Jadis
„In Ordnung“, nickte ich, ich würde die beiden Männer vermissen. Besonders Zen, weil ich ihn vermutlich für eine längere Zeit nicht mehr sehen konnte, sobald wir an die Front gehen würden. Silia würde bei mir bleiben, dann konnten wir gemeinsam zum Lager gehen und vielleicht sollte ich sie mit zum Treffen mitnehmen. Ich würde sie fragen. Wir gingen ins Schloss und unser Weg führte in das Arbeitszimmer meines Vaters, wo er auch sich befand. „Gut, dass ihr da seid. War das Verlobungsfest ein voller Erfolg gewesen?“, erkundigte sich mein Vater. „Das Fest war schön gewesen“, antwortete ich ihm. Ich würde nicht von der Trennung erzählen, da es eine andere Art von Trennung war und außerdem lag es nicht an mir solche private Dinge zu veröffentlichen. Ich war nicht Jemand, der tratschte. „Gut, gut“, nickte mein Vater und sein Blick richtete sich auf Ardan: „König Thyell Sie haben mir beweisen können, dass ich Ihnen Vertrauen kann und ich denke wir werden starke Verbündete werden. Ich werde euch mein Segen geben.“ Meine Augen wurden groß und ich wollte mein Vater am Liebsten umarmen, doch er hob die Hand: „Warte. Wenn der Krieg vorbei ist und wir ihn gewinnen sollten, werde ich als König beim Aufbau unsere Reiches unterstützen und auch Ihnen, König Thyell, biete ich meine Unterstützung an. Nach dem Aufbau möchte ich als König zurücktreten und dir meinen Thron, Jadis, vermachten. Ich mag noch viele Jahren als König regieren können, aber die Welt steht einem Wandel bevor. Es wird eine neue Zeit eintreten und du als moderne Frau wärest die bessere Königin. Du hast mir mehrmals bewiesen, dass du für die Krone würdig bist. Du wirst Aradon regieren.“
Akela
Die Adern und Muskeln meiner angespannte Unterarme traten hervor und ich unterdrückte den dunklen Wunsch meine Hände an ihrem Hals zu packen, um sie umzudrehen. „Die Horde war dieses Mal sehr nahe an die Oberfläche gewesen und es wird immer mehr“, Cassandra schmierte die Salbe auf eine Verletzung am Rücken, die der Himmelseisen verursacht hatte. „Er macht es jetzt ernst. Alles davor war nur ein Spiel von ihm gewesen“, ich ballte meine Hände zu Fäusten. „Was ist es für ein Ausflug, die du da machst?“, fragte die Schwarzmagerin forschend. „Das geht dich nichts an“, knurrte ich. Sie sollte endlich mit ihrer Arbeit fertig werden, jede Berührung verstärkte das Verlangen in mir sie töten zu wollen. Mein Magen rumorte, als der Ekel sich tiefer in mir grub. „Das Schattenreich ist in heftiger Aufruhr. Wir können uns nicht leisten nebenbei woanders zu sein“, beharrte sie. „Bist du der Kapitän oder ich?“, fragte ich leise mit einem gefährlichen Unterton. „Schon gut“, schnaubte sie. „Zur Jagd werde ich immer kommen. Bist du jetzt fertig?“, meine Stimme war eisig. „Ja“, antwortete Cassandra knapp und ich stand auf, um aus den Schrank ein neues Hemd zu holen. „Es scheint, als würde der Fluch langsam eine Immunität gegen das Himmelseisen zu entwickeln. Es lag beim alten Himmelseisen wohl nicht nur daran, dass die Wirkung nachgelassen hatte“, erwähnte sie und hatte die Arme vor dem Brustkorb verschränkt. Ich sah mich in den Spiegel. Mein Oberkörper war übersät von Narben in unterschiedlichsten Varianten. Und einige von ihnen stammten aus eine andere Zeit. Eine Zeit vor Súl Dubh. Ich knöpfte mein schwarzes, eng anliegendes Frack zu.
„Seit dein sogenannter Bruder aufgetaucht ist, veränderst du dich. Du lässt nach“, sie wollte mich provozieren. Eindeutig. „Vergiss nicht mit wem du hier sprichst“, meine Augen verengten sich unheilvoll. „Mit den Piratenlord oder mit den schwarzen Rächer? Oder vielleicht nur einfach mit einem launischen Mistkerl?“,die Schwarzmagierin verließ die Kajüte. Tief atmete ich ein, meine Geduld war kurz davor zu zerreißen. Cassandra nahm sich definitiv zu viele Freiheiten, nur weil sie meine rechte Hand war. Ich sollte wohl ihre diese Freiheiten einschränken. Oder sie daran erinnern, welches erbärmliches Leben sie vor Sùl Dubh geführt hatte.
Triff mich heute um Mitternacht im Musikzimmer der Herondales. Ich schätze mit deiner Schattenmagie bist du sehr wohl in der Lage die Barrieren zu durchbrechen und hier einfach aufzutauchen. Lass uns dann verhandeln…Vielleicht gehe ich sogar einen zweiten Handel mit dir ein. Kommt ganz auf dein Können an, ein herausfordernder Ton schwang in ihrer Stimme mit, als sie plötzlich in meinem Kopf auftauche. Ich brauchte nicht zu raten, wem die Stimme gehörte. Ihre Signatur erkannte ich sofort. Soso, sie hatte den Mumm mich zu einem zweiten Handeln zu locken. Jedenfalls hatte ich es gewusst, dass sie sich melden würde. Früher oder später kamen die Leute immer zu mir. Hier konnte ich wie ein Raubtier auf meine Beute geduldig warten bis der richtige Moment zum Sprung kam. Ich schickte keine Antwort, sie würde schon wissen, dass ich kommen würde. Wer die Münze besaß, wusste, dass ich kam. Früher oder später. Ich erschuf einen Schattenportal und kehrte zu Kenai zurück.
Cerberus
Meine Ohren zuckten und mein Blick schoss in die Richtung, wo plötzlich sich schwarzer Nebel bildete. Dort formte sich eine Gestalt und Akela trat aus den schwindender Nebel. Mein Herz pochte ein wenig schneller. Er war so unfassbar kühl und lässig. Nichts konnte ihn aus der Fassung bringen und er war der stärkste Mann, den ich kannte. Ein Alpha. „Ich habe ein paar Äpfel gefunden, im Wald gab es ein wilder Apfelbaum“, stolz zeigte ich auf meine Errungenschaft. „Du hast ihn also alleine gelassen?“, sein Blick wurde finster. „Er hat sich kein Stück gerührt. Würde er nicht atmen, würde man glatt glauben, dass er tot sei“, brummte ich und missmutig starrte ich den liegender Kerl an: „Er reagiert auf gar nichts. Er ist ein toter Fisch.“ „Sammele trockenes Holz“, bellte er und ging zum Fleisch, das im Gras lag: „Nächstes Mal wirst du auf der Stelle das Fleisch braten, wenn du dich daran satt gegessen hast. So verdirbt es, du unnützer Köter!“ Ich presste meine Lippen zusammen, sodass der Unterkiefer hervortrat. Ich hasste es, wenn er mich für einen dummen Werwolf hielt. Murrend verschwand ich zwischen den Bäume.
Kenai
Nichts.
Ich war im Nichts.
Keine Wärme.
Kein Licht.
Bloß die Dunkelheit.
Die Stille.
Die Einsamkeit.
Ich war alleine.
Gefangen in diesem Käfig.
Plötzlich spürte ich einen scharfen Schmerz und wurde aus meiner Dunkelheit gerissen. Mein Körper reagierte automatisch, als ich mit den Arm den nächsten Fausthieb abblockte und die Bedrohung eliminieren wollte. „Sieh Einer an, du zeigst doch eine Reaktion“, diese Stimme kannte ich und mein Verstand setzte sich ein. Jetzt sah ich vor mir Akela. Mein großer Bruder. Er war zurück. Er hatte mich nicht alleine gelassen. Etwas floss aus meiner Nase und ich fasste daran. Blut. Ich blutete. Ich hatte noch nie aus der Nase geblutet. „Du scheinst als lebendige Waffe und den besten Leibwächter ganz Ocamma eingerostet zu sein. Steh auf, es ist Zeit für das Training“, er stieß mit den Fuß gegen mich. „Ich habe nichts mehr, was ich beschützen kann“, sagte ich monoton und die Leere in mir wollte mich übermannen. Akela beugte sich zu mir: „Ich werde dich zu einem Menschen machen. Um ein Mensch zu werden, brauchst du sie nicht. Was du brauchst ist ein Wille. Ohne Wille bist du ein erbärmliches Nichts.“ Er wollte mich zu einem Menschen machen? „Ohne Jenaya will ich kein Mensch sein. Ich will kein Mensch ohne Liebe sein“, mein Blick blieb stumpf. Sein unbedecktes Auge rollte und dann knurrte er: „Steh auf!“ Er drehte sich um und ging los. Ich blieb einige Sekunden liegen. Dann stand ich doch auf und folgte meinem Bruder.