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12.02.2021, 22:45

Cael

Die Route forderte uns ziemlich heraus. Es war wie Imesha beschrieben hatte und schlimmer. In manchen Gebieten musste ich jeden einzelnen Muskel anspannen, um Höhen zu besteigen oder mich durchs Dickicht schieben, ohne dass sich dabei Ilea verletzte. Obwohl wir stundenlang unterwegs waren, wachte sie kein einziges Mal auf. Ich hatte Ivoli bereits damit beauftragt ihren Geist streng zu bewachen, aber auch er konnte mir nicht sagen, was genau los war. Hauptsache, sie war noch da. Das musste vorerst reichen. Auf dieser beschwerlichen Reise hatte ich mindestens einmal alle Gefühle durchgekaut, die in mir tobten: Brennende Wut, erdrückende Trauer, wilde Verzweiflung, bittere Sorge und Unsicherheit. Unsere Zukunft hing an einem einzigen Faden, denn auch wenn wir zunächst sicher waren, weil uns hier im Nirgendwo niemand so schnell finden würde, wussten wir dennoch nicht, was in der Umgebung lauern könnte. In dieser Welt existierten fast in jeder Ecke neue Gefahren. Etwas, das ich aus meiner Welt absolut nicht kannte. Nicht in Zeiten des Friedens. Ob es überhaupt Hoffnung für Valaris gab? Ryu und ich hatten es nicht einmal geschafft eine Familie zu beschützen... Wie sollten wir eine Welt retten? Ich merkte selbst, wie düster meine Gedanken inzwischen klangen und behielt sie lieber für mich. Sie auszusprechen, würde sie nur wahr machen und das wollte ich nicht.
Stattdessen konzentrierte ich mich auf den Weg vor uns und das Ziel, zu dem dieser Fluss führte. Es erinnerte mich ein wenig an mein Zuhause. Dort trug Wasser eine große Bedeutung. Man fand Sicherheit, Ruhe und Frieden. Genau das, was wir alle dringend brauchten. Meine Muskeln brannten mit jedem weiteren Schritt und hinter meiner Stirn pochte es unangenehm. Die ersten Kopfschmerzen meldeten sich. Keine Ahnung, wie lange Ryu und ich unterwegs waren. Lange genug, dass die Sonne sich verabschiedete und der Himmel sich dunkel färbte. >Ich glaube, ich sehe da hinten etwas.< stellte ich laut fest. Zwischen den Baumstämmen, noch viele Meter vor uns, registrierte ich eine Lichtung, helles Blau, das sanft schimmerte. >Das muss der See sein, von dem Imesha gesprochen hat.<

Imesha

Ich war lange genug unterwegs, um zu wissen, dass ich nicht verfolgt wurde. Entweder ich hatte sie endgültig abgehängt oder sie hatten schneller als erwartet kapiert, dass ich die falsche Ilea war. Mir sollte es recht sein. Ich war noch am Leben, meine Füße trugen mich immer weiter und obwohl es nach wie vor bitterkalt war, blieb ich einigermaßen warm und verlor das Ziel nicht aus den Augen. Das war das erste Mal in meinem Leben, dass ich für solch lange Zeit alleine unterwegs war. Außerhalb der Stadt, versteht sich. Manchmal ertappte ich mich selbst dabei, wie ich für einen kleinen Moment stehenblieb, die Landschaft auf mich wirken ließ, tief einatmete, innehielt, langsam ausatmete und die Augen schloss. Freiheit. So fühlte sich also Freiheit an. Es spielte keine Rolle, dass ich im Grunde genommen auf der Flucht war. Für mich bedeutete dieser neue Lebensabschnitt eine Chance auf eine freie Zukunft. Jahrelang hatte ich mir gewünscht auszubrechen, einfach abzuhauen und neu anzufangen. Die Umstände waren anders. Meine Lieblingsmenschen fehlten. Trotzdem würde ich nicht zurückblicken, sondern weiter durch Wind und Wetter stürmen. Niemand würde mich aufhalten. Ich hatte von der Freiheit gekostet und wollte sie nicht mehr hergeben.
Dieser Gedanke trieb mich den ganzen Tag voran. Jedes Gebiet erschien auf einer imaginären Karte vor meinen Augen. Kein einziges Mal verlor ich die Orientierung. Ich wusste genau, wohin ich gehen musste, wo Vorsicht geboten war und wo ich kurze Pausen einlegen konnte. All das Einstudieren der Schriftrollen aus dem Archiv zahlte sich endlich aus. Und als die Sonne am Horizont zu verschwinden begann, erreichte ich den Fluss, dem ich nun bis zum Ende folgen musste.
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13.02.2021, 10:10

Ryu

Nicht nur das harte Training zahlte sich bei mir auch, sondern auch mein Forschungsreisen. Um einige Tierarten kennenzulernen, hatte ich oft tief in den Naturgebiet, in denen sie lebten, eindringen müssen. Auch gefährliche Naturgebieten, wo die natürliche Gefahren gelauert hatten. In dieser Situation war es eine vollkommene andere Gefahr. Eine Gefahr, die Cael und ich nicht kannten. Und die wir nicht einschätzen konnten. "Ja", stieß ich die Luft erleichtert aus. Das Nervenaufreibendste war, all die Emotionen unter Schach zu halten um bei klarem Verstand zu bleiben. Das hatte ich als Prinzendasein lernen müssen, damit ich in ernste Situationen richtig handelte. Ich konnte nicht wie Cael jetzt meine Gefühle seinen freien Lauf lassen, weil wir ansonsten verloren wären. Das waren die Dingen, auf die ich früher manchmal....naja, neidisch würde ich nicht nennen, aber hin und wieder hatte es Momente gegeben, wo ich einfach bürgerlich sein wollte und ohne all die großen Verantwortungen. Wir durchbrachen die letzte Hürde und standen vor einem See, der schwach im Mondlicht funkelte und er hatte tatsächlich eine ungewöhnliche hellblaue Farbe. Jedenfalls Für Valaris. Wir waren endlich da. Jetzt waren wir für Erstes in Sicherheit. Die plötzlich auftauchende Berge um den See herum gaben uns wirklich den nötigen Schutz. "Da hinten sieht es nach einer Art Höhle aus. Vielleicht können wir dort übernachten. Warte hier, ich überprüfe ihn", mit forschen Schritte ging ich zu der Stelle. Mittlerweile war die Temperatur noch mehr gefallen und da Ilea noch bewusstlos war, musste sie ins Warmen bevor ihr Körper zu gefrieren begann. Außerdem sollten wir alle nicht in der Kälte schlafen. Die Höhle war nicht groß und tief, aber groß genug für vier Personen, die einen trockenen Schlafplatz brauchten. Es gab keine weitere Gänge und hier schienen auch keine Tiere gelebt zu haben. Und der Eingang war auch groß genug, um eintreten zu können. Für Erstes musste diese Unterkunft reichen. "Die Luft ist rein!", rief ich zu Cael.

Ilea

Die Sonne schien warm herab auf mich und in diesem Moment sprang ich auf, um mich auf das Gartentor zu stürzen, der zum sandigen Pfad führte. Aber eine unsichtbare Barriere ließ mich nach hinten taumeln. "Ilea, hör auf dagegen anzukämpfen", Mattwei stand neben mir und sah mich mitleidig an. "Warum bin ich hier in dieser Illusion gefangen? Ich will hier raus!", Panik ergriff mich. "Hab keine Angst Ilea, ich tue es nur zu deinem Schutz. Die Welt da draußen ist ein grausamer Ort, aber hier kann dir nichts geschehen. Hier hast du alles, was du brauchst. Wenn du dieses Leben akzeptierst, dann wirst du ein glückliches Leben führen. Mit mir", lächelte er. Ich schüttelte den Kopf: "Das ist verrückt. Das ist nicht echt! Bitte, lass mich gehen, Mattwei!" "Niemals!", sein Blick wurde eisig und dann beugte er sich zu mir: "Schlaf, jetzt." Die Risse im Himmel verschwanden und alles um mich verschwamm. Ich stieß noch einen gequälten Schrei aus, ehe ich in den tiefen Schlaf versank.

Roselyn

Als die Männer den See erreichten, machte Roselyn sich vor Cael sichtbar. Sie hatte vor einiger Zeit, sie wusste nicht wie lange es her war, gelernt auch sich vor den Augen der Mikos verbergen zu können. Ihr Blick fiel auf Ilea und die Schuldgefühle plagten sie. "Es tut mir aufrichtig leid, ich habe die Gefahr im Gasthaus nicht rechtzeitig bemerkt. Es ging alles viel zu schnell. Und dann konnte ich ihnen nicht helfen, weil ich ein Geist bin. Ich war nicht schnell genug bei euch gewesen", ihre Erscheinung begann zu flackern und wenn sie es könnte, hätte sie in diesem Moment Tränen vergossen. Sie hatten den schrecklichen Ereignis nicht aufhalten können, sie war wegen ihrer verfluchte Existenz machtlos gewesen und es war furchtbar gewesen mitansehen zu müssen, was mit den Gasthaus und die dort lebende Familie geschehen war. "Die Verunreinigung hat sich stärker ausgebreitet. Ihre Magie muss blockiert werden, damit die Ausschreitung verzögert werden kann, bevor sie eine Verlorene wird. Aber wir haben nicht mehr so viel Zeit", sie kniff ihre Augen leicht zusammen und versuchte sich zu konzentrieren. Aber was es auch immer in ihrem Kopf erschienen war, verschwand einfach wieder. Das war unglaublich frustrierend. "Vielleicht kann ihr in der Stadt der Wunder geholfen werden. Dort sind ja Magis und vielleicht auch Mikos, die euch helfen können", fuhr sie fort.


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13.02.2021, 12:41

Cael

Wir erreichten endlich den See, der trotz des Abendlichts in einem hellen Blau schimmerte. Ich fragte mich, ob es an irgendeiner Form von Magie lag oder ob es eine natürliche Ursache dafür gab. Allerdings waren solche Gedanken überflüssig, wenn einem die Beine von der großen Anstrengung zitterten und ich an Stellen Schmerzen hatte, die von Fenrirs und Malevors Training abgehärtet sein müssten. Ich konnte es kaum erwarten mich hinzusetzen und einige Stunden lang nichts mehr zu tun. Das hatten wir uns alle nach diesem harten Tag verdient.
Ryu ging schon mal vor, um zu prüfen, ob eine Höhle in der Nähe für uns geeignet war. Für heute Nacht brauchten wir definitiv einen sicheren Unterschlupf, deshalb war ich froh, als von ihm eine positive Rückmeldung kam. Gleichzeitig tauchte Roselyn wie aus dem Nichts auf, was mich ehrlich überraschte, weil ich sie hätte bemerken sollen, aber es waren ihre Worte, die mich trafen. >Niemand hat das kommen sehen. Dich trifft keine Schuld.< erwiderte ich ernst. An Ryu gewandt sagte ich: >Roselyn ist hier. Sie befürchtet, dass Ilea nicht viel Zeit bleibt, bevor ihr etwas Schlimmes zustößt.< Es reichte nicht, dass mein Körper an seine Grenzen stieß, nein, jetzt würde ich auch meinen Geist herausfordern müssen. Ich würde Ilea bestimmt nicht im Stich lassen. Wenn es ihr zunehmend schlechter ging, konnte ich nicht auf eine Stadt der Wunder warten, von der niemand wusste, wie man sie fand. Ich könnte es nicht mit meinem Gewissen vereinbaren untätig zu bleiben. Zwar hatte ich die letzten Wochen meinen Kopf zerbrochen, um eine Lösung für Ilea und ihre aktuelle Situation mit Mattwei zu finden, aber in diesen Zeiten war Improvisation gefragt. Ich hatte keine andere Wahl. >Binde sie von mir los, ich muss irgendetwas tun, um zu helfen.< bat ich meinen besten Freund, als ich in die Höhle trat. Sie bot genügend Schutz für uns alle. Immerhin ein kleiner Fortschritt.

Imesha

Ich betrachtete das Dorf, das in der Ferne lag und fragte mich, wie es den Menschen dort ging. Wurden sie häufig von Yokai angegriffen? Gab es immer noch Überfälle von Rebellen? Kümmerten sie sich nach wie vor um alle Wünsche der Palastwachen, wenn sie mal wieder auf Patrouille waren? Die Dorfbewohner führten kein einfaches Leben, sie dienten dem Kaiser und mussten immer die Wahrheit sprechen. Selbst wenn es sie das Leben ihrer engsten Freunde kostete. Sie würden jeden verraten, der ihnen unter die Augen trat. Deshalb auch meine Warnung an die beiden Männer. Dieses Dorf durfte man nicht passieren, wenn man auf der Flucht vor dem Kaiser war.
Da ich diese Gefahr kannte, hielt ich mich bedeckt und folgte dem Fluss, der in den Wald führte. Zu später Stunde wirkte dieser beinahe gruselig. Dunkel und unheilvoll. Kaum einer wusste, welche Schätze hier eigentlich verborgen lagen und warum ich ausgerechnet den See gewählt hatte. Ich erinnerte mich kaum an meinen letzten Ausflug in diesem Gebiet. Das war vor etlichen Jahren gewesen. Damals hatten Sumire und Motaro noch gelebt. Ich spürte einen Stich bei der vagen Erinnerung und wurde schneller, als könnte ich auf diese Weise vor meinen eigenen Gefühlen fliehen. Dabei lenkte ich meine Gedanken auf Ryu und die anderen. Sie hatten es bis hierher geschafft, da ich ihre Spuren im Schnee lesen konnte. Damit kein anderer sie fand, verwischte ich sie mit meinen eigenen und bedeckte sie hier und da mit Laub. Ich zog meinen Mantel enger um meinen Körper und hoffte, dass niemand Ileas Kleidung finden würde. Sie lag verborgen weit weg von hier im Schnee. Der letzte Hinweis für potenzielle Sucher des Palastes.
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13.02.2021, 15:33

Ryu

Mein Blick wurde ernst, als Cale erzählte, dass Roselyn hier war und sie meinte, dass für Ilea nicht mehr viel Zeit übrig blieb. Als Geist konnte sie womöglich Dinge sehen, die wir noch nicht sahen. "Warte", ich holte aus meinem Reisesack eine Decke hervor, die ich über den kalten, harten Boden ausbreitete. Dann nahm ich Cael zuerst den Rucksack ab, ehe ich Ilea von den Stoffstreifen und von dem Stock befreien konnte. Vorsichtig legte ich sie auf der Decke hin, sie war überraschend leicht. Vorhin hatte ich schon festgestellt, dass sie sehr blass wirkte, aber jetzt war ihr Gesicht beinahe weiß wie der Schnee und dunkle, violette Schatten waren unter den geschlossene Augen erschienen. Die Stirn glänzte feucht. Meine Augenbrauen zogen sich zusammen: "Sie sieht so aus, als würde Irgendwas sich von ihrer Energie zehren." Das hier konnte nich nur die Folge des traumatischen Ereignis sein. "Kann ich irgendwie auch helfen?", wandte ich mich an Cael.

Ilea

Ich starrte mich in den Spiegel und unterdrückte die aufsteigende Tränen hinunter. "Wunderschön", tätschelte Sobo Makoto meine Hand und lächelte stolz in den Spiegel. Ich trug ein samtrotes Kleid mit goldene Blumenstickerei und mein Haar wurde kunstvoll hochgesteckt, das von weiße Blumen festgehalten wurde. Es war ein Hochzeitskleid. Nach den vielen Wiederholungen dieses Lebens konnte ich nicht mehr und fügte mich der Geschichte, der mir zugedacht war. In den früheren Abläufen hatte ich sogar versucht mit Otōsan oder Sobo Makoto zu reden, doch sie reagierten nicht so, wie ich es erwartet hatte. Für sie gab es nur vorgegebene Handlungsszenen einer niedergeschriebene Geschichte. Sie waren nicht echt. Ich zwang mich zu einem Lächeln, denn die Figur Ilea sollte bei dieser Szene überglücklich lächeln. An dieser Szene hatte ich immer wieder gescheitert. Eigentlich sollte ich doch glücklich sein bei den Gedanken Mattwei endlich zu heiraten, aber mein Herz wehrte sich heftig dagegen. Es fühlte sich nicht richtig an. Die Figur Mattwei war nicht der Mattwei, den ich einst geliebt hatte. Diese Version von ihm war beängstigend. Aber da war noch mehr. Es lag nicht nur an Mattwei. Ein Anderer sollte an meiner Seite. Überall erschienen die Risse und Mattwei stürmte wütend in das Zimmer hinein. "Du wirst meine Frau werden!", brüllte er mich an und etwas Unmenschliches flackerte in seine Augen, als er mich packte: "Schlaf jetzt!"

Roselyn

Sie schwebte aufgeregt an der Decke der Höhle herum und sank schließlich wieder in die Tiefe, um in einer Ecke zappelig stehen zu bleiben. "Ryu hat Recht. Ilea hat gesagt, dass sie kein Shinki hat. Aber sie wird von Jemanden oder von etwas besessen. Es ist wie ein Parasit, das sich von ihrer Energie ernährt bis nichts mehr übrig bleiben wird. Das heißt wir wissen nicht, was kommen wird, wenn das Parasit sein Ziel erreicht hat. Wir wissen nur, dass es Ilea schadet und sie zu eine Verlorene werden kann, wenn ihr Geist endgültig vergiftet wird", erklärte der Geist besorgt: "Cael, vielleicht schaffst du einen Teil ihrer Energie zu reinigen, damit uns mehr Zeit verschafft wird. Die Wurzel der Ursache scheint sehr tief in ihr zu stecken."



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13.02.2021, 19:13

Cael

Gestresst fuhr ich mir mit beiden Händen durchs Haar. Ryus und Roselyns Worte halfen mir nicht gerade die Kontrolle über meine Gefühle zu bewahren. Heute war zu viel passiert und dass Ileas Problem nun größere Ausmaße angenommen hatte, warf alles aus der Balance. Dabei ging es besonders bei meinen Fähigkeiten um genau das: Gleichgewicht. Einerseits wollte ich mit meiner Schattenmagie in ihren Geist vordringen und alles vernichten, was sich mir in den Weg stellte, andererseits musste ich als Miko den Weg des Lichts gehen. >So kitschig das auch klingt... Meine Eltern haben stets gelehrt, dass nichts stärker ist als die bedingungslose Liebe für einen anderen Menschen. Selbst wenn ich einen Teil von Ilea reinige, ist es nur eine Frage der Zeit, bis sie wieder diesen Punkt erreicht, wo ihr kaum jemand helfen kann. Niemand in dieser Höhle hat die geringste Ahnung, wo diese verdammte Stadt ist!< Letzteres kam mir sehr aufgebracht über die Lippen. Der Frust und die Hilflosigkeit zehrten an meinen Nerven. Ilea so zu sehen, tat mir auf jede erdenkliche Weise weh.
Ich ging neben ihr auf die Knie, beugte mich vor und legte meine Finger an ihren Hals, um ihren Puls zu prüfen. Ihr Herz schlug normal, trotzdem hatte ich das Gefühl ihre zunehmende Schwäche wahrzunehmen. >Was oder wer auch immer dir das antut, du wirst das nicht alleine durchstehen müssen. Ich bin gleich bei dir.< versprach ich ihr, ehe ich meine Position änderte, sodass ich im Schneidersitz aufrecht saß. Mein Blick glitt zu Ryu. >Da ich keine Ahnung habe, was mich erwartet und ob ich es überhaupt schaffe in ihren Geist einzudringen, kannst du nur auf unsere Körper Acht geben.< Die nächsten Worte richtete ich an Roselyn. >Falls es dir möglich sein sollte ihr irgendwie Beistand zu leisten, tu es bitte.<

Imesha

Da ich den Großteil des Tages damit verbracht hatte quer durchs Land zu reisen, genehmigte ich mir eine kleine Pause am Fluss und schöpfte mit den Handflächen Wasser in meinen Mund. Die Kälte tat mir zwar im Hals weh, aber ich trank trotzdem weiter, weil Wasser überlebenswichtig war. Ich hatte an eine Trinkflasche gedacht, als ich die Küche durchforstet hatte und füllte sie nun auf, damit ich für den Rest des Weges gut vorbereitet war. Die Spuren der Männer führten noch tiefer in den Wald hinein, also hatten sie es tatsächlich geschafft bis zum See zu gelangen. Das freute mich. Die Flucht war geglückt. Vorerst. Zeit zum Feiern würde es keine geben. Sobald bekannt wurde, dass Ilea und der Archivarsgehilfe Ryu verschwunden waren, würden zuerst Gerüchte entstehen und dann würde man das Wort überall verbreiten. Kaum einer nahm Flüchtlinge bei sich auf, es sei denn es handelte sich um Rebellen. Die waren mehr als froh, wenn sie junges Blut fanden, das ihren Idealen folgen wollte. Aber auch dort würden wir keine Hilfe suchen. Sie waren nicht besser als die Herrschaft des Kaisers. Nur wenige Leute waren vertrauenswürdig. Ruko zum Beispiel. Auch wenn ich ihm nicht viel von Ilea und Ryu erzählt hatte, kannte er meine Meinung über die beiden. Würde er einen Suchtrupp losschicken? Als Oberster General war es immerhin seine Pflicht flüchtige Magi ausfindig zu machen. Ich konnte mir gut vorstellen, dass seinem inneren Wesen widersprach gute Menschen verfolgen zu lassen. Mir war es all die Jahre genauso ergangen.
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13.02.2021, 19:32

Ryu

Cael war gestresst und deswegen nahm ich es auch nicht persönlich, als er einen kurzen Moment aufbrauste. Alle unsere Nerven lagen nach dem langen Tag blank. Naja, wie es bei dem Geist ausschaute, wusste ich nun nicht. Aber da es sich anscheinend um einen guten Geist handelte, war sie bestimmt auch durch den Wind. "Du kannst auf meine Rückendeckung zählen", versprach ich ihm ernst und positionierte mich am Eingang, damit Niemand uns überraschte. Dabei hatte ich meine Waffen herbeigezaubert. Wir waren auf der Flucht und wenn uns Jemand doch hier fand, würde es zu einem Kampf hinauslaufen. Gleichzeitig hatte ich mich so gestellt, um auch Cael und Ilea im Blick zu behalten, damit ich wusste wie der Zustand um ihren Körpern war.

Ilea

Ich sah mich in den Spiegel und Sobo Makoto tätschelte meine Hand: "Wunderschön". Dabei lächelte sie stolz in den Spiegel. Ich trug ein samtrotes Kleid mit goldene Blumenstickerei und mein Haar wurde kunstvoll hochgesteckt, das von weiße Blumen festgehalten wurde. Es war ein Hochzeitskleid. "Ja", lächelte ich, doch in den Augen meines Spiegelbilds fehlte der Glanz. Hinter mir öffnete sich die Tür, ich sah im Spiegel, dass Otōsan eintrat und drehte mich zu ihm um. Tränen der Rührung traten in seine Augen und er nahm meine Hände in Seine: "Mein kleines Mädchen ist erwachsen geworden. Heute ist der Tag an dem ich dich loslassen muss, wie sehr es mir schwerfallen wird und gleichzeitig bin ich der stolzeste Vater auf der ganzen Welt. Du bist zu eine wunderschöne Frau geworden." Sanft küsste er auf mein Stirn. Ich senkte leicht den Blick, um die Verlegenheit vorzutäuschen wie es von mir erwartet wurde. "Ich werde immer deine Tochter bleiben", antwortete ich mit einem Kloß in der Kehle. Otōsan reichte mir den Arm, damit ich meine Hand darauf legen konnte. Wir verließen das Zimmer und ging auf die Terrasse, wo es hinaus in den Garten ging. Dort unten wartete Mattwei bereits auf uns mit einem Priester. Sein ganzes Gesicht strahlte und einen Moment war er der Mattwei, den ich kannte. Mein Herz schlug wild, aber nicht vor Freude, sondern vor Panik.

Roselyn

"Ich versuche einen Weg zu finden", versicherte der Geist Cael und blickte konzentriert auf Ilea. Es musste doch eine Möglichkeit geben ihr helfen zu können. Aus diesem Grund hatte sie vor ein paar Wochen Ilea das Angebot gemacht ihr Shinki zu werden, damit sie mehr tun konnte als sinnlos durch die Gegend zu geistern und das ohne Erinnerungen. Sie war an diese Welt gebunden und solange sie nicht wusste welche unerfüllte Aufgabe sie zu erledigen hatte, schien sie nicht ins Jenseits gelangen zu können. Sicher gab es Dinge aus der Welt der Lebende, die sie vermisste. Wie essen zu können, zu schlafen zu können oder einem gut aussehender Mann schöne Augen machen. Aber tief in ihrem Inneren wusste sie, dass sie sich eigentlich von all diesen Dingen schon verabschiedet hatte. Was aber hielt sie hier noch? Warum kam Ilea mit ihre Erinnerungen nicht weiter? Was für eine Barriere war in ihrem Inneren? All diesen Fragen waren in diesem Moment erstmal unwichtig, denn zuerst musste Ilea aufwachen. Roselyn mochte das Mädchen, auch wenn es am Anfang sehr ablehnend gewesen war. Aber sie war ein guter Mensch. Und gute Menschen sollten nicht so leiden.


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13.02.2021, 20:01

Cael

Solange Ryu in der Nähe blieb, konnte ich mich voll und ganz auf Ilea konzentrieren. Auf meinen besten Freund war in Situationen wie diesen stets Verlass. Er besaß mein vollstes Vertrauen. Roselyn schien auch höchst motiviert zu sein Ilea zu helfen, was mir ein gutes Gefühl gab. Selbst wenn ich keine Vorstellung davon hatte, was mich gleich erwartete, war ich bereit für den nächsten wagemutigen Schritt. Ich würde den Kern des Übels finden, egal was es mich kostete. Ganz besonders Ileas Großmutter zählte auf mich. Ihr Vater sicherlich auch, wenn er wüsste, wie es ihr gerade ging. Nach allem, was wir durchgemacht hatten, hielten wir zusammen und halfen einander.
Mit diesem Gedanken schloss ich die Augen, nahm einen tiefen Atemzug, während ich mit Ivolis Hilfe eine Verbindung zur Zwischenwelt aufbaute und gleichzeitig Ileas Hand in meine nahm, um sie auf diese Weise leichter zu finden. Oftmals hatten wir darüber spekuliert, ob die Traumwelt und die Zwischenwelt miteinander verbunden waren, aber wir hatten bislang keinen eindeutigen Beweis gefunden. Diesmal würde ich nach keinem suchen, sondern nur nach Ilea. Mein treuer Gefährte führte mich vom Vorraum der Geisterwelt hinüber zur Lichtung, die irgendwie eine besondere Rolle spielte, seitdem ich in Valaris lebte. Als Ilea und ich das erste Mal in die Zwischenwelt gereist waren, hatte mich ein Gefühl genau hierher gebracht und von hier aus war Ilea zu ihrer Traumwelt gelangt. Das Bindeglied war die Hütte gewesen, die es aus einem unerklärlichen Grund nicht mehr gab. Trotzdem ging ich zur kahlen Stelle hinüber und begann den Platz nach Hinweisen abzusuchen. Wie viele andere Male zuvor auch. Erfolglos. Aufgeben war allerdings keine Option, darum suchte ich weiter, bis mir tatsächlich etwas auffiel. Es war keine große Veränderung, nichts Weltbewegendes, aber am Rande der verbrannten Fläche lag eine Lotusblüte am Boden. Die sah ich zum ersten Mal. Sie war völlig fehl am Platz und doch gab sie mir Hoffnung.
Ich drehte und wendete sie in meinen Händen, suchte nach einem Schlüssel, der mich zu Ilea führte, aber es passierte nichts. Erst als Ivoli neugierig daran schnupperte, leuchteten seine Augen auf und er begann aufgeregt mit den Flügeln zu schlagen. Die Knospe an seinem Schwanz fing zu leuchten an. >Was ist los? Hast du einen Weg gefunden?< wollte ich sofort wissen. Er brachte mich zurück zur Mitte der Fläche, gab ein hohes Zwitschern von sich, ehe er seine Pfoten in die Asche tauchte und zu buddeln begann. Das tat er sonst nie. Ohne weitere Fragen zu stellen, folgte ich seinem Beispiel, grub meine Finger in die kühle Erdasche und schaufelte wie ein Irrer Massen aus dem Weg. Es dauerte nur wenige Augenblicke, bis meine Finger gegen etwas Hartes stießen und die Erkenntnis mich wie ein Blitz traf.
Die Hütte war gar nicht verbrannt. Sie war die ganze Zeit hier gewesen... unter meinen Füßen.


Imesha

So langsam merkte ich wie die Müdigkeit an mir rüttelte. Mein Körper wollte sich schlafen legen, nur konnte das gefährlich enden, wenn ich das inmitten des Schnees und der Kälte des Waldes tat. Am See würde es sogar noch kälter sein, deshalb fragte ich mich, ob die Männer sich bereits einen Unterschlupf gesucht und ein Feuer entzündet hatten. Was gäbe ich jetzt dafür meine Hände in die erwärmte Luft der Flammen zu halten... alles. Meine Muskeln schmerzten vom vielen Laufen. In meiner Lunge hatten sich bestimmt etliche Eiszapfen ausgebreitet. Jeder Atemzug tat ein wenig weh, ich spürte kaum noch mein Gesicht. Bei Nacht durch den Wald zu spazieren, war ganz schön mutig, aber mir blieb sowieso keine Wahl. Hier ging es ums blanke Überleben.
Schließlich erreichte ich das Ufer des Sees und atmete erleichtert auf. Das schwache Mondlicht ließ die Oberfläche hübsch schimmern, weshalb ich einen Moment das alles auf mich wirken ließ. Diese Ruhe, umgeben von Bergen, wo weit und breit kein Feind lauerte. Die Magie an diesem Ort schlummerte friedlich. Ein schöner Anblick.
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13.02.2021, 20:13

Ryu

Cael setzte sich zu Ilea und nahm ihre Hand. Als er die Augen schloss, konnte ich spüren, dass sein Geist ganz weit weg war. Vielleicht in der Zwischenwelt. Ein unbekanntes Gebiet für mich. Ich richtete meine Aufmerksamkeit wieder in die Dunkelheit und horchte in jede Richtung, ob ich irgendwo ein verdächtiges Geräusch vernahm. Mein Körper spannte sich schlagartig an, als ich tatsächlich sowas wie Schritte hörte und eine Gestalt am Seeufer bemerkte. Der Griff um meine Waffen wurde stärker. Die Gestalt sah viel mehr nach einer Frau aus und ihre Aura fühlte sich vertraut an. Augenblicklich entspannte ich mich wieder und war erleichtert sie wohlbehalten zu sehen. "Imesha, wir sind hier", rief ich zu ihr, damit sie wusste wo wir uns versteckten.

Ilea

Sobo Makoto reichte mir einen Strauß und Otōsan führte mich die kleine Holztreppe hinunter. Der Weg von hier bis zu Mattwei war nicht weit entfernt. Als wir die Mitte des Wegs erreichten, blieb ich abrupt stehen. Mattweis Gesicht begann sich schlagartig zu verändern und wieder vernahm ich das unmenschliche Funkeln in seine Augen. "Nein!", ich schüttelte den Kopf: "Ich kann das nicht. Das alles hier ist falsch. Das hier ist nicht echt! Das ist nicht mein Leben!" Ich warf den Strauß weg und rannte los. Ich wusste nicht wohin, denn ich konnte das kleine dörfliche Gasthaus mit seinem Garten nicht verlassen. Ich war in dieser kleine Welt eingeschlossen. Aber wenn Mattwei mich wieder erwischte, würde alles von vorne anfangen. Immer wieder bis ich irgendwann davon verrückt wurde. Bis ich irgendwann nicht mehr wusste was wahr und was nicht wahr war. Ich würde mich dann vollkommen in diesem Teufelskreis verlieren. Ich stolperte und fiel hin. Es tat nicht weh. Das Gras war zu weich. Es war nicht echt. "CAEL!", schrie ich verzweifelt und ein kurzes Bild von einem Mann tauchte vor meine innere Augen auf. Ich wurde umgerissen und sah über mir Mattwei. "Du wirst ihn vergessen, dafür sorge ich und dann wirst du mir ganz alleine gehören", funkelte seine Augen wild.


989

13.02.2021, 20:32

Cael

Es schockierte mich, dass mir das nicht schon früher aufgefallen war. Die ganze Zeit war ich auf einer möglichen Lösung herumgetrampelt und hatte das Offensichtliche nicht gesehen. In der Zwischenwelt musste man auf jedes kleinste Detail achten, weshalb ich mich fragte, ob die Lotusblüte die ganze Zeit über am Boden gelegen und ich sie die letzten Male nicht bemerkt hatte. Hätte ich viel Zeit zur Verfügung, würde ich mich selbst beschimpfen, aber ich war dermaßen getrieben von angespannter Nervosität, dass ich die Fläche mit bloßen Händen freischaufelte, bis ich einen Griff zu fassen bekam. Der Umriss einer Luke. Es war, als hätte jemand die Hütte auf den Kopf gestellt, denn diese Luke sah wie die aus, die Ilea geöffnet und durch die sie mittels einer Leiter hindurchgeklettert war. Ich erinnerte mich an das weite Feld, an die Sommerbrise, die warme Sonne und den Baum im Hintergrund. Ob dahinter ihre Traumwelt lag? Steckte sie dort drin fest?
Egal wie fest ich am Griff zog, die verdammte Tür öffnete sich nicht. Zähneknirschend ging ich in die Hocke, nahm die zweite Hand dazu und begann mit meinem gesamtem Gewicht daran zu ziehen. Ich knurrte frustriert. Ivoli flatterte weiterhin nervös mit den Flügeln. >So funktioniert das nicht. Ich spüre den Widerstand.< War es Mattwei? War es eine völlig andere dunkle Macht, die hier ihre Finger im Spiel hatte? Was es auch war, ich ließ mich nicht aufhalten. Wenn ich es auf die "nette" Weise nicht schaffte, dann eben mit Gewalt. Für Ilea war ich zu einem Mord bereit, da war dieses Hindernis ein Spaziergang für mich. >Nimm Abstand!< wies ich meinen Gefährten an. Ich wollte nicht, dass er mit meiner Schattenmagie in Kontakt kam. Sie würde ihm nur schaden, dabei lag das wahre Ziel zu meinen Füßen. Mit einem tiefen Atemzug weckte ich die dunkle Magie in mir, ließ sie in meine Hände fließen und die roten Schattenblitze erscheinen. Selbst der Himmel verdunkelte sich ein wenig, da er sich meinem Gemütszustand anpasste. Dies war mein Reich, mein Gebiet. Mein halbes Leben lang hatte ich in dieser Welt verbracht und ich würde auf keinen Fall zulassen, dass sich jemand meine Liebste schnappte und sie stückweise kaputt machte. Nur daran zu denken, machte mich unfassbar wütend.
Angetrieben von diesem Gefühl hatte sich mittlerweile genügend Schattenmagie um mich herum versammelt, dass die Blitze wild durch die Gegend zuckten. Ich führte sie zusammen, schickte sie gen Himmel und lenkte sie mit voller Wucht zurück zu Boden, direkt in den Boden hinein, der mit einem lauten Knall aufriss, dass nicht einmal die Luke standhalten konnte. Holz splitterte durch die Luft, ehe ich die Barriere registrierte, die mich daran hinderte sofort in den nächsten Raum dieser chaotischen Welt zu reisen. >Tut mir leid, aber gerade Barrieren sind mein Fachgebiet.< sagte ich mit dunklem Blick. Ich rammte daraufhin meine Faust durch die magische Barriere, die zuerst Widerstand leistete, doch als meine zweite Faust hinterherschlug, zerbrach sie wie ein Spiegel vor meinen Augen. Im nächsten Moment fiel ich durch dickflüssige Schwärze, bis mein Geist ein neues Bild erfasste. Ein Haus, ein Garten, eine blonde Gestalt am Boden und ein fremder Mann über ihr. Sekunden, mehr waren nicht nötig, um die Distanz mit hoher Geschwindigkeit zu überbrücken und dem Kerl einen heftigen Astralschlag in die Brust zu verpassen, dass er sich nicht so schnell davon erholen würde. >Komm ihr noch einmal zu nahe, dann schicke ich dich an einen Ort, an dem dich endlose Qualen erwarten!< zischte ich angespannt, während mein Körper und meine geballten Hände vor unterdrücktem Zorn bebten.


Imesha

Ich horchte auf. Eine Stimme. Ryus Stimme. Er hatte nach mir gerufen. Suchend glitt mein Blick zu der Stelle, wo ich ihn vermutete und entdeckte im schwachen Licht des Mondes eine Gestalt nahe eines höhlenartigen Eingangs. Beim genaueren Hinsehen stellte ich fest, dass es sich wirklich um eine Höhle handelte, nur sah ich kein Feuer im Inneren flackern, was mich ganz schön enttäuschte. Mir war kalt, ich fror und ich wollte endlich schlafen. Wenigstens für ein paar Stunden. Natürlich freute ich mich, dass es allen gut ging, aber Ryu hielt Waffen in der Hand, was kein gutes Zeichen war. Irritiert blieb ich vor ihm stehen, mein Blick glitt kurz ins Innere der Höhle hinein. Cael hockte neben Ilea, die noch zu schlafen schien. Er wirkte Magie. Seine Fäden vibrierten mit einer solchen Intensität, dass ich davon Gänsehaut bekam. Was auch immer er da gerade tat, es war ziemlich riskant. Wenn es aber dazu diente Ilea zu helfen, war es das Risiko wert. >Habt ihr es problemlos bis hierher geschafft?< fragte ich Ryu und schob die Kapuze nach hinten, damit er mich in der Dunkelheit sehen konnte.
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13.02.2021, 20:48

Ryu

Es war tatsächlich Imesha und auch aus der nähere Betrachtung sah sie wohlbehalten aus. "Ja", antwortete ich ihr und deutete mir einem Kopfnicken zu Ilea und Cael: "Aber leider hat sich Ileas Zustand verschlechtert und Cael muss ihr helfen, bevor es schlimmer wird." Dann bemerkte ich, dass sie erfroren aussah: "In meinem Reisesack habe ich ein paar Decken und Kleidungsstücke rein gequetscht, wir hatten noch keine Zeit für ein Feuer." Früher oder später mussten wir ein Feuer machen, um nicht in der Nacht zu erfrieren. Und Egon brauchte auch die Hitze eines Feuers. Meine Tasche war zwar noch warm, aber sie war dennoch nicht ausgefüttert und daher konnte irgendwann auch die Kälte ihn erreichen.

Ilea

Über uns bekam der Himmel wieder Risse und es wurden immer mehr bis der Himmel plötzlich in Scherben zerfiel. Es ging viel zu schnell. Mattwei war plötzlich verschwunden und stattdessen war ein anderer Mann an seinem Platz. Und mit ihm kamen allmählich meine Erinnerungen von meinem wahren Leben zurück. Es war als würde ich aus einem tiefen Schlaf aufwachen. "C-Cael", ich schluchzte auf und immer mehr zerfiel der Himmel in Scherben. Die Umgebung begann zu verschwimmen und stattdessen kroch von überallher die Dunkelheit. Mattwei richtete sich mit einem unmenschlichen Knurren auf und seine rechte Gesichtshälfte zerfiel ebenfalls in Scherben bis das dunkle Mal und das tierhafte, glühende Auge erschien. Mitten auf seiner Wange war eine Wulst zu sehen und es begann sich zu regen, dann schlug es plötzlich wie ein Auge auf. Es sah dämonisch aus. Pures Entsetzen packte mich und ich klammerte mich instinktiv an Caels Bein: "Bring mich hier weg!" Das hier konnte nur ein böser Albtraum sein. Das musste ein böser Albtraum sein. Dieser unheimlicher Mann mit der beängstigende dunkle Aura konnte nicht Mattwei sein.


991

13.02.2021, 21:04

Cael

Ich war der festen Überzeugung gewesen, dass all das hier das Werk von Mattweis verunreinigter Seele war. Stattdessen stand ich einem Dämon gegenüber. Es war schwer festzustellen, ob überhaupt Mattweis Seele diese Wandlung überlebt hatte. Spüren konnte ich ihn jedenfalls nicht. Alles, was ich sah und wahrnahm, erregte die Aufmerksamkeit meiner Schattenmagie. Dämonische Wesen hatten leider diese Wirkung auf mich, deshalb hatte ich auch ein kompliziertes Verhältnis mit dieser Magie. Sie war manchmal zu verlockend, um sich abzuwenden. Diesmal würde ich sie gut gebrauchen, denn ich hatte nicht vor diesen Platz zu verlassen. Dämonen hatten in dieser Welt nichts zu suchen. Es war eine Welt der Freiheit. Oder der Suche nach Freiheit. Nicht das, was dieser Mann verkörperte.
Ohne ihn aus den Augen zu lassen, ging ich auf ein Knie runter und legte eine Hand auf Ileas zitternden Griff an meinem Bein. >Ivoli wird dich hinausführen, aber ich bleibe hier. Dieser Dämon darf nicht weiter sein Unwesen treiben. Solange er existiert, wird er sich an dir vergreifen und das lasse ich nicht zu.< sagte ich ernst. >Es ist meine Pflicht als Miko ihn zu vernichten, damit er nicht noch mehr an Macht gewinnt und Schlimmeres verursacht. Er bringt Chaos in diese Welt. Und auch in deine. Das muss ich verhindern.<


Imesha

Sorge zeichnete sich auf meinem Gesicht ab, als er kurz erklärte, warum Cael bei Ilea saß und wie weggetreten wirkte. Sein und ihr Geist schienen wohl in einer anderen Welt zu sein. Eine unmögliche Vorstellung. Ich wünschte, ich könnte irgendwie helfen, aber da selbst Ryu hier am Eingang stand und nichts anderes tat, wusste ich, dass auch mir die Hände gebunden waren. >Dann kümmere ich mich um das Feuer.< entschied ich, nachdem er mir angeboten hatte die Decken aus seinem Rucksack zu nehmen. Da mir wirklich kalt war, nahm ich sein Angebot gerne an, um mich dann der Suche nach Feuerholz zu widmen. Ich würde in der Nähe bleiben. Dieser Wald hatte beinahe alles zu bieten, was man fürs Überleben brauchte.
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992

13.02.2021, 21:17

Ryu

Schlicht nickte ich und rührte mich nicht vom Fleck, sondern blieb weiter in der Beobachtungsstelle. Ich hatte meinem besten Freund versprochen ihm die Rückendeckung zu geben und an meinem Wort hielt ich. Aber so konnte ich auch Imesha im Blick behalten, wenn sie in der Nähe nach Holz suchen würde. Dann wusste ich ebenfalls, dass sie in Sicherheit war. "Imesha? Es ist gut, dass du wieder da bist", sagte ich zu ihr und schaffte es leider nur ein müdes Lächeln. Heute war einfach zu viel passiert und ich spürte, dass ich langsam an meine emotionale Grenze kam. Aber noch musste ich durchhalten und Stärke beweisen.

Ilea

Ein...Dämon? Mein Herz blieb einen Moment stehen, nur um dann vor Angst wilder im Brustkorb zu schlagen. "D-das kann nicht sein. Wo...wo ist dann Mattwei?", mit weit aufgerissene Augen sah ich auf die Gestalt, die zwar Mattweis Körper hatte, aber nicht Mattwei selbst war. Der Gedanke, dass seine Seele einfach verschwunden war ohne die Chance gehabt zu haben erlöst zu werden, war unvorstellbar. Nein. Diesen Schmerz konnte ich auch noch nicht ertragen. Das war zu viel. "Ich....ich muss ihn retten. Er ist bestimmt noch irgendwo da drinnen. Ich....ich habe es ihm versprochen", Tränen traten in meine Augen: "Ich werde auch bleiben."


993

13.02.2021, 21:39

Cael

Das war ein Problem. Ich wollte nicht, dass Ilea blieb. Sie hatte genug gelitten. Wenn das wirklich Mattwei war und er sich in einen Dämon verwandelt hatte, gab es kein Zurück mehr. Wir Mikos waren keine Götter. Alles folgte einem bestimmten Zyklus und seiner endete leider im Schlechten. >Ich kann und werde dir nichts versprechen, Ilea. Das ist kein Geist mehr, sondern ein Dämon. Ob du es ihm versprochen hast oder nicht, es interessiert ihn nicht. Alles, was er will, ist deine Lebenskraft. Deine Energie. Er versucht dadurch stark genug zu werden, um einen Körper zu erschaffen, der auch außerhalb dieser Welt existieren kann. Angefangen bei dir. Das erklärt auch dein Mal.<
Ich richtete mich mit ernster Miene wieder auf, lockerte meine geballten Fäuste und ließ meine gebogenen Kurzschwerter erscheinen. >Du solltest gehen. Ich glaube nicht, dass du sehen willst, was hier gleich passiert. Es wird nicht schön, so viel kann ich dir verraten.< fügte ich mit einem Anflug von tiefem Mitgefühl hinzu. Nur war Schwäche in diesem Moment fehl am Platz. Um einen Dämon zu besiegen, musste mein Wille unnachgiebig und stark sein. Ich wusste nicht, wie viel Energie er bereits in sich aufgenommen hatte und ob er Kampferfahrung besaß. Nichtsdestotrotz würde ich ihn eliminieren.


Imesha

Ich fand die ersten losen Zweige am Boden, sammelte sie auf und drückte sie mit einer Hand an meine Brust, damit ich im Gehen weitere aufheben konnte. In Gedanken wünschte ich mir, dass Cael es schaffte dieses Gift aus Ilea zu entfernen, so wie er es einst mit meinem Fluch getan hatte. Ich war sehr dankbar für seine außerordentlichen Fähigkeiten. Er war in der Tat ein talentierter Magi. Einer, der in die Stadt der Wunder gehörte. Auch wenn ich Ryu kein einziges Mal gesehen, wie er Magie wirkte, wusste ich, dass auch in ihm ein starker Magi schlummerte. Diese Waffen, die er trug, pulsierten im Einklang mit seiner Energie. Sie waren nicht "echt". Sie waren ein Produkt seiner eigenen Kraft.
Als ich zurück zur Höhle ging, sprach er mich an und das Lächeln, welches er mir schenkte, wirkte sehr müde. Der heutige Tag forderte seinen Tribut. Trotzdem sagte er diese netten Worte zu mir, als wären sie irgendwie wichtig. Als wäre ich ihm wichtig. Ich sah unschlüssig auf den Haufen Holz in meinen Armen hinab, dachte nach und richtete meinen Blick daraufhin zum Nachthimmel. Diesmal waren ein paar Sterne zu sehen. >Der Grund, warum ich Schneepandas bauen wollte, ist, weil ein Mädchen, das mir wichtig ist, sie liebte. Der Riesenpanda war ihr Lieblingstier.<
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994

13.02.2021, 22:01

Ryu

Nach eine Weile kehrte Imesha mit Brennholz zurück und blieb bei mir stehen. Ihr Blick wanderte zum Nachthimmel, heute konnte man die Sterne sehen. Ihre Worte überraschte mich, denn sie gab etwas Wichtiges von sich preis. Imesha erzählte mir, warum sie unbedingt die Schneepandas bauen wollte. Mir war das Wort war nicht entgangen und auch wenn sie es nicht offen zeigte, konnte ich diesen Verlust spüren. Ich fragte sie nicht wer genau das Mädchen gewesen war, ob sie eine Verwandte oder eine Freundin war. "Es ist eine schöne Gestik auf diese Weise sie in Erinnerung zu behalten", meine Stimme war sanft und ich hätte sie gerne in den Arm genommen. Aber vielleicht war das jetzt zu viel.

Ilea

"N-nein....er muss irgendwo hier sein. I-ich weiß es. Ich kann das spüren! Ich würde doch wissen....", mein Blick verschwamm sich. Das konnte und durfte nicht sein Ende sein. Das hatte Mattwei nicht verdient. Das alles war meine Schuld gewesen. Ich musste doch wieder etwas gutmachen. Ich schaute wieder zu der Gestalt und ich sah wie Dunkelheit sich um seine Hand sammelte. Es bekam eine Form und dann verwandelte es sich in einem Katana. Ein kaltes Lächeln erschien in seinem Gesicht: "Ich werde nicht mir die Beute wegnehmen lassen, kleiner Miko. Ich werde dich töten." Ein langer, schlangenähnliche Zunge huschte aus seinem Mund und fuhr über die Lippen. Meine Augen weiteten sich entsetzt und ein kalter Schauder rann meinem Rücken hinab, während gleichzeitig die Übelkeit in mir hochstieg. Und gleichzeitig kam mir der Dämon bekannt vor, als wäre ich ihn schon einmal begegnet. Nicht hier in dieser Welt, sondern.....Ich riss meine Augen weit auf: "Du bist der Dämon, der mich damals im Wald angegriffen hatte. Aber....Mattwei hatte dich doch besiegt!" "Oh, nicht ganz. Du hast mir ein großartiges Geschenk gegeben und bald werde ich wieder ein Körper haben. Dein Körper! Und mit deiner Kraft werde ich mächtig sein", ein wilder Glanz erschien in seine Augen und dann raste er auf uns zu.


995

13.02.2021, 22:17

Cael

Angespannt sah ich zwischen dem Dämon und Ilea hin und her. Also war es doch nicht Mattwei, sondern nur der Dämon, der seine Gestalt angenommen hatte, um sich von Ilea zu nähren? Wenn das nämlich wahr war, dann... dann würde ich diese Kreatur mit bestem Gewissen vernichten. Allein die Gier, mit der er meine Liebste betrachtete, trieb mich zur Weißglut. Ihr Körper würde ihm ganz bestimmt nicht gehören. Er würde sie nie wieder anrühren, ihr nie wieder wehtun. Dafür sorgte ich.
Als er auf uns zugeschossen kam, zögerte ich keine Sekunde und rannte ihm entgegen. Sein Katana jagte mir keine Angst ein. Ich hatte gegen Animagi gekämpft, die deutlich stärker waren als er und respekteinflößender aussahen. Dieser Dämon war schlichtweg hässlich. Unsere Klingen trafen sich in der Mitte. Eine mächtige Druckwelle ging von uns beiden aus und da wurde mir klar, dass er in all der Zeit genug Energie gesammelt hatte, um mir mächtig auf die Nerven zu gehen. Ich hatte mir gewünscht diesen Kampf binnen weniger Sekunden für mich zu entscheiden, aber das würde wohl doch mehr Zeit in Anspruch nehmen. Von mir aus. Hauptsache, er verlor am Ende und ich konnte Ilea von einem jahrelangen Traum befreien.


Imesha

Normalerweise dauerte es viel länger, bis ich mich einem Menschen öffnete, den ich noch nicht so lange kannte, aber nach allem, was vorgefallen war, fühlte ich mich diesen Menschen verbunden. Ryu hatte mehrmals bewiesen, dass man sich auf ihn verlassen konnte, denn obwohl er selbst kaum Zeit zum Trauern gehabt hatte, stand er hier und beschützte seine Freunde. Er blieb tapfer, während es in ihm ganz anders aussah. Das kannte ich von mir selbst. Diese Fassade, die man aufrechterhielt, um andere und sich selbst zu schützen. Der Grund, warum ich jetzt schon das Geheimnis um die Schneepandas gelüftet hatte, war, weil ich ihm auf diese Weise meine Wertschätzung zeigen wollte. Indem ich ihm etwas erzählte, worüber ich sonst sehr selten sprach. >Sie war... ein liebes Mädchen.< fügte ich leiser hinzu. Bevor mich die Emotionen übermannten, löste ich mich von der Stelle und brachte das Holz ins Innere, um endlich Feuer zu machen. >Kann Egon Feuer spucken? Das wäre sehr hilfreich und würde mich weniger Aufwand kosten.<
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996

13.02.2021, 22:38

Ryu

Jetzt sah ich, wie die Trauer sie übermannen wollte und daher verstand ich voller Mitgefühl, dass sie sich jetzt zurückziehen musste. Ich nickte: "Feuer ist sein Element." In diesem Moment krabbelte Egon aus meiner Tasche, als hätte er genau auf dieses Stichwort gewartet und sprang auf dem Boden. Kurz erschauderte er, aber dann sputete er zu Imesha und gurrte sie an. "Tja, jetzt hat er endlich mal seinen Auftritt", erstaunlich, dass ich trotz in dieser Situation mein Humor fand. Egon öffnete sein kleines Mund und wie bei einem Drachen kam ein gewaltiges Feuerstrahl, das in wenige Sekunden das Holz auflodern ließ. Die Höhle wurde im warmen Licht des knisterndes Feuer eingehüllt und Egon sah schwanzwedelnd Imesha an, als erwartete er einen Lob für seine Leistung.

Ilea

Nein. Das konnte nicht alles sein und instinktiv riss ich meine Arme hoch, um mich vor einem Angriff zu beschützen. Ich spürte eine Bewegung neben mir und sah wie Cael selbst auf ihn zulief. Ich wollte nach ihm schreien, aber der Schrei blieb in meinem Hals stecken. Eine Druckwelle erfasste mich und ich wurde tiefer in die dunkle Welt geschleudert. Ivoli kam zu mir geflogen und flatterte aufgeregt um mich herum. Schweratmend richtete ich mich auf. Verzweifelt sah ich zu den Kämpfende hinüber. Wie war es alles nur so weit gekommen? Wie hatte nur dieser Dämon überleben können? Und wo war Mattwei? Und Cael war jetzt in Gefahr! Ich konnte nicht mehr klar denken. Nichts mehr fühlen. Ich wurde immer tiefer in einem Strudel gerissen. Ich ging in die Hocke und fasste an meinem schmerzende Kopf. Er drohte zu platzen. Das alles hier musste aufhören! Mein Blick streifte an meinem Handgelenk vorbei, wo die Armbänder waren. Plötzlich wurde alles in mir ruhig. Diese Armbänder hatte Mattwei damals im Wald an unsere Handgelenke gebracht, als er mich um meine Hand bat. Diese Armbänder hatte ich dann getragen, als er hingerichtet wurde. Diese Armbänder hatte ich nie abgelegt. Sie war unsere Vergangenheit. Unsere Verbindung. Und vielleicht war sie auch eine Bindung zu der Traumwelt. "Wir sind durch einem Schwur miteinander verbunden", murmelte ich leise. Das war der Schlüssel.


997

13.02.2021, 22:59

Cael

Immer wieder prallten unsere Waffen gegeneinander, während seine Dunkelheit versuchte mir irgendwie zu schaden. Weit kam er damit nicht, da er wohl vergessen hatte, dass ich nicht nur Schatten, sondern auch verdammt viel Licht in mir trug. Ich spannte meine Muskeln an, übte mehr Druck auf ihn aus und trat ihm daraufhin mit dem Schienbein gegen den Oberschenkel. Kräftig. Mehrmals hintereinander, bis er nach hinten auswich, um einen neuen Angriff zu starten. Da kam ich ihm bereits zuvor. Die Kurzschwerter in meinen Händen schwingend griff ich ihn von allen möglichen Seiten an. Ich wurde schneller, wendiger, stärker. Wenn man erstmal das Konzept Geisterwelt verstanden hatte, wusste man, wie viele Möglichkeiten einem geboten wurden. Man musste sie nur für sich selbst entdecken. Sie nutzen. In dieser Welt war ich deutlich stärker als in der realen, was sich schon in meiner frühen Kindheit gezeigt hatte. Niemand konnte mir hier etwas anhaben. So wie die Animagi ihre eigene Welt regierten, hatte ich schon immer das Gefühl gehabt, dass die Zwischenwelt die meine war. Dass ich für sie verantwortlich war. Ich konnte endlos viel Magie aus meinem Umfeld ziehen. Schlug er eines meiner Schwerter mit einem Hieb fort, zauberte ich mir das nächste herbei. Kam er mir zu nahe, veränderte ich die Schutzbarriere um mich herum, die wie eine zweite Haut an mir lag. Mit bloßem Auge war sie nicht zu sehen. Ich hatte sie nicht umsonst jahrelang perfektioniert.

Imesha

Gespannt beobachtete ich Egon, der zu mir geeilt kam und prompt sein kleines Maul aufriss, aus dem überraschenderweise ein großer Schwall Feuer aufs Holz schoss. Beeindruckt und mit einem erleichterten Lächeln hielt ich meine Hände sofort den wärmenden Flammen entgegen. Ich fühlte mich augenblicklich besser. >Endlich... Stundenlang habe ich hiervon taggeträumt.< seufzte ich zufrieden. Dann bemerkte ich Egons erwartungsvolles Schwanzwedeln und musste das Kitzeln in meinem Hals unterdrücken. Selbst in solchen Momenten war er unglaublich süß. >Na gut. Ausnahmsweise bekommst du eine ganz besondere Belohnung, weil dein Feuer mich wärmt.<
Ich legte meine Handflächen aneinander, ließ ihn darauf krabbeln und führte seinen Kopf näher zu meinem Gesicht. >Gut gemacht, kleiner Freund.< lobte ich ihn und gab ihm anschließend einen federleichten Kuss aufs Köpfchen. Seine Haut war glatt, aber nicht ekelhaft oder so. Ich hatte ihn liebgewonnen und war sehr dankbar für seine Gesellschaft.
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998

13.02.2021, 23:21

Ryu

Jetzt wurde ich tatsächlich auf meinem Tiergefährten ein wenig eifersüchtig, weil Imesha ihm einen Kuss schenkte. Ich konnte gerade noch eine Bemerkung Was ist mit mir? unterdrücken, das hätte zu einer peinliche und womöglich auch eine unangenehme Situation geführt. Egon sah jedenfalls sehr zufrieden aus und als er wieder abgesetzt wurde, krabbelte er in die Feuerstelle hinein und erschauderte wohlig, als er in den Flammen badete. Mein Blick wanderte weiter zu Cael und Ilea. Ich konnte spüren, dass Cael seine Magie benutzte und dass er mit ihr noch nicht aufgewacht war, musste es eine schwierige Sache sein. "Ich habe noch nicht viele Toten gesehen oder Verluste gehabt. Schon gar nicht Verstorbene, die mir wichtig waren", gestand ich Imesha plötzlich und schluckte hart: "Ich frage mich die ganze Zeit, ob ich irgendwas übersehen hatte. Ob ich den Tod und die Entführung verhindern hätte können. Ich meine ich war am Palasthof, mir müsste doch was aufgefallen sein. Aber bis zum Zeitpunkt, wo ich erfuhr, dass man Gawain gefangen genommen hatte und man nach Ilea fahnden wollte, war ich vollkommen ahnungslos gewesen. Und wir alle waren doch vorsichtig gewesen. Ich....." Ich brach ab, atmete tief durch und schaute nach draußen in die kalte Nacht. Schmerz, Trauer und Wut wollte an die Oberfläche.

Ilea

Langsam stand ich wieder auf und betrachtete immer noch die Armbänder. Ich musste in die Traumwelt. Bestimmt war dort Mattwei irgendwo und ich konnte ihn vielleicht noch retten. Und vielleicht war auch der Weg den Dämon besiegen zu können. Aber wie sollte ich in dieser Dunkelheit die Traumwelt finden können? Ich wusste gar nicht, wo ich mich genau befand. Ob es ein Teil der Zwischenwelt war oder wieder eine weitere Traumwelt, die aber der Dämon erschaffen hatte. Ich atmete tief durch und schloss die Augen. Ich durfte mich nicht von meiner Angst ablenken lassen. Ich durfte mich nicht von dem Kampf ablenken lassen. Ich musste auf meinem Instinkt als Miko vertrauen. Dann spürte ich es. Ein leichtes Ziehen, als wollte etwas mir den Weg weisen. Ich folgte diesem Gefühl bis ich auf eine unsichtbare Barriere stieß. Es war die dunkle Barriere, die mich von der Traumwelt ausgeschlossen hatte. Ich legte meine Hände darauf. Spürte den Widerstand. Wie sollte ich dorthin gelangen? Plötzlich erklang Makotos Worte in meinem Kopf. Ich biss auf meine Unterlippe und spürte die Tränen. Sie hatte schon immer in meine Fähigkeiten vertraut. Sie hatte immer geglaubt, ich würde eines Tages eine starke Miko werden. Jetzt war es an der Zeit, dass ich selbst an mich glaubte und auf meine Fähigkeiten vertraute.


999

13.02.2021, 23:40

Cael

Plötzlich wirbelte der Dämon herum und wollte in eine andere Richtung laufen. Mir war sofort klar, dass er dabei Ilea ins Visier genommen hatte. >Das kannst du vergessen!< knurrte ich wütend, als ich meine Schwerter nach ihm warf und er ihnen knapp entwischte. In der kurzen Zeit hatte ich ihn eingeholt und trieb ihn mit neuen Waffen zurück. Er sollte ihr fernbleiben, er sollte sie nicht einmal ansehen dürfen. Die Vorstellung, dass er sie die ganze Zeit über mit irgendwelchen Tricks gequält hatte, gab mir einen gewaltigen Schub Energie, den ich für die nächsten Sekunden des Kampfes voll ausnutzte. Jeder Hieb sandte ihn meterweit zurück, jeder Funke Licht, der aus meinen Handflächen schoss, zerstörte seinen Schutz aus Dunkelheit. Er war mir unterlegen und das wurde ihm allmählich bewusst. Ich merkte es ihm an, weil er aggressiver wurde. Mutiger. Als müsste er sich nur ein wenig mehr Mühe geben, um mich endlich aus dem Weg zu schaffen. Tja, falsch gedacht. Ich wurde erst jetzt richtig warm. All den Frust und die Trauer des heutigen Tages wandelte ich ihn Kampfkraft um. Es folgte ein Hieb nach dem anderen. Schwert für Schwert schnitt durch die Luft, bis das passierte, worauf ich die letzten Minuten hingearbeitet hatte.
Sein Katana zerbrach.


Imesha

Es war faszinierend, wie Egon völlig entspannt ins Feuer laufen und sich dort hinlegen konnte, ohne dass ihm etwas passierte. Sein Wesen gab mir nach wie vor Rätsel auf. Ich wollte mehr wissen, aber Ryu hatte ganz anderes im Kopf und das verstand ich. Meine Vermutung bewahrheitete sich, als er meinte nie jemanden verloren zu haben, der ihm wichtig war. Solche tiefen Wunden sah man in den Augen des anderen. Genau deswegen hatte ich mich mit Ilea verbunden gefühlt. Sie hatte dasselbe durchgemacht wie ich. Ryu hingegen nicht. Deshalb war es für ihn so schwer zu akzeptieren, dass es Dinge gab, die man nicht unter Kontrolle hatte. Vor allem nicht das Schicksal. >Du hättest nichts verhindern können. Sich solche Gedanken zu machen, macht dich nur kaputt. Du bist weder allwissend noch allmächtig. Niemand von uns ist das.< erwiderte ich mit Blick auf die Flammen. Die Wärme tat unfassbar gut. Gleichzeitig machte ich mir immer noch Sorgen um Cael und Ilea. Sie wurden einfach nicht wach. Wie lange dauerte das denn? >Du weißt schon, dass es in Ordnung ist zu fühlen, was du gerade fühlst, oder? Du musst jetzt nicht stark sein. Du kannst ruhig neben mir Platz nehmen und dich am Feuer wärmen. In dieser Gegend lauern keine Gefahren, vertrau mir. Ich habe diesen Ort nicht umsonst ausgewählt.< sagte ich ruhig.
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1 000

14.02.2021, 00:05

Ryu

Kurz huschte meine Augen zu ihr und dann zurück in die Finsternis. Erst nach ein paar Sekunden später ließ ich meine Waffen sinken, die Klingen glitten zurück in den Griffe und ich verstauchte sie. Mit schwere Schritte ließ ich mich neben Imesha fallen und erst die Hitze des Feuers machte mir bewusst, dass mein Körper sich kalt anfühlte. Meine Schultern sackten in die Tiefe und mit beiden Hände fuhr ich durch das Haar, während ich in die Flammen starrte: "Bis jetzt konnte ich Niemanden in der Kaiserstadt beschützen. Aber genau deswegen bin ich hier, aber....ich hätte nie gedacht, wie machtlos ich mich dabei fühlen würde. Wie viel Leid ich mitansehen muss ohne dabei viel ausrichten zu können. Das ist verdammt hart. Ich weiß, es wird der Zeitpunkt kommen, wo der Kaiser all das zurückbekommt, was er den Menschen angetan hat. Aber bis dahin werden immer noch Menschen und Tiere leiden. Es ist für mich schwer zu akzeptieren abzuwarten, denn ich bin mit einem großen Verantwortungsgefühl aufgewachsen. In meiner große Familie gehöre ich zu den Ältesten und da kümmert man sich eben um die jüngeren Geschwister. Und ich hatte auch von Anfang an gelernt mich für Andere zu sorgen, die nicht nur zu meiner Familie gehören. In den wichtigen Momenten muss ich stark sein, damit die Anderen sich sicher und beschützt fühlen können. Damit sie eine Orientierung haben." Ich konnte ihr schlecht von meinem Prinzendasein erzählen, aber ich konnte einfach die Worte Prinz, Königreich und Volk auslassen. Meine Stimme hatte angefangen zu beben und mit den Fingern kniff ich in meinem Nasenrücken. Ich würde jetzt nicht vor Imesha weinen, auch wenn der Verlust mich gerade überwältigen wollte.

Ilea

Plötzlich begann meine Hände zu schimmern und mein Lotusmal am Handgelenk strahlte in einem hellen Licht. Das Licht schlängelte sich an der Barriere entlang und begann sich zu einer Lotusblüte zu formen. Die dunkle Barriere schien von dem hellen Licht zu weichen und ich spürte keinen Widerstand mehr. Als ich einen Schritt nach vorne machte, stand ich aufeinmal in der Traumwelt. Sie wirkte immer noch düster und verdorben, das Werk des Dämons. Hier hatte er zuerst seine Wurzeln geschlagen und Mattwei benutzt. Ich schluckte und wollte mir nicht ausmalen wie es für ihn gewesen war von dieser Kreatur besessen gewesen zu sein bis sie anscheinend eine Version seiner selbst werden konnte, nachdem ich unbewusst ihm meine Energie als Nahrung gegeben hatte. Ich war mir sicher, dass Mattwei mich gewarnt hätte, wenn er gewusst hätte, dass ein Dämon in unsere Traumwelt sein Unwesen trieb. Aber wir Beide waren vollkommen ahnungslos in seine Falle gegangen. Ich lief durch das sumpfige Feld bis ich den kränklichen Baum erreichte. Bei ihm hatte ich letzter Nacht zum ersten Mal eine dunkle Aura gespürt. Vielleicht gehörte der Baum zu dem Dämon. Jedenfalls war der Baum immer der Zentrum dieser Welt gewesen. Ich legte die Hände auf dem Stamm und spürte ein dunkles Pulsieren und dann lehnte ich meine Stirn dagegen. Ich schloss meine Augen und weitete meine Sinnen. "Mattwei!", keuchte ich auf, als ich etwas Helles und Kleines spürte. Tränen brannten in meine Augen. Ich hatte gewusst, dass Mattwei nicht verschwunden sein konnte. Dass Mattwei sich nicht in diesem Dämon verwandelt hatte. Ein Teil von ihm war noch da. Und ich musste diesen Teil retten!