Cael
Gerade wollte ich triumphierend grinsen, da brüllte der Dämon ohrenbetäubend los und befreite mit einem Mal all seine Dunkelheit. Wie ein Sturm fegte seine Energie über das Land und drückte mich einige Meter fort. Genug, um ihm freie Bahn zu gewähren, damit er die Verfolgung wiederaufnehmen konnte. Er blickte in die Richtung, in die Ilea offenbar verschwunden war. Eine neue Welt, ein neuer Raum. Von hier aus konnte ich nicht sehen, was sie gerade tat, aber da Ivoli bei ihr war, machte ich mir nicht allzu große Sorgen um sie. Das wahre Übel war noch hier. Mit mir. Ich würde nicht zulassen, dass er sie einholte. Sollte sie nämlich etwas Wichtiges gefunden haben, musste ich sie unter allen Umständen beschützen.
Die Zähne fest zusammenbeißend drückte ich mich vom Boden ab und holte rechtzeitig den Dämon ein, der das geöffnete Tor beinahe erreichte. Ich riss ihn mit meinem Gewicht nieder, sodass wir ins weiche Gras fielen. Mit Händen und Füßen verletzten wir den jeweils anderen, auch wenn seine Angriffe mir kaum große Schmerzen bereiteten, weil das nicht mein echter Körper, sondern nur mein Geist war. Zwar konnte er mir durchaus schwer schaden, nur landete er keinen gefährlichen Treffer. Mein Licht trieb ihn schnell genug fort von mir. Ich verschaffte Ilea die Zeit, die sie brauchte und kümmerte mich weiterhin um den hässlichen Dämon, der es fertigbrachte noch hässlicher auszusehen als wenige Momente zuvor. Dadurch, dass er seine gesamte Energie nutzte, hatte sich sein menschliches Aussehen komplett verabschiedet. Jetzt sah er wirklich dämonisch aus.
Imesha
Ryu zögerte nur kurz, dann kam er rüber und setzte sich neben mich. Er machte keine Anstalten nach einer Decke zu greifen, darum übernahm ich das für ihn und warf ihm eine große über. Wenn sein Geist schon müde war, musste er sich wenigstens um seinen Körper kümmern, der ebenso Zuwendung brauchte. Auch wenn ich nicht erwartet hatte, dass er sich mir öffnete, tat er das und zeigte sich nach all der Zeit von einer ganz anderen Seite - die verletzliche. Die sah ich tatsächlich zum ersten Mal. Ich hörte ihm aufmerksam zu und stellte mir vage vor wie sein Leben in seiner großen Familie ausgesehen haben könnte. Wie er sich verhielt, wenn seine Geschwister in seiner Nähe waren. Ich fragte nicht nach, warum er sie verlassen hatte und so sie zurzeit lebten. So wie er mich nicht mit privaten Fragen durchlöcherte, gab ich ihm ebenfalls den Freiraum, den er verdiente. Nur berührte es mich schon sehr, als seine Stimme den tiefen Kummer verriet, der in ihm tobte.
Bevor ich es mir anders überlegte, rutschte ich näher zu ihm hin und griff mitfühlend nach seiner Hand, um sie sanft zu drücken. >Ich weiß, wie das ist, wenn man Gutes tun möchte, aber die eigene Kraft dazu nicht ausreicht. Wie schwer diese Verantwortung auf einem lastet, wenn man nicht das erreicht, was man sich als Ziel gesetzt hat.< sagte ich leise, während ich weiterhin in die tanzenden Flammen schaute. Dort, wo Egon gemütlich lag. >Aber Stärke allein macht einen Menschen nicht aus. Du hast mehr zu bieten als das. Du musst nicht unbesiegbar sein und alle beschützen können, um großartig zu sein. Allein, dass du jemand bist, auf den man sich jederzeit verlassen kann, ist sehr wertvoll in dieser Welt. Das ist genug. Du bist genug.< fuhr ich ehrlich fort.