Cael
Ich runzelte nachdenklich die Stirn und stellte fest, dass ich inzwischen mehr Fragen als Antworten hatte. Roselyn war zu recht frustriert über die Situation, immerhin war sie es, die nicht wusste, was in ihrem Leben passiert war. Nur dass sie eine starke Magi gewesen war. >Wir werden eine Lösung finden. Manchmal braucht es seine Zeit, bis die Wahrheit ans Licht kommt.< versuchte ich den Geist aufzumuntern. Solange sie noch bei klarem Verstand war, hatten wir stets eine Chance mehr über die Vergangenheit herauszufinden. Ilea würde einfach weiterhin versuchen diese Blockade zu lösen. Da Roselyn irgendwie mit ihr verbunden zu sein schien, konnte die Verbindung zwischen den beiden vielleicht etwas auslösen. >Warte mal... Kam nicht mal das Thema Shinki oder so auf? Was, wenn ihr dieses Ritual durchzieht und schaut, was passiert? Ich gehe zumindest davon aus, dass es nichts Gefährliches ist.< fiel mir spontan ein, während ich abwechselnd zu Roselyn und Ilea schaute.
Imesha
Ich strich mir ein paar lose Strähnen aus dem Gesicht, denn ein leichter Wind kam plötzlich auf und brachte alles durcheinander. Er wirbelte den Schnee um uns herum und gleichzeitig wurde es verflucht kalt. Ich erschauderte am ganzen Körper. Die Kleidung reichte nicht aus, um die Wärme zu speichern. Nur die Bewegung half mir nicht auf der Stelle zu erfrieren. Ryu holte daraufhin dichter zu mir auf, denn ich spürte die Wärme, die von ihm ausging. Hatte er bemerkt, wie kalt mir inzwischen war? Doch dann erwähnte er meinen Nacken und ich zog den Kragen des Umhangs ein Stück tiefer, damit er mich verstand, als ich kurz über die Schulter zu ihm schaute. >Ich weiß es nicht. Es zwickt die ganze Zeit. Später kannst du es dir mal anschauen, denn mit den Fingern konnte ich nichts Seltsames ertasten.< Ich schaute wieder nach vorne, zog den Kragen hoch, bis er mein halbes Gesicht verdeckte und kniff die Augen zusammen, weil der kalte Luftzug sie zum Brennen brachte. Ein Wunder, dass meine Gesichtsmuskeln funktionierten. Selten hatte ich eine Kälte wie diese hier erlebt, dabei war ich vor einiger Zeit in eiskaltes Seewasser gefallen. Ich verstand nicht, woher-
Rutschig. Mein Fuß. Ich riss die Augen erschrocken auf und japste nach Luft, als ich wie aus dem Nichts den Halt verlor und Abertausende Gedanken durch meinen Kopf schossen. Es passierte so schnell, dass ich meinen Fall erst registrierte, als mein Körper seitlich auf hartem Grund auftraf, meine Welt sich weiter drehte, während ich die Arme und Hände nach dem nächstbesten Halt ausstreckte, aber stattdessen nur weichen Schnee zu fassen bekam. Dann ein weiterer Aufprall, diesmal mit dem Rücken. Sterne explodierten vor meinen Augen, ich hörte etwas laut knacksen und krallte vor Schmerz aufkeuchend meine Finger im selben Moment in einen Felsspalt hinein, sodass mein Fall abrupt zum Ende kam. Ich kämpfte gegen die Ohnmacht. Blinzelte die Sterne fort, die meine Sicht behinderten. Meine Muskeln waren zum Zerreißen gespannt, während ich meinen Oberkörper auf festem Grund hielt. Der Rest baumelte nach Halt suchend in der Luft - Richtung endlos erscheinendem Abgrund. Ich nahm einen zittrigen Atemzug, hörte das Blut in meinen Ohren rauschen und sah langsam hoch, um schockiert festzustellen, dass ich etliche Meter gefallen war. Die anderen erschienen mir plötzlich so unendlich weit entfernt. Ich versuchte mich hochzuziehen, aber das viele Gewicht am Rücken war zu viel für mich. Jeder meiner Finger verkrampfte sich und einige von ihnen brannten höllisch. Bestimmt bluteten sie. Verdammt. Wieso hatte ich nicht besser aufgepasst?