Zen
Vaters flammengoldener Blick wanderte von mir zu Willow und wieder zu mir zurück. Er ließ die Blätter in seiner Hand sinken. >Guten Morgen, ihr beiden. Ihr seht aus, als hättet ihr schlechte Neuigkeiten für mich.<
Das musste wohl an meinem ernsten Gesichtsausdruck liegen. Ich führte Willow zu den gemütlichen Stühlen vor dem Schreibtisch, setzte mich und suchte nach dem richtigen Ansatz. >Ist Mutter heute hier? Es handelt sich um ein ziemlich großes Thema, das uns alle betrifft.<
>Sie kommt morgen wieder. Wenn es dringend ist, kann ich sie aber anrufen und sie bitten ihre Termine abzusagen.< Er wollte nach dem magischen Spiegel greifen, doch ich schüttelte den Kopf. Ich war zu ungeduldig. Ich konnte nicht mit dieser schweren Last auf ihre Rückkehr warten.
>Krieg wird unser Land befallen. Willow hat sich von Sakrazhue in die Zwischenwelt führen lassen.< Ich drehte den Kopf in ihre Richtung, ein stummes Zeichen, dass sie ihm alles erzählen konnte, was sie gesehen hatte.
Kersia
Guten Gefühls verabschiedeten wir die Reisenden. Die vielen Komplimente und verträumten Blicke stimmten mich froh. Gleichzeitig wirkte sich dieser Akt positiv auf meinen Ruf aus. Eine Sache, die meiner Mutter ziemlich wichtig war, da meine wechselhafte Stimmung den ein oder anderen Skandal losgetreten hatte. Zugegeben, in letzter Zeit war ich vorbildlich unterwegs - bis auf meine nächtlichen Ausflüge. Aber das empfand ich kaum als Skandal, ich lebte mich aus und das durfte doch wohl erlaubt sein. Natürlich verstand ich den Sicherheitsgedanken von Geia, nur erschien mir das Drumherum manchmal zu viel.
>Steht noch etwas an, wovon ich wissen muss?< fragte ich meine Freundin, während ich auf Nakolas Rücken glitt und die Arme um ihn schlang. Die anderen Wächter hielten respektvollen Abstand zu uns. Wachsam, jederzeit zum Angriff bereit.
>Die Königin möchte dich sprechen, sobald sie Zeit hat. Und bevor du mich fragst, ich weiß nicht, worüber…< Mmh, mir wäre es lieber, ich wüsste, auf was ich mich einließ, aber ich würde sowieso nicht ablehnen. Zeit mit meiner Mutter war kostbar, weil sie immerzu schwer beschäftigt war.
Als wir dann endlich heimisches Gewässer erreichten, dachte ich an Jahwe und an das, was passiert sein könnte. Es musste mit der Goldenen Maske zusammenhängen. Seit er an die Öffentlichkeit getreten war, jagten sie ihn wie wilde Hunde und stellten hinterlistige Fallen. Nun, da er offiziell König war, würde man sicherlich mehr Druck ausüben. Ihn in die Enge treiben wollen, damit er aufgab und den Thron räumte. Hier allerdings konnte ich dem Motiv dieser Leute nicht folgen. Selbst wenn Jahwe von der Bildfläche verschwand, würde die Führung auf meine Mutter zurückfallen. Das Volk kannte sie. Und mich. Wir waren immer noch da. Warum hatten sie still und heimlich in den Schatten unsere Regentschaft geduldet, nur um jetzt grauenhafte Maßnahmen zu ergreifen? Was war so schlimm daran, dass Jahwe sein Blutsrecht geltend machte? Es musste mehr dahinterstecken, als es den Anschein machte. Ein Rätsel, das es zu lösen galt, aber mir fehlten wichtige Anhaltspunkte und das nervte mich.