Cael
Ilea war noch nicht in Sicherheit, denn sie versteckte sich nicht wie gefordert hinterm Tresen, sondern versuchte stattdessen Kit aufzuwecken. Mir war sein Schicksal natürlich nicht egal, aber wegen seines Zustands brachte er sich und Ilea in Gefahr, was mich ganz schön in Spannung versetzte. Der Yokai wusste, dass ich hier nicht alleine war, deshalb lag es an mir ihn von den anderen beiden abzulenken. Das bedeutete, dass ich ihn mit vollem Körpereinsatz seitlich und mit der Schulter voran rammen musste, damit er auf die andere Seite des Schuppens stürzte. Wir beide krachten durch einen Tisch zu Boden, ich spürte den heftigen Aufprall im ganzen Körper und biss fest die Zähne zusammen, um mich gegen die nächsten Angriffe, die gleich folgen würden, zu wappnen. Zum Glück hatte ich die Eisenstange fest umklammert gehalten, sodass ich sie gezielt einsetzen konnte, als der Yokai mich von sich stieß und seine Krallen mich knapp an der Brust verfehlten. Andernfalls hätte meine Brust genauso wie die von Kit ausgesehen. Sehr schlecht ohne Magie.
Ich schwang die Stange wie ein Schwert, versuchte den Dämon in eine Ecke zu treiben, damit Ilea genügend Zeit für die Flucht hatte, doch spürte im nächsten Moment ein weiteres unheilvolles Prickeln im Nacken. Scheiße! Das konnte nicht wahr sein! Hastig eilte ich zurück zum Eingang, als mich unerwartet eine heftige Druckwelle erfasste und ich quer durch den Raum bis gegen den Tresen flog. Ich bekam einen schmerzhaften Schlag auf den Hinterkopf, dass kleine weiße Sternchen vor meinen Augen funkelten und ein Klingeln in meinen Ohren ertönte. Trotzdem kämpfte ich mich ächzend zurück auf die Beine und spielte mit dem Gedanken nach meiner Magie zu greifen, als eine menschliche Gestalt in den Raum flitzte und plötzlich lauter kleiner Wurfsterne durch die Luft tanzten. Ein tödlicher Tanz, denn der erste Dämon fiel tot in sich zusammen. Dann erschien ein weiterer Dämon.
Ich nutzte die Ablenkung, um zu Ilea und Kit zu gelangen. Mir schwirrte der Kopf und mir war irgendwie schlecht, doch ich schob diese Empfindungen beiseite und griff entschlossen unter Kits Körper, um ihn auf meine Arme zu heben. In diesem Zustand wäre er sowieso nicht in der Lage gewesen zu fliehen. Also übernahm ich das Rennen für uns beide und war heilfroh, dass Ilea nichts abbekommen hatte. Damit konnte ich leben... Wir verließen den Schuppen durch die Hintertür und uns empfing kalte Luft.
Imesha
Bevor mich die Bestie erreichte, sprang ich zur Seite und schnappte mit der anderen Kette nach ihrem linken Hinterbein. Durch den Schwung ihrer Bewegung rutschte ich ein Stück weit durch den Schnee und fand zum Glück Halt an einer Säule, die ein Vordach stützte. Ich stemmte mich dagegen und zwang die Kreatur anzuhalten, die sich knurrend zu mir drehte und erneut ihre Zunge benutzte, um mich zu verletzen. Der Widerhaken traf allerdings die Säule, hinter der ich mich versteckte, ehe ich mich wieder zeigte, die Ketten stramm zog und sie an den Beinen gewaltvoll durch den Schnee schleifte, bis ich ihren Körper gegen die nächste Gebäudemauer schleudern konnte. Das schien den Yokai ziemlich wütend zu machen. Er biss in eine der Ketten, um sich davon zu befreien, aber genau das war sein Fehler. Meine Magie reagierte wie brennendes Gift auf seine, dass er aufjaulend davon abließ. Die Fäden, die ich inzwischen um meine Finger gewickelt hatte, spannten noch mehr und diesen Umstand nutzte ich, indem ich mittels der Fäden meine Energie durch seinen Körper jagte. Die Ketten wurden indes auf magische Weise länger, wickelten sich weiter um den Yokai, bis er bewegungsunfähig und knurrend zu Boden fiel. Sein Körper zuckte, als stünde er in Flammen und mit jedem Reißen der Fäden beendete ich sein Leben. Übrig blieb sein Leichnam, der stückweise zu Asche zerfiel. Ich feierte meinen Sieg nicht, sondern widmete mich gleich der nächsten Kreatur, die inzwischen eingetroffen war. Ein Spinnen-Yokai. Auch nichts Neues. Neu war die Tatsache, dass dieser Ryu noch da war und offenbar kämpfen wollte, anstatt das Weite zu suchen. War er lebensmüde? Dies war kein Ort, um den Helden zu spielen. Er nutzte zwar keine Magie, aber jeder seiner Fäden summte stark wie pulsierende Adern. Ich hätte zwar gerne das wahre Ausmaß seiner Energie erlebt, aber wenn ihn jemand dabei erwischte, bekam er es mit dem Kaiser zu tun und der Mann war deutlich gefährlicher als dieser Yokai vor ihm.
Aus diesem Grund musste ich schnell handeln, bevor jemand anderes auf ihn aufmerksam wurde. Die Ketten lösten sich vom letzten Yokai und folgten meinen Bewegungen zum nächsten Ziel. Diesmal griff ich von oben an, direkt vom Dach, da der Mann ihn vom Boden aus ablenkte. Natürlich reagierten die Sinne des Dämons auf mich, aber ich war schneller. Einer meiner Dolche steckte bereits tief in seinem Rücken, ehe ich dann zurück aufs Dach sprang und die fette Spinne daran hinderte diesem Ryu näher zu kommen. Sie war jetzt meine Aufgabe.