Jadis
Ich ging zu einer ruhige Stelle, die ich vor einige Tagen gefunden hatte und sie war perfekt für die Lektion, die ich von dem Windgeist Sotos erhalten hatte. Das würde meine erstes Training sein und wenn die Hälfte der Zeit um war, würde ich zum Trainingsplatz des Lagers gehen, um meinem Speer weiter zu erproben. Dort gab es Strohpuppen als Gegnern. Es ist seltsam wie ruhig zwischen den Bäume war, beinahe friedlich. Aber die Stille war zu unnatürlich, die Tiere hatten sich durch den Krieg zurückgezogen. Selbst der Wind versteckte zwischen den Blätter. Tief atmete ich ein und rief mir die Erinnerung an die erste Lektion zurück.
„Säe wie Samen deine Magie auf deinem Körper, damit die Federn wie Gras auf deinem Körper sprießen können. Löse die Grenzen in dir auf. Geist und Körper werden einst mit den Himmel. Spüre die Freiheit der Himmelswesen, werde ein Teil von ihnen, sei mit ihnen verbunden. Fühle wie du dich veränderst, wie du dich zu einem Himmelswesen formst aus der Vereinigung.“ Ich hatte es immer wieder versucht, doch bis auf das Prickeln auf meiner Haut war ich bislang keinen weiteren Schritt voran gegangen. Jedoch gab ich nicht auf. Alles musste von klein auf gelernt werden, um später etwas Großes bewirken zu können. Ich konnte nicht von mir verlangen, alles gleich zu können. Ich musste meine Grenzen überschreiten und da half nur viel üben. Meine Augen schlossen sich und ich begann regelmäßig zu atmen, wie man es bei einer Meditation tun würde. Dann stellte ich mir vor, wie meine Magie überall auf meinem Körper rieselte und spürte das vertraute Prickeln auf meiner Haut. Mein Kopf neigte sich leicht zur Seite, meine Ohren lauschten in den Wind. Vernahm die Stille, doch irgendwo war ein leises Flüstern. Meine innere Sinnen streckten sich weiter aus und mein Geist löste sich langsam von mir, um ein Teil der Luft in dieser Welt zu werden. Verschwommene Bilder tauchten in meinem Kopf, Bilder von Vögel die sich in Bäume versteckten und wachsam mich beobachteten. Ich stieß Luft auf, sendete ihnen eine Botschaft, dass sie vor mir nichts zu fürchten hatte. Ich war eine von ihnen, wir waren die Himmelswesen. Das Prickeln auf meiner Haut wurde stärker und ich stellte mir vor, wie es sich anfühlte am ganzen Körper weiche Federn zu besitzen. Ich stellte mir vor, wie es wäre ein Vogel zu sein. Plötzlich spürte ich in mir ein reißender Schmerz und erschrocken keuchte ich laut auf. Mein Körper fühlte sich an, als würde er von etwas Schweres überrollt werden und ich konnte die Knochen knacksen spüren. Den Schmerzenslaut konnte ich nicht unterdrücken, ich krampfte mich zusammen und mein Kopf schien zu explodieren. In meine Ohren hörte ich laute Rascheln von Flügelschlagen. Wieder schrie ich von der neue Schmerzwelle auf, doch dieses Mal klang der Schrei wie die eines Vogels.
Kenai
Die Verletzung des Bären wurde versorgt und nach meinem Kenntnis schien die Verletzung nicht so tief zu sein, wie es von außen gewirkt hatte. Aber auch eine kleine Wunde konnte tödlich werden, wenn sie nicht versorgt wurde. Besonders kleine Wunden, die viel Blut absonderten. Der Bär hatte sich kaum geregt und war seinem Instinkt mich zu töten nicht nachgegangen. Wilde Tiere fühlten sich oft von Menschen bedroht, wenn sie ihnen zu nahe kommen. Das hatte Jenaya mal aus einem Buch vorgelesen, wo es um ein Abenteurer ging, der die Tierwelt kennenlernen wollte. Er hatte sogar in einem Wolfsrudel gelebt. Jenaya. Alles erinnerte mich an sie und das erinnerte mich an den Schmerz. An das Loch in meinem Brustkorb. Der Ring um meinem Finger fühlte sich schwer und kalt an. Das Schnauben des Bären riss mich aus meine Gedanken und ich sah ihn an. Er leckte meine Hand ab. Wir müssen die Seelen der Wildnis respektieren und sie nicht zu unsere Sklaven machen. Sollten sie einen Mensch als ein Freund oder gar ein Weggefährten auswählen, ist das ein ganz besonderes Geschenk. Die Worte von Graham wanderten durch meinem Kopf, der von der neue Erinnerung gefüllt war. Graham. Ein weiteres verschwommenes Bild tauchte auf. Neyla, meine große Schwester, hatte zu ihm Liebe gefühlt. Sie waren ein Liebespaar gewesen. „Du muss besser aufpassen“, sagte ich zu dem Bär und spürte das Drücken in meinem Brustkorb. Der Bär aß jetzt seinen Fisch und legte dann den schweren Kopf auf seine Vorderbeine. Ich legte meine Hand auf ihn und das Fell fühlte sich weich an. Nicht so weich wie Jenayas Haut. Wieder sie. „Du bist die Seele der Wildnis. Du muss frei sein“, murmelte ich und stand auf: „Ich muss jetzt gehen, großer Bär.“
Akela
Missmutig starrte ich auf die halbe Maske auf dem Tisch und trippelte mit den Fingern auf die Lehne meines Stuhls. Der Fluch pochte in meiner Handfläche und ich schmeckte Metall in meinem Mund. Die riesigen Fledermäuse waren kein Hindernis gewesen, aber für ein normaler Mensch wären sie zu einem Problem geworden. Tja, dann war aber da der vereiste See in der Höhle gewesen. Die Maske hatte genau auf der andere Seite gelegen und der einzige Weg war über den See zu gehen. Die ganzen menschlichen Knochen und alte abgestumpfte Waffen waren ein sichtbarer Hinweis gewesen, dass in dieser Höhle ein größere Kreatur lebte. Und wenn das noch nicht überzeugend war, sagte die tiefe Rillen in den Wände, die eindeutig von einem Bestien abstammte. Eine große Bestien. Außerdem hatte Cassandra alte Runen entdeckt, die von der vergessene Sprache abstammte. Ich konnte die Runen entziffern, ich hatte Jahre damit verbracht alte und vergessene Sprachen der Magie zu studieren. Sie waren eine Warnung an die zukünftige Menschen. Und diese Höhle war ein Käfig der Bestie. Einer uralte Bestie. Solange einer ihrer Schätze nicht berührt wurde, die ebenfalls auf der andere Seite des Sees gefunkelt hatte, blieb sie in ihrem Dornröschenschlaf. Ansonsten würde sie aufwachen und Derjenigen verschlingen. Aber sie konnte nicht ihre Höhle verlassen. Jedenfalls schien einige Vorgänger nicht die Warnung beachtet zu haben oder konnten die Runen nicht lesen. Es wäre alles glatt gelaufen, wenn der verdammte Idiot von Alchemist nicht plötzlich meinte die Bestie wecken zu wollen, damit wir eine Runde spielen konnte. Er saß jetzt blau verprügelt in seinem Labor. Dummheit wurde bestraft.Tja, jedenfalls existierte die Bestie nicht mehr und ihre Schätze lagen im Bauch von Súl Dubh.
Und ich besaß die halbe Maske. Selbst sie war von Lichtmagie gefüllt und reizte mich. Ich wollte es zertrümmern und in den tiefsten, schwärzesten Meer des Schattenreich ertränken lassen. Mit meinem Gehstock schob ich die Maske über die Karte bis es anfing zu schimmern und ich beugte mich darüber. Aha. Dort musste die andere Hälfte sein. Wie praktisch, es befand sich genau irgendwo im Unterwasserweltreich der Monster. Lalotai. Dann konnte ich gleich bei Calypso vorbeischauen. Ich brauchte das Wasser des Jugend. Und sie konnte mir sagen, wo die andere Maske war.
„Akela“, die Nereïde drehte sich zu ihr um und ihr Rock folgte ihrer fliegende Bewegung. Der Wasserfall öffnete sich, als die Begleiterin des Meergottes ihr Dreickzack sich in seine Richtung zeigte. Ich ging durch den Tunnel, der durch etliche Edelsteine und Kristalle funkelte bis ich mich in der perlmuttweiße Höhle wiederfand, wo das Wasser in einem seltsamen Licht leuchtete. Das Wasser der Jugend. „Seit jenem letzten Treffen ist Zeit vergangen und die Schicksalräder haben sich unaufhörlich gedreht. Die Rolle, die dir bestimmt ist, bleibt“, Calypso knöpfte mein Oberteil auf und ich knirschte mit den Zähne. Sie trat einen Schritt zurück, ich hatte ihr Segen erhalten und ich zog restliche Kleidungen aus, um in das Wasser zu steigen. Sie prickelte auf meiner Haut und ich konnte die Wirkung spüren, die anfing. Sie verzögerte den Alterungsprozess, da sie eine heilende Kraft besaß und so erlang man durch sie die Jugend. Aber ich blieb nur solange in das heilige Wasser bis ich spürte, dass die Narben auf meinem Körper anfingen zu jucken. Sie sollten nicht verschwinden. Sie waren eine Mahntafel an mich. „Mein Sohn, höre mir gut zu“, ertönte ihre Stimme und ich warf ihr einen finsteren Blick zu. „Als ich dich damals fragte, ob du bereit seist diesen Weg weiter zu beschreiten und deine Seele zu verlieren, antwortetest du, du besäße keine Seele“, sie beugte sich zu mir, sodass ihre lavendelfarbene Augen direkt mich ansahen und ich in Erwähnung zog ihr von mir gewaltsam zu stoßen. Sie spielte mit meiner Geduld, sie wusste, dass ich Nähe verachtete. „In dir verbirgt sich ein kleiner Kern deiner Seele, deiner alten Selbst. Wir wissen Beide, was in den Spiegel war, nach dem du dich sehnst. Du bist also noch nicht gänzlich verloren, du kannst errettet werden. Der Fluch kann gar gebrochen werden. Es gibt Jemanden, der nun aufgetaucht ist und in der Lage ist dir das Licht zu bringen, das dieser Kern braucht. Lass den Kern nicht in der Dunkelheit ersticken, mein Sohn. Du hast eine große Bürde auf dich genommen und einen schweren Schicksal annehmen müssen….“, Calypso brach ab, als die kreischende Schatten sich auf sie stürzte. Durch ein paar schlichte Bewegungen ließ das göttliche Wesen die Schatten verschwunden. Meine Augen funkelten wird und tief knurrte ich sie an, meine Stimme ähnelte nicht mehr die eines Menschen: „Man kann nicht Jemanden retten, der nicht gerettet werden will. Wenn dieser Kern noch existiert, werde ich ihn vernichten. Ich werde meinen Teil erfüllen, aber dann verfolge ich meine persönliche Ziele, die mich in die Hölle schicken werden und schließlich werde ich sterben. Nichts kann mich daran hindern, nicht mal ihr verdammten Götter. Die Welt ist ohne mich besser dran und ich bin ohne sie besser dran.“