht tun kann. Ich habe nicht vor, meinem großartigen Leben den Rücken zu kehren, aber ich bin für jedes Ende gewappnet. Jahrzehntelang habe ich auf diesen Moment gewartet. Ich will endlich meinen Frieden damit schließen.<
Eine Weile lang rührte ich mich nicht von der Stelle, doch dann gab ich mir selbst einen Ruck und trat beiseite. Dies war seine finale Entscheidung. Ich hatte nicht das Recht, ihn in eine andere Richtung zu drängen. Er wusste, was er tat. Er hatte einst mit mir darüber gesprochen und da ich die ganze Wahrheit, seine düstere Vergangenheit kannte, durfte ich nicht dazwischenfunken. Er wollte seinen Frieden finden und dem konnte ich einfach nichts entgegensetzen. Selbst wenn sich jeder Muskel in mir krampfhaft dagegen wehrte, ihn in diese tödliche Gefahr spazieren zu lassen, musste ich meinen besten Freund ziehen lassen. Er blieb kurz neben mir stehen, hob eine Hand und legte sie mir auf die Wange. >Lass die Elfen spüren, dass sie sich für die falsche Seite entschieden haben. Ihr Verrat soll in die Geschichte eingehen, damit sie nie wieder auf die dumme Idee kommen, sie wären etwas Besseres als wir.<
Ich nickte einverstanden, obwohl es mir Bauchschmerzen bereitete Herzenslichter auszulöschen. Hatte ich eine andere Wahl? Wohl kaum. Die Elfen ließen mit sich nicht diskutieren. Sie hatten monatelang ein falsches Spiel gespielt und nun hatten sie ihr wahres Gesicht gezeigt. Ein hässliches, finsteres Gesicht, das es zu eliminieren galt. Nur so sicherten wir den Frieden. >Pass auf dich auf. Bitte.<
Er verzog die Lippen zu einem für ihn typischen Thales-Grinsen und drückte mir einen Kuss auf die Stirn. >Du hast es immer noch nicht geschafft mich im Schwertduell zu besiegen. Glaub ja nicht, dass ich mir weitere Niederlagen entgehen lasse.< zwinkerte er mir zu und ließ mich daraufhin zurück. Er durchquerte das von schwarzer Asche bedeckte Feld. Kopf stolz erhoben, Haltung aufrecht und mit dem leuchtenden Schwert in der rechten Hand. Einige seiner Soldaten feuerten ihn mit Rufen an, während andere sich bereits um die Verräter kümmerten. Hier und da waren blutige Kämpfe ausgebrochen und inmitten des Chaos würden sich gleich ein König und eine Elfendämonin bekriegen. Unruhe breitete sich in mir aus. Ich hatte Angst um meinen besten Freund und wünschte, ich könnte ihm zur Seite stehen. Allerdings kam die Realität dazwischen und erforderte meine volle Aufmerksamkeit. Ich atmete tief durch, setzte meine Maske auf, griff nach meinem Schwert und ließ glühende Lichtenergie in die andere Hand fließen. Zeit, Iseria unter die Erde zu bringen.