Jadis
Sein schwaches Lächeln brach mir beinahe das Herz, aber ich blieb stark und schenkte ihm weiterhin ein aufmunterndes Lächeln. Es war jetzt wichtig Zuversicht zu zeigen, damit er nicht verzweifelte und die Hoffnung verlor. Ardans Worte hallte in meinem Gemach, als der Spiegel sich zu verschwammen begann und die Beiden verschwanden. „Ich vermisse dich“, flüsterte ich leise.
Draußen war es dunkel geworden, als ich in den Garten ging und überall schwirrten Glühwürmchen herum. Schwach leuchtete der Mond auf den Garten herab und etliche Sterne funkelten in den schwarzen Himmel. Ich brauchte nicht lange zu warten, eine sanfte Brise strich über meinem Rücken und ich drehte mich um. Meine Mutter lächelte mich leicht an und sie schien noch schöner geworden zu sein. Da ging etwas von ihr aus, was ich in meiner Vergangenheit selten gespürt hatte. Ihre wahre Aura als Harpyie. Nebeneinander gingen wir durch den Garten spazieren, während meine Mutter die Richtung sanft bestimmte. „Seit deiner Reise weiß du viel über uns, wenn auch nicht alles und ich bedauere es dir nicht davon früher erzählt zu haben. Ich war blind vor Sorge und Angst um dich, sodass ich nicht erkannte, dass du schon lange bereit gewesen war mehr über deine Herkunft zu erfahren. Ich gestehe offen, dass auch ein Teil von mir aus Furcht geschwiegen hatte. Wie du bereits erfahren hast gibt es ein Ort, in der die ersten Harpyien geboren waren. Numenór. Unsere Heimat. Unser Hort“, wir hatten uns der Mauer genähert, wo das Efeu sich hoch schlängelte. Genau jene Stelle, wo ich vor 10 Jahren mich versteckt hatte und mein Herz an Ardan verlor, als er meinen ersten Kuss stahl. „Es gab kein Schloss oder Palast, sondern ein Tempelort auf unseren heiligen Berg
Amphea. Der Berg war unser Hort gewesen, er gab uns Platz zum Wohnen“, ich hörte den Schmerz und die Sehnsucht: „Anders als bei den Menschen wird die Windprinzessin oder der Windprinz nicht nach Kräftemessen oder nach königlicher Herkunft ausgewählt. Unsere Götter wählen eine Windprinzessin oder ein Windprinz aus und die Windgeister bringen die Botschaft.“ Meine Mutter schob das Efeu beiseite, sodass ich die Mauer mit den geheimnisvollen Zeichen erblicken konnte: „Als du geboren wurdest, hatte ich das Zeichen auf deiner Stirn gesehen. Du wurdest zur Windprinzessin ausgewählt. Umso größer war meine Angst um dich gewesen….als Windprinzessin birgt in dir eine große, mächtige Kraft, nach denen viele gefährliche Gestalten lechzen und wenn die Sturmjäger herausgefunden hätten wer du bist, hätten sie alles getan, um dich zu töten….“ Ihre Finger fuhr zart über die Symbole, deren Sprache ich nie entschlüsseln konnte: „Damals war ich eine junge Tempelschülerin gewesen, eines Tages hätte ich eine Priesterin werden sollen….Der Windprinz war in meine Arme gestorben.“ Ihre Hand zitterte und tief atmete sie ein, blies Luft auf die Symbole. Dann murmelte meine Mutter Wörter in eine andere Sprache, eine Sprache die vergessen wurde. Die Symbole waren Runen und sie begannen leicht zu schimmern. Ich hörte ein leises Ächzen, lose Steine rieselten auf uns herab und die Wand begann sich zu öffnen. Dahinter verbarg sich ein geheimer Raum. Schon damals hatte ich gewusst, dass sich dort ein Geheimnis versteckte. Meine Mutter betrat das Inneren und ich folgte ihr. Die Luft roch abgestanden und die Wände schienen feucht zu sein. Ein Zischen sagte mir, dass meine Mutter Feuer angezündet hatte und die Flammen der kleinen Fackel in eine Rille hielt. Er jetzt sah ich in der Rille das ölige Glänzen und es fing sofort Flammen, die rasch in die Tiefe wanderte und die Treppe erleuchtete. Überall waren Spinnweben und Staub wirbelte sich auf, als wir hinuntergingen. Dieser Ort wurde sehr lange nicht mehr betreten. „Kurz vor seinem Tod hatte er mir etwas Wertvolles gegeben, als wüsste er, dass du geboren werden würdest. Er wollte, dass ich floh und es behüte. Vielleicht steckte hinter dem Überfall einen tieferen Grund. Vielleicht hatten sie damals auch gewusst, dass du eines Tages geboren werden würdest und für sie eine ernsthafte Bedrohung werden könntest.“ Wir hatten einen kleinen kargen Raum erreicht und in der Mitte stand eine große unscheinbare Truhe. Trotzdem spürte ich bei dem Anblick ein Prickeln in meinem Nacken. Etwas war da drinnen, etwas was meine Mutter jahrelang in Verborgene gehalten hatte. Das, was der Windprinz ihr gegeben hatte. Sie öffnete die Truhe und schlug die Seiden um bis die Gegenstände zur Vorschein kamen.
Akela
Sie näherte sich mir und war nahe genug, dass ich ihren Duft erhaschen konnte. Sonne. Sie roch nach Sonne. Ich verzog keine Miene und sah sie mit einem durchdringender Blick an. Aus dem Licht wurde ein Bild erschaffen, das Objekt ihrer Begierde. Soso. Ich beugte mich leicht nach vorne, um ihr Platz zu nehmen und sie mit der Dunkelheit zu erdrücken. "Diese Maske scheint von unschätzbaren Wert zu sein und der ganze Aufwand, der einbringen wird....es wird das Doppelte kosten. Also was bietest du mir an?", der Umhang wehte, obwohl kein Luft sich hier regte. Ich ließ keinen einzigen Blick von ihr los und meine Dunkelheit war nahe an der Oberfläche. Ohne die Kleidungen würde man die Schatten über meiner Haut huschen sehen können.
Kenai
Schweratmend wachte ich auf und tastete benommen nach ihrem Körper, doch ich griff nur ins Leere. „Jenaya?“, murmelte ich verwirrt. Ich brauchte ihr Licht. Ich brauchte ihre Nähe. Ich hatte die Bilder wieder gesehen. Bilder mit den toten Augen. Bilder von ihren toten Augen. Ruckartig richtete mich auf, mein Herz pochte unruhig. Dann stellte ich fest, dass ich nicht in ihrem Bett lag. Dass ich nicht in ihrem Gemach war. Ich war nicht mehr in Ocamma, Jenaya hatte mich fortgeschickt. Sie hatte mich verlassen. Und obwohl ich das wusste, brach mich dieser Gedanke erneuert. Immer mehr Splitter breitete sich in meinem Körper aus. Ich konnte nicht atmen. Der Schmerz raubte mir Sinnen, viel schlimmer als der brennender Schmerz meines Schattenblitzes. Wankend stand ich auf und bemerkte aus den Augenwinkel rot glühende Augen, sein dunkles Fell war mit der Nacht verschmolzen. Dennoch konnte ich erkennen, dass der Wolf groß wie ein Mann war. Es musste dieses Wesen sein, der wie ein Junge aussah. Ich erinnerte mich, wie Akela ihn einmal als Werwolf bezeichnet hatte. Seine weiße Eckzähne schimmerten lang in den Mondlicht und dienten vermutlich als Waffe, wie seine Krallen. Ich konnte die Dunkelheit spüren und wie etwas in mir sich selbst regte. Ich taumelte zwischen den Bäume und mir war sein warnendes Knurren gleichgültig. Es war mir auch gleichgültig, sollte der Wolf mich fressen wollen. Der kleine Funken in mir von vorhin war wieder erloschen. Ohne ihr Licht war ich in der Dunkelheit gefangen, es gab kein Stern, der mir den Weg zeigen konnte. Ich hörte ein Wasserfall und der Schmerz pochte stärker in meinem Brustkorb, wo einst ein Herz geschlagen hatte. Jenaya hatte das Wasser gemocht. Es war ihr Element gewesen. Ich folgte dem Geräusch. Der Schmerz war besser als diese Leere in mir. Ich spürte, dass der Wolf mir folgte. Ich erreichte eine Quelle mit einem Wasserfall und fiel am Ufer auf die Knien. Ich atmete tief ein. Atmete den Schmerz ein, der mich überwältigen wollte. Meine Wangen brannten von den Tränen. Ich
weinte. Und dann sang ich diesen Schmerz heraus.
Dear Darlin’ - Olly Murs
Als die letzten Melodien verklangen, streifte ich mir den Ring über. Er würde mich daran was ich verloren hatte, was ich einst besessen hatte. Er würde mich daran erinnern, dass ich einst Liebe gefühlt hatte. Er würde mich daran erinnern, das es einmal Licht in meiner Dunkelheit gegeben hatte. Er würde mich daran erinnern, dass ich nicht mehr genug gewesen war. Und ich akzeptierte es.