Cael
Ich warf den schönen Fächern einen letzten Blick zu und folgte Ryu aus dem Gedränge. Wenn wir das gehobene Viertel erreichen wollten, mussten wir auf jeden Fall den Marktplatz verlassen. Dank unserer Größe war es zum Glück einfach über die Köpfe der anderen hinweg zu schauen und so konnten wir uns an den Gebäuden orientieren, ob wir in die richtige Richtung gingen. Je prunkvoller die Dächer, desto näher kamen wir unserem Ziel. Die Menschen waren vergleichsweise besser gekleidet und unterhielten sich in angemessener Lautstärke. Einige von ihnen lachten sogar. Ein seltener Klang an diesem Ort, aber nicht weniger falsch. Auch in diesem Gelächter fehlte die Melodie, die Gelassenheit und Wärme. Kein Wunder, dass alle mit Misstrauen ihre Häuser verließen. Wer nicht einmal aus tiefstem Herzen lachen konnte, war keine große Hilfe.
Immerhin wurden wir nicht wie im Armenviertel zu Boden gestarrt. Hier wurden wir eher ignoriert oder die ein oder andere Frau versteckte ihr halbes Gesicht hinter einem kunstvollen Fächer. Diese Blicke hingegen kannte ich zu gut. Diese Neugier. Schade, dass Ilea kein einziges Mal interessiert gewirkt hatte... Ich hoffte wirklich, dass diese Anziehung von kurzer Dauer war, denn der Gedanke an sie erwärmte mich und das war ein Problem. Leider.
>Die Geschäfte hier laufen definitiv besser. Man braucht sich nur die Kleidung der Leute anzusehen.< Mein Blick fiel auf ein einen Laden, in dem offenbar Tee verkauft wurde. Etliche Leute standen davor und warteten, bis sie an der Reihe waren. Ob Ilea jemals so viel Kundschaft erlebt hatte?
Imesha
Nun gut, allmählich bereute ich es hierher gekommen zu sein. Der Umgang mancher Leute machte mich krank und ich wollte einfach bloß weg, um dieses dunkle Gefühl in mir unter Kontrolle zu halten, weil es auszubrechen drohte. Erst recht, als ich sah wie ein edel gekleideter Mann einer unschuldigen Frau ins Gesicht schlug und ihr dann noch respektlos vor die Füße spuckte. Wären hier nicht so viele Menschen, wäre ich diesem Mann gefolgt und hätte ihn kastriert. Ohne zu zögern. Manch einer legte ein Verhalten an den Tag, dass mir davon schlecht wurde. Aber es waren auch die Armen, die nichts taten, sondern diese Szene völlig ignorierten. Mit so einer Einstellung funktionierte kein Wandel in der Gesellschaft.
Ehe ich es mir anders überlegen konnte, ging ich auf die Frau zu und zog dabei die Kapuze tiefer ins Gesicht. Ich beugte mich vor, sammelte die restlichen Sachen ein, die zum Glück keinen Dreck abbekommen hatten und hielt ihr sie hin. Der Fisch war jedenfalls hinüber. Teuer für eine junge Frau wie sie. Ich griff mit der anderen Hand in meine kleine Beuteltasche und reichte ihr drei Goldmünzen, für die sie besseren Fisch aushandeln konnte. Und vielleicht das ein oder andere Extra. Da mein Angebot unmissverständlich klar war, sagte ich nichts, sondern wartete darauf, dass sie sich die Sachen nahm und verschwand. Das reichte mir.
Gute Nacht