Taiga
Wie aus dem Nichts tauchte ein silbriger See vor uns auf, der in einem seltsamen Licht eingehüllt war. Erst dann begriff ich, dass diese tänzelndes Licht Irrlichter waren. Abertausende Irrlichter schienen sich auf der Wasseroberfläche hin und her zu wiegen, wodurch es aussah als wäre der See in nebelartigen, blauen Flammen aufgegangen. Schon der See allein mit der silbrige Farbe, als hätte der Mond viele Tränen vergossen bis es zu einem See wurde, war beeindruckend. Um den See herum waren steinige Säulen mit seltsam verwobene Mustern, deren uralte Kraft man spüren konnte. Doch wo am Meisten die pulsierende Energie herkam, war von die des Baumes am See. Er war riesig, beinahe wirkte, als könnte der Baum den Himmel berühren und selbst von hier konnte man erkennen, wie alt seine Rinde sein musste. Der Baum sah wie eine Trauerweide aus und doch unterschied er sich von allen Trauerweiden, die ich bisher kannte. Seine herabhängende Aststränge besaßen keine Blätter, die Aststränge selbst sahen anders aus. Sie leuchteten in einem hellen, reinen Licht und das Licht selbst war nicht nur weiß, sondern auch in einem sanften Blau und Lila. Das war sie. Urgroßmutter Weide.
Fenrir
Über etwas amüsierte sich Hanabi und ich hatte den vagen Verdacht, dass es auf meine Kosten ging. Was mir aber ziemlich egal war, denn sie lachte. Sie hatte seit Taigas Entführung kaum noch gelächelt und deswegen gönnte ich ihr jeden Klang ihres Lachens. Plötzlich fanden wir uns an einem See wieder, als wären wir von einem anderen Ort zum anderen Ort teleportiert. In diesem Teil dieses Wald steckte verdammt viel Magie, vor allem uralte Magie. Der Wald selbst lebte und schien zu bestimmen wohin unser Weg führte. Mir gefiel es nicht blind von eine andere Macht geführt zu werden, aber in diesem Fall blieb es uns nicht anders übrig. Sofort wanderten meine Augen wachsam über die neue Landschaft. Definitiv ein geheimer, alter Ort. Und diese reine Energie in der Luft war beinahe zu viel für den Wolf in mir. Allein der Anblick des Sees ließ das Fell meines Schwanzes sträuben und instinktiv wusste ich, ich durfte dieses komischen Wasser nicht nähern. "Willkommen", es klang wie ein Windhauch und kam aus der Richtung des Baums, wo am Meisten die Magie pulsierte. Der Stamm begann sich seltsam zu verformen und plötzlich erschien ein altes, hölzernes Gesicht. "Urgroßmutter Weide", hauchte die Bärin und ging ehrfürchtig auf die Knien: "Es ist uns eine große Ehre, dass Ihr uns empfängt." "Steh auf, mein Kind. Tretet näher und ihr Dunkelgeborene solltet den See meiden. Folge einfach den Weg der Steinplatten zu mir herauf", der Mund des Gesichts bewegte sich. Der Baum sang nicht nur, es hatte auch ein Gesicht. Ich war in einem Märchen gefallen. Wobei in Hana'yei sollte man sich nichts wundern.