Jadis
Wir befanden uns auf den östlichen Kurs in Richtung Meer und ich genoss die leichte Brise, wodurch die Hitze nicht stark auf meiner Haut brannte. Es waren bereits ein paar Stunden vergangen und wir waren im Flug wir weitergekommen als zu Fuß. Normalerweise hätten wir dann Tage gebraucht. Doch Feena war schnell und Daisuke schien unseren Tempo mithalten zu können, was mich nicht überraschte. Als Harpyie konnte ich in der Luft genauso schnell werden. „Wir müssen jetzt ein Stück weiter höher fliegen, dann kann ich eine Wolke erschaffen, in der wir uns verbergen können. Das Meer ist besiegelt von feindlichen Gegnern und Verbündeten. Mittlerweile haben unsere Feinde sich auch dort ausgestreut“, erklärte Daisuke ernst. „Dann beherrschst du die Nebelmagie?“, hakte ich nach, denn das kam mir zuerst in den Sinn. Er nickte bestätigend: „Ja.“ Er wurde also vom Windgeist Zephyros ausgewählt, dem der Frühlingshof gehörte. Er war der Westwind. Ich tippte Feena mit meinem Fuß an und sie begann höher zu fliegen. Als wir weit genug oben waren, sammelte sich um uns herum Dunst. Von Daisuke aus spürte ich sanfte Luftschwingungen, als er seine Magie anwandte. Ansonsten merkte ich gar nichts, dass diese Wolke magisch erschaffen wurde. Ich war beeindruckt. Diese Fähigkeit war sehr nützlich, besonders in einem Krieg. „Ich kann schon den Meerwind schmecken. Wir sind nicht mehr weit entfernt“, meinte er und tief atmete ich ein. Er hatte Recht. Ich konnte ebenfalls das typische Meersalz auf meiner Zunge schmecken. Obwohl wir uns in einer Wolke verbargen, hatte ich trotzdem eine klare Sicht. Nach eine Weile erreichten wir tatsächlich das Meer. Das weite Blaue glitzerte in der Sonne wie funkelnde Diamanten und der salzige Geschmack wurde intensiver. Eine frische Brise kam auf und ich vernahm das Rauschen des Wassers. Weiter in der Ferne entdeckte ich schattenhaften Flecken, was wohl die die Kriegsschiffe sein mussten. Ich spürte den Drang unsere Verbündeten zu helfen, doch ich durfte jetzt meine Aufgabe nicht vergessen. „Am Besten umrunden wir dieses Gebiet, wir sollten ihnen nicht zu nahe kommen. Nicht, dass sie uns doch aufspüren können, trotz der Tarnung“, runzelte ich nachdenklich mit der Stirn. „Lass uns zuerst südlich am Land fliegen. Es ist zwar ein kleiner Umweg, aber so erregen wir kein Aufsehen“, meinte Daisuke. Zustimmend nickte ich. So flogen wir weiter über die Landschaft, die jetzt grüner geworden war und nichts mehr an eine karge Wüste erinnerte. Als die Flecken nicht mehr zu sehen waren, wagten wir auf das Meer hinaus und Daisuke löste die Wolke auf. Ich verwandelte mich in meine Harpyie-Gestalt, da ich unbedingt über das Wasser fliegen wollte. Außerdem konnte Feena dann jagen gehen, um sich zu stärken. „Bis jetzt macht das Herz sich nicht bemerkbar und wir haben viele Meere. Wie sollen wir die Insel finden?“, ratlos blinzelte ich in der Sonne, während mein Haar in Wind flatterte. „Da die Insel versunken ist und wir das Herz haben, wird unser natürlicher Instinkt nicht weiterhelfen können. Aber ich erinnere mich, dass meine Eltern mir erzählten, dass der Sternbild Kranich zur Insel führt. Jedoch haben wir nicht viel Zeit, um auf die Nacht warten zu können. Daher müssen wir darauf hoffen, dass das Herz uns den Weg weisen wird“, erzählte er mir. Vorsichtig tastete ich nach dem Beutel an meinem Gürtel und spürte den Kasten. Dort drinnen befand sich das Herz und ich durfte ihn erst öffnen, wenn wir Númenor gefunden hatten. Plötzlich spürte ich ein fremdes Pochen an meiner Hüfte und überrascht hielt ich inne. Es kam direkt aus dem Beutel. „Ich glaube, das Herz meldet sich“, ich spürte Aufregung in mir aufsteigen und wir drosselten unseren Tempo. Ich probierte verschiedene Richtungen aus und merkte, dass das Herz in eine bestimmte Richtung besonders kräftig pochte. Dort musste die versunkene Insel sein, anders konnte ich es mir nicht erklären. Warum sonst sollte das Herz so reagieren? Ich hoffte, dass wir die Insel schnell finden konnten.
Kenai
Auf dem provisorischen Trainingsplatz hatte man aus verschiedene Materialien, die in der Umgebung zu finden waren, Zielobjekte gebastelt. Meine Muskeln wurden mit jeder Bewegung geschmeidiger und es dauerte bloß wenige Minuten bis ich alle Zielobjekte erledigt hatte. In den letzten Monat hatte auch meine Schnelligkeit zugenommen und ich konnte in ein paar Sekunden die Umgebung analysieren, in der ich mich befand. So konnte ich beinahe blind kämpfen. Staub hatte sich unter meine Füße aufgewirbelt und ich wechselte meine Kurzschwerter mit Wurfsterne. Ich hatte eine Weile nicht geworfen und ich wollte meine Zielgenauigkeit überprüfen. Meine Gedanken kehrten wieder zu Akela zurück, der sich in die Sonnenfüchsin verwandelt hatte. Ich war unruhig, weil ich wusste, dass er einen Plan verfolgte, der mir bestimmt nicht gefiel und es beschäftigte mich immer noch, dass er mir nichts erzählen wollte. Schrittweise hatte ich gelernt, dass man mit Andere zusammenarbeiten musste, um noch stärker sein zu können. Aber bei Akela wirkte es anders, er gab nur Befehle und hatte gleichzeitig andere Pläne, die er Niemanden erzählte. Das bedeutete doch, dass er mir nicht vertraute und das ließ mein Magen schwer fühlen. Ich hörte auf zu trainieren und schaute in die Sonne. Während die Anderen schwitzten, blieb meine Temperatur gleichbleibend. Mein Körper war für jedes Wetterwidrigkeit geschaffen. Das Wetter sollte mich nicht beim Kämpfen beeinträchtigen. Es gab nur wenige Momente, wo ich geschwitzt hatte und das war, wenn ich starke Aufregung fühlte oder schlecht geträumt hatte. Ich ging vom Trainingsplatz und die Ruhelosigkeit war immer noch in mir da. Ich dachte immer noch an Jenaya. Der Drang nach ihr zu schauen, hatte nicht nachgelassen. Ich setzte mich auf einem Stein hin, er war abseits vom Lager und entschied mich meine Waffen zu schärfen. Ich brauchte etwas, um mich abzulenken. Ich blickte kurz in die Ferne. Überall Berge und Schluchten, davor war überall Wüste gewesen. Auch hier wuchsen kaum Pflanzen und die Tiere schienen verschwunden zu sein. Aber ich vermutete, dass sie sich nur versteckt hatten. „Ich beschütze euch“, murmelte ich.
Akela
Die Erinnerung brachte mich für einen Augenblick aus den Konzept, denn ich hatte nicht gewusst, dass eine solche Erinnerung existierte. Und ich hatte vergessen, wie meine Mutter ausgesehen hatte. Hart schluckte ich und stieß die Erinnerung ganz tief in die Dunkelheit. Ich wollte mich nicht mit den Empfindungen auseinandersetzen, die in mir hochkochen wollten. Grimmig folgte ich der Sonnenfüchsin und mein Blick wurde finsterer, als ich die gaffende Männer bemerkte. Ich zeigte ihnen den Stinkefinger. Solche Männer waren alle gleich, egal ob gut oder böse. Der König der heiße Quellen kam auf uns zu und gereizt blaffte ich ihn an: „Sie ist kein Lustobjekt, kapiert?!“ Ich packte nach ihrem Arm und zog sie weg von ihm. Es mehr aus einem Impuls heraus, als bewusst. Sofort ließ ich sie los und bemerkte ebenfalls die dunkle Wolken. „Ich erkundige nicht zum ersten Mal ein fremdes Gebiet“, knurrte ich und in meiner Hand erschien wie aus dem Nichts eine Augenbinde: „Von außen ist sie gewöhnlich, aber es ist ein spezieller Stoff, wo ich durchschauen kann ohne aufzufallen. Und wenn was passieren sollte, kümmert euch gefälligst zuerst um die anderen Sklaven. Ich kann alleine auf mich aufpassen und brauche kein Wachhund.“ Ich band den Stoff um meine Augen und antwortete: „Je eher wir anfangen, desto schneller sind wir durch. Also schick mich los.“