John
Der Tag verläuft, wie ich es mir gedacht habe.
Mai schweigt und spielt die Zicke. Ich gehe mit ihr zu dem ersten Laden und lasse ihr den Vortritt. Im Inneren begrüßt uns eine hübsche junge Frau, erst mich, dann Mai.
"Meine Schwester hier sucht ein Kleid. Es kann sich ruhig etwas kosten lassen, Geld spielt keine Rolle.", erkläre ich der Angestellten welche mir aufmerksam zuhört und quasi an meinen Lippen hängt. Dieser Effekt ist nichts neues mehr für mich. Die meisten Frauen hier finden mich faszinierend, weil ich anders aussehe. Mutter sagte einmal, ich hätte eine mysteriöse Aura. Wenn sie wüsste, wie richtig sie damit liegt, würde sie vermutlich einen Schlaganfall oder so etwas in der Richtung erleiden.
Ich lächle der Angestellten zu und sie verschwindet in den hinteren Teil des Ladens zusammen mit Mai.

So red. Much peacock. So spectacular. Wow.

John
"Wäre das schon mal abgehakt. Du brauchst noch Schmuck.", sage ich und verlasse den Laden mit der Tüte nachdem ich mich von der Verkäuferin verabschiedet habe.
"Ein paar Straßen weiter ist ein Juwelier, da sollten wir mal vorbei schauen.", sage ich und ohne auf eine Antwort zu warten, gehe ich zielstrebig dort hin.
Der Laden ist recht klein, doch ein echter Schatz unter allen Geschäften hier in der Gegend.
Der alte Mann dem dieses Geschäft gehört blickt von seiner Zeitung auf und lächelt uns freundlich an.
"So junge Menschen, was kann ich für euch tun?"
"Meine Schwester braucht edlen Schmuck für dieses hier.", erkläre ich ihm und zeige ihm das Kleid.
"Oh, rot also. Ich glaube, meine Tochter kann euch da eher behilflich sein. June, komm doch einmal her!", ruft er seine Tochter welche aus dem hinteren Teil des Ladens zu uns nach vorne kommt. Auch sie starrt mich an, wie das erste Mädchen. Ich lächle und lasse sie mit meiner Schwester alleine. Während die beiden sich versuchen zu einigen, sehe ich mich etwas um. Ich bleibe bei einer Kette stehen. Sie ist sehr schlicht gehalten, ein schwarzes Lederband. Doch der Anhänger ist das entscheidende. Er ist strahlend weiss und ähnelt etwas, das mir sehr vertraut ist.
Der Besitzer bemerkt mein Interesse und stellt sich neben mich.
"Eine wahre Rarität. Ein echter Drachenzahn!", erklärt er mir stolz.
Mir wird heiss und kalt gleichzeitig und ich bekomme eine Gänsehaut.
"Ja, wirklich wunderbar.", murmle ich und wende mich ab.

Wat?

John
"Wir müssen los.", sage ich knapp und verlasse den Laden wobei ich vergesse mich zu verabschieden. Mai folgt mir und wir machen uns auf den Rückweg.
Irgendwann ist mir das Schweigen zu blöd.
"Soll ich dir mal was verraten?", sage ich freundlich und schaue sie an.

John
Ihr Ton überrascht mich ein wenig.
"Ich hab eine Wohnung gemietet und habe sie auch schon komplett renoviert und eingerichtet. Ich ziehe aus. Eigentlich wollte ich es deinen Eltern heute Abend sagen, doch das ist unter den Umständen schlecht möglich.", sage ich und gehe über die Straße.

John
"Direkt an der Universität, vielleicht 10 Minuten zu laufen. Man kann sie natürlich nicht mit dem Haus vergleichen, aber für eine Person reicht es bei weitem aus.", sage ich und biege in unsere Straße ein.
"Ach ja. Ein kleiner Tipp. Die Ranken die sich an der Hauswand hochschlängeln, halten bombenfest. Wenn sie mich tragen, wirst du kein Problem darstellen. Ich rede hierbei von deinen morgendlichen Ausflügen. Es ist sehr viel sicherer, als sich ins Haus zu schleichen.", ich kann mir ein Grinsen nicht verkneifen.

John
"Kein Problem.", sage ich und lächle ebenfalls bevor ich mich hinter's Steuer setze und losfahre. Der Markt ist immer ein trauriger Anblick und kein Vergleich zu unserem Nobelviertel. An jeder Ecke sitzen Bettler, sogar Kinder. Ich hasste es hier, doch dies ist nun mal die Realität. Man sollte die Augen nicht verschließen.
"Hast du einen Einkaufszettel bekommen oder sowas?", sehe ich mich ratlos um und drehe mich letztlich zu ihr um.

John
Die Kette ist mir schon die ganze Zeit aufgefallen.
"Ich hab gehört sowas soll Kraft und Glück bringen. Wenn er denn echt ist..", sage ich ohne einen Blick darauf zu werfen. "Der alte Mann war ganz stolz auf dieses Stück."
Ich biege in unsere Straße ein und parke in unserer Einfahrt. Ich bezweifle, das einer meiner Artgenossen den Zahn wie einen Milchzahn verloren hat.

John
Und wie die existieren.., schießt es mir durch den Kopf und auch ich steige aus.
Ich gehe zum Kofferraum und hole den Einkauf raus um ihn ins Haus zu tragen.
"Ein Haizahn sieht aber anders aus. Vielleicht ein Löwe.", sage ich und betrete das Haus.

John
"Ich gehe dann noch eine Runde spazieren. Keine Sorge, ich werde überpünktlich wieder da sein.
Mit den Worten verlasse ich das Haus wieder und renne in den Wald.
Es ist bereits dunkel und hier bin ich ungestört.
Ich setze mich auf eine trockene Waldlichtung und beginne mit geschlossenen Augen meinen Kopf auszuschalten und runter zu kommen. Ich merke wie mein Bewusstsein schwindet und etwas anderes, sehr mächtiges, Besitz von mir ergreift. Als ich die Augen wieder öffne, bin ich kein Mensch mehr. Jetzt bin ich ein Drache.