Cael
Je länger der Kampf andauerte, desto größer wuchs das Gefühl in mir tatsächlich in Lebensgefahr zu schweben. Malevor kämpfte mit einem derart todernsten Blick, dass ich ihn nicht wiedererkannte. Er war wie ein Biest, das man von seinen Ketten befreit hatte. Jeder Schlag vibrierte bis in meine Knochen, sein starker Wille schlug mir in pulsierenden Wellen entgegen und dennoch schaffte ich es ihm standzuhalten - bis er plötzlich Abstand gewann, mich diabolisch angrinste, Anlauf holte und hoch in die Luft sprang. In diesem Moment wusste ich, dass das was folgte, mich unter normalen Umständen umbringen könnte.
>Versuch mal DAS aufzuhalten!< rief er mir zu, ehe sein Speer in einem unheilvollen Nebel eingehüllt wurde, sich mit noch mehr Energie auflud und er diesen mit der gefährlichen Spitze voraus in meine Richtung schoss. Ich reagierte instinktiv. Mein Körper wusste, dass ich diesen Angriff nicht mit einem Gegenangriff parieren konnte. Stattdessen griff ich auf meine beste Fähigkeit zurück: meine Barriere.
Schnell wie ein Blitz riss ich meinen Arm nach vorne, spreizte die Finger und nutzte die defensive Magie. Sie entfaltete sich wie eine Lotusblüte. Schicht für Schicht. Das perfekte Beispiel für einen Zauber, den nur ich beherrschen konnte. Niemand anderes sonst war in der Lage eine mehrschichtige Barriere zu formen. Aber für mich war es das Einfachste der Welt. Es war wie Atmen. Bereits im Bauch meiner Mutter hatte ich sie mit einem perfekten Schutzschild beschützt. Trotzdem wurde mir nun vor Augen geführt, dass meine bislang perfekte Defensive nicht ganz so perfekt war wie erwartet. Schicht für Schicht zersplitterte die Magie unter der Wucht des Speers. Es lag an Malevors Willen. Selbst durch die Barriere hindurch spürte ich sein Ziel: Mich. Er hielt sich wirklich nicht zurück, sondern wollte mich um jeden Preis besiegen. Seine zerstörerische Magie begann bereits meine fürs Kämpfen angefertigte Kleidung aufzulösen. Ich rutschte zudem einen Meter zurück, stemmte mich mit aller Macht gegen den Speer, dessen Spitze nur wenige Millimeter davon entfernt war meine Hand mittig zu durchbohren.
Starker Wille, starker Wille, wiederholte ich in Gedanken, als ich mit lautem Gebrüll losließ und die restliche Energie dazu nutzte unversehrt zu bleiben. Es folgte eine ohrenbetäubende Explosion. Der Boden öffnete sich, durch die Druckwelle wurden riesige Brocken fortgeschleudert und einiges davon traf leider auch mich. Nichtsdestotrotz blieb ich auf beiden Beinen stehen und ignorierte die warme Flüssigkeit an meiner Stirn. Das war das kleinere Übel. Stattdessen durchfuhr mich pure Erleichterung, weil ich es geschafft hatte Malevors Attacke zu widerstehen.
Sein Speer flog derweil zurück in seine Hand, er rammte das eine Ende in den aufgeplatzten Boden und... lächelte mich an. Zum ersten Mal sah ich Stolz in seinen Augen funkeln. Ich hätte nie gedacht, dass ich mich jemals über einen stolzen Ausdruck wie seinen freuen würde. Wie ein kleiner Junge, den man mit vielen Geschenken überhäufte.
>Ganz schön beeindruckend, Himmelsjunge. Wirklich... beeindruckend.<
Gute Nacht