Hanabi
Mir schlug das Herz bis zum Hals. Mein Verstand hatte sich verabschiedet, nachdem mir Fenrir einen Handkuss geschenkt hatte und die Stelle kribbelte noch immer. Dass ich meine eigenen Gefühle zugab, hatte ich einem spontanen Impuls zu verdanken, andernfalls wäre ich vor Verlegenheit in Ohnmacht gefallen. Noch nie zuvor hatte mir ein Mann offen gezeigt, dass er mich wollte. Außer Gael... aber bei ihm hatte ich nicht diesen bunten Strudel aus Farben und Emotionen empfunden. Bei Fenrir hingegen fühlte sich alles richtig an. Als hätte ich nur darauf gewartet, dass es dazu kam. Zwar hatte ich stets Zweifel gehegt, weil er nun mal eine andere Frau verloren hatte, aber dass er bereit war mir eine Chance zu geben, bedeutete mir wahnsinnig viel.
Vor Aufregung hielt ich den Atem an, als er sich dann zu mir vorbeugte und sein Atem über mein Gesicht strich. Warme, weiche Lippen berührten mich an der Wange. Es waren aber seine Worte, die mich aus dem Konzept brachten. Gefährten... turbulent... Küssen. Küssen!? Plötzlich fiel mir das Schlucken schwer. >Aber ich... ich, also...< Meine Finger klammerten sich an den Saum meines Kleides, während ich schüchtern stammelte: >...ich habe das noch nie getan. Küssen, meine ich...< Ich drehte meinen Kopf leicht, sodass ich ihn anschauen konnte und verfiel mal wieder dem dunklen Glanz seiner mondgelben Augen. Inzwischen raste mein Herz vor Aufregung. Einerseits wollte ich mich nicht blamieren, andererseits hatte ich mich nie stärker danach gesehnt geküsst zu werden. Ich wollte wissen, wie sich das anfühlte.
Ich wollte wissen, wie Fenrirs Lippen schmeckten. Und ob sie so weich waren wie sie aussahen. Dabei war es mir völlig egal, wenn es kein Zurück mehr gab. Mein Herz hatte bereits eine Entscheidung gefällt.
Malevor
Ihre Hände fühlten sich fremd an. Das war kein gutes Zeichen, aber durchaus nachvollziehbar. Es passierte oft, dass schreckliche Ereignisse die eigene Magie blockierten und man sich verloren fühlte. Das schien wohl der Fall zu sein. Ich kannte Möglichkeiten, wie man seine Blockaden wieder lösen konnte, aber dafür war es noch zu früh. Ich würde Taiga Zeit lassen und zu einem späteren Zeitpunkt eingreifen, wenn mich die Sorge um ihr Wohlbefinden übermannte. In Zeiten wie diesen sollte man den eigenen Geist nie überlasten. Das führte sonst zu mehr Problemen, die wesentlich tiefer schnitten.
Als sie das Thema wechselte, ging ich gerne darauf ein und nickte zustimmend. >Menschen sind sehr erfinderisch. Bis vor kurzem dachte ich, sie wären engstirnig und stumpf, aber bis jetzt bin ich über ihre Kreativität positiv überrascht. Fliegende Schiffe klingen auf jeden Fall interessant. Fenrir wird es zwar nicht gefallen, dass wir eine Zeit lang über Wasser fliegen werden, aber er wird sich zusammenreißen können.< Etwas, was ich auch tun würde, wenn wir Aradon erreichten. Die Harpyie war Surys Ziehmutter. Wieder eine Person aus Surys neuer Familie. Keine Ahnung, wie sie reagieren würde, wenn sie meinen Bruder und mich sah. Hoffentlich bekamen wir keine Probleme, denn das würde auch die Mädchen betreffen.
Ich wollte nicht, dass unsere Vergangenheit die beiden Mädchen noch mehr belastete. Das war einfach nicht fair ihnen gegenüber. >Ich glaube, dort hinten ist es!< Wie erwartet, handelte es sich dabei um einen sehr großen Platz, wo ziemlich viele Leute unterwegs waren. Mir fiel besonders der Warenverkehr auf.