Kaelyn
Das Streicheln verursachte mir plötzlich eine Gänsehaut, obwohl mir gar nicht mehr kalt war, sondern viel mehr schien sich plötzlich wohlige Wärme in mir auszubreiten und ich musterte mit große Augen den Mann neben mir. Sein Lächeln stellte seltsame Dingen mit meinem Herz an, während in meinem Kopf seine Worte hallte; Ich werde auf dich aufpassen. Die Geräusche wurden leiser, weil meine volle Konzentration sich auf ihn gerichtet hatte und beobachtete ihn, wie er mit eine ernste Miene die Karte studierte. Sein dunkelblondes Haar reichte beinahe bis zu den Schultern und einige Strähnen waren in den Stirn gefallen, jedoch wirkten dadurch die Gesichtszügen immer noch nicht sanft. Vielleicht lag es an seinem Bart oder an seine selbstbewusste Haltung, jedenfalls wirkte an ihm nichts weich. Außer dieses Lächeln und der sanfte Blick in den seeblaue Augen, die er nur mir zu schenken schien. Er war auf jeden Fall ein ansehnlicher Mann und sehr männlich, was scheinbar eine seltsame Anziehungskraft auf mich verübte. Völlig verwirrt wandte ich den Blick von ihm ab und meine Augen huschten über die Karte, wo ich die Stadt, in der ich scheinbar aufgewachsen war, erblickte. Sie war nicht weit entfernt von der Hütte, ich erkannte daran, weil ich gestern den Wald von Oben gesehen hatte und dieser Wald war auch auf der Karte gekennzeichnet.
Éamonn
"Gut", grunzte ich zufriedener und meine aggressive Haltung entspannte sich ein wenig bis plötzlich Saeda das Wort ergriff. Meine Augen verengten sich und Eifersucht wallte in mir auf, es gefiel mir ganz und gar nicht, dass die idiotische Kerle von ihr ausgesucht werden. Ich schluckte das lavaflüssige Feuer hinunter, knirschte kurz sehr geräuschvoll die Zähne und schnaubte durch die Nase, während ich missmutig grummelte: "Na gut." Wenn ich ihr diesen Mitspracherecht verbieten würde, würde sie dann nicht mehr mit der Personenschutz einverstanden sein oder mir den Kopf waschen, ihr Temperament hatte sie keineswegs verloren, auch wenn sie sanfter geworden war, was wohl an der Schwangerschaft lag. Ich schaute zu den Anderen rüber, stellte amüsiert fest, dass Blümchen trotz ihrem Gedächtnisverlust immer noch ihn so blumig anschmachtend anstarrte. Wie gerne würde ich gerne einen spöttischen Kommentar geben, es war gerade zu reizvoll. "Was ist eigentlich mit Rue? Sie ist doch auch eine Freundin. Und ein Auserwählten?", bemerkte sie plötzlich, doch dann hielt sie inne und ihre Augen leuchteten kurz auf, als wäre ihr was eingefallen: "Oh, ich glaube ich verstehe es. Sie muss dieses Dorf beschützen, weil dieses Dorf sehr wichtig ist. Richtig?"
Rue
Nach dem Gespräch konnte ich wieder die Hütte verlassen, jedoch blieb Sai noch bei den Ältesten, dessen Namen Siegfried war. Ich spürte das weiche Gras unter meine nackte Füße und langsam wanderte ich durch das Dorf, um mir selber einen Überblick zu verschaffen und eigene Eindrücke zu sammeln. Es wirkte hier sehr friedlich, aber ich spürte auch die Sorgen der Bewohnern und Angst, was verständlich war. Die Meisten hier schienen Traumwandlern und Schattengängern zu sein, Ausgestoßene, weil sie zu sich zueinander gefunden hatten und somit in Gefahr waren oder weil sie sich nicht dem dunklen König beugen wollten. Ich konnte das leise Rascheln der Bäume hören, lauschte ihre Geschichten und sah dieses Tal in ihre Augen, ich atmete tief die blumige Luft ein und schloss für einen Moment die Augen. Der Krieg schien fern zu sein und doch war er sehr nah, mit einem Mal wusste ich, dass ich hier nicht einfach warten konnte bis alles vorüber war. Ich musste den anderen Menschen helfen und unterstützen, dafür sorgen, dass die neue Welt wirklich sich zum Gutem gewendet hatte. Auch wenn das Volk gerettet wurde, war die Zukunft dennoch ungewiss, jeder Weg konnte sich plötzlich ändern und somit war es auch mit der Zukunft. Ich drehte mich so um, sodass ich die Hütte erblicken konnte, wo meine Tochter Iva sich befand.