Ardan
Als sich unsere Wege trennten, beschleunigte ich mein Tempo etwas und raste auf die dunkelblaue Masse zu, hinter der sich das Reich der Sirenen befand. Titania. Es war schon eine Weile her, als ich das letzte Mal dort zu Besuch war, aber ich bezweifelte, dass sich etwas groß verändert hatte. Ich erinnerte mich noch gut an die funkelnden Dächer und Wände der gesamten Stadt. Korallen, bunte Schalen und Pflanzen, die sich überall an die Gebäude schmiegten und ein Labyrinth aus Farben erschufen. Schimmernde Fische schwammen in kleinen sowie großen Gruppen umher, vereinzelt sah man auch Delfine oder Oktopusse. Im Reich Titania gab es schlichtweg extrem viel zu entdecken. Die Unterwasserwelt trug mehr Geheimnisse in sich als das Land, auf dem wir wandelten.
Ich sprach den Zauber aus, den mir Azuria vor vielen Jahren anvertraut hatte und der es mir ermöglichte Unterwasser zu atmen. Dann durchbrach ich die Wasseroberfläche. Kälte umgab mich, meine Kleidung wurde nass, doch das störte mich nicht besonders. Die Wärme in meinem Inneren trieb jegliche Eiseskälte fort. Da es mit jedem Meter in die Tiefe dunkler wurde, ließ ich reines Psios in meine Sense fließen, deren Klinge leicht zu leuchten begann. Ein rotweißes Licht, das mir den Weg wies. Ich begegnete einigen Kreaturen, die einen großen Bogen um mich machten. Einerseits weil ich hier willkommen war, andererseits weil sie mich fürchteten. Beides war mir recht.
Ich spürte den wachsenden Druck in meinen Lungen, doch der Zauber arbeitete dagegen und erleichterte mir das Atmen in dieser Tiefe. Raue Felsen, dunkle Schluchten sowie ein Meer aus Algen zogen an mir vorbei, bis ich einen Höhleneingang erreichte, der mich zu Titania führte. Er wurde von mehreren Zaubern bewacht, die ausschließlich Azuria auflösen konnte. Darum spürte ich keinen Widerstand, als ich durch die vielen Barrieren schwamm und in eine völlig andere Welt tauchte.
Jenaya
Ich hatte mit allem gerechnet, nur nicht damit, dass er Yun im Schlaf packte und den armen Kerl erschreckte. Allerdings erhielt ich nicht die Chance, mich dafür zu entschuldigen, denn der Pixie flog sofort davon, als er realisierte, in welcher Situation wir beide waren. Ich hätte vor Scham verglühen können, doch ein großer Teil in mir freute sich über die Zweisamkeit. Außerdem... Kenais Hand lag auf meinem Hintern. Das war das erste Mal, dass er das tat. Was sagte es über mich aus, dass mir das mehr als gut gefiel?
Im Bann der Leidenschaft zog ich Kenais Gesicht wieder zu mir und küsste ihn innig. Dabei schlang ich ein Bein um seine Hüfte, damit ich ihm näher sein konnte. Ich spürte sein Herz wild an meiner Brust schlagen. Es schlug so schnell wie meines. Wir beide waren berauscht von den Gefühlen, die wir im anderen weckten. Ich kannte den Geschmack von Alkohol, kannte dessen Wirkung, aber das hier war mit keiner Trunkenheit zu vergleichen. Das hier war viel mehr.
Ich stöhnte seinen Namen, als sich mein Magen vor wilder Aufregung zusammenzog. In meinem Kopf wurde es angenehm schwindelig, es rauschte in meinen Ohren. Kenai trieb mich noch in den Wahnsinn.