Sodele
bin da
ich fang mal an
Kore
Das Fest, welches mein langweiliger Ehemann für seine adeligen Freunde und Feinde gab, war sterbenslangweilig. Ich gähnte nicht gerade unauffällig und wurde dafür mit dem Blick meines Mannes erdolcht. Ich sah nur desinteressiert weg und stand schließlich von der langen Tafel auf. Viele Augen wandten sich mir zu und ich zwang ein höfliches Lächeln auf meine Lippen: "Verzeiht, meine lieben Gäste, doch ich muss nun eilig fort von hier. Mein Weg führt mich zum Hafen von Southport. Ich werde ein Schiff stehlen und mich auf und davon in ein neues Abenteuer machen." sagte ich und auf meine Worte folgte Gelächter. Sie nahmen mich nicht ernst, natürlich nicht. Niemand der noch ganz bei Verstand war, würde so ein Leben, wie ich es führte gegen ein einsames Dasein auf einem Schiff eintauschen wollen, welches übrigends viel zu groß war um es selbst steuern zu können. Ich verließ den Ballsaal mit schnellen, wenig eleganten Schritten und spürte, wie mein Korsett die Luft abschnürte, die mir geblieben war. Ich atmete draußen einmal tief durch und blieb stehen. Dann lief ich eilig die Treppe hinauf und den Gang entlang bis ich vor meinem Gemach innehielt. Ich hatte schon vor Monaten diese Reise, oder besser: diese Flucht geplant und mir schon genauestens den Vorgang überlegt. Doch was ich mitnehmen wollte, war mir nicht in den Sinn gekommen und so stand ich jetzt relativ unschlüssig vor meinem rießigen Kleiderschrank. Die Kleidung war zu edel und vornehm für eine Schiffsreise. Doch etwas anderes hatte ich nicht und nackt wollte ich bei den ganzen Piraten dann doch nicht herumlaufen. Und so suchte ich mir die Kleider , die noch nicht von der neuen, erdrückenden Mode Namens: Korsett befallen waren heraus und packte all das eilig in einen Koffer. Dann schnappte ich mir all die Dinge, die ich sonst noch so brauchen würde und verließ damit ein für alle mal mein Gemach. Ich eilte die Treppe hinab. Meine Schuhe machten viel zu laute Geräusche in der nächtlichen Stille, doch die Menschen auf dem Fest würden es nicht hören können. Sie tanzten zu einer schrecklich fröhlichen Musik, die meine Schritte ohne Probleme schlucken würde. Als ich den Fuß der Treppe erreichte, setzen meine lauten Schuhe auf dem weichen Teppich auf, welcher sich über die gesamte Eingangshalle erstreckte. Nun machten meine Schuhe keine Geräusche mehr und ich konnte, so schnell es eben ging mit dem Koffer, rennen. Als ich endlich vor die breite Türe trat, hielt ich erneut inne. Das Korsett erschwerte die Flucht sichtlich, denn es presste die Luft ab und so war ich trotz der kurzen Strecke die ich gelaufen war, außer Atem. Ich versuchte ruhig und tief durchzuatmen und den Schwindel zu unterdrücken. Es war eine warme Sommernacht hier in Southport und der Hafen, den ich von hier aus gut sehen konnte, erstrahlte im hellen Vollmondlicht. Keine einzige Wolke war zu sehen, an diesem Abend und der kühlende Wind bließ sehr sanft um mich herum. Ich verweilte nicht allzulang in diesem wunderbaren Anblick und eilte die Stufen hinab. Die Straße, welche von dem Haus, in welchem ich die letzten sechs Jahre eingesperrt war, zum Hafen führte, verlief gerade und fiel steil herab. Das Anwesen meines langweiligen Ehemannes war auf dem Höchsten Hügel der Stadt gebaut. Ich eilte die Straße hinab und die Geräusche meiner Schuhe hallten durch die stille Nacht wie Pistolenschüsse, doch ich war gewandt und geschickt und lief nur in den Schatten der Häuser, sodass nurnoch meine Silouette zu sehen war. Wenn einer der braven Bürger aus dem Fenster sehen würde um herauszufinden, wer da so einen Lärm machte, würde er nur eine schnelle Gestalt an seinem Fenster vorbeiwitschen sehen. Ein süffisantes Lächeln breitete sich auf meinem Gesicht aus, als ich am Haus meines Vaters vorbeirannte. Der alte Narr war schon vor geraumer Zeit seinem Alkoholkonsum zum Opfer gefallen. Ich vermisste ihn nicht wirklich, denn er war niemals ein guter Vater gewesen und ein noch schrecklicherer Ehemann. Ich schüttelte den Kopf um solche Gedanken loszuwerden. Ich brauchte einen klaren Kopf um mit der Flucht schnell und problemlos voranzukommen. Als ich endlich den sicheren Hafen erreichte, rannte ich den Steg entlang auf der Suche nach dem Schiff, welches ich mir auserkoren hatte, meine Rettung zu sein. Die Endivia lag verlassen und morsch am Ende des Stegs. Niemand würde das Schiff wirklich vermissen. Es war seit Jahren nicht mehr benutzt worden. Nach einem Angriff der Piraten, die sich so zahlreich im Meer tummelten war es restauriert worden, doch die Schäden waren schwer und es wurde ihm nicht merh getraut. Das Mondlicht erhellte das Schiff und es spiegelte unheilvoll. Ich hiefte meinen Koffer an Deck und sah mich dann breit grinsend und schwer atmend um. Ich hatte es bis hierher geschafft! Wenn jetzt nicht alles schief gehen würde, wäre ich innerhalb von einer Stunde auf Kurs und weg von diesem Leben hier. Ich verfrachtete meinen Koffer in die Kapitänskoje und trat dann ans Steuer. Ich strich mit einer schnellen Bewegung über das alte Holz und lächelte noch breiter- Ich wusste wie man segelt. Mein Onkel hatte es mir schon als Kind beigebracht. Eigentlich war das Schiff zu groß um es alleine zu segeln, auch wenn es vergleichsweiße sehr klein war, doch ich wusste wie und was ich machen musste und ich war zuversichtlich, dass es klappen würde. Und so machte ich mich an die Arbeit. Nach einer halben Stunde hatte ich das Schiff endlich soweit und ich stach in See. Das Gefühl unendlicher Freiheit schwappte über mich hinweg, wie die sanften Wellen unter meinen Füßen und ich tat einen lauten Juchzer. Jetzt konnte man mich sowieso nicht mehr aufhalten! Ich war frei!