Hanabi
Mein Herz schlug so schnell, dass ich einen Stillstand befürchtete. Ein Wolf war bereits im Bau verschwunden und meine Angst um Taiga sowie die Babys überstieg meine eigene Panik. Ich konnte doch nicht zulassen, dass sie mein Zuhause stürmten und die anderen verletzten. Taiga hatte sich bislang zwar als hervorragendes Raubtier bewiesen, aber diese beiden Wölfe verströmten einen zerstörerischen Hunger, dass sie zu allem fähig waren. Ich konnte und durfte meine Freundin nicht im Stich lassen.
Mir in Gedanken Mut zusprechend, raste ich los, als auch schon der zweite Wolf dem ersten in die Dunkelheit der unterirdischen Gänge folgte. Sie witterten die anderen, so viel war klar. Zum Glück bemerkten sie mich nicht, weil es hier sowieso überall nach mir roch und trotzdem blieb ich sicherheitshalber ein gutes Stück zurück. Wenig später hallten die ersten Kampfgeräusche in den Tunneln wider. Mir gefror das Blut in den Adern. Ein Kampf. Ein fürchterlicher Kampf fand in meinem Bau statt. Diese Erkenntnis trieb mich schneller voran und bevor ich überhaupt einen Gedanken fassen konnte, verwandelte ich mich am Ende des Ganges in meine zweibeinige Gestalt und rannte auf den Wolf zu, der sich gefährlich knurrend dem Bett näherte. Ich brauchte nicht zu raten, wer sich dort versteckte. Und bevor mich doch meine Angst packte, sprang ich nach vorne und direkt auf den Rücken des schwarzen Wolfes.
Malevor
In Zeiten der Gefahr hatte die Zeit die Angewohnheit schneller zu fließen. Leider erinnerte ich mich nicht mehr daran, warum dem so war. Envar hatte es ziemlich kompliziert erklärt und damit erreicht, dass ich es doch nicht mehr wusste. Jedenfalls lag ich plötzlich unterm Bett. Mit meinem Bruder. Die Luft war getränkt von dunklem Hunger und dem Beschützerinstinkt des Luchsmädchen. Sie hatte ihre eindrucksvolle Gestalt angenommen und legte sich gleich mit dem ersten Wolf an, der sie knurrend ansprang. Ein blutiger Kampf entbrannte. Dann folgte ein zweiter Wolf und die Dunkelheit im Raum wurde merklich erdrückender.
In meinem Bauch sammelte sich etwas Finsteres, das ich lieber unter Verschluss halten wollte. Diese Wölfe... sie konnten unmöglich dieser Welt entstammen. Wie sie sich bewegten, ihre Größe, ihre Farbe und ganz besonders ihr Duft. Ich fühlte mich zurückversetzt in eine Zeit, als ich ein junger Heranwachsender war und Tag und Nacht wilde Bestien töten musste. Um stärker zu werden. Unbesiegbar. Ich ballte meine kleinen Hände zu Fäusten und atmete zittrig ein. Blut floss. Das Luchsmädchen war verletzt. Sie war an solche Situationen nicht gewöhnt. Hinzu kam das Hasenmädchen, das wie aus dem Nichts auftauchte und sich auf den Wolf stürzte, der uns bemerkt hatte. Sie stieß einen echt wackligen Kampfesruf aus, aber das reichte, um den Wolf abzulenken. Er schnappte wütend nach ihr, doch sie schlang ihre Arme so fest um seinen Hals, dass er nicht an sie herankam. Daraufhin begann er wie wild zu bocken und stieß sie mit dem Rücken voran gegen die Wand. Großer Schmerz zeichnete sich in ihrem Gesicht ab, als sie reflexartig losließ. Die perfekte Möglichkeit für den Wolf, um zuzuschnappen.
Ich konnte allerdings nicht tatenlos zusehen, wie die beiden verletzt wurden, darum handelte ich nach Instinkt. Ich entfesselte meine Magie und ließ sie wie zwei gefährliche Peitschen durch die Luft sausen, bis sie die beiden Wölfe erreichte. Jaulend stolperten sie über ihre eigenen Füße und schüttelten sich, als hätte sie der Blitz getroffen. Diesmal war es die Hasenanimagi, die ihre Chance ergriff und einen Haufen Sternenstaub in die Augen der einen Bestie schleuderte, ehe sie völlig unerwartet ein rundes metallenes Ding mit Handgriff schnappte und ihm damit die Kopfschmerzen des Jahrhunderts verpasste. Der Schlag war so heftig, dass es mich wunderte, wie der Kopf des Wolfes noch am Platz blieb. Jedenfalls reichte es aus, um ihn komplett auszuknocken.