Cael
Diesmal war ich mutiger, ich fürchtete mich nicht und streckte meine Hand nach der schwarzen Masse aus. Es musste einen Grund geben, warum ich davon träumte. Warum mir bewusst war, dass ich das hier wiedererlebte. Die Antwort lag direkt vor mir, aber bevor meine Finger die Schatten berührten, lösten sie sich im Nu auf und ein starker Sog riss mich beinahe gewaltsam zurück.
Ivolis alarmierendes Fiepen und ein anderes Geräusch drangen an meine Ohren, als ich aus dem Schlaf schreckte und mich abrupt aufrichtete. Einen Augenblick wurde mir dabei schwindelig, doch dann fiel mein Blick auf die fliegenden Gestalten vor mir und was hinter ihnen passierte. Zuerst dachte ich, ich würde halluzinieren, ich wünschte, es wäre so, denn Ilea im Fenster stehen zu sehen, wie sie kurz davor war in die unendliche Tiefe zu fallen, das...
Purer Instinkt übernahm die Kontrolle über meinen Körper, als ich aus dem Bett sprang und Ileas Namen im Versuch nach ihr zu rufen verschluckte. Mittels Magie gab ich mir den nötigen Schub, um sie rechtzeitig zu erreichen, bevor das Schlimmste passierte. Ich schlang meine Arme von hinten um ihre Mitte und spürte mein Herz, das aus meiner Brust zu springen drohte. Meine Stimme zitterte: >Ilea, was… was tust du da?< Verzweiflung und Angst mischten sich dazu und ich drückte ihren Körper fest an mich, als könnte sie in der nächsten Sekunde verschwinden.
Imesha
Ich hörte der Hohepriesterin aufmerksam zu und wünschte, es gäbe einmal gute Nachrichten in unserem Leben. Ein Miko wie er, mit der Macht die Zeit zu beeinflussen, arbeitete mit dem Kaiser zusammen und das war eine verdammt gefährliche Kombination. Natürlich ging ich nicht davon aus, dass die beiden Freunde wurden. Sicherlich verfolgten sie unabhängig voneinander ihre eigenen Ziele. Kaiser Oda wollte die gesamte Welt unter seine Kontrolle bringen und Nanashi wollte Ileas Wissen für sich beanspruchen. Momentan verfolgten sie demnach dasselbe Ziel. Wenn es etwas gäbe, um einen Keil zwischen die beiden zu treiben, wäre das wundervoll, aber wir wussten zu wenig, um handeln zu können.
Wieder einmal spielte ich mit dem Gedanken Ruko zu kontaktieren. Er würde uns irgendwie helfen können. Vorausgesetzt er war noch als Anführer der Elite tätig. Oder am Leben. Letzteres wollte ich mir erst gar nicht ausmalen. Ihn nicht mehr am Leben zu wissen… Der Tod begleitete mich schon viel zu lange und immer traf es die anderen, nie mich selbst. In seltenen Momenten fragte ich mich, ob ich mich überhaupt glücklich schätzen sollte am Leben zu sein. Doch diesen Gedanken behielt ich für mich. Es war zu grausam.
>Das alles klingt so, als hätten wir gar keine Chance gegen den Kaiser und sein Gefolge zu bestehen. Realistisch betrachtet ist das wenig motivierend. Gibt es zur Abwechslung irgendeine Geheimwaffe, die wir einsetzen können? Etwas, das kaum einer weiß. Etwas, das uns Hoffnung gibt?<
Schweigen. Vielversprechende Blicke. Rakurai räusperte sich und schien nach den richtigen Worten zu suchen. >Ihr seid die Geheimwaffe. Ihr seid der Schlüssel zu dem Ganzen, sonst wärt ihr nicht ein wichtiger Teil der Prophezeiung. Es geht immer nur um euch und welchen Weg ihr beschreitet. Unsere Aufgabe hingegen ist es euch und eure Fähigkeiten zu verbessern. Euch all das Wissen mitzugeben, das ihr benötigt, um mit uns gemeinsam das Grauen von Valaris zu beenden. Es mag überwältigend klingen dermaßen viel Verantwortung zu tragen und ich wünschte, ihr müsstet in euren jungen Jahren nicht dieses Schicksal teilen, aber was die Zukunft verspricht, lässt sich nicht ändern.< Er seufzte schwer. >Und ihr seid nicht auf euch alleingestellt. Selbst wenn es schwierig ist zu vertrauen, seid euch sicher, dass alle hier bereit sind für das unterdrückte, verfolgte Volk zu sterben.<