Cael
Ryu sagte nichts. In seinem Blick las ich nämlich alles, was ich gerade empfand. Tiefe Trauer, Verzweiflung, Schock, unbändige Wut. Viel zu viel auf einmal. Als sich dann noch Makoto verabschiedete, riss mein Herz noch weiter auf. Es war nicht bereit jemanden gehen zu lassen, der mir wichtig war. Meine Familie, besonders die Animagi hatten mich davor gewarnt, dass der Tod einen stark veränderte. Dass man dagegen machtlos war, wenn es dazu kam. Jetzt erfuhr ich am eigenen Leib, wie genau sich das anfühlte. Mit Worten ließ sich das nicht beschreiben. Es war unmöglich.
Ilea schrie auf, ihr Kummer traf mich beinahe tiefer als Makotos Tod selbst. Trotz meiner verschwommenen Sicht eilte ich ihr hinterher, als sie losrannte, aber sie kam sowieso nicht weit. Sie stürzte zu Boden. Ich fiel neben ihr auf die Knie, zog sie in meine Arme und hielt sie fest. Obwohl ich selbst das Geschehene kaum verarbeiten konnte, war das Bedürfnis für Ilea da zu sein sehr viel stärker.
Imesha
Er antwortete nicht sofort, also drückte ich die Klinge tiefer ins Fleisch, bis etwas Blut hervorquoll und ihn ein Zittern durchlief. Ich erwartete eigentlich keine Antwort, denn Leute wie er wurden zu kalten Mördern ausgebildet, die ihre Mission über ihr eigenes Leben stellten. Trotzdem... manchmal erwischte man das schwache Glied unter ihnen. >Sprich, dann töte ich dich schnell. Schweige, dann lasse ich dich langsam verbluten.< verlangte ich mit eiserner Stimme. Innerlich kochte ich vor Wut, weil er der Grund war, warum Menschen wie Ilea litten und jegliche Hoffnung verloren. Meine Hoffnung hatte man mir schon vor langer Zeit genommen, aber Ilea... ihre unschuldige Familie... Meine andere Hand in seinem Nacken packte fester zu, während ich das Messer dort ansetzte, wo es wehtat, es aber nicht seinen sofortigen Tod bedeutete. In seinen dunklen Augen blitzte Erkenntnis auf. Seine folgenden Worte klangen gepresst. >Du... lebst.<
>Und du nicht mehr lange, also beantworte die Frage!< zischte ich wütender als vor ein paar Sekunden. Ich war froh Egon vor dem Gasthaus abgesetzt zu haben, denn das hier, dieses Ich von mir, sollte er nicht sehen. Das war nicht die echte Imesha, sondern die Elitejägerin, die viel Blut vergossen hatte und tötete, als wäre es das Normalste auf der Welt. >Er... sucht nach dir...< Sein Mundwinkel zuckte. Selbstgefällig. Offenbar hatte er geglaubt mich damit zu schockieren, nur kannte er mich nicht gut genug, um das anzunehmen. Ich schnaubte bloß verächtlich, bewegte die bewaffnete Hand und schnitt ihm die Kehle durch. Nicht mal einen langsamen Tod war er wert. Reine Zeitverschwendung.
Mit einem bitteren Zug um den Mund musterte ich die beiden toten Männer. Sie hatten mir zwar nicht verraten, wer sie beauftragt hatte, aber jetzt wusste ich zumindest, dass Kaiser Oda meinen plötzlichen Tod nicht abgekauft hatte. Er suchte nach mir. Gut. Mit dieser Gewissheit konnte ich arbeiten.
Ich hörte etwas hinter mir, reagierte aus Instinkt und wirbelte mit dem Messer in der Hand herum, nur um im Wurf innezuhalten. Kein Feind. Ryu. Er hatte mich gesehen, er war gekommen. Reglos starrte ich ihn an und ließ die Hand langsam sinken. In Situationen wie diesen gab es nichts zu sagen. Was zu meinen Füßen lag, sprach für sich.