Halloooo
Ardan
Ich blieb nicht lange allein, denn kurz darauf erschien Thales. Er kam einfach ins Zelt hinein und pflanzte sich mir gegenüber auf den Boden. Er wirkte unbekümmert. So als hätte ihn diese Sache irgendwie nicht überrascht.
>Um ehrlich zu sein, lässt er uns doch sowieso keine Wahl. Er hat es selbst gesagt. Er bleibt hier und schließt sich uns an. Er will helfen, also kann er das tun. Seine Leute sind seine Verantwortung, nicht unsere.< meinte Thales schulterzuckend und steckte sich ein Stück Trockenfleisch in den Mund, das er eine Weile lang zerkaute.
Währenddessen starrte ich grimmig und mit vor der Brust verschränkten Armen auf die Karten, die ich in der Mitte ausgebreitet hatte. In das Gebiet, vor dem uns Kenai gewarnt hatte, würden wir sowieso nicht gehen. Unsere Späher hatten uns heute Morgen nämlich dasselbe gesagt. Verbotene Zone. Zu viele Gefahren und Fallen. Wenn wir uns aufteilten, mussten wir definitiv die Gebiete angreifen, in denen wir auch eine gute Chance hatten, tiefer in feindliches Land zu gelangen. >Dann bleibt der Norden und unsere übliche Route weiter im Südosten.< stellte ich fest.
>Ich nehme den Norden. So wie ich das sehe, erwartet uns dort viel Gebirge, Nichts und mehr Nichts. Klingt aufregend.<
Meine Augen wanderten von der Karte zu Thales. Ich traute ihm diese Aufgabe durchaus zu, nur wünschte ich, wir müssten uns nicht schon heute aufteilen. Allerdings drängte uns die Zeit dazu. Wir hatten keine andere Wahl. >Und was ist mit...< Ich wollte nicht einmal seinen Namen aussprechen.
>Den nehme ich mit. Auch wenn er mich an eine frühere, nervige Version von dir erinnert, komme ich damit klar. Ich habe mit schlimmeren Leuten zusammengearbeitet. Da gehört er zur feinen Sorte.<
>Bist du dir sicher?<
Thales winkte ab. >Aber klar. Kein Problem. Außerdem kann es nicht schaden, mehr Leute zu rekrutieren, die etwas zu bieten haben. Er mag einen eher negativen Weg gehen, aber er geht ihn zumindest in dieselbe Richtung wie unsere.<
Auf diese Aussage hin schwieg ich. Ich dachte an Kenais Worte. Seufzte schwer. Ich vertraute diesen Leuten nicht. Ganz und gar nicht. Nur weil ich damals Fehler begangen und daraus gelernt hatte, musste das nicht auf diese Piraten zutreffen. Nicht jeder lernte aus Fehlern.
>Übrigens nehme ich Sonnenschein mit.< sagte Thales mit einem weiteren Stück Trockenfleisch im Mund.
Sofort schüttelte ich den Kopf. >O nein, ich lasse sie auf keinen Fall in die Nähe von-<
>Akela?< Wie aus dem Nichts tauchte Silia auf. Ein Schimmern lag auf ihrer Haut. Ihr Licht. >Papa, du kannst mir nicht sagen, welchen Weg ich gehen soll. Außerdem will ich noch mit Thales weiter trainieren und das kann ich nur, wenn ich mich seiner Gruppe anschließe.<
>Aber-<
>Nein.< schnitt sie mir das Wort ab. >Diesmal bringst du mich nicht zum Schweigen. Ich schließe mich Thales an. Wir werden Akela und seine Leute im Auge behalten. Mir wird nichts passieren. Das verspreche ich dir.<
Hätte sie Letzteres nicht gesagt, hätte ich ihr wieder widersprochen. Wenn es eine Sache gab, auf die ich mich vollkommen verlassen konnte, dann waren es ihre Versprechen. Sie hatte Jadis und mir erzählt, dass sie nicht in der Lage war, Versprechen zu brechen. Es würde ihrer Natur widersprechen und das wiederum hätte große Konsequenzen für sie. Wenn sie mir also versprach, sich nicht in dumme Gefahren zu begeben, musste ich darauf vertrauen. Nicht zuletzt, konnte sie wirklich stur sein. Das hatte sie bestimmt von mir. Na toll.
Ich schüttelte resigniert den Kopf. >Habe ich überhaupt noch etwas zu sagen?<
Sie beugte sich zu mir vor und drückte mir einen Sonnenkuss auf die Wange. >Ja, hast du. Einmal ein Drachenkönig, immer ein Drachenkönig.<
>Bevor du gehst... Klär das noch mit deiner Mutter. Sie soll wissen, was du vorhast.<
>Mache ich.< Und damit war sie weg.
Thales zog eine Braue in die Höhe und grinste mich an. >Ich hab dir ja gesagt, dass Kinder kleine Monster sind.<
Jenaya
Obwohl mein Herz mich zu Kenai zog, drehte ich den Kopf in Jadis' Richtung und nickte schwach. Eigentlich war mir jeglicher Appetit vergangen, doch ich musste bei Kräften bleiben. Was auch immer die Männer beschlossen zu tun, am Ende des Tages würden wir weiterziehen müssen und dafür brauchten wir alle Energie. Yun folgte uns zu dem Platz, wo wir das Proviant im Schatten lagerten. Ich nahm mir kleine Portionen, während ich meinen Gedanken nachhing.
Als meine Schüssel voll war, kam Silia angelaufen und strahlte übers ganze Gesicht. >Wie es aussieht, haben Papa und Thales beschlossen die Truppen wie besprochen aufzuteilen. Ich werde mit Thales reisen. Er nimmt Akelas Gruppe mit.<
Ich wurde hellhörig. Wenn Akela mit Thales reiste, dann Kenai auch, oder? Sollte ich mich ihnen anschließen? Oder lieber bei Ardan und Jadis bleiben? Ich wusste nicht, ob ich es ertragen würde in Kenais Nähe zu sein. Denn irgendwann würde ich ihn fragen müssen, ob er noch dasselbe wie früher für mich empfand und dafür war ich einfach nicht mutig genug. Ich... ich konnte es einfach nicht.