Zen
Es freute mich, dass ihr Begleiter sich dazu entschied mit uns zu essen. Und es schien ihm sogar zu schmecken, so wie er schmatzte. Echt süß. Willow probierte auch vom Eintopf und die Art, wie sie den Löffel hielt, zeigte mir, dass sie bislang ohne Besteck gegessen hatte. Da sie offenbar in der wilden Natur lebte, überraschte mich das nicht. Außerdem fasste ich es als großes Kompliment auf, als sie mit großem Hunger zu essen begann. Ich hatte wohl ihren Geschmack getroffen.
Den ersten Bissen ließ ich langsam auf der Zunge zergehen, da ich selbst der größte Kritiker meiner eigenen Kochkünste war und wissen wollte, ob mir das Gericht geglückt war. Oder ob ich etwas beim nächsten Mal verbessern konnte. Den Eintopf hatte ich ziemlich gut gewürzt und die Zusammenstellung harmonierte im Geschmack. Zufrieden aß ich in Ruhe weiter.
Kersia
Ich verabschiedete mich wenig später von den Meeresschildkröten und wünschte ihnen eine gute Reise, da ich selbst langsam zurückkehren musste, um es rechtzeitig zum Abendmahl mit meiner Mutter zu schaffen. Nach allem, was heute passiert war, wollte ich für sie da sein, statt weiterhin die verwöhnte, ignorante Prinzessin zu spielen. >Schwimmen wir zurück.< sagte ich an Nakola gewandt, der mir bereits seine Flosse anbot. Als ich sie ergriff, hielt ich abrupt inne und horchte in mich hinein. Ein vertrautes Kribbeln durchfuhr meinen Fischleib. Mein Blick glitt suchend umher, während ich meine Sinne weitete und in die Unendlichkeit des Meeres lauschte.
>Ein Unfall. In nordöstlicher Richtung.< murmelte ich konzentriert und packte fester zu, als Nakola meinen stummen Befehl verstand. Er schoss durchs Wasser, ich lenkte ihn und führte ihn zu der Stelle, wo sich der Schatten eines Bootes über uns abzeichnete. Nicht weit davon entfernt sank ein älterer Mann tiefer ins kalte Gewässer. Er war bewusstlos. Sein Talisman, den er um den Hals trug, funkelte wie ein Signalfeuer. Schnell löste ich mich von meinem Gefährten und schloss zum Menschen auf. Ich schlang einen Arm um seine Mitte, zog ihn hastig zur Oberfläche und durchbrach das von der Abendsonne funkelnde Wasser. Das Boot schien in Ordnung zu sein, darum zog ich mich mit einer Hand an der Reling hoch, um ihn mit der anderen an Deck zu befördern. Sirenen mochten zierlich aussehen, aber in uns wohnte eine Stärke, die viele überraschte.
Anschließend beugte ich mich vor und legte ihm eine Hand auf die Brust - suchte nach dem Wasser, das er verschluckt hatte. Mit etwas Magie schaffte ich es aus seinem System, sodass er im nächsten Moment einen Schwall aushustete. Dabei drehte er sich krampfend auf die Seite. Nach ein paar tiefen, hektischen Atemzügen beruhigte er sich wieder und öffnete die Augen. Sein Blick klärte sich. Dann erblickte er mich und wirkte kurz erstaunt.
>Das hätte übel enden können, lieber Fischer.<
Er tastete nach dem Talisman und gab einen rauen Dank von sich. Richtige Seeleute lebten noch nach den jahrhundertealten Traditionen, deshalb trug er den Schutzzauber um seinen Hals. Eine Art Gebet für Notfälle wie diesen. Gut, dass ich in der Nähe gewesen war. >Was ist passiert?<
Seine Augen schlossen sich für einen Moment, er wirkte sehr erschöpft. >Das Alter. Ich habe mich wohl übernommen und wäre wegen meiner Sturheit beinahe ertrunken.< Warme, braune Augen blickten in meine. >Ich schulde dir mein Leben, verehrte Sirene. Danke, dass du einem alten Mann wie mir geholfen hast.<
Ich lächelte ihn an. >Du schuldest mir nichts, Fischermann. Dein Respekt für unsere Gesetze reicht mir.< Nakola quietschte hinter mir und drückte seinen Kopf gegen das Heck des Bootes, das es leicht zu schaukeln begann. >Da es langsam dunkel wird, bringe ich dich noch zurück zur Küste. Nicht, dass du wieder unglücklich stürzt und wirklich ertrinkst.<
Er nickte langsam. >Poligratia.< (Vielen Dank)