Gute Nacht
Zen
Das war schon eher eine Antwort, die ich hören wollte. Ich schenkte ihr ein aufmunterndes Lächeln, erhob mich und spähte an der Tür vorbei zum Garten, wo die Kinder weiterhin gut gelaunt spielten. Diesen Moment der Ablenkung nutzte ich, um Willow ins Haus zu führen. Auf diese Weise entgingen wir einem Sturm aus Fragen und so schafften wir es problemlos bis in mein Arbeitszimmer. Dort bot ich Willow an auf dem bequemen Stuhl vor dem Tisch Platz zu nehmen. Das Fenster ließ ich der frischen Luft wegen geöffnet. Man würde uns nicht hören.
>Ich bringe dir gleich den Tee.< teilte ich ihr mit und ließ sie kurz allein. In der Küche fand ich meinen Bruder vor, der fragend eine Braue hob. >Sie hat nicht gesagt, was passiert ist. Muss sie auch nicht. Aber irgendjemand muss sie bedrängt haben.<
>Ich kann mich umhören, wenn du willst. Du weißt, ich bin sehr gut in Detektivarbeit.< bot er sich an, doch ich schüttelte den Kopf. >Bleib bei den Kindern. Ich rede mit Willow.< Sobald der Tee fertig war, stellte ich Teekanne und Tasse auf ein Tablett und wollte gerade zurück zu ihr gehen, als Elior noch etwas hinzufügte. >Interessant, wie du bei deine Freundin direkt an die Mondelfin gedacht hast. Es hätte auch jemand anderes sein können.<
Ertappt von seiner Aussage ging ich etwas schneller als beabsichtigt die Treppen hoch. Er bildete sich mal wieder irgendeinen Mist ein. Eigentlich sollte ich an seine Sticheleien gewöhnt sein und mich nicht davon aus der Reserve locken lassen. >Bitteschön.< kündigte ich mich beim Eintreten an und stellte dann das Tablett vor ihr ab.
Kersia
Es glich beinahe einer übernatürlichen Erfahrung, wie schnell der Großteil meiner Wut verpuffte und stattdessen angenehme Ruhe meine wilden Gedanken durchströmte. Das musste Jahwes Werk sein. Eine andere plausible Erklärung gab es hierfür nicht. Geia machte ebenfalls einen Schritt auf mich zu, aber ein Blickte reichte und sie widmete sich der entzwei gerissenen Schlange. Meine Hand kribbelte von dem Gift, dann verschwand das Kribbeln, als Jahwe es einsaugte und ausspuckte.
Ich zog eine Braue in die Höhe, immer noch leicht gereizt, aber nicht an der Grenze zur Totalzerstörung. >Erstens. Misch dich nie wieder ohne meine Erlaubnis in meine Gefühlswelt ein. Zweitens.< Ich senkte meine Hand. >Das Gift ist nicht tödlich für mich. Du hast also umsonst den Helden gespielt. Und drittens.< Mein Blick wanderte zu meiner Freundin, die leicht nickte und mir damit unmissverständlich klarmachte, dass diese Schlange kein Versehen war. Das hätte ich mir sowieso denken können.
Diese Seeschlangen fand man nicht in den Gewässern der Heißen Quellen vor. Auch nicht in Ignulae. Sie lebten südöstlich von Atlantia. In einer abgelegenen Gegend. Weit entfernt von menschlicher Zivilisation. Irgendjemand hatte sie hierher geschmuggelt und sie vorsätzlich in der Obstschüssel versteckt. Eine Warnung? An mich? An meine Mutter? >Das ist mein Problem, also tu einfach so, als hättest du nichts gesehen und zieh deiner Wege.< fügte ich gefasst hinzu und ging in die Hocke, um alles zurück in die Schüssel zu räumen. In Gedanken rief ich mir das Gesicht der Frau in Erinnerung, die mir die Früchte gebracht hatte. Offenbar würde ich den Tag nicht nur mit den Vorbereitungen von Agoma verbringen.