Cael
Ich bezweifelte, dass das mich wachhalten würde. Heute Nacht hatte ich nämlich ganz andere Dinge vor. Mit Ilea. In unserem Zimmer. Allein. Die ganze Nacht. Kaum zu fassen, wie viel Wirkung ein paar Worte erzeugten. Es glich einem Wunder, dass ich geduldig genug war hier zu sitzen, aufs Essen zu warten und erst dann mit Ilea zu verschwinden. Natürlich hatte ich nichts gegen etwas Qualitätszeit mit meinem besten Freund, aber ich war mir sicher, dass auch er nicht abgeneigt war Imesha für sich allein zu haben. In der magischen Stadt erst angekommen, würden wir vielleicht keine Zeit haben, um regelmäßig zur Ruhe zu kommen. Da ich mir überhaupt nicht vorstellen konnte, was uns dort erwartete, war ich auf alles gefasst.
>Abgesehen von unseren Fortschritten, was die sagenumwobene Stadt betrifft, vermute ich, dass Imesha und du euch nähergekommen seid. Du siehst glücklich aus.< Seit er mir von seinen Gefühlen für sie erzählt hatte, feuerte ich ihn im Stillen an, dass es endlich zwischen ihnen klappte. Sie passten perfekt zusammen. Auf mehreren Ebenen. Besonders Imesha wuchs an dieser Beziehung und es war sehr schön mitanzusehen. Sie blühte auf, wie Ilea es bei mir getan hatte.
Imesha
Es fiel mir leicht mich Ileas Rhythmus anzupassen und meine kleinen Aufgaben zu erledigen. Dadurch hatte ich etwas zu tun, was mich von meinen eigenen Worten ablenkte. >Ryu hat mir heute seine Liebe gestanden. Dann haben wir miteinander geschlafen.< Wärme stieg in mir hoch bei dem direkten Geständnis. Ich hörte allerdings nicht auf zu sprechen, ich musste schnell fortfahren, bevor mich der Mut verließ. >Es hat sich richtig angefühlt. Und es war sehr schön. Besser, als ich es mir vorgestellt habe. Lange Zeit habe ich mich vor dieser Art von Intimität gefürchtet. Ich verbinde damit unschöne Erinnerungen. Eine falsche Bewegung, ein falscher Laut, ein falscher Geruch, schon bricht das Chaos in meinem Kopf aus und mein Körper fühlt sich völlig taub an. Eiskalt. Fehl am Platz. Beschmutzt. Die ganze Zeit hatte ich Angst, dass mich das für immer kontrollieren würde. Aber heute ist es passiert und es hat sich... normal angefühlt. Normal wundervoll. Ich hoffe, du verstehst, was ich meine.< Ein unsicheres Lächeln legte sich auf meine Lippen. Ich sah sie kurz an, dann fiel mein Blick zurück auf das Messer in meinen Händen, mit dem ich das Gemüse weiter kleinschnitt. In meinen Augen brannte es. >Trotzdem mache ich mir Sorgen, dass das nur ein Glücksfall war. Dass es beim nächsten Mal nicht klappt. Dass die Erinnerungen präsenter sind und ich den inneren Kampf verliere. Ich wünschte, es wäre ganz einfach mich gehen zu lassen. Das, was Ryu und ich haben, ist mir außerordentlich wichtig. Ich... ich will ihn lieben, wie er mich. Frei und ungezwungen.< Von meinen eigenen Gefühlen übermannt, schniefte ich leise und blinzelte mehrmals. >Natürlich weiß ich, dass er mir alle Zeit der Welt schenkt, die ich brauche, um meine Vergangenheit zu verarbeiten. Aber manchmal fühle ich mich ganz schön... verloren. Deshalb wollte ich mit dir reden, denn so blöd das auch klingt, ich weiß, dass du aus eigener Erfahrung nachempfinden kannst, wie sich Verlorensein anfühlt. Mit Zweifeln und allem.<