Cael
Mir war nicht aufgefallen, dass ich mich leicht angespannt hatte, weil ich nicht voraussagen konnte, wie Ilea auf die Schattenmagie reagieren würde. Lange Zeit hatte sie in düsteren Gedanken gelebt, da wollte ich sie nicht mit diesem Teil von mir abstoßen, auch wenn ich sie nicht oft gebrauchte. Es war eine Erleichterung für mich zu wissen, dass sie auch diese Seite lieben würde. Noch mehr gefiel es mir, dass sie mich von sich aus küsste und kurz darauf errötete. Sanft lächelnd küsste ich sie zurück. >Du bist süß, wenn du schüchtern bist. Dann will ich ganz viele unanständige Dinge mit dir tun, ganz egal wie rot du dabei wirst.< sagte ich offen, während ich eine lose Strähne hinter ihr Ohr strich. >Noch eine Sache, die für mich neu ist. Ich kann selbst in dieser Welt Sehnsucht nach dir empfinden.< Mein Mundwinkel zuckte. >Aber da ich anständig sein möchte, darfst du gern das Thema wechseln und mich etwas Persönliches fragen.<
Imesha
Wir tanzten nicht mehr auf dem Eis. Wir waren nicht mehr unter uns. Da war wieder dieser groß gewachsene Mann mit dem breiten Lächeln und den freundlichen Augen. Er streichelte meinen Kopf, er sagte etwas, aber ich verstand bloß meinen Namen. Dann reichte er mir seine Hand, in die ich völlig selbstverständlich meine hineinlegte, ehe er mich einen felsigen Hügel hinaufführte, der abrupt endete. Meine Augen brannten vom direkten Licht der Sonne, trotzdem ließ ich sie einen Spalt weit geöffnet, um die Farben in mich aufzunehmen. So. Schöne. Farben. Ein Schatten huschte an uns vorbei, unglaublich schnell, dass meine Augen die Bewegung kaum erfasst hatten. Der Mann neben mir lachte, als er mein Gesicht sah.
Er beugte sich zu mir vor, sagte wieder etwas und zwinkerte mir kurz zu. Verschwörerisch. Ich wollte die Worte hören, sie verstehen. Es musste wichtig sein, oder nicht? Plötzlich legte er mir eine Hand an den unteren Rücken und schob mich weiter nach vorne, ganz nah an den Rand des Felsens. Mein Herz begann vor Aufregung schneller zu klopfen. Irgendwie verspürte ich keine Angst, nicht einmal Nervosität. Ich konnte ganz schwach einen schmalen Fluss in der Schlucht ausmachen, mehr nicht. Nur der Wind zerrte leicht an meiner Kleidung, an meinem Haar. Ich sah zu dem Mann auf, der mich warm anlächelte. Zuversicht funkelte in seinem Blick. In diesen freundlichen Augen, die etwas... Warmes in mir auslösten. Seine Hand löste sich von meinem Rücken, er nickte mir nochmal zu, trat einen Schritt zur Seite und machte eine ausholende Handbewegung, die den Horizont einschloss.
Ich nahm einen tiefen Atemzug und... sprang.
Nach Luft schnappend wachte ich auf und stolperte einen Schritt nach vorne, dann schnell zwei zurück, als ich realisierte, dass ich nicht mehr in der Höhle lag, sondern draußen in der Kälte, in tiefster Nacht und kurz davor in die unendlich erscheinende Tiefe zu fallen. Mein Herz klopfte so schnell, dass es fast schmerzte. Ich fasste mir an die Brust, schluckte schwer und zitterte am ganzen Körper. Wieso war ich hier draußen? Was hatte der Traum zu bedeuten? Warum war ich gesprungen? Hatte ich gerade wieder springen wollen? In meinen sicheren Tod? Panik erfasste mich. In meiner Brust wurde es ganz eng, mir fiel plötzlich das Atmen schwer, während die Sicht vor meinen Augen verschwamm. Ich wusste nicht, wie nah ich dem Abgrund war. Ob ich gesprungen wäre, wäre ich nicht rechtzeitig aufgewacht. Hinzu kam das Stechen in meinem Nacken. Dieselbe verdammte Stelle. Keuchend rang ich weiter nach Luft, versuchte zurück zur Realität zu finden.