Jadis
Die Kinder kamen aus der Kajüte und ich sah das Leuchten in ihre Augen. Sie schwärmten regelrecht von dem Ausblick meiner Heimat. Im Sonnenlicht sah das wolkenweißes Schloss besonders eindrucksvoll aus, denn dann schimmerten die Steine leicht, als würden sie das Licht einfangen wollen. Dadurch, dass das Schloss turmartig war und viele kleine Gebäude sich aneinander schmiegten, wirkte es wie eine kleine Stadt. Außerdem waren überall Brücken, die Verbindungen zu den äußere Wachtürme besaßen und dann hatten wir die große Hauptbrücken, wo die Flugschiffe anlegen konnte. Das Schloss wurde auf dem höchsten Berg von Nordun gebaut und es war nicht irgendein Berg. Er bestand aus einem besonderen, weißlichen Steinmaterial. Zudem wuchsen weiter unten, wo das Klima wärmer wuchsen viele Vanillepflanzen und durch die Mineralien dieses Berges war der Geschmack intensiver, als woanders. Während Silia auf die Schultern von Ardan kletterte, griff ich nach der Hand von Zen: „Dann lass uns hinuntergehen.“ Auch meine Augen leuchteten, es fühlte sich gut an wieder Zuhause zu sein. Ein Ort, an dem ich immer zurückkehren konnte. „Die Stadt heißt Nordun, die goldene Stadt. Die helle Gemäuer wirken wie Gold, wenn die Sonne zur bestimmte Zeiten auf die Häuser scheint“, erklärte ich den Kindern, als die Wolken sich lichteten und wir den fantastischen Ausblick auf die Stadt unter uns hatten: „Das große Gebäude dort unten mit der Engelsfigur, das ist unsere heilige Tempel. Die Frau mit den vier Flügeln stellt unsere Windgöttin Aer. Nach unsere Legende hat sie uns Luftbändiger die Gabe der Luftmagie geschenkt und deswegen wird sie von uns geehrt. Es gibt einen weiteren Gott, der uns wichtig ist. Windgott Aiolos. Er ist der Herrscher über die Winde und sie sind wichtig für unsere Segeln. Zudem hatte er die vier Windgeister erschaffen, damit sie uns unter Anderem die Jahreszeiten bringen können. Daneben befindet sich gleich einen turmartigen Tempel mit einem goldener Hippogreif, das Symbol der beiden Götter. Schade, dass die Himmelsbrücke jetzt nicht aktiv ist. Diese Brücke sind für Reisende, die nicht mit einem Luftschiff anfliegen. Die Brücke sieht wie Regenbogen aus.“ Wir gingen den Steg hinunter und kurz darauf warf ich Ardan einen aufmunternder Blick zu, da ich seine Unruhe spüren konnte. Ich hoffte, dass das Gespräch gut verlaufen würde, trotz den Zwist aus der Vergangenheit. „Prinzessin Jadis, Ihr seid wohlauf“, sprach mich der erste Wache an. Dann glitt sein Blick zu Ardan hinüber und ich merkte die Veränderung, die durch ihn ging. Auch die anderen Wachen spannten sich an und die Mienen wurden hart. Es lag in der Luft Spannung. „Ist das nicht König Thyell aus Ingluae“, fragte der erste Wache in einem forschender Ton. Ich richtete mich in meine volle Größe auf und meine Stimme klang energisch: „Ja, er ist der König von Ingluae und er kommt in friedliche Absichten. Ihm verdanke ich unter Anderem mein Leben. Wo ist mein Vater zu finden?“ Ich duldete jetzt keinen Widerspruch und das wussten die Wachgruppe. Gehorsam antwortete er: „Eurer Vater befindet sich in seinem Arbeitszimmer.“ Perfekt, einen geeigneteren Ort für das wichtige Gespräch gab es nicht. „Schickt meine Mutter und mein Bruder in das Arbeitszimmer“, gab ich ihm den Auftrag. „Zu Befehl“, er nickte zu einem anderen Wache und dieser eilte los. „ich begleite euch“, sagte der Erstere. Ich nickte bloß, da ich wusste, dass er aus Sorge um mein Wohlbefinden tat. Ardan musste ihr Vertrauen erst gewinnen. Wir traten in das Inneren des Schlosses ein und die Kinder kamen nicht mehr aus den Staunen heraus. Denn in den Gemäuer verbargen sich Jahrhunderte alte Geschichten. Figuren oder mythische Wesen wurden in das Stein eingemeißelt, die aus Legenden meines Volkes stammen. An den hohe Decken wurden überall malerisch Engelsfiguren und mythische Flugwesen dargestellt. Hier und dort verzierten sich überall farbige Mustern in den Stein. An einige Stellen hielten eindrucksvolle Säulen die Gänge stand und wendige Treppe waren an manche Orte zu entdecken. Doch nichts wirkte übervoll, manche Bereiche blieben gar neutral. Ich liebte einfach dieses Schloss, in den sich so viele Geschichten und Geheimnisse verbargen. Als Kind war es für mich ein Ort meiner Abenteuern gewesen, auch wenn ich am Liebsten draußen gewesen war. Hier und da erklärte ich den Kindern kurz was. Ihre Köpfe drehten sich in alle Richtungen, um möglichst viel in sich aufnehmen zu können. „Später machen wir einen Rundgang“, versprach ich ihnen lächelnd. Wir hatten das Arbeitszimmer meines Vaters erreicht. Vor der imposante Tür hatten sich zwei Wächter positioniert. In der schwere Zeit war es nicht ungewöhnlich eine solche Sicherheitsmaßnahme einzuleiten. Der Wache, der uns begleitet hatte, hatte sich die ganze Zeit im Hintergrund aufgehalten, sodass man ihn beinahe vergessen konnte. „Ich möchte zu meinem Vater. Sind meine Mutter und mein Bruder bereits eingetroffen?“, wandte ich mich an einem Türwächter. „Ja Prinzessin Jadis. Die Majestäten und der Prinz erwartet euch“, antwortete der Angesprochene. Tief atmete ich ein und sah Ardan fest in die Augen: „Bereit?“
Kenai
Jenaya begann über meinem derzeitigen Zustand zu berichten und war in der Meinung, dass bald der Siegel entfernt werden konnte. Instinktiv wusste ich sogleich von welchem Siegel sie sprach. Wenn ich also ein richtiger Mensch wurde, bedeutete das dann, dass meine Seele wieder heil war? Nach ihrem Satz urteilen schien es möglich zu sein. Das würde der Beweis werden, dass ich doch wirklich lebte. Ich würde kein Untoter mehr sein und mein großer Bruder würde mich mehr….mögen. Dann erzählte Jenaya, dass wir ein Liebespaar waren und ich spürte die Wärme in meinem Herz. Ich sah den jüngeren Prinzen an. Ich wusste nicht, dass Liebespaare auch nicht normal sein konnten. Über dieses Wissen wollte ich nicht mehr erfahren, ich wollte, dass die Liebe gut blieb. Die schlechte Seite mochte ich nicht. Der ältere Prinz musterte mich. Er fragte Jenaya, ob ich sie glücklich machte. Ich sah sie an. Sie lächelte, diesmal wegen mir. Ich fühlte mich wieder gut, weil ich sie glücklich machen konnte. Dann schoss mein Blick wachsam zu den Prinzen hinüber, als sie aufstanden und sie mir näherte. Mein Körper spannte sich an, aber ich durfte sie nicht verletzen. Das war verboten. Sie gehörten zu der Königsfamilie. Sie boxten in meinem Oberarm. „Das bedeutet, dass sie dich akzeptieren“, flüsterte mir der Pixie zu, als ich nicht begriff warum die Prinzen es taten. „Ich beschütze Jenaya“, antwortete ich den Prinzen und erhielt den Segen. Segen bedeutete, dass man heiraten durfte. Ich dachte man brauchte den Segen von dem Vater. „Es gibt verschiedene Arten von Segen. Jenayas Bruder sagt damit, dass er euch als Liebespaar akzeptiert und nicht im Weg stehen wird“, erklärte mir Yun wieder. Das klang kompliziert. Jetzt stand der König auf. Er wollte wissen, ob ich Liebe fühlte. Ich verstand ihn nicht, warum ich das sagen musste, wo Jenaya ihm das schon gesagt hatte. Dennoch antwortete ich, weil er der König war: „Ich fühle Liebe. Ich will Jenaya glücklich machen und sie beschützen. Ich will immer bei ihr sein. Ich bin nicht besessen, unsere Liebe ist gut. Ich gehöre ihr und sie gehört mir. Wir gehören zusammen. Sie ist Licht und ich bin Dunkelheit. Sie ist der Stern und ich bin die Nacht, sie gehören auch zusammen. Mein Herz….es wird dort warm, wenn sie bei mir ist. Dann bin ich ein Mensch. Ein Mann. Ich fühle auch Verlangen…“, plötzlich hustete Yun und flüsterte: „Das will er nicht genau wissen. Überspringe diesen Teil, wenn du Jenaya nicht in Verlegenheit bringen möchtest.“ Ich verstand nicht, warum. Aber wegen Jenaya tat ich das, was der Pixie sagte: „Ich fühle viel Liebe, sie macht mich glücklich. Ich will sie heiraten, dann sind wir immer zusammen.“ Meine Augen richteten sich auf Jenaya, sie begannen zu glänzen und ein Lächeln erschien auf meinem Gesicht. „Ich fühle Liebe“, sagte ich diesmal zu ihr voller Inbrunst.