Cael
Ich fühlte mich schlecht, weil ich ihr nicht alles erzählen durfte. Nicht, solange ich mir meiner Aufgabe in dieser Welt noch nicht absolut sicher war. Ryu und ich waren gerade mal eine Woche anwesend und man hatte bereits Egon entdeckt. Ein magisches Wesen, welches in Valaris grundlos getötet wurde. Überall lauerten zudem Spione, so viel hatte Taro uns gesagt und es war mir zu riskant Ryus und meine wahren Absichten zu offenbaren. Je weniger Ilea wusste, desto besser. Vielleicht sah sie das momentan nicht, aber wäre sie in meiner Lage, würde sie bestimmt ähnlich handeln.
Trotzdem hatte ich ein schlechtes Gewissen. Dass sie kurz angebunden reagierte, bewies, dass ihr meine Antwort missfiel. Ich wünschte, mir fiele auf Anhieb ein lockeres Thema ein, doch ich ging stattdessen ruhig neben ihr her. Wir erreichten das Stadttor und damit auch das Armenviertel, wo sich die meisten Schatten und verlorene Seelen herumtrieben.
Imesha
Ich saß auf einer Bank hinterm Haupthaus des Palastes und hielt mir die Ohren zu, als könnte ich damit die Schreie vertreiben, die in meinem eigenen Kopf dröhnten. Schreie der Qual, Rufe nach Hilfe, ein letztes Wimmern vorm endgültigen Tod. All das spielte sich in Dauerschleife ab, laut genug, dass ich meine restlichen Gedanken nicht mehr hören konnte. Es tat mir körperlich weh, ihnen nicht geholfen zu haben. Es tat so... so unfassbar weh. Zu wissen, dass sie dort unten waren und litten. Nur weil Kaiser Oda glaubte, sie könnten seine Regentschaft gefährden. Unschuldige Wesen. Mit reiner Magie, reinen Herzen. Er jagte sie, ließ sie herbringen und tötete sie mit eigenen Händen. Es bestand kein Zweifel, dass er jeden einzelnen Mord genoss. Er ergötzte sich an der Macht, die ihm dadurch verliehen wurde und mir wurde einfach unendlich schlecht.
Schluchzend wiegte ich mich vor und zurück, während ich wiederholt "Es tut mir leid" murmelte. Lange genug, dass meine Lippen austrockneten, meine Zunge taub wurde und ich eine Leere in der Brust empfand, die mir Angst bereitete.
Ich tötete sie nicht. Und doch fühlte ich mich wie eine Mörderin. Ich war eine, ich musste eine sein.