Cael
Zeit für einen Informationstausch. Ilea machte den Anfang und alle im Raum hörten ihr gebannt zu. Kurz huschte mein Blick zu Roselyn, die das alles erlebt und gezwungenermaßen vergessen hatte. Ohne Ileas Fähigkeit wäre diese Erfahrung für immer in den Schatten geblieben. Ich würde zu gerne wissen, welche Macht sich der Kaiser zu eigen gemacht hatte. Egal wie furchteinflößend und böse diese Magie war. Sobald man wusste, mit wem man es zu tun hatte, steigerte das unsere Chancen. Dann würden wir wissen, wonach wir gezielt suchen mussten. Es wäre zumindest ein Anfang.
Als Ilea ihre Erzählung beendete, herrschte zunächst angespannte Stille. Rakurai stieß ein tiefes Seufzen aus. >Wir haben bereits geahnt, dass hinter all seiner Macht eine noch größere, finstere Gewalt steht. Aber zu hören, dass er sich auf etwas derart Finsteres eingelassen hat… das klingt überhaupt nicht gut.< Die anderen in der Runde nickten zustimmend. Mir fiel auf, dass dieser Haku wieder ein Glas in den Händen hielt und ein paar Mal daran nippte. Hatte er ein Alkoholproblem? Oder war das gar kein Alkohol?
Imesha
Ich wünschte, Roselyn hätte das alles nicht sehen und daraufhin sterben müssen. Wer diesem finsteren Mann zu nahe kam, wurde unwiderruflich mit in den Abgrund gezogen, weshalb es mir manchmal immer noch wie ein Wunder vorkam, dass ich es hierhergeschafft hatte. Umgeben von großartigen Menschen. Und von all diesen Leuten nahm ich an, dass ich die meiste Zeit mit Kaiser Oda verbracht hatte. Etwas, was ich mir leider nicht ausgesucht hatte. Nichtsdestotrotz war es an der Zeit ein paar Dinge zu erzählen, die ich seit meiner Flucht für mich behalten hatte.
Nach einem tiefen Atemzug richtete ich den Blick nach vorne, bevor mich der Mut verließ. >Es dürfte kein Geheimnis sein, dass ich für den Kaiser gearbeitet habe. Viele Jahre lang. Als Jägerin. Nach außen hin soll die Elite dazu dienen Yokai und Rebellen aus dem Weg zu räumen, aber kein Normalsterblicher weiß, dass wir alle eine oder mehrere Aufgaben erteilt bekommen, die wir für uns behalten. Meine bestand darin ehrenwerte Gäste zu unterhalten und mit Kaiser Oda das Bett zu teilen.< Es laut auszusprechen, kostete mich wahnsinnig viel Überwindung und ich zwang mich dazu in keines der Gesichter zu blicken, auch wenn ich scharfes Lufteinziehen hörte. Ich schluckte den größer werdenden Kloß in meinem Hals hinunter, sprach neutral weiter: >Andere hingegen machten Jagd auf magische Wesen. Zum Erforschen, aber hauptsächlich, um Kaiser Oda und seine engsten Vertrauten zu stärken. Es sind zu viele getötet worden.<
Ein bitterer Ton legte sich in meine Stimme und die Hände in meinem Schoß ballten sich zu Fäusten. >Wiederum andere haben kranke Experimente überwacht. Es ist ein streng bewachtes Geheimnis und hätte mir vor einiger Zeit das Leben gekostet, als ich davon erfahren habe. Kaiser Oda versucht nämlich seine eigenen Yokai zu erschaffen. Aber das Schlimmste sind die Magi, die dorthin verschleppt werden. In der Bevölkerung ist zwar bekannt, dass alle getötet werden, die Magie ausüben, aber das ist nicht die ganze Wahrheit. Einige von ihnen landen in den Katakomben des Gefängnisses, wo sie alle fürchterliche Qualen durchleiden müssen. Gemeinsam mit den Yokai. So wie nicht alle Menschen gut sind, sind nicht alle Yokai böse. Aber an diesem schrecklichen Ort spielt das keine Rolle. Nur die Ergebnisse zählen. Und einige seiner Experimente sind leider geglückt. Nicht viele, aber sie reichen aus, um Albträume lächerlich wirken zu lassen.< Ein kaltes Zittern durchlief mich. Dieses Geheimnis offen auszusprechen, ohne vom Fluch getötet zu werden, bewies, dass Cael hervorragende Arbeit geleistet hatte. Ein kleiner Teil von mir hatte stets befürchtet, dass etwas zurückgeblieben war, aber ich saß noch aufrecht und das erleichterte mich.