Ardan
Jadis hatte sich noch ganz gut im Griff, auch wenn ich Tränen in ihren Augen schimmern sah. Die gestrige Nacht war sehr anstrengend gewesen. Für uns beide. Wer hätte gedacht, dass es so schwer war, das eigene Kind loszulassen? Ganz besonders, wenn man die Tochter einem anderen Mann überlassen musste. Natürlich missfiel mir das ein wenig, aber das gehörte wohl zum Vatersein dazu. Ich wollte meinen Sonnenschein nicht hergeben.
Nichtsdestotrotz hob ich meinen Arm an, damit sie sich unterhaken konnte. Sie nahm einen tiefen Atemzug. In ihren Augen funkelte die Sonne. >Bis vor ein paar Wochen hätte ich an ein glückliches Ende wie dieses nicht geglaubt. Jedenfalls nicht für mich.<
>Darum hast du es dir erst recht verdient. Genieße jeden Moment, Silia. Auch die schweren Zeiten.< gab ich ihr noch meinen Rat mit auf den Weg, während wir gemeinsam das Zelt verließen, in dem wir sie für die Hochzeit hergerichtet hatten. Sie setzte ein strahlendes Lächeln auf und ich spürte, wie ihr Griff um meinen Unterarm fester wurde. Sie war nervös und glücklich zugleich. Diese Aufregung würde verfliegen, sobald sie Akela gegenüberstand. So war es mir mit Jadis ergangen. Sie hatte mir in all dem Trubel Ruhe geschenkt. Schmunzelnd schritten wir voran und ich ließ meinen Blick über die Gäste schweifen. Jadis, Zen, Jenaya mit Cael, Kenai, ein paar Kollegen von Akela und Envar waren anwesend. Ein kleiner Kreis. Die perfekte Feier für die beiden.
Silia
Meine Mutter fast weinen zu sehen, rührte mich zu Tränen, die ich jedoch mit aller Gewalt zurückhielt. Dafür gab es ein Später. Im Jetzt war die Vermählung das Wichtigste. Vor dem Altar saßen bereits die Gäste und drehten ihre Köpfe in unsere Richtung, als mein Vater mich aus dem Zelt führte. Er gab mir Halt, weil ich nervöser war als erwartet. Ich traute mich nicht zu Akela zu sehen. Sehr wahrscheinlich würde ich dann stolpern, dabei trug ich nicht einmal Schuhe. Die weißen Bänder um meine Füße dienten nur als Schmuck. Der Rest meiner Aufmachung war sehr luftig und bot viel Freiraum. Genauso mochte ich das. Frei und ungezwungen sein. So hatte mich auch Akela kennengelernt. Mein zukünftiger Ehemann. Selbst wenn solche Bräuche für Animagi ungewöhnlich waren, wollte ich auf die sterbliche Weise vermählt werden. Mir gefiel diese Tradition, dass der Vater die Tochter zum Altar führte und er sie ihrem Mann überreichte. Als Zeichen, dass sie nun bereit für den nächsten Schritt war. Das war ich auch. Mit Leib und Seele.
Irgendjemand schniefte, als wir die Gästereihen passierten und dann traute ich mich doch zu Akela zu sehen. Mein Herz setzte einen Schlag aus. Da stand er. Groß, aufrecht, mit seinem unwiderstehlichen Wesen und der mondsilbernen Aura, die ihn umgab. Ich spürte, wie sehr viel Wärme in mir ausbrach und meinen gesamten Körper erfüllte. Akela und ich würden heiraten. Nach all der Zeit bekam ich endlich mein glückliches Ende.
Jenaya
Obwohl ich mir fest vorgenommen hatte nicht zu weinen, tat ich es doch. Seit meiner Schwangerschaft war ich noch näher am Wasser gebaut und weinte bei jeder Gelegenheit, die sich mir bot. Hoffentlich ging ich damit nicht irgendwann Kenai auf die Nerven. Aber konnte man mir verübeln, dass ich auf einer Hochzeit schniefte? Wohl kaum. Gerade für solche Momente durfte man Tränen der Freude vergießen.
Cael regte sich nicht in meinen Armen, sondern schlief unbeeindruckt von dem Ganzen weiter. Wenn er alt genug war, würden wir ihm alles erzählen, was er verpasst hatte. Silia würde zwar fort sein, aber in unseren Geschichten lebte sie weiter. Dafür sorgten wir. Niemand sollte vergessen werden. Wir alle hatten für den Neuanfang gekämpft. >Reichst du mir bitte ein Tuch? Ich hab meines vergessen.< schniefte ich in Jadis' Richtung, die neben mir saß. Für sie musste es ein Wirrwarr an Gefühlen sein. Einerseits froh, weil ihre Tochter verheiratet wurde und andererseits, weil sie Abschied nehmen musste. Der Gedanke Cael in später Zukunft gehen zu lassen, löste bereits Magenschmerzen in mir aus. Daran sollte ich jetzt lieber nicht denken.
Schließlich erreichten Vater und Tochter den Altar. Er küsste sie auf die Wange, flüsterte ihr etwas ins Ohr und kam zu unserer Gruppe, um sich neben Zen zu setzen, der ebenfalls leise schniefte. Envar war derjenige, der das Brautpaar vermählen würde. Er hatte sich zuvor Informationen eingeholt, wie wir Menschen das üblicherweise taten und er schien in seiner Rolle regelrecht aufzublühen.